LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.01.2007 - L 7 R 377/05
Fundstelle
openJur 2012, 53991
  • Rkr:

1. Die Kreisbetriebe für Landwirtschaft (KfL) in der ehemaligen DDR sind nicht gleichzusetzen mit Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) und daher keine den Produktionsbetrieben gleichgestellten Betriebe im Sinne der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz; zumindest ursprünglich sind sie auch keine Produktionsbetriebe gewesen.

2. Diverse KfL sind im Laufe der Zeit jedoch zu Produktionsbetrieben umstrukturiert worden; hiermit ging regelmäßig eine entsprechende Umschreibung im statistischen Betriebsregister der ehemaligen DDR ("Systematik der Volkswirtschaftszweige") einher.

3. Die Zuordnung eines Betriebes zu einer Wirtschaftsgruppe innerhalb der "Systematik der Volkswirtschaftszweige" ist damit ein gewichtiges Indiz für die Frage, welche Aufgaben einem Betrieb das Gepräge gegeben haben; diese Indizwirkung kann nur durch den Vollbeweis einer von dieser Zuordnung abweichenden tatsächlichen Hauptaufgabe widerlegt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 27. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (AVItech).

Der 1939 geborene Kläger erwarb gemäß Zeugnis vom 15. Dezember 1966 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur für Landtechnik" zu führen. In der Folgezeit war er zunächst weiterhin als Arbeitsschutzinspektor beim Kreislandwirtschaftsrat P beschäftigt, bevor er ab 08. Januar 1968 Beschäftigung als Ingenieur für Erzeugnisgruppen beim Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) P fand. Vom 01. Januar 1974 bis 31. Dezember 1986 war er bei diesem Betrieb sodann als Abteilungsleiter Instandhaltung beschäftigt, bevor er bis über den 30. Juni 1990 hinaus hier als Direktor tätig war. Der VEB KfL P war als juristisch und ökonomisch selbständiger Betrieb dem VEB Kombinat für Landtechnische Instandhaltung Schwerin, ab 01. Januar 1984 VEB Kombinat für Landtechnik Schwerin, zugehörig, welches dem Rat des Bezirkes Schwerin, Abt. Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, unterstand. Der Betrieb war im Register der volkseigenen Wirtschaft der DDR eingetragen und wurde der Wirtschaftsgruppe 15489 (Reparatur- und Montagebetriebe des Straßenfahrzeug- und Traktorenbaus) zugeordnet. Der Kläger erhielt zu DDR-Zeiten keine Versorgungszusage. Vom 01. Juni 1978 bis 30. Juni 1990 zahlte er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR), wobei er seinen Verdienst jedoch lediglich bis zu 1.200,- Mark/Monat versicherte.

Den Antrag des Klägers auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften vom 22. Mai 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2002 mit der Begründung ab, dass die am 30. Juni 1990 im VEB KfL ausgeübte Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung ausgeübt worden sei.

Mit dem am 15. Mai 2002 eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass es sich bei seinem Beschäftigungsbetrieb nachweislich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb mit einer ausgedehnten Palette von Produktionsaufgaben gehandelt habe, wobei er eine eidesstattliche Versicherung des ehemaligen Fachdirektors für Produktion des VEB Kombinat Landtechnik Schwerin, Günther F , vorlegte, in der es u.a. heißt, dass der VEB KfL P von seiner Gründung 1964 bis zur politischen Wende 1990 ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Außerdem machte der Kläger geltend, dass zu den gleichgestellten Betrieben u.a. auch Maschinen-Ausleih-Stationen (MAS) gehören würden, aus denen die KfL hervorgegangen seien. Schließlich verletze die Beklagte mit ihrer Ablehnung den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 3 Grundgesetz (GG), da sie bei ihm namentlich bekannten Kollegen aus dem gleichen Betrieb die Zusatzversorgung anerkannt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, da der er bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes - AAÜG) am 01. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft in Sinne von § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes gehabt habe. Er sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung bei dem VEB KfL ausgeübt, wobei es sich jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) und keinen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.

