OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.09.2007 - 3 K 31/05
Fundstelle
openJur 2012, 54281
  • Rkr:

1. Zur Frage der abwägungsfehlerhaften Teilgenehmigung eines Flächennutzungsplanes im Hinblick auf das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 BauGB.

2. Zur Alternativenprüfung bei der Festsetzung von Verkehrsflächen und privaten Stellplätzen.

Tenor

Der am 19. Oktober 2005 durch die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschlossene, am 27. Oktober 2005 veröffentliche Bebauungsplan Nr. 20 "Sondergebiet A" wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. 20 "Sondergebiet A".

Der Antragsteller ist Erbbauberechtigter am Grundstück Flurstück 67/128 der Flur - der Gemarkung Y. Das Grundstück liegt im Gebiet der Gemeinde Dierhagen und hat die Straßenbezeichnung H.weg 3. Es ist mit einem Gebäude bebaut und wird an Feriengäste vermietet. Das Grundstück grenzt an das Gebiet des Bebauungsplans Nr. 20.

Durch den Bebauungsplan Nr. 20 wird die Neuerrichtung eines Hotels im Nordwesten des Plangebietes und die Errichtung von maximal 55 Ferienwohnungen in mehreren Gebäuden ermöglicht. Der Bebauungsplan setzt zwei Sondergebiete fest mit den Inhalten "Hotel" und "Ferienhausgebiet" und ändert den Verlauf der im Plangebiet bereits vorhandenen Straße "Z.". Bisher verlief diese Straße ohne Kurven in etwa von Nordwest nach Nordost mit (ausweislich des Zuwendungsbescheides vom 12.04.2001) einer Fahrbahnbreite von 4,50 m zwischen der B.allee bis zum He.weg. Nach dem Bebauungsplan Nr. 20 verschwenkt die Straße nun in Höhe des He.weges nach Süden mit einer leichten Kurvenlage nach Südwest und macht in Höhe des H.weges einen Schwenk nach Südost, wobei sie Teile des H.weges aufnimmt. Der H.weg mündet in diese neue Straße (im Folgenden: Planstraße). Nach dieser Einmündung verläuft die Planstraße leicht kurvig nach Südwest, um sich dann nach Westen zu richten, wo sie auf die B.allee trifft und in der rondellartig ausgeformten Zufahrt zum Hotel mündet. Die Planstraße ist als "Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung - verkehrsberuhigter Bereich" ausgewiesen. Sie soll eine Gesamtbreite von 4,75 m im Bereich zwischen B.allee und H.weg erhalten. Es sind Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft mit einer dauerhaften Bepflanzung vorgesehen. Nordwestlich des Grundstücks des Antragstellers und nördlich der Planstraße ist eine (kleine) Stellplatzfläche vorgesehen.

Am 02.09.1998 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Flächennutzungsplan. In dem zur Genehmigung eingereichten Exemplar werden in der Planzeichenerklärung die Kürzel SO 1 als "Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO), Ferienhausgebiet", SO 3 mit "Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO), Campinghausgebiet" und SO 2 "Sonstiges Sondergebiet (§ 11 BauNVO), Gebiet für Fremdenbeherbergung" erläutert; sie sind in der genannten Reihenfolge aufgeführt. Durch Erlass vom 16.03.1999 genehmigte das Ministerium für Arbeit und Bau den Flächennutzungsplan mit Ausnahme sämtlicher Sondergebiete "Ferienhausgebiete" ausgenommen das Sondergebiet "Ferienhäuser in der Ortslage Dierhagen-Strand" mit Maßgaben und Auflagen. Zur Begründung der Versagung wird unter anderem ausgeführt, bei der Ausweisung der Sondergebiete "Ferienhausgebiete" handele es sich um keine Neuplanung, sondern die Überplanung bestehender baulicher Anlagen. Die Gemeinde hätte prüfen müssen, welche Nutzung im Rahmen des Bestandsschutzes zugrunde gelegt werden müsse. Eine derartige Prüfung sei nicht vorgenommen worden. Damit sei der Abwägungsgrundsatz gemäß § 1 Abs. 6 BauGB (a. F.) verletzt worden.

Durch Erlass vom 13.07.1999 bestätigte das Ministerium für Arbeit und Bau, dass die in dem Erlass vom 16.03.1999 genannten Maßgaben und Auflagen erfüllt seien. Dieser Erlass gibt Hinweise für die Bekanntmachung der Teilgenehmigung.

In der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans werden sämtliche Flächen, die von der Genehmigung ausgenommen worden sind, gemäß § 6 Abs. 3 BauGB durch rote Umrandung gekennzeichnet. In der Planzeichenerklärung heißt es nunmehr:

"SO 1 - Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO) - Ferienhausgebiet,SO 2 - Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO) - Campingplatzgebiet und SO 3 - sonstiges Sondergebiet (§ 10 BauNVO) - Gebiet für Fremdenbeherbergung."

In dem Flächennutzungsplan ist danach für den Ortsteil Neuhaus in Teil IV ein Sondergebiet "Hotel" und ein Sondergebiet "Campingplatzgebiet" dargestellt. Nach den Erläuterungen zum Flächennutzungsplan (S. 42) sollen für den Ortsteil Y folgende Sondergebiete dargestellt sein:

- ca. 1,9 ha: Ferienhausgebiet-Wochenendsiedlung - ca. 1,9 ha: Campingplatzgebiet-Zeltplatz - ca. 1,6 ha: Fremdenbeherbergung-Hotel.

In diesem Zusammenhang wird weiter ausgeführt: Eine weitere Bebauung für touristische Nutzung stellten die Hotelstandorte entlang der Außenküste dar. Hier müsse der Bestand ebenfalls qualitativ verbessert werden. In diesem Zusammenhang biete sich eine verträgliche Erhöhung der Bettenzahl an, um den steigenden Urlauberzahlen bereits im Hotelbestand Rechnung zu tragen und Flächenneuausweisungen zu minimieren. Es würden lediglich vorhandene Hotels und Pensionen ausgebaut und qualitativ verbessert. Zusätzliche Standorte großer Hotelanlagen seien nicht vorgesehen. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplanes vom 09.02.2000 betrifft den Ortsteil Y nicht.

Am 29.09.2004 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 20 aufzustellen. Dem Aufstellungsbeschluss war ein Katasterplan beigefügt, auf dem seinerzeit vorhandene Bebauung eingezeichnet ist. Das Flurstück 43/1 war mit einem Hotel bebaut. Der H.weg verlief an dem Grundstück des Antragstellers (Flurstück 67/128) vorbei und zweigte erst hinter dem Grundstück als unbefestigter Weg nach Westen ab, wo er auf den seinerzeitigen Weg "Z" stieß. Die Fläche westlich des Grundstücks des Antragstellers war mit Wald bestanden, in dem sich bauliche Anlagen befanden. In Höhe des Flurstücks 67/58 zweigte der He.weg ab, der nach einer Kurve nach Westen an dem Flurstück 67/18 und 72 vorbeiführte und in den H.weg einmündete.

