OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.09.1996 - 25 A 6279/95
Fundstelle
openJur 2012, 75654
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31. Mai 1995 geändert.

Es wird festgestellt, daß die Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin war im März 1993 Halterin eines Pkw VW-

Cabriolet mit dem amtlichen Kennzeichen . Am . März 1993

mißachtete die Fahrerin dieses Fahrzeugs das Rotlicht einer

Lichtzeichenanlage, als sie in I. die Kreuzung

L. damm/C. Straße befuhr. Die Tatfeststellung

erfolgte durch eine Verkehrsüberwachungsanlage (Kamera). Nach

dem Verwaltungsvorgang des Beklagten wurde am . März 1993 an

die Klägerin das Anhörungsschreiben abgesandt und der Klägerin

darin zur Last gelegt, das Rotlicht der Lichtzeichenanlage

nicht befolgt zu haben, obwohl die Rotphase bereits länger als

eine Sekunde angedauert habe. Dem Schreiben waren nach dem

Verwaltungsvorgang des Beklagten zwei Frontfotos beigefügt.

Nachdem die Klägerin nicht reagiert hatte, bat der

Oberkreisdirektor des Landkreises I. die Polizei in

T. um Ermittlung der Fahrzeugführerin und deren

Anhörung. Daraufhin suchte ein Mitarbeiter der Polizeistation

T. am 1. Juni 1993 die Klägerin auf. Nach dem

Gesprächsvermerk des Polizeihauptmeisters I. der

Polizeistation T. erklärte der Geschäftsführer der

Klägerin, daß es sich bei dem fraglichen Fahrzeug um ein

Firmenfahrzeug handele, das von mehreren Personen gefahren

werde. Zur Person der Fahrzeugführerin wollte er keine Angaben

machen. Befragungen bei mehreren Mitarbeitern der Klägerin

verliefen ebenfalls negativ. Daraufhin stellte der

Oberkreisdirektor des Landkreises I. unter dem

9. Juni 1993 das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein, weil die

Betroffene nicht festgestellt werden konnte.

Unter dem 5. Juli 1993 hörte der Beklagte die Klägerin zur

beabsichtigten Auferlegung eines Fahrtenbuches an. Mit

Schreiben vom 8. Juli 1993 bat die Klägerin darum, von dem

Erlaß der beabsichtigten Verfügung abzusehen und wies darauf

hin, daß Vorkommnisse ähnlicher Art bei ihr noch nicht zu

verzeichnen gewesen seien. Andererseits verpflichte sie sich

ausdrücklich dafür zu sorgen, daß die Fahrzeugschlüssel so

verwahrt seien, daß Unbefugte oder Betriebsangehörige nicht

ohne ihre Einwilligung fahren könnten.

Mit Verfügung vom 10. August 1993 verpflichtete der

Beklagte die Klägerin, für das Fahrzeug mit dem amtlichen

Kennzeichen oder ein während der Dauer der Auflage

angeschafftes Ersatzfahrzeug für die Dauer von sechs Monaten

nach Unanfechtbarkeit der Verfügung ein Fahrtenbuch zu führen

und darin nach Beendigung jeder einzelnen Fahrt unverzüglich

Datum, Uhrzeit, Fahrstrecke sowie den Fahrzeugführer

einzutragen.

Die Klägerin erhob am 17. August 1993 Widerspruch und

führte zu dessen Begründung aus: Nach Einsicht in die

Ermittlungsakte habe sie festgestellt, daß erst am 1. Juni

1993 Nachforschungen nach der Person des Fahrers oder der

Fahrerin durchgeführt worden seien. Nach fast drei Monaten

müsse sich der Halter nicht an die Person des Fahrers erinnern

können. Die Rechtsprechung lasse einen Zeitraum von

10 - 14 Tagen zu. Da sie selbstverständlich daran interessiert

sei, daß mit ihrem Fahrzeug keine Ordnungswidrigkeiten

begangen würden, habe sie selbst noch einmal nachgeforscht;

Fahrerin des Fahrzeugs müsse Frau T. gewesen sein.