Mit der am 13. Dezember 2002 beim Sozialgericht (SG) Schwerin erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen seine Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und nochmals betont, dass es in diesem Betrieb eindeutig und objektiv mehrere Produktionsbereiche mit verschiedenen Gewerken gegeben habe. So seien u.a. beispielsweise selbstfahrende Großmietenbeschickungsgeräte, Spezialanhänger für Stroh, Strohgebläse, Diemenlader und Fahrersitzgestelle für den Fahrzeugbau gefertigt worden. Darauf komme es jedoch gar nicht entscheidend an, da es sich bei dem VEB KfL P um einen Rechtsnachfolgebetrieb der ausdrücklich gleichgestellten MAS handele. Der VEB KfL P sei aus den im damaligen Kreis P bestehenden Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) und Reparatur-Technischen-Stationen (RTS) im Wege der Rechtsnachfolge gebildet worden, welche ihrerseits wiederum Rechtsnachfolger der MAS gewesen seien.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2002 zu verurteilen, den Zeitraum vom 01. Dezember 1966 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen gehandelt habe. Die KfL seien als Dienstleistungs- und Reparaturbetriebe für die materiell-technische Versorgung der Landwirtschaft gegründet worden. Dieses werde auch durch die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR bestätigt, wo der Beschäftigungsbetrieb des Klägers der Wirtschaftsgruppe 15489 (Reparatur- und Montagebetriebe des Straßenfahrzeug- und Traktorenbaus) zugeordnet gewesen sei. Daraus ergebe sich, dass die industrielle Massenproduktion von Sachgütern dem Betrieb nicht das Gepräge gegeben habe. Ebenso wenig habe es sich um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt, da die KfL dort nicht genannt seien. Die Auflistung sei aber vollständig. Es sei unerheblich, dass der VEB KfL Nachfolgeeinrichtung der MAS gewesen sei. Eine Zuordnung als gleichgestellter Betrieb würde eine unzulässige Auslegung der nicht zu Bundesrecht gewordenen Texte der Versorgungsordnung bedeuten.

Das SG Schwerin hat die Klage durch Urteil vom 27. Oktober 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger, dem zu keiner Zeit eine positive Versorgungszusage erteilt worden sei, auch nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Versorgungsanwartschaft erfülle, wie sie sich aus der ständigen Rechtsprechung des 4. Senates des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe, da er am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Bereiche Industrie oder Bauwesen bzw. in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. KfL hätten landtechnische Maschinen einschl. mobiler und fest eingebauter Anlagen instand gehalten und repariert bzw. auch den Kundendienst für die Landmaschinenindustrie wahrgenommen und den Rationalisierungsmittelbau sowie die materiell-technische Versorgung und Instandhaltungswerkstatt und Pflegestationen für die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Volkseigenen Güter gesichert. Nach dem Sprachgebrauch der DDR sei zwischen Betrieben der Landtechnik und so genannten Finalproduzenten als Industriebetrieben unterschieden worden. Finalproduzenten seien insbesondere Betriebe des allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbaus gewesen. Dies zeige sich auch in der Unterstellung des Betriebes unter die Abteilung Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft des Rates des Bezirkes. Schließlich handele es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb, weil die KfL nicht in der Gleichstellungsliste genannt seien. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers könne bereits deshalb nicht gleichgestellt werden, da die Liste gerade Betriebe gleichstellen wolle, die keine volkseigenen Betriebe gewesen seien. Eine erweiternde Auslegung sei unzulässig, wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des 4. Senates des BSG ergebe.