In der Zeit vom 31.01.2005 bis 14.02.2005 wurde der Entwurf des Bebauungsplanes im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegt. In der Begründung des Entwurfes wird ausgeführt: Folgende vorhandene Bauten sollten abgebrochen bzw. beseitigt werden: Hotel mit ca. 90 Betten und einem bestätigten Bauvorbescheid mit 100 Betten, 13 weitere Ferienunterkünfte und -häuser mit ca. 85 Betten, das ehemalige Hotel (mit ca. 80 Betten), ein Wohnhaus, Unterkünfte für Rettungsschwimmer (ca. 20 Betten), mehrere Lagergebäude sowie großflächige Stellplatzanlagen. Beabsichtigt sei die Errichtung eines Hotels mit ergänzenden Einrichtungen und Tiefgarage (ca. 180 Betten), eines Gebäudes mit Ferienwohnung und Wellnessbereich (ca. 30 Betten), einer Ferienwohnanlage (mit ca. 70 Betten), die Umverlegung des südwestlichen Teils der Straße "Z" sowie die Errichtung von Stellplatzanlagen, technischen Einrichtungen entsprechend Notwendigkeit und bauliche Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Es sei nur von einer geringfügigen Erhöhung der Bettenkapazität auszugehen. Für eine Umnutzung dürften Waldflächen nur im unbedingt notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Rodungen sollten durch Aufforstung möglichst in demselben Naturraumstandort ausgeglichen werden. Durch die weitere Ausgestaltung des vorhandenen Hotelstandorts würden auf Grund der vorgesehenen Erweiterungen auf überwiegend bereits genutzten Flächen Rodungen weitgehend vermieden. Die Verkehrserschließung werde ausschließlich über die B.allee bzw. die Straße "Z" erfolgen. Diese beiden Straßen führten zur E.-Straße (Kreisstraße K 1). Die durchquerende Straße "Z" sei als Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung "verkehrsberuhigt" festzusetzen. Damit werde der festgesetzte Erholungscharakter des Plangebiets unterstützt. Der durch das Plangebiet ebenfalls mit der Straße "Z" durchlaufende Radwanderweg sei öffentlich zu erhalten. Der Immissionsschutz (Schallschutz der geplanten/bestehenden Einrichtungen) sei nach DIN 18005 Beiblatt 1 einzuhalten. Eine entsprechende schalltechnische Untersuchung werde erstellt, auch wenn keine nennenswerte Erhöhung der Kapazitäten vorgenommen werde.

In der Entwurfsbegründung wird weiter ausgeführt, dass für das Plangebiet ein Flurbereinigungsverfahren bzw. bodenordnerische Maßnahmen erforderlich würden, weil die bebaute Situation nicht durch die bestehenden Grundstücksteilungen untersetzt sei. So verlaufe zum Beispiel die Straße "Z" über verschiedene Grundstücke (auch Privatgrundstücke) und nicht vollständig über das eigentliche Flurstück 46/26.

Die Antragsteller des Verfahrens 3 K 15/06 gaben mit Schreiben vom 30.01.2005 folgende Anregungen: Der Neuverlauf der Straße solle soweit wie möglich von den angrenzenden Privatgrundstücken entfernt verlaufen, um Lärmbelästigungen zu vermeiden. Die Straße solle durch einen Bürgersteig und Grünflächen begrenzt werden, um Abstand zu schaffen und wildes Parken zu verhindern. Die Straße solle mit einem lärmarmen Straßenbelag bebaut und als Zone 30 ausgewiesen werden. Die jetzt vorhandene ungehinderte Zufahrt zu ihrem Grundstück solle beibehalten bleiben. Die Parktaschen, die in unmittelbarer Nähe ihres Grundstücks geplant seien, sollten weiter entfernt angelegt werden. Nach jetziger Planung werde jede mögliche Lärmbelästigung zu Lasten der benachbarten Privatgrundstücke hin verlagert, obwohl das Gelände groß genug sei, um alternative Möglichkeiten zuzulassen. Der jetzige öffentliche Strandzugang Verlängerung He.weg soll erhalten bleiben.

Am 23.03.2005 fasste die Gemeindevertretung einen Beschluss über die Abwägung, den Entwurf und die Auslegung des Bebauungsplans Nr. 20.

Zu den Einwendungen der Antragsteller des Verfahrens 3 K 15/06 wurde ausgeführt: Es werde ein Schallschutzgutachten erarbeitet, das alle notwendigen Maßnahmen beschreibe. Dessen Ergebnisse würden in dem Bebauungsplanentwurf und seiner Begründung eingearbeitet. Die Anordnung der Stellplätze sei gestrafft und einer kritischen schalltechnischen Untersuchung unterworfen worden. Die Ergebnisse seien in den geänderten Entwurf und dessen Festsetzungen eingeflossen. Die Abstände der Straße von den Privatgrundstücken blieben im Bestand erhalten. Bei der Neuanlage des Straßenverlaufs im südlichen Bereich sei der derzeitige charakteristische Abstand aufgenommen worden. Bereits im Bestand verlaufe die Straße "Z" zum Teil über Privatgrundstücke. Dieses bedürfe einer Klärung auch mit Hilfe dieses Bebauungsplanverfahrens. Ein Strandzugang neben der bisherigen Umformstation sei in die Planzeichnung übernommen worden.

Auf weitere Einwendungen zu der Wegeführung wird ausgeführt: Die Umverlegung der Straße entspreche bestehenden Beschlüssen der Gemeindevertretung, unabhängig von konkreten Investoren. Bisher sei die Straße im westlichen Bereich nicht mehr auf dem eigentlichen Flurstück der Straße, sondern über Privatgrundstücke verlaufen. Die Eigentümerin des Flurstücks 46/21 hatte auch geltend gemacht, ihr Grundstück werde nunmehr von zwei Seiten vom öffentlichen Verkehr berührt, was zu erhöhter Verkehrs- und Geräuschbelästigung führen dürfte. In dem Abwägungsbeschluss wird hierzu ausgeführt, die Planung werde den erforderlichen schalltechnischen und grünordnerischen Untersuchungen unterworfen.

In der Zeit vom 02.05. bis 03.06.2005 wurde der geänderte Entwurf öffentlich ausgelegt. Ihm war beigefügt ein Umweltbericht sowie die schalltechnische Untersuchung des TÜV Nord vom 28.02.2005. Für das Grundstück des Antragstellers wurden die Messpunkte IP 01 und IP 02, für die Antragsteller des Verfahrens 3 K 15/06 der Messpunkt IP 03 festgesetzt. Das Gutachten errechnet Immissionswerte für IP 01 - 1. OG von tags 33,4 und 32,1 dB(A), IP 02 - 1. OG von 26,1/24,9 und IP 03 - 1. OG 38,3 und 37,2 dB(A). Es nimmt weiter an, dass Spitzenpegel von 97,5 dB(A) durch Türenschlagen auf dem Parkplatz, von 92,5 dB(A) durch eine beschleunigte Abfahrt von der Tiefgarage und 105,5 dB(A) durch eine beschleunigte Abfahrt der LKWs von der Ladezone hervorgerufen werden können. Daraus ergeben sich für den IP - 01 Spitzenpegel von 63/41/53, den IP 02 53/36/39 und den IP 03 von 70/40/51 dB(A). Auf der Grundlage der genannten Berechnungsparameter ergebe sich somit für eine Aufpunkthöhe von 4 m folgender Beurteilungspegel "IP 01 - 1. OG 45,1 tags und 36,8 nachts, IP 02 - 1. OG 45,8 tags/ EG 50,0 und 41,7 dB(A)". Daraus folge, dass an maßgebenden Immissionsstandorten außerhalb des Plangebietes (IP 01 bis IP 03) durch den Straßenverkehr Beurteilungspegel von maximal 50,0 dB(A) tags und maximal 41,7 dB(A) nachts erreicht würden. Der Orientierungswert für reine Wohngebiete werde damit am überwiegenden Teil der Aufpunkte außerhalb des Plangebiets eingehalten bzw. unterschritten. Eine Ausnahme bilde das am dichtesten zur Straße "Z" gelegene Wohn- und Ferienhaus IP 03 (das der Antragsteller 3 K 15/06). Hier werde der Orientierungswert von 40 dB(A) geringfügig um 1,7 dB(A) im Nachtzeitraum überschritten. Für dieses Grundstück schlägt das Gutachten eine Lärmschutzwand an der Süd-Ost-Seite des Parkplatzes vor. Mit einer Höhe von 2 m werde der Orientierungswert eingehalten. Die Ein- und Ausfahrt sollte in den südlichen oder nördlichen Bereich des Parkplatzes gelegt werden. Zum Einhalten des Spitzenpegelkriteriums müsste die Wand eine Höhe von 3,5 m haben. Könne diese aktive Schallschutzmaßnahme nicht realisiert werden, müssten passive Schallschutzmaßnahmen gewährleistet werden.

