LG Rostock, Urteil vom 12.03.2008 - 10 O 257/07
Fundstelle
openJur 2012, 54452
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.846,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.07.2007 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von Mehrkosten für den Ausbau einer radiologischen Praxis.

Die Parteien, der Kläger als Vermieter, die Beklagten als Mieter, schlossen am 14.09.2005/10.10.2005 einen Mietvertrag über eine Gewerbefläche in der ... in Rostock. Die angemietete Fläche betrug 753 qm, der vereinbarte monatliche Mietzins Euro 7.906,50. In § 2 Abs. 4 des Mietvertrages vereinbarten die Parteien eine Ausbauverpflichtung des Vermieters. Dabei wurde die Leistung des Vermieters (Klägers) in einer gesonderten Vereinbarung als Zusatz zum Mietvertrag festgehalten. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Mietvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bd. I, Bl. 7 bis 22 d.A.) Bezug genommen. In dem am gleichen Tag unterzeichneten Zusatzvertrag vereinbarten die Parteien in § 1:

"Der Vermieter verpflichtet sich, die Kosten für den Ausbau wie in dem beigefügten Raumbuch und Grundriss dargestellt, zu übernehmen. Die Ausbauleistung schuldet der Vermieter gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik, der DIN und der VOB.

Art und Umfang der Leistungen beziehen sich daher auf eine schlüsselfertige Erstellung und umfassen alle Lieferungen, Leistungen und Nebenleistungen, die erforderlich sind, um das Bauvorhaben funktions- und bezugesfertig zu erstellen, und zwar in der Form, dass es für den vorgesehenen Zweck technisch und uneingeschränkt genutzt werden kann. (.)

Da der Vermieter dem Mieter den Gesamtausbau unter Verwendung des Baukostenzuschusses schuldet, verpflichtet er sich, für den Ausbau grundsätzlich Materialien der ersten Wahl zu verwenden. Auswahl und Festlegung des zu verwendenden Materials erfolgt in Abstimmung mit den Mietern, die diese Aufgabe an den beauftragten Architekten delegieren können."

Unter § 3 vereinbarten die Parteien:

"Die Mieter verpflichten sich im Gegenzug, hierfür einen Baukostenzuschuss an den Vermieter zu leisten, der den Mehraufwand für die speziellen Ausbauleistungen der radiologischen Praxis decken. Dieser Baukostenzuschuss steht dem Vermieter zur Verfügung, der somit den kompletten Innenausbau dem Mieter schuldet, auf § 1 der Vereinbarung wird verwiesen. Hierzu zählen auch Leistungen für Sonderfachleute, sowie für Statik, Prüfstatik, Schallschutz und Haustechnik."

"Grundlage der geplanten Bauleistung ist die vorliegende Zielplanung (Anlage 1), das darauf abgestellte Raumbuch (Anlage 3). Diese zwei Unterlagen sind als Anlage dieser Vereinbarung beigefügt und regeln für die Vertragsparteien verbindlich die Ausbauleistung.

Im Zuge der Ausbauleistung ist das Raumbuch, falls erforderlich anzupassen. Vermieter und Mieter verständigen sich bereits heute darauf, dass die Anpassungen des Raumbuches im Zuge des Ausbaus protokolliert werden."

Mit Schreiben vom 16.08.2005 bot der Kläger den Umbau zu einem Gesamtpreis von 390.000,00 Euro an und verwies darauf, dass dabei Risiken für Unvorhergesehenes auf seiner Seite seien. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Schreibens vom 16.08.2005 wird auf die Anlage B 1 (Bd. I, Bl. 186 d.A.) Bezug genommen. Der Beklagte zu 3) erklärte gegenüber dem Kläger, die Differenz zwischen kalkuliertem und tatsächlichen Preis des Teppichbodens werde nach Vorlage der Kalkulation und der Rechnung des gesonderten Teppichbodens durch die Beklagten getragen.

Der Kläger behauptet, nachdem die Verträge im September/Oktober unterzeichnet worden seien, hätten die Beklagten durch eine Vielzahl von umgesetzten Änderungswünschen erhebliche Mehrkosten verursacht. Kalkuliert habe er, der Kläger, Gesamtkosten von 780.000,00 Euro. Der Gesamtaufwand habe den kalkulierten Betrag um die Klageförderung überstiegen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 252.024,21 Euro nebst 8 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2006 zu zahlen.