Der Kläger hat gegen das am 07. November 2005 zugestellte Urteil am 07. Dezember 2005 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern erhoben. Zur Begründung lässt er vortragen, dass es nach der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz ausreiche, wenn eine Beschäftigung in einem volkseigenen Betrieb vorliege, da bei der Anwendung dieser Vorschriften eine enge Bindung an den Wortlaut bestehe, der an dieser Stelle jedoch nicht von einem Produktionsbetrieb spreche. Jedenfalls habe es sich aber um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt, da es sich bei den hier vorliegenden Vorgängen der Rechtsnachfolge zunächst von den MAS zu den MTS und dann zu den KfL um Universalsukzessionen gehandelt habe. Auch die bei den KfL beschäftigten Ingenieure seien damit Kraft Rechtsvorschrift Versorgungsberechtigte im Hinblick auf die AVItech gewesen. Zudem habe eine Nachfolge nicht nur in rechtlicher Hinsicht stattgefunden, sondern auch im Hinblick auf wesentliche Aufgaben und Funktionen. Nach Art. 5 Nr. 7 der Satzung der "Verwaltung der Maschinen-Ausleih-Stationen" (Zentralverordnungsblatt 1949, S. 149) hätten die MAS u.a. die Aufgabe gehabt, den landwirtschaftlichen Betrieben Hilfe zu leisten bei der Feldbestellung und Ernte durch Bereitstellung von Maschinen, Geräten und Traktoren und diese zu unterstützen bei der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion durch Verbreitung agrar-technischer Kenntnisse und fortschrittlicher praktischer Erfahrungen in der Landwirtschaft. Ähnliche Aufgaben hätten dann auch die KfL zu erfüllen gehabt. Dazu hätte u.a. die Einführung der neuen Technik, die Durchführung der landtechnischen Instandhaltung und Ersatzteilversorgung sowie die Ausführung von Sonderaufgaben wie Zwischenlagerung von Flüssigdünger und Kraftstoffen oder die Durchführung spezieller Transporte gehört. Nach weiteren einschlägigen rechtlichen Bestimmungen der DDR hätten die Betriebe der Landtechnik u.a. die bedarfsgerechte Planung und Versorgung der Betriebe der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft mit Ersatzteilen und Baugruppen zu sichern und die landwirtschaftlichen Betriebe mit Ersatzteilen für die zum Einsatz kommenden Maschinen und Anlagen zu versorgen gehabt. Kernaufgabe sowohl der MAS als auch der KfL sei damit die effektive Organisation der Instandhaltung landtechnischer Arbeitsmittel gewesen. Dabei seien sowohl solche Ersatzteile und Baugruppen zum Einsatz gebracht worden, die von Dritten hergestellt worden waren, als auch - und das in zunehmendem Maße mittels Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation in der DDR in den 80-er Jahren - solche, die in den KfL selbst entwickelt und hergestellt worden seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 27. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 01. Dezember 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nebst den erzielten Arbeitsentgelten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung ihres Antrages nochmals betont, dass es sich bei den KfL nicht um Produktionsbetriebe gehandelt habe. Diese seien nach dem Sprachgebrauch der ehemaligen DDR volkseigene Betriebe für die Instandhaltung der Landtechnik der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) und des Volkseigenen Gutes im Territorium gewesen. Dabei habe sich das Hauptprofil der Betriebe auf eine bestimmte Hauptarbeit, nämlich der der Dienstleistung, beschränkt und nicht auf die Produktion. Auch würden die KfL nicht unter die gleichgestellten Betriebe fallen. Insbesondere seien sie keine MAS. Die KfL seien zwar Nachfolger der MTS, welche ihrerseits aus den MAS hervorgegangen seien. Inhaltlich habe sich jedoch im Laufe der Zeit das Aufgabenbild verändert, was sich bereits auch aus den Namensänderungen ergebe. Eine Einbeziehung hätte nur erfolgen können, wenn die KfL in den Katalog der Einrichtung mit aufgenommen worden wären, was aber gerade nicht der Fall ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Vorinstanz und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz im streitigen Zeitraum hat sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Entgelte (§§ 5 bis 8 AAÜG).