Die ausgelegte Fassung des Bebauungsplanes sah die Ausweisung der Straße "Z" als Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung "verkehrsberuhigter Bereich" vor. Es ist die Errichtung einer Lärmschutzwand auf der Ostseite des Parkplatzes PP 03, das heißt vor dem Grundstück der Antragsteller 3 K 15/06 mit einer Höhe von 2 m vorgesehen; die Wand müsse beidseitig absorbierend ausgeführt werden.

Der Antragsteller erhob mit Schreiben vom 13.07.2005 Einwendungen. Er machte geltend: Der Plan verstoße gegen höherrangiges Recht, da er die Ziele der Raumordnung nicht beachte. Die Beherbergungskapazität im Ortsteil Y werde nicht behutsam, sondern erheblich gesteigert. Der Plan verstoße gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 BauGB. Die Verlegung der Straße "Z" verstoße gegen Auflagen der Zuwendungsbescheide für EU-Fördermittel für den Straßenbau. Der Grundsatz städtebaulicher Erforderlichkeit und das Abwägungsgebot seien dadurch verletzt, dass das angestrebte Ziel, mit der Verwirklichung eines hochwertigen Hotels und hochwertiger Ferienwohnungen das Tourismuskonzept der Gemeinde umzusetzen und durch eine Verlängerung der Saison und höherwertiger Angebote Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen, nur durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan hätte verwirklicht werden können. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan sei auch erforderlich, um bauliche Gestaltungen von Baufenstern und Traufhöhen, die Bindung und Pflege von Grünflächen sowie den Immissionsschutz, insbesondere den Schallschutz verbindlich regeln zu können. Auch fehle die erforderliche Verfügungsbefugnis über die Grundstücke. Auch das Abwägungsgebot sei nicht beachtet. Die Vorgaben hinsichtlich Art und Weise der baulichen Nutzung im Baufeld I orientierten sich an dem Landschaftsbild, dass gerade erst durch die Planung und ohne davon unabhängige Gründe geschaffen werde. Damit beruhe die Abwägung auf einem Zirkelschluss. Im Rahmen des Grünordnungsplans würden die Eingriffe in Natur und Landschaft unter anderem damit gerechtfertigt, dass eine Sanierung der desolaten baulichen Situation durch Neubebauung zu einem positiven Einfluss auf das Ortsbild der Gemeinde führe. Im Rahmen des Grünordnungsplans dürften jedoch nur Belange von Natur und Landschaft und die Beeinträchtigung von Umweltmedien dargestellt werden. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, dass Festsetzungen von Schallschutzmaßnahmen für das Grundstück des Antragstellers fehlten.

Am 13.07.2005 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin einen erneuten Abwägungsbeschluss. Darin wird unter anderem ausgeführt: Auf den Hinweis, Anliegerstraßen und -wege ohne Begegnungsverkehr müssten eine ausreichende Breite von 3,55 m und mit Begegnungsverkehr von 4,75 m haben, werde mitgeteilt, die Straßenbreiten würden angepasst. Auf den Hinweis, die Anordnung einer verkehrsberuhigten Zone komme nur bei entsprechender baulicher Beschaffenheit in Betracht, wurde ausgeführt: Es bleibe Ziel der Gemeinde, den durchquerenden Straßenbereich verkehrsberuhigt festzusetzen.

Zu dem Gutachten des TÜV Norddeutschland wird ausgeführt: Es beruhe auf einer Abschätzung des Verkehrsaufkommens, die nach bestem Wissen und Gewissen gefertigt worden sei. Dabei sei berücksichtigt worden, dass kein Durchgangsverkehr und kein Parksuchverkehr stattfinde. Für die Festlegung der Schutzbedürftigkeit sei von einem reinen Wohngebiet ausgegangen, obwohl im Flächennutzungsplan nur "Wohnen" ausgewiesen sei. Daraus sei ersichtlich, dass sehr wohl auf die Belange der Anwohner außerhalb des Plangebiets Rücksicht genommen worden sei.

Auf die - verspätete - Stellungnahme des Antragstellers vom 18.07.2005 wird ausgeführt: Der Verlauf der bestehenden Straße befinde sich nicht im eigentlichen Straßenflurstück, sondern es seien weitere Flurstücke (auch Privatgrundstücke) überbaut worden. Dieses werde mit den neuen Festsetzungen und begleitenden Maßnahmen geregelt. Der Verlauf der Straße habe nicht zum Ziel, eine dichtere Bebauung zu ermöglichen. Sie diene der Realisierung der geplanten Maßnahmen. Die Planung werde den Ergebnissen der schalltechnischen und grünordnerischen Untersuchungen unterworfen. Die Ausweisung der südlichen Baugrenze entspreche der im Bestand befindlichen Ausdehnung der Bebauung. Südlich der Bebauung verlaufe die umverlegte Straße. Dieser Straßenbereich stelle insofern keine zusätzliche Ausweisung dar, da es sich dabei nur um eine Flächenumverlegung handele.

Zu den Anregungen der Antragsteller des Verfahrens 3 K 15/06 wird ausgeführt: Die Parkplätze seien in dem Schallgutachten und den Festsetzungen berücksichtigt worden. Die Standorte der Stellplätze seien in der Planzeichnung entsprechend den Gegebenheiten dezentral auf mehrere Stellplatzanlagen verteilt.

Der Plan wurde in der Zeit vom 16.08 bis 16.09. 2005 erneut ausgelegt. Der Umweltbericht war dabei in den Grünordnungsplan integriert.

Am 19.10.2005 unterzeichnete der Bürgermeister der Antragsgegnerin und der Geschäftsführer der Beigeladenen einen städtebaulichen Vertrag. Danach übernimmt der Investor auf seine Kosten entsprechend den planerischen Vorgaben der Gemeinde die vollständige Ausarbeitung der erforderlichen Planung zur Erstellung eines Bebauungsplans. Die Parteien seien sich bewusst, dass eine Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit hierdurch in keiner Weise erfolge. Der Investor verpflichtet sich, drei Monate ab In-Kraft-Treten des Bebauungsplans einen prüffähigen Bauantrag entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans einzureichen, innerhalb von einem Monat nach Erteilung der Baugenehmigung mit dem Vorhaben zu beginnen und das Vorhaben spätestens 24 Monate nach Baubeginn bezugsfertig herzustellen. Nach § 6 verpflichtet sich der Investor, die im Rahmen des Bebauungsplanes festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen auf seine Kosten durchzuführen und spätestens 18 Monate nach Genehmigung des Vorhabens nachzuweisen; der Grünordnungsplan sei dabei zu beachten. Zur Sicherung dieser Verpflichtung wird eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 106.000,00 Euro gegeben.

