LG Schwerin, Urteil vom 29.10.2008 - 6 S 32/08
Fundstelle
openJur 2012, 54690
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Schwerin vom 31.01.2008 abgeändert und die Beklagte unter Klagabweisung im übrigen verurteilt, an den Kläger die Originalbürgschaftsurkunde der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam vom 12.12.2001 über 5.843,16 DM (2.987,56 Euro) Zug um Zug gegen Ausreichung einer Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse oder eines Kreditversicherers in Höhe von 1.700,00 Euro herauszugeben.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für die Berufung wird auf 2.987,56 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückgabe einer Gewährleistungsbürgschaft über 2.987,65 Euro aus einem VOB/B-Bauvertrag von 2001, wobei streitig ist, ob die Bürgschaft uneingeschränkt - so der Kläger - oder nur Zug-um-Zug gegen Ausreichung einer vertragskonformen Sicherheit in Höhe von 1.700 Euro - so die Beklagte - herauszugeben ist.

Der Kläger war Auftragnehmer, die Beklagte Auftraggeberin einer Bauleistung, für die der Kläger vereinbarungsgemäß eine Gewährleistungsbürgschaft von 5 % der Schlussrechnungssumme gestellt hatte. Vor Ablauf der Gewährleistungsfrist hatte die Beklagte Mängel gerügt, welche der Kläger beseitigt hatte.

Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist forderte der Kläger die uneingeschränkte Herausgabe der Originalbürgschaft an sich.

Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 19.01.2007 (Anlage B 1) ab und verlangte eine Austauschbürgschaft in Höhe von 1.700,00 Euro für das mangelbehaftete Gewerk.

Der Kläger meint, es komme für die neue Sicherheit auf die tatsächlichen Kosten der Mängelbeseitigung von - insoweit unbestritten - 935 Euro (735 Euro Arbeitslohn für Arbeiten an der Bodenbeschichtung - Anlage K 9 - und 250 Euro Materialkosten => rechnerisch richtig: 985 Euro) an. Bei dem vereinbarten Sicherungseinbehalt von 5 % betrage die Sicherheit maximal 64,75 Euro. Erstinstanzlich hat der Kläger vorgetragen, die Annahme der Beklagten, der Kläger habe Mängelbeseitigungsarbeiten in einem Wert von 34.000 Euro durchgeführt, sei überzogen und falsch.

Die Beklagte hat den Herausgabeanspruch anerkannt, jedoch ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Sie meint, als Berechnungsgrundlage des 5 %-igen Gewährleistungseinbehaltes sei, unabhängig vom tatsächlichen Mängelbeseitigungsaufwand, der Wert des als mangelhaft erkannten gesamten Gewerkes maßgebend. Die Gefahr bestehe gerade darin, dass mit den Überarbeitungsmaßnahmen keine Lösung für das gesamte gefährdete Gewerk gefunden worden sei. Bei der Großflächigkeit der damaligen Mängelerscheinungen und der Gefahr tiefergehender Mängelursachen müsse die Berechnungsgrundlage das gesamte Gewerk sein. Auch für die Berechnung des Gewährleistungseinbehaltes insgesamt sei der Wert des Vertrages und nicht der Aufwand zur Herstellung maßgeblich. Deshalb sei das Sicherungsbedürfnis der Beklagten mit 1.700 Euro (5 % von 34.000 Euro) anzusetzen. Der Wert der "latent als schaden- und mangelbehafteten Gewerke" betrage 34.000 Euro. Hierzu hat die Beklagte erstinstanzlich das Protokoll der Gewährleistungsschlussbegehung (Anlage B 2) vorgelegt, aus dessen gekennzeichneten Stellen zu entnehmen sei, dass nahezu die gesamte Epoxydharzbeschichtung im Bereich der Balkone abgerissen war und Hohllagen aufwies, gleiches gelte für die Epoxydharzbeschichtung und deren Anschluss an die Balkongeländer, Lösungen vom Untergrund sowie den gerissenen Bodenbeschichtungen nebst Wasserlaufspuren. Ferner hat sie die Schlussrechnung (Anlage B 3) vorgelegt und vorgetragen, alle nicht durchgestrichenen Positionen wie Betonflächen, Schadstellen, Ausgleichsspachtelung, Ausgleichsestrich, Fußbodenbeschichtung (Loggien WE) sowie Fußbodenbeschichtung (Loggien TH) stellten einen Wert von 34.231,51 Euro dar.

Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur uneingeschränkten Herausgabe der Originalbürgschaft an den Kläger und Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 165,71 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Es hat sich dabei auf das Urteil des Kammergerichts vom 20.04.2004, 27 U 333/03, gestützt, wonach es auf die tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten ankomme. Diese Mängelbeseitigungsarbeiten habe die Beklagte mit Schreiben vom 19.01.2007 (Anlage B 1) als vertragsgemäß anerkannt. Ein Sicherungsbedürfnis für eine komplette Neuherstellung nahezu des gesamten Gewerkes erschließe sich im Hinblick auf die mit der Rechnung Anlage K 9 belegten Mängelbeseitigungsarbeiten nicht. Auf das insoweit zulässige Bestreiten des Klägers habe die Beklagte auch nicht weiter substantiiert und Beweis angeboten dafür, dass sich die notwendigen Nachbesserungsarbeiten auf die in der Schlussrechnung nicht durchgestrichenen Positionen und auf einen Wert von 34.231,51 Euro belaufen sollte. Bei den nachgewiesenen tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten von 935 Euro sei der 5 %-ige Sicherheitseinbehalt für den Kläger unzumutbar und für die Beklagte wirtschaftlich sinnlos, sodass eine Zug-um-Zug-Verurteilung ausscheide.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren, nämlich Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Sicherheit in Höhe von 1.700,00 Euro und Klagabweisung im übrigen weiter verfolgt.

Sie rügt - erstmals - die Aktivlegitimation. Der Kläger könne nicht die Herausgabe der Bürgschaft an sich selbst, sondern nur an die bürgende Bank verlangen (BGH NJW 2004, 3555). Soweit ihr Anerkenntnis nicht reiche, sei die Klage daher schon unschlüssig.

Das Urteil sei eine Überraschungsentscheidung, weil der Amtsrichter dem Kläger in der mündlichen Verhandlung noch eine Klagrücknahme nahegelegt habe. Es hätte daher vor Klagstattgabe eines Hinweises gem. § 139 ZPO bedurft. Dann hätte die Beklagte noch auf das vom Amtsgericht offensichtlich übersehene Urteil des OLG Oldenburg, BauR 2002, 328, hingewiesen, das eine Austauschbürgschaft nicht mit dem prozentualen Anteil, sondern mit der vollen Summe des Mängelbeseitigungsaufwandes angesetzt habe. Dann hätte das Amtsgericht ggf. zumindest eine Zug-um-Zug-Gewährung einer Austauschbürgschaft im Wert von 935 Euro ausgeurteilt.

Der Tatsachenvortrag der Beklagten zum Wert der mangelbehafteten Gewerke sei zu Unrecht als unsubstantiiert angesehen worden. Zudem habe der Kläger den Wert von 34.000 Euro nicht bestritten, sondern nur eine andere Rechtsposition vertreten, wonach dieser Wert nicht maßgeblich sei.

Das Amtsgericht habe sich zur Beurteilung des Sicherungsbedürfnisses weder mit dem Urteil des OLG Oldenburg noch mit der konkreten Interessenslage im Einzelfall auseinandergesetzt und deshalb die Rechtsfrage falsch beurteilt. Wären lediglich die Kosten der Mangelbeseitigung maßgeblich für das Sicherungsinteresse, so würde dies einer oberflächlichen, möglichst kostengünstigen  Mängelbeseitigung Vorschub leisten und der Auftraggeber wäre nach Ablauf der ursprünglichen Gewährleistungsfrist schutzlos.

Die Beklagte beantragt,

auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des am 31.01.2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Schwerin, Geschäftsnummer: 12 C 134/07, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die Originalbürgschaftsurkunde der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam vom 12.12.2001 über 5.843,16 DM (2.987,56 Euro) Zug um Zug gegen Ausreichung einer Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse oder eines Kreditversicherers in Höhe von 1.700,00 Euro herauszugeben, und im übrigen die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen..

Er verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.

Er hält sich für aktivlegitimiert und verweist insoweit auf das Urteil des Kammergerichts vom 21.09.2005, Az.: 26 U 12/05.

Eine Überraschungsentscheidung liege nicht vor, weil der Amtsrichter sich in der mündlichen Verhandlung in der Beurteilung der streitentscheidenden Rechtsfrage nicht festgelegt habe.

Im übrigen sei die dem Kammergericht folgende Entscheidung des Amtsgerichts überzeugend und zutreffend.

Mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 23.05.2007 habe er, der Kläger, die von der Beklagten geltend gemachten Kosten von 34.000 Euro in Abrede gestellt, d.h. sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach bestritten.