Eine Versorgungszusage in Form eines nach Artikel 19 S. 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag - EV) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes war dem Kläger unstreitig nicht erteilt worden. Er war auch nicht durch Einzelentscheidung der DDR (etwa aufgrund eines Einzelvertrages) einbezogen worden. Eine solche Einzelfallentscheidung ist aufgrund der eingeräumten Entscheidungsspielräume nicht mehr möglich, da diese nicht Grundlage einer sachorientierten Entscheidung sein kann, da insoweit zwangsläufig auf eine in der DDR übliche (gegebenenfalls willkürliche) Verwaltungspraxis zurückgegriffen werden müsste (vgl. insoweit BSG vom 10. April 2002, Az.: B4RA34/01R).

Nach dem am 01. August 1991 gültigen Bundesrecht und aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände hätte der Kläger aus bundesrechtlicher Sicht auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt.

Der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer solchen Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I S. 487) von drei Voraussetzungen ab:

Generell war dieses System eingerichtet für

1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, (persönliche Voraussetzung)

und

2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung)

und zwar

3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger die persönlich Voraussetzung für die Einbeziehung in die AVItech erfüllte. Sein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage scheitert jedoch jedenfalls daran, dass er am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens noch in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war.

Entgegen der Ansicht des Klägers reicht es nach den Regelungen des Versorgungssystems der AVItech nicht aus, dass der Betroffene in "irgendeinem" volkseigenen Betrieb gearbeitet hat; es muss sich vielmehr um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bauwesen) gehandelt haben (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R; Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). Wie sich aus § 5 VO-AVItech und § 1 der 1. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (1. DB) vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043) ableiten lässt, sind "volkseigene Produktionsbetriebe" in § 1 Abs. 2 der 2. DB nur die VEB, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und deren Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen ist (BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 5/02 R). Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst damit nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell neu gefertigt haben. Dieses war bei dem VEB KfL Parchim nach der Überzeugung des Senates aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens jedoch nicht der Fall. Vielmehr handelte es sich hier vornehmlich um einen Instandhaltungsbetrieb im Bereich der Landwirtschaft.

Der Senat stützt seine Überzeugung dabei maßgeblich auf die (im Bundesarchiv zugänglichen) Daten aus dem Statistischen Betriebsregister der DDR, wonach der Beschäftigungsbetrieb des Klägers nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR (SVWZ) der Wirtschaftsgruppe 15489 zugeordnet war. Dieser Zuordnung des Betriebes nach der SVWZ kommt nach Ansicht des Senats eine gewichtige Indizwirkung für die Bewertung des Hauptzweckes des Beschäftigungsbetriebes des Klägers zu, da insoweit bereits die DDR (im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung) eine Einteilung der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben bzw. ihrer Haupttätigkeit vorgenommen hat. Die SVWZ war eine fünfstellige Systematik, die vier Gruppierungsstufen aufweist, nämlich an erster Stelle den Wirtschaftsbereich, an den Stellen zwei und drei den Wirtschaftssektor, an vierter Stelle den Wirtschaftszweig und an letzter Stelle die Wirtschaftsgruppe. Dabei wurde die Volkswirtschaft der DDR in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert:

1 Industrie 2 Bauwirtschaft 3 Land- und Forstwirtschaft 4 Verkehr, Post- und Fernmeldewesen 5 Handel 6 Sonstige Zweige des produzierenden Bereichs 7 Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, u.a. Büros, Geld- und Kreditwesen 8 Wissenschaft, Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen 9 Staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen.

Wie sich dem Vorwort der SVWZ für das Jahr 1985 ergibt, erfolgte die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung unabhängig von der Unterstellung unter ein staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur, wobei jede Einheit nur einer Gruppierung zugeordnet wurde. Die SVWZ war danach frei von Veränderungen, die durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen wurden. Die Zuordnung wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt. Eine Änderung der Zuordnung bedurfte der Zustimmung der für den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen, wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt wurde.