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 19.10.2005 wurde ein erneuter Abwägungsbeschluss gefasst und die Satzung zum Bebauungsplan beschlossen. Die beschlossene Begründung des Plans besteht nunmehr unter anderem aus einem Grünordnungsbericht und einem Umweltbericht. In der Abwägungsdokumentation wird zu der Führung der Straße ausgeführt: Für die Gemeinde stehe eine städtebauliche Neuausformung des Bereichs im Vordergrund. Dies könne nur im Zusammenhang mit einer ganzheitlichen Betrachtung erreicht werden. Zur Realisierung einer möglichen Neubebauung des Hotels mit den dann wieder erforderlichen Vorfahrten und Pufferbereichen sei die Überlegung einer Verlegung der Straße "Z" auf eine Länge von ca. 150 m wieder aufgegriffen worden, wenn mit dem Mittel des städtebaulichen Vertrags geregelt sei, dass für die Gemeinde und deren Einwohner keine Kosten entstünden. Die Breite der Straße orientiere sich am Bestand. Durch den Verlauf werde gerade ein Mittel der Verkehrsberuhigung auf natürliche Art und Weise realisiert. Durch das Wirtschaftsministerium sei mit Schreiben vom 30.08.2005 mitgeteilt worden, dass gegen die beabsichtigte Umverlegung der Straße keine Einwände bestünden. Grundlage sei, dass der Zuwendungsbescheid nach Umverlegung uneingeschränkt gewährleistet bleibe.

Die Satzung wurde am 27.10.2005 öffentlich bekannt gemacht.

Der Antragsteller hat am 30.11.2005 Normenkontrollklage erhoben. Zur Begründung hat er unter ausführlicher Darstellung der Sach- und Rechtslage aus seiner Sicht ausgeführt, der Bebauungsplan sei wegen beachtlicher Fehler im Aufstellungsverfahren und in der Abwägung offensichtlich unwirksam. Die Nutzbarkeit seines Grundstücks werde durch die an der Grundstücksgrenze verlaufende Planstraße erheblich beeinträchtigt. In der Saison nehme sie den Verkehr zum Hotel und von schätzungsweise 1.500 bis 2.000 Fahrradfahrern täglich auf. Hinzu kämen Fußgänger und der allgemeine Pkw-Verkehr. Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Nachbargrundstücke seien nicht vorgesehen. Die Planstraße werde stark gewunden und dadurch nicht sehr einsehbar sein. Es werde im Verhältnis zur jetzigen Situation ein zusätzlicher Erschließungsverkehr einschließlich Ver- und Entsorgung des Hotels und der Ferienhausanlagen zu verzeichnen sein. Weiter gebe es eine schwer einsehbare Einmündung gerade auch an seinem Grundstück (Einmündung des H.wegs in die Planstraße). Durch den zu erwartenden Pkw-Verkehr werde es zu einer Vielzahl von Ausweich- und Überholmanövern kommen, weil die neue Straße auch von Radfahrern und Fußgängern benutzt werde. Dadurch komme es zu erheblichem Lärm, der auf sein Grundstück einwirke. Eine Rückverlagerung der Straße sei der Antragsgegnerin auch finanziell nicht möglich.

Der Antragsteller beantragt,

den am 19. Oktober 2005 durch die Gemeindevertretung beschlossenen, am 27. Oktober 2005 veröffentlichten Bebauungsplan Nr. 20 "Sondergebiet A" der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

Die in dem Flächennutzungsplan enthaltenen Legenden von ursprünglich "SO 1 - SO 2 - SO3", die mit der veröffentlichten Fassung in die richtigen Reihenfolge gebracht worden sind, ohne dass auch die entsprechenden Erläuterungen hierzu umgesetzt wurden, sind nach Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung mit der 4. Änderung des Flächennutzungsplans berichtigt worden, die mit Ablauf des 14.06.2006 wirksam geworden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan und zu dem streitbefangenen Bebauungsplan sowie die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 K 15/06 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

I. Der Antrag ist zulässig.

1. Der Antragsteller ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die zur Überprüfung gestellte Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

Das Grundstück des Antragstellers liegt außerhalb des Plangebiets. Das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange, die für die planerische Abwägung erheblich sind. Der daraus folgende Anspruch auf gerechte Abwägung ist ein Recht im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (BVerwG, U. v. 24.09.1998 - 4CN 2.98 - BVerwGE 107, 215). Das Interesse des Eigentümers eines Grundstücks außerhalb des streitbefangenen Plangebiets, von Lärmimmissionen der im Plangebiet zugelassenen Nutzungen oder des Zu- und Abgangsverkehrs auf einer planfestgesetzten Erschließungsstraße, die unmittelbar an seinem Wohngrundstück vorbei führt, verschont zu bleiben, kann ein für die Abwägung erheblicher privater Belang sein (BVerwG, U. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - a.a.O.; BVerwG, U. v. 26.02.1999 - 4 CN 6.98 - ZfBR 1999, 223 = DVBl 1999, 1293). Ob der Anspruch auf eine gerechte Abwägung dieses privaten Belangs durch den Bebauungsplan verletzt wird, ist eine Frage der Begründetheit des Normenkontrollantrags, die von den Umständen des Einzelfalls abhängt (BVerwG, B. v. 06.12.2000 - 4 BN 59/00 - NVwZ 2001, 431).

Allerdings ist nicht jeder private Belang abwägungserheblich, sondern nur ein solcher, der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulichen Bezug hat, was jeweils im Einzelfall zu beurteilen ist. Geht es wie hier um die Auswirkungen der Festsetzungen von Verkehrsanlagen, nämlich der öffentlichen Straßen und der festgesetzten privaten Stellplätze, so ist die Frage der sich hieraus für die Nachbarschaft ergebenden Verkehrsimmissionen grundsätzlich städtebaulich relevant. Die Rechtsordnung verhält sich gegenüber den Belangen des Verkehrslärmschutzes insofern nicht neutral, gesetzlicher Schutzbedarf wird anerkannt, wie sich aus §§ 3, 41 ff. und 50 BImSchG, aber auch aus § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002 - 4 BN 2.02 -, BauR 2002, 1199 ff.). Lärmbelästigungen dürfen nur dann außer Betracht bleiben, wenn betroffene Grundstückseigentümer kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten Verkehrslage haben oder wenn die Belästigungen quantitativ als lediglich geringfügig einzustufen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1995 - 4 NB 38.94 -, NVwZ 1996, 711; Beschluss vom 25.01.2002, a.a.O.). Mehr als nur geringfügige Lärmeinwirkungen sind dabei auch dann abwägungsrelevant, wenn sie unterhalb der Schwelle bleiben, die nach den einschlägigen technischen Regelwerken Lärmschutzmaßnahmen zwingend erforderlich macht. Andererseits ist die Abwägungserheblichkeit auch nicht bei jeder nur geringfügigen Zunahme des Lärms ohne weiteres zu bejahen (vgl. zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F.: BVerwG, Beschlüsse vom 19.02.1992 - 4 NB 11.91 -, BVerwGE 59, 87, und vom 28.11.1995 - 4NB 38.94 -, NVwZ 1996, 71; Urteil des Senats vom 14.05.1997 - 3 S 1682/96 -, ZfBR 1998, 111 [Ls.]). Bei alledem können an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine höheren Anforderungen gestellt werden, als sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs.2 VwGO gelten. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Recht, dessen Verletzung geltend gemacht wird, um das Recht auf gerechte Abwägung privater Belange handelt. Ein Antragsteller genügt also auch insoweit seiner Darlegungslast, wenn er hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass seine privaten Belange fehlerhaft abgewogen worden sind (vgl. BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732). Allgemein reicht es für die Antragsbefugnis daher aus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung eigener Belange, die für die Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten waren, als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U. v. 24.9.1998 - 4 CN 2/98 - BVerwGE 107, 215<218 f.>; BVerwG, U. v. 10.3.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732 f. zu den Anforderungen an das Geltendmachen einer Rechtsverletzung bezüglich eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks). Hierfür muss hinreichend substanziiert aufgezeigt werden, dass ein abwägungserheblicher Belang nicht nur berührt, sondern auch möglicherweise zu kurz gekommen ist (vgl. BVerwG, U. v. 26.2.1999 - 4 CN 6/98 - NVwZ 2000, 197).