Weitere Personalien könnten, falls nach Ablauf der

Verfolgungsverjährung noch von Interesse, mitgeteilt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 1993 wies der

Regierungspräsident B. den Widerspruch unter anderem

mit der Begründung zurück, daß die Anhörung zu der

Ordnungswidrigkeit bereits am 30. März 1993 und damit

innerhalb der Zwei-Wochen-Frist erfolgt sei.

Die Klägerin hat am 8. Dezember 1993 Klage erhoben und

ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen ausgeführt, eine

Anhörung in dem Ordnungswidrigkeitenverfahren in Form eines

Schreibens vom 30. März 1993 habe nicht festgestellt werden

können. Es liege auf der Hand, daß mehr als zwei Monate nach

dem Verkehrsverstoß nicht sofort Angaben zu der Person des

Fahrzeugführers gemacht werden könnten. Die Fahrtenbuchauflage

sei auch deshalb nicht geboten, weil mit dem Fahrzeug bis

heute keine weiteren Ordnungswidrigkeiten begangen worden

seien. Mit Schreiben vom 20. Januar 1995 hat die Klägerin eine

Abmeldebescheinigung für den fraglichen Pkw übersandt, nach

der dieser am 13. Januar 1995 vorübergehend stillgelegt worden

ist. Damit - so die Klägerin - dürfe die Fahrtenbuchauflage

zurückzunehmen sein.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Ordnungsverfügung des Beklagten vom

10. August 1993 in der Gestalt des

Widerspruchsbescheides des

Regierungspräsidenten B. vom 9. November

1993 aufzuheben.

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch den am 30. August 1995 zugestellten angefochtenen

Gerichtsbescheid, auf den Bezug genommen wird, hat das

Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Mit der am 2. Oktober 1995 eingegangenen Berufung macht die

Klägerin geltend: Die Tatsache, daß ihr Geschäftsführer zu der

Person, die möglicherweise auf den ihm vorgelegten Fotos

abgebildet sei, keine Angaben habe machen wollen, rechtfertige

nicht die Annahme, daß er damit Angaben (endgültig) habe

verweigern wollen. Es müsse ihm die Möglichkeit bleiben, die

in Betracht kommenden Personen zu befragen, um sich nicht den

Vorwurf leichtfertiger Anschuldigungen zuzuziehen, die sich

möglicherweise als ungerechtfertigt erwiesen. Insoweit

befänden sich übrigens nicht einmal die Fotos bei der

Gerichtsakte, so daß sich die Kammer kein Urteil darüber habe

bilden können, ob tatsächlich die Fotos eine Identifizierung

der abgebildeten Person zuließen. Spätestens nach der

Abmeldung des Fahrzeugs sei die Fahrtenbuchauflage aufzuheben

gewesen, da sie ihren Zweck nicht mehr erfüllen könne. Die

Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf Ersatzfahrzeuge sei bei

Firmenfahrzeugen schon zu unbestimmt. Würden etwa aus einem

Fuhrpark drei Fahrzeuge veräußert und nur zwei neue

angeschafft, so lasse sich nicht feststellen, welchem der drei

Ursprungsfahrzeuge das Ersatzfahrzeug zuzuordnen sei. Bei

einem Bestand mehrerer Fahrzeuge sei die Anordnung der

Fahrtenbuchauflage für Ersatzfahrzeuge deshalb rechtswidrig.

Später hat die Klägerin ausgeführt, das VW Golf Cabriolet

sei am 1. August 1996 verkauft worden, und ein Ersatzfahrzeug

dafür gebe es nicht. In der mündlichen Verhandlung vom

30. September 1996 hat die Klägerin erklärt:

Das VW Golf Cabriolet sei seinerzeit im Rahmen eines

sogenannten Incentivprogramms angeschafft worden. Eine

Konkurrenzfirma habe im Zuge der Verkaufsförderung dem jeweils

monatsbesten Verkäufer für einen Monat einen Porsche zur

Verfügung gestellt, entsprechend habe sie - die Klägerin - als

vergleichsweise kleinere Firma das Cabriolet eingesetzt. Frau

T. , die im Bereich der Verkaufsförderung und der

Betreuung der Niederlassungen beschäftigt sei, habe das

Fahrzeug gelegentlich gefahren, wenn es an einen der in den

Niederlassungen tätigen Mitarbeiter zu überführen gewesen sei.