Gründe

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere in rechter Frist und Form eingelegt.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Aktivlegitimation

Der Kläger ist aktivlegitimiert und kann Herausgabe der Bürgschaft an sich verlangen. Zwar hat der BGH festgestellt, bei Wegfall des Sicherungszwecks stehe, wenn sich nicht aus den jeweiligen vertraglichen Beziehungen etwas anderes ergebe, der Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde entsprechend § 371 BGB dem Bürgen zu, der Kläger könne daher allenfalls die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die bürgende Bank verlangen (BGH NJW 2004, 3553, Rz. 25; ebenso zuvor OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 668; OLG Oldenburg Urteil vom 10.02.2004 BauR 2004, 1464, Rz. 24;OLG Koblenz NJW-RR 2006, 1313, Rz. 14, sämtlichst zitiert nach Juris). Das Kammergericht hat jedoch in seinem vom Kläger zitierten Urteil vom 21.09.2005 entschieden, der Auftragnehmer eines Bauvertrages, der den Gewährleistungseinbehalt des Auftraggebers durch eine Bürgschaft abgelöst habe, dürfe nach Ablauf der Gewährleistungsfrist die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich selbst verlangen (BauR 2006, 386). Der Herausgabeanspruch ergebe sich unmittelbar aus dem Sicherungsvertrag. Der Auftragnehmer besitze ein berechtigtes Interesse an einer Herausgabe an sich, ohne dass dies zu Nachteilen für den Auftraggeber führe, weil der Auftragnehmer nach Erhalt der Bürgschaftsurkunde alle Schritte zur Beendigung des Bürgschaftsvertrages unternehme, um auch sein eigenes, regelmäßig entgeltliches Auftragsverhältnis mit dem Bürgen (Avalzinsen etc.) zu beenden. Zudem sprächen Gründe der Praktikabilität für einen Herausgabeanspruch des Auftragsnehmers an sich, weil er im Fall einer Verurteilung die Zwangsvollstreckung zu Gunsten eines Dritten überwachen müsse (KG a.a.O., Rz. 25). Für diese Ansicht streitet, dass im Verhältnis zum Auftraggeber der Auftragnehmer der Sicherungsgeber ist, der infolgedessen Herausgabe der von ihm hingegebenen Sicherheit verlangt, während die den Bürgschaftsvertrag abschließende Bank insoweit ausschließlich im Auftrag des Auftragnehmers handelt (Joussen in: Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 16. Aufl., § 17 Nr. 8 VOB/B Rz. 32).

Diese Frage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Beklagte hat den Herausgabeanspruch "an den Kläger" erstinstanzlich bereits anerkannt und beantragt auch in der Berufung ihre Verurteilung zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde "an den Kläger", lediglich das Zurückbehaltungsrecht steht im Streit. Die Beklagte kann sich daher nicht mehr mit Erfolg auf die mangelnde Aktivlegitimation berufen. Das als Prozesserklärung bindende prozessuale Anerkenntnis ist mit der Rüge der Aktivlegitimation nicht vereinbar.

2. Zurückbehaltungsrecht

Der Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB zur Seite. Für die Berechnung der Austauschgewährleistungsbürgschaft ist auf den Wert des mangelbehafteten Gewerkes abzustellen. Die Kammer teilt insoweit die Rechtsauffassung der Beklagten.

Das vom Amtsgericht herangezogene Urteil des Kammergerichts vom 20.04.2004 (BauR 2004, 1463) stellt zwar für die Berechnung der Sicherheitsleistung für Mängelbeseitigungsarbeiten auf den Wert der Mängelbeseitigungsmaßnahmen, also die Kosten der Mängelbeseitigung ab (dort 34.000 DM für Mangelbeseitigungsarbeiten an Fliesen). Diese erfolgte jedoch ausdrücklich in Abgrenzung zum Risikobereich des darunter liegenden Gewerks (Abdichtungs- und Estricharbeiten), dessen Mangelhaftigkeit zur Erneuerung der an sich mangelfrei verlegten Fliesen geführt habe. Insoweit steht die Entscheidung des Kammergerichts auch nicht im Widerspruch zur Rechtsansicht der Beklagten, die für die Berechnung ihres Sicherungsinteresses auf das - unstreitig - von Mängeln betroffene Gewerk des Klägers abstellt.