Das Vorbringen des Antragstellers erfüllt diese Voraussetzungen. Das Interesse des Antragstellers an der Vermeidung der Verkehrsimmissionen durch den zu erwartenden Kraftfahrzeugverkehr zu den Ferienwohnungen unmittelbar entlang der Grenzen seines Grundstücks stellt einen abwägungsbeachtlichen Belang dar. Dafür genügt es schon, dass der Antragsteller - auch - geltend macht, dass dieser Belang in der Abwägung zu kurz gekommen sei, weil die von ihm vorgeschlagene sein Grundstück schonendere Erschließungsalternative nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die im Planungsverfahren eingeführten Untersuchungen der TÜV Norddeutschland e. V. belegen, dass das Grundstück des Antragstellers mehr als nur geringfügig beeinträchtigt wird. Darauf, ob die Immissionen, die von dem Straßenverkehr mit den gegenüberliegenden Stellplätzen auf das Grundstück des Antragstellers ausgehen, im Sinne des Gebots der Rücksichtnahme unzumutbar sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Vorbringen des Antragstellers genügt somit den Anforderungen an die Geltendmachung eines möglichen Abwägungsmangels unabhängig davon, ob die Lärmimmissionen einen Grad erreichen, der die Abwägung im Ergebnis als fehlerhaft erscheinen lässt.

2. Der Antrag ist innerhalb der noch hier maßgebenden Frist von 2 Jahren nach Bekanntmachung des Satzung gestellt worden.

II. Der Antrag ist begründet.

1. Gem. § 233 Abs. 1 BauGB i.d.F. der Bekanntmachung vom 23.9.2004 (BGBl. I S. 2414) werden Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Am 29.09.2004 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 20 aufzustellen. Somit ist insoweit das Baugesetzbuch i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. 9.2004 (BGBl. I S. 2414) maßgebend. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Abwägung ist gem. § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB der 19.10.2005, im übrigen hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung am 27.10.2005.

2. Der Antragsteller macht im Ergebnis zu Recht einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 BauGB geltend.

a) Die Antragsgegnerin verfügte zum maßgebenden Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bebauungsplans über keinen wirksamen Flächennutzungsplan, weil er nicht wirksam genehmigt worden war. Das Ministerium hatte den Flächennutzungsplan nur teilweise genehmigt.

Voraussetzung für eine Teilgenehmigung gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (B. v. 01.10.1984 - 4 N 1 und 2 /84 - NVwZ 1985, 487; siehe auch Stüer: Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Aufl. 2005 Rn. 1002),

"dass - erstens - Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden können und dass - zweitens - die ausgenommenen Teile "sich nicht auf den übrigen Inhalt des Flächennutzungsplans auswirken können". "Der übrige Inhalt des Flächennutzungsplans" ist der bereits genehmigungsfähige Teil dieses Plans. Wird wegen vorliegender Versagungsgründe ein Teil von der Genehmigung ausgenommen, so kann sich dieser Teil auf den bereits genehmigten und in Kraft getretenen Teil des Flächennutzungsplans dann "auswirken", wenn der ausgenommene Teil nicht beplant werden kann, ohne dass dadurch die Planung des bereits genehmigten Teils des Flächennutzungsplans in Frage gestellt wird. Ferner kann der bereits zu genehmigende erste Teil des Flächennutzungsplans derart mit dem ausgenommenen Teil verknüpft sein, dass er ohne gleichzeitige Geltung des zweiten Teils an einem Abwägungsfehler im Sinne des § 1 Abs. 6 und 7 BBauG leidet. In beiden Fällen darf die Teilgenehmigung schon aus materiellen Gründen nicht erteilt werden; eine gleichwohl erteilte Genehmigung führt schon wegen eines Verstoßes gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 und 7 BBauG zur Planunwirksamkeit. In allen anderen Fällen führt die durch die Teilgenehmigung eingetretene räumliche oder sachliche Teilung des Flächennutzungsplans jedenfalls aus sich heraus nicht zu einem materiellen Fehler des genehmigten Teils des Flächennutzungsplans; allerdings muss bei der Abwägung des noch zu genehmigenden restlichen Teils des Flächennutzungsplans der bereits genehmigte erste Teil angemessen berücksichtigt werden. Aus dem Gesagten folgt, dass die in § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG normierten - engen - Voraussetzungen einer Teilgenehmigung nach Sinn und Zweck der Vorschrift der Verhütung einer materiell rechtswidrigen Planung dienen. Eine derart materiell rechtswidrige Flächennutzungsplanung liegt nicht vor, wenn sich der Flächennutzungsplan trotz der Teilung der Genehmigungen letztlich als materiell rechtmäßig erweist; hier stört der Verstoß gegen § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG nur die Ordnung des Planungsverfahrens. Ein derartiger Ordnungsverstoß führt jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Flächennutzungsplans, wenn nach Genehmigung auch des zunächst von der Genehmigung ausgenommenen Teils ein insgesamt materiell rechtmäßiger, § 1 Abs. 6 und 7 BBauG entsprechender Flächennutzungsplan vorliegt. Allein die auf Antrag der Gemeinde erfolgte Genehmigung des Flächennutzungsplans in zwei Abschnitten vermag dann die Wirksamkeit des gesamten Flächennutzungsplans nicht zu berühren, selbst wenn bei Genehmigung des ersten Teils die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 BBauG verkannt worden sind".

Die von der Genehmigung ausgenommenen Teile des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin führen dazu, dass der Flächennutzungsplan insgesamt dem Abwägungsgebot nicht entspricht. Sie betreffen insgesamt etwa 20 ha. Es handelt sich hierbei bis auf eines um sämtliche Sondergebiete mit der Zweckbestimmung "Ferienhäuser". Sie liegen in exponierter Lage des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin. Sie waren bereits bebaut. Die Antragsgegnerin wollte diese zentralen Flächen überplanen. Deren besondere Bedeutung wird auch aus der Begründung zum Flächennutzungsplan deutlich: Danach seien Ferien- und Wochenendhäuser sowie Camping- und Zeltplätze die beiden individuellen Formen des Urlaubs, die hauptsächlich in den an der Ostseeseite liegenden Ortsteile vertreten ist. Besonders nach Ferienhäusern bestehe eine große Nachfrage. Hierauf wolle die Gemeinde durch die Entwicklung eines neuen Ferienhausgebietes mit 60 bis 70 Wohnungen reagieren. Nur dieses ist von der Versagung der Genehmigung der Ferienhausgebiete ausgenommen. Es handelt sich nach alledem um Flächen, die für die Bodennutzung der Antragsgegnerin von wesentlicher Bedeutung sind und die nicht separierbar einer späteren planerischen Entscheidung vorbehalten werden konnten (vgl. Bielenberg/Söffker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 6 Rn. 26 i.V.m. § 5 Rn. 16).