Aus steuerlichen Gründen sei das Fahrzeug dann veräußert und

das Incentivprogramm in dieser Form nicht weitergeführt

worden. Das Cabriolet sei von Frau T. erworben worden,

auf die es auch zugelassen sei. Zu beruflichen Zwecken nutze

Frau T. einen VW Golf Diesel, der im Eigentum ihres

- der Klägerin - Geschäftsführers stehe und auf diesen

zugelassen sei. Von ihr - der Klägerin - würden lediglich noch

zwei Fahrzeuge gehalten, ein Porsche, der grundsätzlich

ausschließlich ihrem - der Klägerin - Geschäftsführer zur

Verfügung stehe und ein Jeep. Der Jeep sei im Jahre 1995 - für

einen Mercedes 500 SEC - angeschafft worden, nachdem dem

Geschäftsführer vom . August 1994 bis zum . Juli 1996 die

Fahrerlaubnis entzogen gewesen sei. Deshalb habe die Klägerin

den zuvor von diesem genutzten Mercedes verkauft und den Jeep

beschafft, mit dem ihr Geschäftsführer sich habe chauffieren

lassen. Am . Juli 1996 - dem Tag der Wiedererlangung der

Fahrerlaubnis - sei sodann der Porsche gekauft und zugelassen

worden. Der Jeep werde nunmehr von dem Mitarbeiter W. aus

dem Bereich Lager, Versand und Einkauf gefahren. Aus

steuerlichen Gründen sei man bemüht, den Fahrzeugpark auch in

Zukunft klein zu halten und plane nicht die Neuanschaffung

weiterer Fahrzeuge.

Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat der Beklagte mit

Verfügung vom 26. August 1996 die angegriffene Verfügung

insoweit aufgehoben, als die Angabe der Fahrstrecke nicht mehr

verlangt wird.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zunächst beantragt,

den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und die

angegriffene Ordnungsverfügung in der Gestalt der

Änderungsverfügung vom 26. August 1996 aufzuheben.

Nunmehr beantragt die Klägerin sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts

Köln vom 31. Mai 1995 zu ändern und festzustellen,

daß die Hauptsache erledigt ist,

hilfsweise,

die Ordnungsverfügung des Beklagten vom

10. August 1993 in der Gestalt des

Widerspruchsbescheides des

Regierungspräsidenten B. vom 9. November

1993 und der Änderungsverfügung vom 26. August

1996 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es sei - so der Beklagte - unschädlich, wenn der Klägerin

der Anhörungsbogen des Oberkreisdirektors des Landkreises

I. nicht zugegangen sein sollte. Die Zwei-Wochen-

Frist solle sicherstellen, daß der Kraftfahrzeughalter die

Frage nach dem Fahrer noch zuverlässig beantworten könne. Eine

Verzögerung bei der Anhörung sei mithin nur erheblich, wenn

sie sich auf das Erinnerungsvermögen des Kraftfahrzeughalters

ausgewirkt habe. Dies sei hier nicht der Fall, weil der

Geschäftsführer der Klägerin lediglich erklärt habe, daß er

zur Person der Fahrzeugführerin keine Angaben habe machen

wollen; im übrigen habe er die Fahrzeugführerin anhand der ihm

vorgelegten Fotos unabhängig von seinem Erinnerungsvermögen

erkennen können. Es erscheine nicht nachvollziehbar, daß die

Klägerin sich bei Vorlage der Fotos durch den

Ermittlungsdienst lediglich die Möglichkeit habe offenhalten

wollen, die in Betracht kommende Person zu befragen, denn der

Geschäftsführer der Klägerin habe eine derartige Absicht dem

Ermittlungsdienst gegenüber äußern können. Allein durch den

Verkauf des Fahrzeugs sei keine Erledigung der Verfügung vom

10. August 1993 eingetreten, denn die Verfügung habe eine

Geltungsdauer von sechs Monaten nach Eintreten von deren

Bestandskraft, während derer die Beschaffung eines

Ersatzfahrzeuges noch möglich sei, wenn man nicht ohnehin den

Porsche als Ersatzfahrzeug für das VW Golf Cabriolet

ansehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes

wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen

Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg, denn die Klage ist mit

dem Hauptantrag begründet.