Dass es in der DDR auch eine dem entsprechende Verwaltungspraxis gab, insbesondere dass die SVWZ auch "gepflegt" wurde, mithin dass im Regelfall bei Änderung der Hauptzweckes eines Betriebes auch eine Änderung bei der Zuordnung vorgenommen wurde, belegt gerade die unterschiedliche Zuordnung der einzelnen KfL, welche - wie ein dem Senat vorliegender Auszug für alle KfL ebenso belegt wie die Erkenntnisse aus einzelnen Verfahren mit anderen KfL - zum Teil der Wirtschaftsgruppe 15489, zum Teil aber auch der Wirtschaftsgruppe 15510 zugeordnet waren. Diese unterschiedliche Zuordnung entspricht - wie das SG Nordhausen beispielhaft für einen bestimmten KfL in einer Entscheidung vom 12.10.2005 (Az. S 16 RA 1108/03) nachgezeichnet hat - der Entwicklung der KfL in der DDR, welche zunächst als Reparatur- und Instandhaltungs-/-setzungsbetriebe für den Bereich der Landwirtschaft gegründet und entsprechend der Wirtschaftsgruppe 15489 (Reparatur- und Montagebetriebe des Straßenfahrzeug- und Traktorenbaus) zugeordnet worden waren. Im Laufe der Zeit sind dann zumeist auch einzelne (Neu-)Produktionsaufgaben auf die Betriebe übertragen worden, jedoch nur bei einzelnen Betrieben ist eine völlige Umstrukturierung dergestalt erfolgt, dass diese zu Produktionsbetrieben im Sinne der AVItech ausgebaut wurden und die (Neu-)Produktion den Betrieben insgesamt damit das Gepräge gab. Dem entspricht es, dass 1990 einige Betriebe (inzwischen) der Wirtschaftsgruppe 15510 (Landmaschinenbau - Herstellung von Maschinen für Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz, Ernte und Nachfolgebehandlung von Hackfrüchten, Getreide und Halmfutter, Maschinen und Ausrüstungen für die Produktion von Obst, Gemüse, Zierpflanzen, Baumschulen, für die Melioration und die landwirtschaftliche Viehhaltung, Baugruppen, Einzelteilen und Ersatzteilen für Landmaschinen) zugeordnet waren.

Damit stellt diese Zuordnung der einzelnen Betriebe ein sehr gewichtiges, von subjektiven Elementen freies, aus dem Wirtschaftssystem der DDR selbst stammendes Indiz bei der Beurteilung der Frage dar, ob Hauptzweck eines VEB die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern gewesen ist.

Im vorliegenden Fall geht damit von der Zuordnung des VEB KfL P zur Wirtschaftsgruppe 15489 ein gewichtiges Indiz dafür aus, dass es sich bei diesem Betrieb nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech gehandelt hat.

Diese Indizwirkung ist im Verfahren auch nicht widerlegt worden. Zwar erscheint es glaubhaft, wenn der Kläger vorgetragen hat, dass (auch) im VEB KfL P in gewissem Umfange eine industrielle (Neu-)Produktion stattgefunden habe. Dass diese aber (infolge einer Verlagerung der Hauptaufgabe) dem Betrieb insgesamt am maßgeblichen Stichtag das Gepräge gegeben hätte, ist auch vom Kläger nicht einmal behauptet worden. Vielmehr hat er selbst ausdrücklich betont, dass es in seinem Beschäftigungsbetrieb - sogar gegenüber den früheren MAS und damit erst recht gegenüber dem Gründungszweck des KfL - keine Veränderung der Hauptaufgabe gegeben habe. Kernaufgabe (auch) des KfL sei die effektive Organisation der Instandhaltung landtechnischer Arbeitsmittel gewesen. Die Betriebe der Landtechnik hätten u.a. die bedarfsgerechte Planung und Versorgung der Betriebe der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft mit Ersatzteilen und Baugruppen zu sichern und die landwirtschaftlichen Betriebe mit Ersatzteilen für die zum Einsatz kommenden Maschinen und Anlagen zu versorgen gehabt.