Da zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des streitbefangenen Bebauungsplans die Antragsgegnerin noch keine Überplanung der von der Genehmigung herausgenommenen Teile des Flächennutzungsplans vorgenommen hat, lag mithin kein Flächennutzungsplan vor, aus dem der Bebauungsplan hätte entwickelt werden können.

b) Die Aufstellung eines Bebauungsplans setzt jedoch nicht stets das Vorhandensein eines Flächennutzungsplans voraus. Vielmehr darf die Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB - selbständiger Bebauungsplan -, des § 8 Abs. 3 BauGB - Parallelverfahren - und des § 8 Abs. 4 Satz 1 - vorzeitiger Bebauungsplan - auch ohne einen Flächennutzungsplan einen Bebauungsplan aufstellen. Hat die Gemeinde auf der Grundlage eines nichtigen Flächennutzungsplans einen Bebauungsplan aufgestellt oder geändert, so kann dieser als vorzeitiger Bebauungsplan wirksam sein. Ein vorzeitiger Bebauungsplan kann nämlich auch aufgestellt werden, wenn ein Flächennutzungsplan zwar existiert, aber unwirksam ist, und zwar auch dann, wenn die Gemeinde den Flächennutzungsplan als gültig angesehen hat. Entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für einen vorzeitigen Bebauungsplan objektiv vorliegen. Unerheblich ist dabei, ob die Gemeinde sich - zutreffende - Gedanken über die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB gemacht hat. Sind die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BBauG erfüllt, so fehlt es auch dann an einem Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wenn die Gemeinde den Bebauungsplan aus einem unerkannt nichtigen Flächennutzungsplan entwickelt hat und deshalb überhaupt nicht beabsichtigte, in Anwendung des § 8 Abs. 4 BBauG zu planen (so BVerwG, B. v. 18.12.1991 - 4 N 2.89 - DVBl 1992, 574; ablehnend Bracher a.a.O., Rn.1071 m.w.N.).

Die Frage, ob dringende Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans vorlagen, kann dahinstehen, da die Verkennung dieser Voraussetzung keinen beachtlichen Mangel begründen würde (§ 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB).

Der Bebauungsplan darf als vorzeitiger Plan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung nicht entgegenstehen. Liegt während des Zeitraumes, in dem der vorzeitige Bebauungsplan aufgestellt wird, ein Entwurf für den Flächennutzungsplan vor, dann ist die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 BauGB in erster Linie diesem Entwurf zu entnehmen (VGH München, U. v. 15.01.1997 - 26 N 96.2907 - zit. nach juris). In diesem Sinne liegt in dem unwirksam teilgenehmigten Flächennutzungsplan ein Entwurf des Flächennutzungsplans für die gesamte Gemeinde vor. Ein vom Entwurf des Flächennutzungsplans abweichender vorzeitiger Bebauungsplan steht der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung dann nicht entgegen, wenn sich die Planfestsetzungen im Rahmen der wesentlichen Grundentscheidungen der Flächennutzungsplanung halten. Dies ist hier nicht der Fall.

In der bekanntgegebenen Fassung des Flächennutzungsplans ist im hier interessierenden Bereich ein SO 2 mit der Erläuterung "Campingplatz" dargestellt, während in dem zur Genehmigung eingereichten Exemplar das SO 2 mit "Gebiet für die Fremdenbeherbergung" erläutert wird. Unabhängig davon, von welcher der beiden Festsetzungen auszugehen ist, steht die Festsetzung des Gebiets "Ferienhäuser", wie sie durch den streitbefangenen Bebauungsplan erfolgt ist, der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung in der Gemeinde entgegen.

Dies ergibt sich daraus, dass der Flächennutzungsplan in der nicht genehmigten Fassung eine Vielzahl von Ferienhausgebieten vorsah, deren Realisierung aufgrund der der Antragsgegnerin aufgegebenen, aber nicht erfüllten Planungspflicht offenblieb. Nach ihrem Planungskonzept hatte die Antragsgegnerin den Vorgaben des Regionalen Raumordnungsprogramms zu entsprechen, gleichzeitig die durch die Ausweisung von Ferienhausgebieten geschaffenen Bettenkapazitäten in den Blick zu nehmen. Konzept der städtebaulichen Entwicklung war es auch, mit Ausnahme des neuen Sondergebietes "Ferienhäuser in der Ortslage Dierhagen-Strand" als Ferienhausgebiete nur diejenigen Flächen auszuweisen, bei denen bereits bauliche Anlagen bestanden, die die Antragsgegnerin - nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde allerdings möglicherweise zu Unrecht - als Ferienhäuser einstufte. Daraus wird deutlich, dass das Konzept des Flächennutzungsplanes darin bestand, nur ein neues Sondergebiet "Ferienhäuser" zu schaffen, das dem Ortsteil Dierhagen-Strand zugeordnet werden sollte. Diesem Konzept widerspricht die durch den streitbefangenen Bebauungsplan festgesetzte Ausweisung eines weiteren SO "Ferienhaus".

Dieser Fehler ist auch beachtlich. Nach § 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne - nur - unbeachtlich, wenn die in § 8 Abs. 4 BauGB bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind. Damit liegt ein beachtlicher Fehler vor, wenn ein vorzeitiger Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde entgegensteht (BVerwG, B. v. BVerwG, B. v. 18.08.1982 - 4 N 1/81 - NVwZ 1983, 30; Battis in ders./Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 10. Aufl. 2007, § 214 Rn. 11).

Der Bebauungsplan ist als vorzeitiger Bebauungsplan auch deswegen unwirksam, weil er aus den beabsichtigten Darstellungen nicht entwickelt ist und dieser Fehler beachtlich ist (vgl. zu dieser Konstellation Battis a.a.O. a.E.).

