LG Rottweil, Urteil vom 27.09.2005 - 5 O 93/04 KfH
Fundstelle
openJur 2012, 60839
  • Rkr:
Tenor

1. Dem Beklagten wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere durch Werbeschreiben, Idealvereine mit dem Versprechen von Vereinsspenden dazu zu veranlassen, für die Teilnahme an einer noch durchzuführenden Verkaufsveranstaltung mit Vereinsmitgliedern und deren Ehegatten zu werben und/oder solche Veranstaltungen durchzuführen.2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,-- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2004 zu bezahlen.3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags leistet.Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags leistet.

Streitwert: 10.189,-- Euro

Tatbestand

Der Kläger, zu dessen satzungsgemäßen Zielen die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zählt, nimmt den Beklagten auf Unterlassung angeblich wettbewerbswidrigen Handelns und auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.

Der Beklagte wendet sich - wie mit dem als Anlage 1 vorgelegten Schreiben an den Vorstand des Schützenvereins Attenhofen e.V. - unter der Firmierung ..... an die Vorstände von Idealvereinen, denen er die Durchführung eines geselligen Vereinsabends für Vereinsmitglieder vorschlägt, an welchem aktuelle Messeneuheiten vorgestellt werden; der Verein soll bei einer Teilnahme von mindestens 10, höchstens aber 20 Ehepaaren, eine Aufwandsentschädigung von 16,-- Euro pro Ehepaar und Verzehrkosten von 6,-- Euro pro Person, maximal also 560,-- Euro erhalten, welcher Betrag während der Veranstaltung an den Vereinsvorstand übergeben werden soll.

Der Kläger trägt vor:

Der Beklagte spreche systematisch Vereinsvorstände an, um unter Zusage einer Spende an den Verein diese für eigene kommerzielle Zwecke einzuspannen. Dies verstoße gegen §§ 3, 4 Nr. 1 UWG, weil bewusst private Beziehungen missbraucht würden. Es seien sowohl das Angebot auf Durchführung der Veranstaltung als auch deren Durchführung selbst zu unterlassen.

Der Beklagte verstoße außerdem gegen die Bestimmung des § 28 BDSG, da er die mit der Werbung Angesprochenen nicht auf das ihnen zustehende Widerspruchsrecht hinweist.

Die geltend gemachte Abmahnkostenpauschale in Höhe entspreche den tatsächlich anfallenden Unkosten und sei angemessen.

Der Kläger beantragt:

1. Dem Beklagten wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,

u n t e r s a g t ,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere durch Werbeschreiben Idealvereine mit dem Versprechen von Vereinsspenden dazu zu Veranlassen, für die Teilnahme an einer noch durchzuführenden Verkaufsveranstaltung mit Personen, insbesondere Vereinsmitgliedern zu werben und/oder

solche Veranstaltungen durchzuführen

und/oder

Vorstände von Idealvereinen zu vorgenanntem Zweck anzuschreiben, ohne sie über ihr Recht zum Widerspruch gegen die Nutzung ihrer Daten zu diesem Zwecke gemäß § 28 IV BDSG zu unterrichten.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 189,-- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 16.11.2004 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt

Klagabweisung.

Der Beklagte trägt vor:

Es selbst nehme keine Wettbewerbshandlungen vor, da er weder als Veranstalter noch als Sponsor auftrete und auch keine Waren vertreibe. Er wende sich nur an die Vorstände von Vereinen, habe also keine Kontakte zu Verbrauchern oder sonstigen Teilnehmern. Auf diese wirke er auch nicht ein. In den Anschreiben werde lediglich die Vorstellung von aktuellen Messeneuheiten angekündigt; Ziel der Veranstaltung sei die Präsentation, nicht der Verkauf von Waren.

Auch ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen liege nicht vor.

Gründe

Die Klage ist zulässig und zum weit überwiegenden Teil begründet.

Zurecht verlangt der Kläger Unterlassung des wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten und Zahlung von Abmahnkosten. Soweit die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen verlangt wird, ist die Klage unbegründet.I.

Nach § 8 Abs. I UWG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer unlautere Wettbewerbshandlungen im Sinne von § 3 UWG vornimmt. Unlauter handelt insbesondere, wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen( § 4 Nr. 1 UWG ).

Durch die vom Kläger beanstandeten Anschreiben sollen die Vereinsvorstände durch Zusage von Spenden bewegt werden, Vereinsabende für Vereinsmitglieder und deren Ehepartnern durchzuführen, bei welchen aktuelle Messeneuheiten vorgestellt werden sollen. Noch während der Veranstaltung und damit in Anwesenheit der Vereinsmitglieder und deren Ehepartnern soll die zugesagte Spende an den Vereinsvorstand übergeben werden.

Dieses Einspannen des Vereinsvorstandes durch Zusage und Gewähren von Spenden soll die am Vereinsabend Teilnehmenden dahingehend beeinflussen, dass sie sich für die Hingabe der Spenden ihrerseits erkenntlich zeigen und damit einem evtl. Kauf der vorgestellten Artikel geneigter gegenüber stehen.

Dass bei den Veranstaltungen nur Messeneuheiten vorgestellt, ein etwaiger Kauf der Produkte aber nicht angebahnt werden soll, ist lebensfremd und durch den Inhalt des Anschreibens auch nicht ausgeschlossen.

Dass der Beklagte an den Vereinsabenden nicht persönlich teilnimmt, vermag die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens nicht zu beseitigen. Der Beklagte, der für seine Tätigkeit ein - wenn auch erfolgsunabhängige - Vergütung erhält, beteiligt sich durch die Übersendung der Anschreiben und die Vermittlung der Kontakte an dem Wettbewerbsverstoß und kann deshalb als Störer unmittelbar in Anspruch genommen werden.

Die in § 8 Abs. 1 UWG als weitere Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs angeführte Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt, da der Beklagte sein Verhalten nach wie vor als gerechtfertigt ansieht.

Die Androhung von Ordnungsmitteln erfolgt gem. § 890 ZPO.II.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu. Die geltend gemachte Pauschale von 189,-- Euro brutto entspricht den auch in anderen Verfahren zuerkannten Beträgen ( Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm § 12 Rdnr. 1. 97 ).III.

Soweit der Kläger einen Verstoß gegen § 28 Abs. IV BDSG verfolgt, ist die Klage abzuweisen, da es sich bei der genannten Bestimmung um keine verbraucherschützende Norm handelt ( OLG Hamburg, Urteil vom 9.6.2004 - 5 O 186/03, MD 2004, 761 ff).IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO.

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