Gegen eine Zuordnung des VEB KfL P zum industriellen Produktionssektor spricht schließlich auch das Unterstellungsverhältnis. Der Betrieb war am 30. Juni 1990 dem VEB Kombinat für Landtechnik Schwerin zugehörig, welches dem Rat des Bezirkes Schwerin, Abt. Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, nicht dagegen einem Industrieministerium unterstand.

Zudem war der Betrieb auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens durch § 1 Abs. 2 2. DB gleichgestellt. Kreisbetriebe für Landtechnik sind dort nicht genannt. Demgegenüber kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in der Aufzählung der gleichgestellten Betriebe und Einrichtungen ausdrücklich die MAS genannt werden. Zwar sind die KfL - wenn auch nicht rechtlich - insoweit Nachfolgebetriebe der MAS, als in der DDR zunächst Anfang 1953 auf der Grundlage eines Ministerratsbeschlusses vom 19. Dezember 1952 damit begonnen wurde, die MAS in MTS umzuwandeln. Ab 1959 wurden die MTS dann im Zuge der Übergabe der landwirtschaftlichen Technik an die entstandenen LPG zum Teil in RTS umgewandelt. In Umsetzung eines weiteren Beschluss des Ministerrates vom 30. Januar 1964 entstanden dann aus den MTS/RTS die KfL. Eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts hat sich aber strikt am Wortlaut zu orientieren. Den Gerichten ist es versagt, im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie weitere Betriebe oder Einrichtungen den in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannten gleichzustellen. Ein solches Analogieverbot ergibt sich zwangsläufig aus dem Verbot der Neueinbeziehungen. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 bestehenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR ist bundesrechtlich auch insoweit nicht zulässig, als sie willkürlich sind. Das Verbot der Neueinbeziehung ist verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung dieser Versorgungssysteme in der DDR ohne Willkür anknüpfen (BSG, Urteil vom 07. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - mit Hinweis u.a. auf diese Rechtsprechung bestätigende Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die KfL - entgegen der klägerischen Behauptung - auch nicht mehr die gleichen Hauptaufgaben hatten wie die MAS. Zweck der MAS war es, den nach der Bodenreform tätigen Klein- und teilweise Mittelbauern mit Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen zu helfen, die ansonsten nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung gestanden hätten. Mit der zunehmenden Kollektivierung in der Landwirtschaft erfolgte dann aber die schrittweise Übergabe der Technik an die LPG, die zunächst zur Umwandlung von MTS in RTS und schließlich spätestens mit Bildung der KfL dazu führte, dass im Vordergrund nun nicht mehr die Versorgung der landwirtschaftlichen Betriebe mit der erforderlichen Technik, sondern die Instandhaltung und Reparatur des inzwischen erheblich erweiterten Maschinenparkes einschließlich mobiler und festeingebauter Anlagen stand.

Nach alledem hat der Umstand, dass es bereits ab dem fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts keine MAS mehr gab, nicht wie vom Kläger gemeint zur Folge, dass an ihre Stelle nach dem am 01. August 1991 gültigen Bundesrecht nunmehr die KfL als am 30. Juni 1990 gleichgestellte Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 2. DB treten, sondern die Gleichstellungsnorm ist am 30. Juni 1990 in Bezug auf MAS gegenstandlos gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2006 - B 4 RA 41/05 R).

Soweit der Kläger schließlich darauf verwiesen hat, dass die Beklagte bei ihm bekannten Kollegen Zeiten anerkannt habe, so kann er daraus angesichts der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht keinen Anspruch im Sinne einer Selbstbindung der Verwaltung ableiten, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher Weise entschieden werden müsste. Eine Gleichbehandlung im Unrecht kennt die Rechtsordnung nicht (vgl. BVerfGE 50, 142, 166)

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch das BSG geklärt.

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