Sie wird - sinngemäß, § 88 VwGO - mit dem aus dem

Tatbestand ersichtlichen Hauptantrag fortgeführt, nachdem die

Klägerin die Hauptsache für erledigt erklärt und der Beklagte

der Erledigungserklärung widersprochen hat.

Als Klageänderung eigener Art ist der Wechsel vom

ursprünglichen Klageantrag zum Erledigungsfeststellungsantrag

nicht den Beschränkungen des § 91 VwGO unterworfen und deshalb

ohne weiteres zulässig,

BVerwG, Urteil vom 25. April 1989 - 9 B 61.88 -

und vom 31. Oktober 1990 - 4 C 7.88 -, BVerwGE

82, 41, 42; 87, 62, 65.

Die Erledigungsfeststellungsklage ist begründet, denn die

Hauptsache hat sich erledigt.

Eine Erledigung der Hauptsache liegt vor, wenn ein nach der

Klageerhebung eingetretenes außerprozessuales Ereignis dem

Klagebegehren die Grundlage entzogen hat und die Klage deshalb

für den Kläger gegenstandslos geworden ist,

BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 4 C 7.88

-, BVerwGE 87, 62, 64 f.

Ob dies die Zulässigkeit der ursprünglichen Klage stets oder

nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des Beklagten

an einer gerichtlichen Entscheidung über diesen Punkt

voraussetzt, wird in der Rechtsprechung des

Bundesverwaltungsgerichts nicht einheitlich beantwortet,

vgl. Urteil vom 31. Oktober 1990 - 4 C 7.88 -,

BVerwGE 87, 62, 66 mit entsprechenden

Nachweisen;

dies kann hier aber offenbleiben, weil die ursprünglich

erhobene Klage jedenfalls zulässig war.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es nicht

darauf an, ob die Klage ursprünglich begründet war; dem hat

das Gericht - vorbehaltlich eines insoweit bestehenden

schutzwürdigen Interesses des Beklagten an der gerichtlichen

Feststellung, daß der mit der Klage erhobene Anspruch von

Anfang an nicht bestanden habe - nicht nachzugehen,

BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 4 C

7.88 -, BVerwGE 87, 62, 65;

ein solches Interesse macht der Beklagte nicht geltend.

Der danach für den Erfolg der Erledigungsfeststellungsklage

in der Sache erforderliche Eintritt eines erledigenden

Ereignisses hat stattgefunden. Die ursprünglich angegriffene

Fahrtenbuchauflage des Beklagten hat sich aufgrund der

Veräußerung des von ihr betroffenen Fahrzeugs erledigt; ein

Ersatzfahrzeug, auf das sich die Fahrtenbuchauflage ebenfalls

bezog, hat die Klägerin bislang nicht angeschafft, dessen

zukünftige Anschaffung erscheint nach Lage der Dinge während

der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage als

ausgeschlossen.

Die Erledigung eines Verwaltungsaktes bedeutet Wegfall der

mit der Anfechtungsklage behaupteten beschwerenden Regelung.

Ob dieser Wegfall eingetreten ist, ist vom Regelungsgehalt des

Verwaltungsaktes und nicht vom Klägerinteresse her zu

beurteilen,

BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 - 3 C

49.87 -, NVwZ 1991, 570, 571.

Demgemäß erledigt sich ein Verwaltungsakt, wenn dessen

Regelungsobjekt wegfällt,

Kopp, VwGO, 10. Aufl., 1998, § 113 RdNr. 51.

m. w. Nachweisen.

Bezieht sich eine Fahrtenbuchauflage auf ein bestimmtes

Fahrzeug, so entfällt dieses Regelungsobjekt grundsätzlich mit

dessen Veräußerung und es tritt entsprechend eine Erledigung

des Verwaltungsaktes ein.