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte ... in Höhe von 1.559,00 nebst 8 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, ein Anspruch stehe dem Kläger bereits dem Grunde nach nicht zu. Gegenstand der vertraglichen Verpflichtung des Klägers als Vermieter sei die Herrichtung der vermieteten Räume zum Betrieb einer radiologischen Praxis. Die Verpflichtung der Beklagte habe ausschließlich darin bestanden, den vereinbarten Baukostenzuschuss zu leisten, wobei der Baukostenzuschuss ausschließlich zur Abgeltung der speziellen Bedürfnisse einer radiologischen Praxis habe dienen sollen. Der Kläger selbst habe den Vorschlag unterbreitet, anhand der Planungsskizzen ohne einen detaillierten Ausführungsplan die gesamte Baumaßnahme zum Pauschalpreis auszuführen. Der Kläger habe nicht dargelegt, wann über den Pauschalvertrag hinausgehende Leistungen von den Beklagten gefordert worden wären. Es habe ebenfalls keine Vielzahl von Änderungen und Sonderwünschen gegeben.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Mehraufwandes für die Herrichtung der von den Beklagten angemieteten Räumlichkeiten, soweit er nicht Ersatz zusätzlicher Kosten für die Einbringung eines Teppichbodens begehrt.

Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag nach § 535 BGB, der zusätzlich eine Ausbauverpflichtung des Vermieters enthält.

Die Parteien haben keinen darüber hinausgehenden Werkvertrag nach § 631 BGB geschlossen. Gegen den Abschluss eines separaten Werkvertrages spricht bereits die Vereinbarung der Ausbauverpflichtung im Rahmen der Mietvertragsurkunde. Die weitere Ausgestaltung des Vertrages erfolgte in einer als Anlage zum Mietvertrag bezeichneten Vereinbarung. Des Weiteren enthält die Vereinbarung auch nicht, was typisch wäre für einen Werkvertrag, eine Vereinbarung über eine zu zahlenden Vergütung. Mit Ausnahme des Baukostenzuschusses sollte die Abgeltung der Werkleistung über den im Mietvertrag vereinbarten Mietzins erfolgen.

Der Vermieter ist nach § 535 BGB zur Überlassung der Mietsache verpflichtet. Überlassen ist die Mietsache, wenn der Mieter in die Lage versetzt wird, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen. Wann das der Fall ist, beurteilt sich nach dem Umfang der vereinbarten Leistungen (BGH, NJW 2007, 2394). Räumlich muss der Vermieter dem Mieter alle Bestandteile der Mietsache, ggf. inklusive Zubehör, zur Verfügung stellen. Inhaltlich muss der Vermieter die Mietsache so zur Verfügung stellen, dass der Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch ausüben kann. Was Gegenstand der vertragsgemäßen Gebrauchsgewährung ist, richtet sich nach zunächst nach der konkreten vertraglichen Vereinbarung. Gewerbliche Räume müssen vom Vermieter in einem für die Ausübung des Gewerbes geeigneten Zustand vermietet werden.

Die Überlassungspflicht des Klägers nach § 535 BGB beinhaltete den Beklagten die Räume in einem Zustand zu überlassen, der für den Betrieb einer radiologischen Praxis geeignet ist. D.h., soweit der Zustand noch nicht hergestellt war, schuldete der Kläger den Ausbau der vermieteten Räume zu einer radiologischen Praxis. Die Überlassungsverpflichtung des Vermieters aus § 535 BGB im oben beschriebenen Sinne ist dispositiv, d.h. die Parteien können grundsätzlich hiervon abweichende Regelungen treffen. Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Vermieter aber beweisen, dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 8. Aufl. § 535 Rdn. 47; Palandt/Weidenkaff 66. Aufl. § 535 Rdn. 33).

Soweit der Kläger Kosten für den Ausbau der Mietsache geltend macht, hat er demgemäß darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm vorgenommenen Arbeiten nicht von seiner allgemeinen mietvertraglichen Gebrauchsüberlassungspflicht geschuldet sind, sondern von den Beklagten aufgrund deren besonderen Begehren über die mietvertragliche Ausbaupflicht hinausgehend gefordert und von ihm in Erfüllung einer solchen -zusätzlichen- Vereinbarung im Sinne eines Werkvertrages geleistet worden sind.

Ein derartiger Anspruch ergibt sich nicht aus der Vereinbarung als Anlage 2 zum Mietvertrag vom 14.09./10.10.2005. Der Kläger kann sich insbesondere nicht darauf berufen, die Beklagten schuldeten die Erstattung des Mehraufwandes, soweit dieser nicht im Raumbuch abgebildet worden sei. Die Vereinbarung zwischen den Parteien ist im Hinblick auf eine zutreffende Auslegung nicht eindeutig.

Zwar haben die Parteien insoweit vereinbart, dass das Raumbuch und die Grundrisse den Leistungsumfang des Klägers verbindlich festlegten, indes haben die Parteien zugleich eine Fortschreibung des Raumbuches in § 3 der Vereinbarung festgelegt. Eine derartige Fortschreibung des Raumbuches widerspricht aber der Festlegung des Inhalts des Raumbuches als Vertragsgrundlage.