Dass es entscheidend auf das konkrete Sicherungsbedürfnis im Einzelfall ankommt, zeigt  das Urteil des BGH vom 23.01.2003, das auf eine "interessensgerechte" Auslegung abstellt. Die Erfüllungsbürgschaft bezwecke gerade bei fristgerechter Inanspruchnahme eine umfassende und bleibende Sicherheit des Gläubigers für während ihrer Geltung fällige gewordene vertragliche Ansprüche (BGHZ 153, 311, Rz. 38, zitiert nach Juris). Das Thüringer OLG hat entschieden, soweit eine Erfüllungssicherheit eine teilbare Leistung sichere, könne bei Abarbeitung eines Teils der Leistung eine Freigabe des entsprechenden Teils der Sicherheit geschuldet sein. Den Interessen des Auftraggebers sei hierbei ggf. durch Gewährung eines Zuschlages auf den verbleibenden Rest der Sicherheit Rechnung zu tragen (OLG-NL 2004, 169, zitiert nach Juris). Das zeigt, dass nicht allein die reinen Kosten der Mängelbeseitigung zwingend die Berechnungsgrundlage für die neue interessensgerechte Sicherheitsleistung sein müssen. Für die Gewährleistungsbürgschaft muss dies gleichermaßen gelten. Die vorrangige Notwendigkeit einer interessensgerechten Sicherheit dürfte auch der Grund sein, weshalb das OLG Oldenburg in seinem Urteil vom 21.07.2000 (BauR 2002, 328) die einfachen Kosten der Mängelbeseitigung als Sicherheitseinbehalt anerkannt und nur im Hinblick auf ein hälftiges Mitverschulden gekürzt hat. Abgesehen davon lässt die Entscheidung des OLG Oldenburg erkennen, dass dann auf die tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten abgestellt werden kann, wenn diese durch einen Sachverständigen, der dann auch die Mangelursache sachverständig geprüft hat, ermittelt wurden. Liegt eine solche sachverständige Mangelursachenfeststellung - wie hier - nicht vor, so sind die tatsächlichen Mangelbeseitigungskosten nicht zwingend der richtige Maßstab, weil die Mangelursache möglicherweise nicht abschließend feststeht. Damit wäre der Auftraggeber gezwungen, von vornherein die vom Auftragnehmer zur Mangelbeseitigung getätigten Nacharbeiten in Zweifel zu ziehen und einen Sachverständigen heranzuziehen. Im Vordergrund muss stehen, dass die Gewährleistungsbürgschaft die potentiellen Folgekosten bei auftretenden Mängeln sichert (vgl. dazu Joussen in Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 17 Nr. 8 VOB/B, Rz. 10). Daher kommt es auf das konkrete Sicherungsbedürfnis im Einzelfall an.

Vorliegend besteht das höhere Sicherungsinteresse, wie es die Beklagte für sich reklamiert. Der tatsächliche Mangelbeseitigungsaufwand der Klägerin war im Verhältnis zum Wert des von Mängeln betroffenen Gewerkes von 34.000 Euro sehr gering. Ob die durchgeführten Mängelbeseitigungsmaßnahmen zur dauerhaften Mangelbeseitigung ausgereicht haben, also die Mängelursache dauerhaft behoben worden ist, ist bisher jedenfalls nicht sachverständig überprüft und festgestellt worden. Die Beklagte hat daher ein nachvollziehbares Interesse daran, diese Unsicherheit über die Mängelursache wirtschaftlich abzusichern, indem für die Berechnung der vertraglich geschuldeten Gewährleistungssicherheit auf den Wert des von den Mängeln betroffenen Gewerkes abgestellt wird. Dabei geht die Kammer, anders als das Amtsgericht, davon aus, dass die Beklagte zum Wert des mangelbehafteten Gewerkes durch Vorlage der detaillierten Mängelliste aus der Gewährleistungsschlussbegehung (Anlage B 2) und der Schlussrechnung mit den nicht durchgestrichenen Positionen (Anlage B 3) hinreichend substantiiert vorgetragen hat. Diesen Vortrag hat der Kläger nicht bestritten. Streitig war und ist zwischen den Parteien allein die Frage, ob die als solches unstreitigen tatsächlichen Mängelbeseitigungskosten von 935 Euro oder der Wert des betroffenen Gewerkes mit - insoweit ebenfalls unbestritten - 34.231,51 Euro zugrunde zu legen ist.

3. Verzugsschaden

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen schuldet die Beklagte nicht, da sie ihr Zurückbehaltungsrecht - wie dargelegt - zu Recht ausgeübt und sich deshalb mit der Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nicht in Verzug befunden hat.

4. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 93 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Den Streitwert für die Berufung - Beschluss zu 4. des Tenors - hat die Kammer gem. § 47 GKG, §§ 3 ff. ZPO mit dem vollen Betrag der herausverlangten Gewährleistungsbürgschaft festgesetzt. Zwar gilt grundsätzlich, dass dann, wenn nur die Bürgschaftsurkunde herausverlangt wird, der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem Herausgabeinteresse des Klägers, d.h. in der Regel nur auf 20 - 30 % der gesicherten Forderung zu schätzen ist (so auch OLG Oldenburg BauR 2000, 328, 2. Leitsatz bzw. Rz. 26). Der volle Betrag der Bürgschaftsforderung ist allerdings dann anzusetzen, wenn der Schuldner - wie hier - mit der Herausgabe eine Inanspruchnahme des Bürgen verhindern will (BGH WuM 2006, 215, Rz. 8, zitiert nach Juris; vgl. auch Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl.,   § 3 Bürgschaft).

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