OVG Koblenz, Urteil vom 17. Oktober 1977 - 6 A

26/77 -, VRS 54 (1978), 380, 381; VG Frankfurt,

Gerichtsbescheid vom 10. Oktober 1988 - III/2 - E

1446/86 -, VRS 78 (1990), 64, 66.

Erstreckt sich eine Fahrtenbuchauflage auch auf ein

Ersatzfahrzeug, so ist - spiegelbildlich - zu fragen, ob ein

solches Ersatzfahrzeug bereits angeschafft worden ist. Hält

der Adressat der Fahrtenbuchauflage im Zeitpunkt der

gerichtlichen Entscheidung noch kein Ersatzfahrzeug, so hat

sich die Fahrtenbuchauflage ausnahmsweise erledigt, wenn nach

den besonderen Umständen des Einzelfalles aufgrund einer

Prognose davon auszugehen ist, daß der Betreffende von der

Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges Abstand nehmen wird,

vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1966 - VII C

146.55 -, VerkMitt 1966, Nr. 143; 1967, Nr. 58.

Die gleichwohl bestehende rein theoretische Möglichkeit des

Erwerbs eines Ersatzfahrzeugs reicht in der genannten

Konstellation nicht aus, um eine Erledigung der

Fahrtenbuchauflage wegen Wegfalls des potentiellen

Regelungsobjektes zu verneinen, denn sie könnte es mit Blick

auf den Zweck der Fahrtenbuchauflage nicht rechtfertigen,

gleichwohl von deren Fortgeltung auszugehen.

Durch die Neufassung des § 31 a StVZO aufgrund der

Änderungsverordnung vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 1024) hat

der Verordnungsgeber in Anknüpfung an die Rechtsprechung,

vgl. BVerwG, Beschluß vom 3. Februar 1989

- 7 B 18.89 -, Buchholz, 442.16 § 31 a StVZO

Nr. 19,

klargestellt, daß die Fahrtenbuchauflage auf ein

Ersatzfahrzeug erstreckt werden kann. Dies beruht auf der

Erwägung, daß die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des

Straßenverkehrs, der die Fahrtenbuchauflage begegnen will, mit

dem Fortfall eines bestimmten Fahrzeugs nicht ebenfalls

entfällt,

vgl. BVerwG, Beschluß vom 3. Februar 1989

- 7 B 18.89 -, Buchholz, 442.16 § 31 a StVZO

Nr. 19.

Zulässiger Anknüpfungspunkt für die den Adressaten

belastende Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf ein

Ersatzfahrzeug ist dabei die Erfahrung, daß es sich bei der

Veräußerung oder Stillegung eines Fahrzeugs und der

Anschaffung oder Verwendung eines neuen Fahrzeugs um einen

alltäglichen Lebensvorgang handelt, der grundsätzlich

jederzeit stattfinden und damit eine Gefahrenlage schaffen

kann, zu deren Abwehr die Straßenverkehrsbehörden im Interesse

einer effektiven Aufgabenerfüllung in der Lage sein müssen.