Vielmehr spricht § 1 des Vertrages dafür, dass das Raumbuch jedenfalls keine Detailfestlegungen sondern nur eine Funktionsfestschreibung beinhalten sollte. Danach sollte der Kläger die Praxis schlüsselfertig erstellen, seine Leistung alle Lieferungen, Leistungen und Nebenleistungen enthalten, die für die Funktions- und Bezugsfertigkeit erforderlich sind. Des Weiteren spricht im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigende Schreiben des Klägers vom 16.08.2005 für eine Verpflichtung des Klägers In jedem Fall verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.

Ansprüche stehen dem Kläger ebenfalls nicht aufgrund der mit Schreiben vom 10.01.2006 und 12.01.2006 angekündigten Mehrkosten zu, da diese Offerten durch die Beklagten unstreitig nicht angenommen wurden.

Des Weiteren kann dahin gestellt bleiben, ob die Beklagten sämtliche klägerseits vorgetragenen Änderungen und Ergänzungen wünschten. Maßgeblich für die Frage des Entstehens eines Zahlungsanspruchs ist, dass dem Kläger für die entsprechenden Änderungen oder Ergänzungen ein Zahlungsanspruch zustand, da die Leistung nicht von der Gebrauchsüberlassungspflicht des Klägers gedeckt war und dies mit den Beklagten vereinbart war. Eine derartige Abrede ergibt sich nicht aus dem klägerischen Vortrag.

Es ist Sache des Vermieters ausdrücklich klarzustellen und auf vertragliche Vereinbarung hinzuwirken, wenn eine Leistung nach seinem Empfinden nicht Bestandteil der mietvertraglichen Gebrauchsüberlassungspflicht ist und er für diese eine gesonderte Vergütung begehrt. Verbleibende Zweifel gehen zu lasten der darlegungs- und beweisbelasteten Partei.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von unstreitigen Mehrkosten in Höhe von 7.846,00 Euro für die Einbringung eines höherwertigen Teppichbodens. Insoweit haben die Parteien eine abweichende Regelung getroffen. Der Erstattung der entsprechenden Mehrkosten hat der Beklagte zu 2) in der E-Mail vom 08.03.2006 ausdrücklich zugestimmt. Dabei konnte der Kläger davon ausgehen, dass der Beklagte zu 2) zugleich als Bevollmächtigter für die Beklagten zu 1) und 3) zumindest im Sinne einer Anscheinsvollmacht handelte.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Kosten der Beauftragung der außergerichtlich tätigen Rechtsanwälte als Verzögerungsschaden nach § 286 BGB, da eine wirksame Mahnung nicht vorlag. Grundsätzlich bedarf der Verzug einer Mahnung, d.h. einer an den Schuldner gerichteten Aufforderung, die Leistung zu erbringen. Die in der Mahnung enthaltene Zahlungsaufforderung muss eindeutig sein, d.h. die geltend gemachte Forderung muss eindeutig bestimmbar sein. Dabei steht eine Zuvielforderung grundsätzlich einer wirksamen Mahnung nicht entgegen, falls der Schuldner die Aufforderung zur Bewirkung der geschuldeten Forderung verstehen muss (BGH, WM 2000, 586). Der Gläubiger kann aber aus einer Mahnung keine Rechte herleiten, wenn er eine weit übersetzte Forderung geltend macht (BGH, NJW 1991, 1288).

Der Kläger hat mit seiner Mahnung einen Betrag von 252.024,41 Euro geltend gemacht, obwohl ihm nur ein Betrag von 7.846,00 Euro zustand. Unter diesen Umständen mussten die Beklagten die Mahnung zur Zahlung von 252.024,41 Euro nicht als Aufforderung zur Zahlung von 7.846,00 Euro verstehen. Im Übrigen kann der Kläger die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten nur insoweit als Verzugsschaden nach § 286 BGB erstattet verlangen, als die Beauftragung als kausale Folge des Verzuges anzusehen ist. Indes hat der Kläger seine Prozessbevollmächtigten bereits vor Verzugseintritt beauftragt. Die Prozessbevollmächtigten waren bereits am 27.09.2006 mandatiert. Ausweislich des Schreibens der Prozessbevollmächtigten vom 27.09.2006 (Bd. I, Bl. 167 d.A.) sollten diese mit diesem Schreiben zur Zahlung aufgefordert werden. Verzug der Beklagten begann allenfalls nach Ablauf der in diesem Schreiben gesetzten Frist am 20.10.2006.

Der Anspruch des Klägers auf Nebenforderungen folgt mangels wirksamer Inverzugsetzung aus §§ 291, 288 BGB. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Zinsen in gesetzliche Höhe ab dem auf die Klagezustellung folgenden Tag, dem 20.07.2007.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II Nr. 1 ZPO. Dem Kläger waren die Kosten des Verfahrens auch insoweit aufzuerlegen, als er obsiegt hat, da die Zuvielforderung der Beklagten verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur unwesentliche Mehrkosten verursacht hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.