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Flächennutzungsplan aufgrund seiner geringeren Detailschärfe Gestaltungsspielräume offen lässt, die auf der Ebene der gemeindlichen Bebauungsplanung ausgefüllt werden dürfen. Unter der Voraussetzung, dass die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben, gestattet das Entwicklungsgebot auch Abweichungen. Festsetzungen, die mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vollständig übereinstimmen, indizieren nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Ob den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt ist, hängt davon ab, ob die Konzeption, die dem Flächennutzungsplan zugrunde liegt, in sich schlüssig bleibt. Der Rechtsbegriff "Entwickeln" lässt es nicht nur zu, den groben Raster des Flächennutzungsplanes mit genaueren Festsetzungen auszufüllen. Er gewährleistet auch die gestalterische Freiheit, über ein Ausfüllen des Vorgeplanten hinaus in dessen Rahmen eigenständig zu planen. Er gestattet sogar, in einem gewissen Maß von den Darstellungen des Flächennutzungsplanes abzuweichen, und zwar von den gegenständlichen Darstellungen des Flächennutzungsplans, etwa bezüglich der Art oder des Maßes der baulichen Nutzung (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BBauG), wie auch von den im Flächennutzungsplan dargestellten räumlichen Grenzen. Andererseits bedeutet "Entwickeln" nach seinem Wortlaut und vor allem nach seinem Sinn für die Bauleitplanung, dass sich der Bebauungsplan innerhalb der wesentlichen Grundentscheidungen des Flächennutzungsplans, d.h. seiner "Grundzüge" (§ 5 Abs. 1 BBauG) in diesem Sinne halten muss, dass er also - selbst aus verständigen Gründen - nicht von diesen Grundentscheidungen abweichen darf. Deshalb erweist sich das "Entwickeln" des Bebauungsplanes aus dem Flächennutzungsplan in Richtung auf eine gegenständliche wie auch auf eine räumliche Spezifizierung als eine von Gestaltungsfreiheit gekennzeichnete planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption. Abweichungen des Bebauungsplanes vom Flächennutzungsplan sind insoweit vom Begriff des "Entwickelns" im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 1 BBauG gedeckt, als sie sich aus dem - im Verhältnis zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan vorliegenden - Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen und der Bebauungsplan trotz der Abweichung der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht widerspricht. Der Grad eines unzulässigen Widerspruchs zum Flächennutzungsplan wird demnach von Abweichungen nicht erreicht, welche diese Grundkonzeption unangetastet lassen und deshalb insoweit als unwesentlich anzusehen sind. Welche Abweichung vom Flächennutzungsplan in diesem Sinne den Grad eines Widerspruchs erreicht, lässt sich nicht generell, sondern nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls entscheiden. Regelmäßig wird jedoch zu der vom Bebauungsplan einzuhaltenden Konzeption eines Flächennutzungsplanes die Zuordnung der einzelnen Bauflächen zueinander gehören, also beispielsweise von Industriegebieten, Gewerbegebieten, Mischgebieten oder Wohngebieten untereinander und zu den von Bebauung freizuhaltenden Gebieten. Wird durch mehr als geringfügiges Abweichen im Bebauungsplan das Gewicht verschoben, das nach dem Flächennutzungsplan einer Baufläche im Verhältnis zu den anderen Bauflächen und zu den von Bebauung freizuhaltenden Flächen nach Qualität und Quantität zukommt, so wird der Bebauungsplan in aller Regel dem Flächennutzungsplan derart widersprechen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht mehr als aus dem Flächennutzungsplan "entwickelt" anzuerkennen sind (vgl. BVerwG, U. v. 28.02.1975 - 4 C 74.72 - BVerwGE 48, 70 <75>; BVerwG, B. v. 11.02.2004 - 4 BN 1/04 - BauR 2004, 1264).

In der bekanntgegebenen Fassung des Flächennutzungsplans ist im hier interessierenden Bereich ein SO 2 mit der Erläuterung "Campingplatz" dargestellt, während das in dem zur Genehmigung eingereichten Exemplar SO 2 mit "Gebiet für die Fremdenbeherbergung" erläutert wird. Aus beiden Darstellungen lässt sich die Festsetzung des Gebiets "Ferienhäuser" nicht entwickeln. Zu der vom Bebauungsplan einzuhaltenden Konzeption des Flächennutzungsplanes gehört die Zuordnung der einzelnen Bauflächen zueinander. Ausnahmsweise kann allerdings ein Bebauungsplan auch ohne exakte Übernahme der Darstellungen des Flächennutzungsplans bezüglich der Art der baulichen Nutzung dem Entwicklungsgebot entsprechen, wenn die im Flächennutzungsplan dargestellten Bauflächen oder Baugebiete (§ 1 Abs. 1 u. 2 BauNVO) mit der im Bebauungsplan festgesetzten Gebietsart "artverwandt" sind und diese Festsetzung sich aus der seit der Flächennutzungsplanung eingetretenen tatsächlichen Entwicklung rechtfertigt, ohne von den Grundzügen des Flächennutzungsplans abzuweichen (vgl. VGH Mannheim, U. v. 18.09.1998 - 8 S 290/98 - BRS 60 Nr. 9). Ein Ferienhausgebiet ist weder mit einem Campingplatz - noch einem Gebiet für Fremdenbeherbergung artverwandt. Dies ergibt sich daraus, dass es sich - wie oben dargelegt - um im Flächennutzungsplan eindeutig gewollte Grenzziehungen handelt (vgl. Bielenberg/Reichel in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 8 Rn. 10).

Dieser Mangel ist gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beachtlich, weil durch diese Abweichung die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt wird.

Bereits aus dem Wortlaut der Unbeachtlichkeitsklausel in § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB ergibt sich, dass eine Verletzung des Entwicklungsgebots rechtlich nicht gleichbedeutend mit einer Beeinträchtigung der sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden geordneten städtebaulichen Entwicklung ist. Die Grenzen des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan können verletzt worden sein, ohne dass hierbei die geordnete städtebauliche Entwicklung, wie sie sich aus dem Flächennutzungsplan ergibt, beeinträchtigt wird. Diese Abstufung entspricht dem Zweck der Vorschrift, Abweichungen des Bebauungsplans von dem Flächennutzungsplan in einer Größenordnung, die keine Auswirkungen auf das städtebauliche Gesamtkonzept des Flächennutzungsplans hat, aus Gründen der Planerhaltung für unbeachtlich zu erklären. Hieraus ergibt sich für die Anwendung der Unbeachtlichkeitsklausel: Ob das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB eingehalten ist, beurteilt sich nach der planerischen Konzeption des Flächennutzungsplans für den e n g e r e n Bereich des Bebauungsplans. Für die Frage, ob die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist, ist die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für den g r ö ß e r e n Raum, d.h. für das gesamte Gemeindegebiet oder einen über das Bebauungsplangebiet hinausreichenden Ortsteil, in den Blick zu nehmen. Zu fragen ist also, ob die über den Bereich des Bebauungsplans hinausgehenden, übergeordneten Darstellungen des Flächennutzungsplans beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, welches Gewicht der planerischen Abweichung vom Flächennutzungsplan im Rahmen der Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplans zukommt. Maßgeblich ist, ob der Flächennutzungsplan seine Bedeutung als kommunales Steuerungsinstrument der städtebaulichen Entwicklung "im großen und ganzen" behalten oder verloren hat (vgl. BVerwG, U. v. 26.02.1999 - 4 CN 6/98 - NVwZ 2000, 197).

In Anwendung dieser Grundsätze hat die Verletzung des Entwicklungsgebots vorliegend eine Beeinträchtigung der sich aus dem geltenden Flächennutzungsplan ergebenden geordneten städtebaulichen Entwicklung zur Folge, wenn man bei dieser Beurteilung die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für das gesamte Gebiet der Antragsgegnerin zu Grunde legt. Dies ergibt sich aus den obigen Erwägungen zu dem Planungszusammenhang der Sondergebiete "Ferienhäuser" zu den übrigen Darstellungen betreffend den Tourismusbereich. Der Flächennutzungsplan geht nicht zuletzt wegen der Vorgaben der Raumordnung von einem abgestimmten Verhältnis der verschiedenen touristischen Sondergebiete aus.

Angesichts der Struktur der Gemeinde Dierhagen ist im übrigen für die Frage der geordneten städtebaulichen Entwicklung auf der Orteil Y abzustellen. Die Gemeinde besteht nämlich aus mehreren örtlich voneinander getrennten Ortsteilen, die jeweils einen eigenständigen Eindruck vermitteln und einer getrennten städtebaulichen Entwicklung zugänglich sind.