Dies zugrundegelegt bedarf es der Ausdehnung der

Fahrtenbuchauflage auf ein Ersatzfahrzeug nicht, wenn

- abweichend vom Regelfall - aufgrund besonderer Umstände des

Einzelfalles von der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges

während der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage nicht

ausgegangen werden kann. Dies hat zur Konsequenz, daß sich die

Fahrtenbuchauflage erledigt, denn es besteht bei der gebotenen

Auslegung kein Anlaß für die Annahme, daß eine Regelung

fortgelten soll, für deren Aufrechterhaltung kein Bedürfnis

mehr besteht. Dies gilt auch dann, wenn die zuständige Behörde

- wie hier - der Ansicht ist, die Fahrtenbuchauflage habe sich

nicht erledigt. Dabei handelt es sich lediglich um eine

- nicht verbindliche - Interpretation der getroffenen

Regelung, bei deren Auslegung danach zu fragen ist, wie sie

von dem Betroffenen bei verständiger Würdigung zu verstehen

war. Insoweit ist zwar der bei Erlaß der jeweiligen Verfügung

erkennbare Wille der Behörde zu berücksichtigen. Das danach

geäußerte Verständnis der Behörde vom Inhalt der Regelung ist

indes - auch bei Dauerverwaltungsakten - nur dann

entscheidend, wenn damit erkennbar eine für den Adressaten

verbindliche Festlegung verbunden sein soll. Der Senat folgt

hinsichtlich der Konsequenzen der nicht anzunehmenden

Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges nicht der abweichenden

Rechtsprechung des früher für Straßenverkehrsrecht zuständigen

13. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-

Westfalen,

Beschluß vom 8. Januar 1992 - 13 A 1060/91 -,

NVWBl. 1992, 293; Beschluß vom 15. Juni 1992

- 13 A 3182/91 -; Urteil vom 27. September 1994

- 13 A 1896/93 -,

nach der die Feststellung, daß zu keinem Zeitpunkt mehr ein

Ersatzfahrzeug angeschafft werden wird, nur die

Durchsetzbarkeit der Verfügung betrifft. Diese Auffassung

beruht abweichend von der Rechtsprechung des erkennenden

Senats und des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die

Anordnung nach § 31 a StVZO ein Dauerverwaltungsakt ist,

dessen Rechtmäßigkeit sich nach der Sach- und Rechtslage im

Entscheidungszeitpunkt der (jeweils) letzten Tatsacheninstanz

beurteilt,

vgl. BVerwG, Beschluß vom 3. Februar 1989

- 7 B 18.89 -, Buchholz, 442.16 § 31 a StVZO Nr. 19

m. w. Nachweisen; Senatsurteil vom 28. April 1995

- 25 A 3935/93 -, DÖV 1995, 874,

auf der Prämisse, daß bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit

der Fahrtenbuchauflage maßgeblich auf den Zeitpunkt der

letzten Behördenentscheidung abzustellen sei und sich die

nachträgliche Veräußerung des Tatfahrzeugs schon deswegen

regelmäßig nicht auf den Bestand der Fahrtenbuchauflage

auswirken könne.

Von den vorgenannten Grundsätzen ausgehend hat sich die

Fahrtenbuchauflage erledigt. Der Pkw Golf Cabriolet, auf den

sich die Fahrtenbuchauflage ursprünglich bezog, ist verkauft

worden und nicht mehr auf die Klägerin zugelassen. Die

Klägerin hat dafür ein Ersatzfahrzeug, also ein Fahrzeug, das

in der Art und Weise seiner typischen Benutzung an die Stelle

des früher verwendeten Fahrzeugs getreten ist,

BVerwG, Beschluß vom 3. Februar 1989 - 7 B

18.89 -, Buchholz, 442.16 § 31 a StVZO Nr. 19,

nicht angeschafft. Es kann deshalb letztlich offenbleiben,

ob mit der Formulierung "die Fahrtenbuchauflage gilt

gegebenenfalls auch für ein während der Dauer der Auflage

angeschafftes Ersatzfahrzeug" nur ein Fahrzeug gemeint ist,

das nach Unanfechtbarkeit der Fahrtenbuchauflage innerhalb

deren sechsmonatiger Geltungsdauer angeschafft worden ist oder

ob - dazu neigt der Senat (vgl. den entsprechenden Hinweis in

dem Protokoll der Sitzung vom 26. August 1996) - die

Fahrtenbuchauflage auch für ein Ersatzfahrzeug gelten soll,

das vor der Unanfechtbarkeit der Ordnungsverfügung angeschafft

worden ist. Ausgehend von der Art und Weise der typischen

Benutzung des VW Golf Cabriolet im Rahmen des sogenannten

Incentivprogramms könnte die Existenz oder Anschaffung eines

Ersatzfahrzeugs schon deshalb ausscheiden, weil das genannte

Programm jedenfalls in der bisherigen Form - unentgeltliche

Pkw-Benutzung - nach der vom Senat nicht bezweifelten

plausibelen Einlassung der Klägerin nicht fortgesetzt worden

ist. Aus Anlaß des vorliegenden Falles braucht der Senat aber

nicht zu entscheiden, inwieweit der Begriff des

Ersatzfahrzeugs eine der Nutzung des Ausgangsfahrzeugs

entsprechende Verwendung voraussetzt bzw. gewisse

Veränderungen in der Zweckbestimmung noch umfaßt. Denn auch

dann, wenn man einen großzügigen Maßstab anlegt und auf ein

den Außendienstmitarbeitern der Klägerin im Verkaufsbereich

zur Verfügung stehendes Firmenfahrzeug abstellt, ist ein

Ersatzfahrzeug weder vorhanden noch erscheint dessen

Anschaffung während der Geltungsdauer der Auflage im

vorliegenden Fall als hinreichend wahrscheinlich.