Der Bebauungsplan betrifft einen zentralen Bereich des Ortsteils Y, der die seinerzeitig faktisch gegebene Nutzung durch aufgelassene Datschen, ein altes Hotel, ein Wohnhaus, Unterkünfte für Rettungsschwimmer, mehrere Lagergebäude, Stellplatzanlagen sowie Freiflächen zu einer Bebauung zu einem neuen, größeren Hotel, einen Ferienhauskomplex und einer verlegten Straße umgestaltet. Geht man davon aus, dass die Darstellungen ein Campingplatzgebiet, aber auch ein Beherbergungsgebiet erkennen lassen, würde unter der genannten Umgestaltung durch den Bebauungsplan ebenfalls ein grundlegend anderes städtebauliches Konzept für den Ortsteil Y verfolgt werden.

c) Der somit wegen fehlendem Flächennutzungsplan eingetretene Verstoß gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist nicht nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BauGB unbeachtlich. § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB setzt schon nach seinem eindeutigen Wortlaut einen wirksamen Flächennutzungsplan voraus (Bracher in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Aufl. 2004, Rn. 1075). Denn nach ihm ist eine Verletzung von § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan nur dann unerheblich, wenn hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung nicht beeinträchtigt worden ist. Nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich, wenn dieser aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 BauGB sich nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt. Diese Vorschrift ist bei einem Flächennutzungsplan, der an einem wesentlichen Abwägungsmangel leidet, nicht anwendbar, weil in dem zu seiner Unwirksamkeit führenden Fehlen der Planungskompetenz keine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften liegt.

2. Der Bebauungsplan leidet auch an einem durchgreifenden Abwägungsmangel.

Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn (1.) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, (2.) in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, (3.) die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder (4.) der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, E 34, 301; Urt. vom 14.02.1975 - 4 C 21.74 -, E 48, 56).

Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung des anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welcher Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (vgl. BVerwG, Urt. vom 12.12.1969, a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird der dem streitgegenständlichen Bebauungsplan zugrundeliegende Abwägungsvorgang nicht gerecht. Es fehlt hinsichtlich der Trassenführung des Weges und der Anordnung der Parkplätze vor dem Flurstück 67/18 an Erwägungen über sich anbietende Alternativen.

Im vorliegenden Falle musste die Möglichkeit näher erwogen werden, den Weg von den Grundstücken mit vorhandener Bebauung außerhalb der östlichen Plangrenze entfernter zu führen. Das betrifft insbesondere das Flurstück 67/18 des Antragstellers des Verfahrens 3 K 15/06. In die Abwägung war der Umstand einzustellen, dass die Anwohner, die ebenfalls bereits Ferienhäuser betrieben und betreiben, auf die vorhandene Situation (Ferienhausnutzungen, insbesondere Straßenverlauf und die Lage von Stellplätzen) vertrauen konnten (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 28.04.2005 - 1 KN 58/03 - zit. nach juris, dat. Rn. 32, 36 und 47 f. sowie nachfolgend BVerwG, B. v. 05.10.2005 - 4 BN 39/05 - BRS 69 Nr. 14).

Dieser erforderlichen Abwägung hat sich die Antragsgegnerin schon dadurch begeben, dass sie sich auf frühere Entscheidungen der Gemeindevertretung bezogen und diese als informelle Planung und nicht lediglich als Belang behandelt hat (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB). Sie ist vielmehr von diesen Beschlüssen als "gesetzt" ausgegangen.

Der von der Antragsgegnerin im Rahmen des Aufstellungsverfahrens in den Mittelpunkt gestellte Gesichtspunkt, der bisher vorhandene Weg sei tatsächlich nicht auf dem Wegeflurstück verlaufen, rechtfertigt nicht seine Verlegung in südliche Richtung. Diesem Belang hätte auch durch ein Umlegungsverfahren Rechnung getragen werden können. Außerdem rechtfertigt eine solche Überlegung nicht, die Lärmimmissionen und anderen Beeinträchtigungen, die von dem Weg auf die Grundstücke außerhalb des Plangebiets ausgehen, nicht angemessen in die Abwägung einzustellen. Der Verlauf, die Planung und insbesondere die Abwägungserwägungen vom 13.07.2005 machen deutlich, dass die Antragsgegnerin nur die Folgen des vorausgesetzten Verlaufs der Straße in den Blick genommen, nicht aber einen anderen Verlauf ernstlich erwogen hat.

Dabei konnte die Antragsgegnerin auch nicht davon ausgehen, der Verlauf diene "der Realisierung der geplanten Maßnahmen", wie in dem Abwägungsbeschluss vom 13.07.2005 ausgeführt wird. Gerade diese mussten insgesamt Gegenstand der Abwägung sein. Der von der Antragsgegnerin offenbar als durchgreifend angesehene Belang eines von Verkehrsanlagen ungestörten Bereiches der neuen Ferienhausanlage hätte mit dem Belang der Schutzwürdigkeit der vorhandenen Ferienhausbebauung in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen.

Alternativerwägungen hätten zudem hinsichtlich der Anordnung der 17 Stellplätze gegenüber dem Flurstück 67/18 angestellt werden müssen.

Bei der Gewichtung der einander gegenüberstehenden Interessen hat die Antragsgegnerin auch hier verkannt, dass nicht nur die Beigeladene zu 1. ein möglichst großes Interesse an ruhigen Ferienwohnungen hat, sondern auch die Eigentümer der bereits bebauten Grundstücke, auf denen ebenfalls Ferienwohnungen betrieben werden.

Sowohl hinsichtlich der Straßenführung wie auch der Anordnung der 17 Stellplätze läuft die Planung auf eine Bevorzugung des Interesses an ruhigen Ferienwohnungen der Beigeladenen zu 1. gegenüber denen der übrigen Betroffenen, bereits zuvor bauplanungsrechtlich bestandskräftig zulässigen Ferienwohnungen hinaus, die jedenfalls nicht im Rahmen der Abwägung begründet ist. Diese fehlerhafte Gewichtung der Interessen wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Antragsgegnerin eine Schallschutzmaßnahme zugunsten der gegenüberliegenden Grundstücke im westlichen Bereich des Plangebiets vorgesehen hat. Diese Schallschutzmauer soll nach der Begründung des streitbefangenen Bebauungsplanes eine Höhe von mindestens 3,5 m haben und wird in einem Abstand von etwa 4 bis 4,5 m gegenüber dem Flurstück 67/18 errichtet werden. Die Antragsgegnerin hat in dem Verfahren selbst ausgeführt, dass eine erhebliche Anzahl von Bewohnerinnen und Bewohnern des Orts gegen die Errichtung einer derartigen erdrückenden Schallschutzwand sind. Eine solche Wand stellt nicht nur eine in diesem Bereich städtebaulich problematische Lösung dar, sondern führt zugleich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der gegenüberliegenden Grundstücke, die ebenfalls mit Ferienwohnungen bebaut sind (vgl. zum Belang des Einmauerungseffekts eine Lärmschutzwand OVG Lüneburg, a.a.O., Rn.54). Dem kann die Antragsgegnerin nicht - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - entgegenhalten, dass im Bereich des Flurstücks 67/18 bereits ein Weg entlanggeführt war. Zum einen diente dieser Weg allein als Fußweg und hatte zudem eine geringe Verkehrsbedeutung. Zum anderen stellt die Planung der Antragsgegnerin eine Umlegung der bereits vorhandenen öffentlichen Verkehrsfläche dar.

Die Fehler im Abwägungsvorgang sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ein offensichtlicher Mangel ist gegeben, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hinweisen; "von Einfluss gewesen" ist der Mangel dann, wenn sich an Hand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen ist bzw. wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, B. v. 9. 10. 2003 - 4 BN 47. 03 - BRS 66 Nr. 65). Der Abwägungsmangel ist offensichtlich. Aus den Aufstellungsvorgängen ergeben sich sowohl der in Rede stehenden Konflikt als auch die mangelhafte Behandlung bei der Abwägung. Der Mangel ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Hätte die Gemeinvertretung den Abwägungsmangel erkannt, spricht alles dafür, dass sie andere Festsetzungen getroffen hätte, um den festgestellten Fehler zu vermeiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.