Der von der Mitarbeiterin T. der Klägerin zu

dienstlichen Zwecken gefahrene Pkw Golf Diesel kann schon

deshalb nicht als Ersatzfahrzeug für das Cabriolet angesehen

werden, weil dessen Halter nicht die Klägerin, sondern deren

Geschäftsführer ist. Es sind auch keine Anhaltspunkt dafür

ersichtlich, daß dieser sozusagen als Strohmann für die

Klägerin zum Zwecke der Umgehung der Fahrtenbuchauflage

fungiert, so daß offenbleiben kann, welche Konsequenzen dies

für das vorliegende Verfahren hätte. Gegen einen

Umgehungsversuch spricht schon, daß nach der glaubhaften

Schilderung der Klägerin sämtliche Mitarbeiter ihre etwa

beruflich veranlaßten Fahrten mit privaten Pkw zurücklegen.

Wenn - anders als bei den übrigen Mitarbeitern - der Pkw Golf

Diesel auf den Geschäftsführer der Klägerin zugelassen ist, so

findet dies seine Ursache offenbar in der Privatsphäre der

beteiligten Personen.

Der am . Juli 1996 auf die Klägerin zugelassene Porsche

ist ebenfalls kein Ersatzfahrzeug für das Cabriolet. Die

Klägerin hat glaubhaft dargelegt, daß dieses Fahrzeug

grundsätzlich ausschließlich deren Geschäftsführer zugeordnet

ist. Darauf deutet bereits hin, daß die Buchstabenkombination

" " in dem Kennzeichen des fraglichen Fahrzeugs den Initialen

des Namens des Geschäftsführers der Klägerin entspricht, wie

dies auch für das Kennzeichen des ursprünglich von dem

Geschäftsführer genutzten Mercedes 500 SEC ( ) galt.

Es kommt hinzu, daß das Fahrzeug an dem Tag - . Juli 1996 -

zugelassen worden ist, an dem dem Geschäftsführer dessen für

zwei Jahre entzogene Fahrerlaubnis wiedererteilt worden

war.

Auch der Jeep Cherokee ( ) scheidet als

Ersatzfahrzeug aus, weil er - wie der Senat nicht bezweifelt -

zunächst dem Geschäftsführer der Klägerin während des Entzugs

der Fahrerlaubnis - und nach dem Verkauf des Mercedes 500

SEC - diente, der sich damit chauffieren ließ, und nun im

Bereich Lager, Versand und Einkauf eingesetzt wird und dort

einem Herrn W. zugeordnet ist.

Die Klägerin hat dargelegt, daß ihr Fahrzeugbestand in

Konsequenz einer in diesem Jahr durchgeführten Steuerprüfung

auch in Zukunft kleingehalten und deshalb kein weiteres

Fahrzeug angeschafft werden soll. Mit Blick auf diese

nachvollziehbare und glaubhafte, insbesondere auch nach Lage

der Dinge nicht durch die Fahrtenbuchauflage motivierten

Entscheidung bleibt es lediglich theoretisch möglich, daß die

Klägerin innerhalb des maßgeblichen Zeitraums ein den

Außendienstmitarbeitern im Verkaufsbereich zur Verfügung

stehendes Fahrzeug anschafft; nach den gegebenen Umständen

kann dies aber insbesondere auch wegen des relativ kurzen

Zeitraums der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage mit der

erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Die Ausführungen des Beklagten bieten keinen Anlaß, die

Erledigung der Fahrtenbuchauflage in Zweifel zu ziehen,

insbesondere hat der Beklagte deren Regelungsgehalt nicht

nachträglich in einer Weise geändert, die der Annahme der

Erledigung entgegenstünde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die

Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167

VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen

nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.