LG Köln, Urteil vom 17.06.2009 - 12 O 3/09
Fundstelle
openJur 2012, 127334
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden verurteilt als Gesamtschuldner, an den Kläger einen Betrag von 4.976,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 4915,00 € seit dem 25.06.2008 und auf einen Betrag von 61,88 € seit dem 28.10.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 75% und die Beklagten zu 25%.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung i. H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten in gleicher Höhe Sicherheit leistet

Tatbestand

Nach einem Unfallereignis vom 25.05.2008 gegen 22.00 Uhr auf der Bundesautobahn 1 zwischen C2 und C begehrt der Kläger von der Beklagtenseite Schadensersatz. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig, Uneinigkeit besteht lediglich hinsichtlich der Höhe des zu leistenden Betrages.

Der Wagen VW T5 Multivan mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, den der Kläger fuhr, wurde durch den Verkehrsunfall beschädigt. Das Fahrzeug war seitens des Klägers zunächst über die Volkswagenbank finanziert worden, wurde aber zwischenzeitlich vollständig abgelöst. Entsprechend des Gutachtens des Sachverständigen T beliefen sich die Reparaturkosten auf netto 19.789,35 € (brutto 23.549,33 €). Der Wiederbeschaffungswert wurde zunächst fälschlich mit brutto 35.500,00 € angegeben und dann auf brutto 39.000,00 € (netto 32.773,10 €) korrigiert. Die voraussichtliche Reparaturdauer gab der Sachverständige mit 16 Arbeitstagen an, der Nutzungsausfall pro Tag beträgt laut Gutachten 79,00 €. Durch das Unfallereignis und die Reparatur mindert der Wert des Wagens sich um 3.000,00 €. Der Restwert des Wagens ist in dem schriftlichen Gutachten nicht ausgewiesen, der Sachverständige teilte dem Kläger auf telefonische Nachfrage mündlich mit, dieser belaufe sich auf 18.000,00 €. Für die Erstellung des Gutachten berechnete der Sachverständige 1.338,04 €.

Mit Schreiben vom 08.07.2008 teilte die Volkswagenbank den Beklagten mit, dass sie die Eigentümerin des beschädigten Fahrzeuges sei und beanspruchte Zahlung von Schadensersatz an sich. Die Beklagte zu 2) holte daraufhin am 10.07.2008 Restwertangebote zu dem Fahrzeug bei einer Internetbörse für Gebrauchtwagen ein. Die Bieter waren an ihr Gebot bis zum 31.07.2008 gebunden und ihre Angebote beinhalteten die kostenlose Abholung des Fahrzeugs. Das höchste Gebot belief sich auf 22.890,00 €. Diese Restwertangebote teilte die Beklagte zu 2) dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 11.07.2008 telefonisch mit und übersandte sie schriftlich am gleichen Tag sowohl an den Prozessbevollmächtigten als auch an die Volkswagenbank. Ferner regulierte die Beklagte zu 2) zunächst einen Betrag von 6.941,93 € unter Hinweis darauf, dass sie den durch die Internetbörse ermittelten Restwert von dem netto Wiederbeschaffungswert abziehe. Nachdem der Sachverständige den Wiederbeschaffungswert nach oben korrigiert hatte, zahlte die Beklagte zu 2) den auf diese Weise entstandenen Differenzbetrag in Höhe von 2.941,18 € an die Volkswagenbank. Nach Ablösung des Wagens durch den Kläger überwies die Bank das Geld an die Beklagte zu 2) zurück, welche das Geld ihrerseits nach vorliegender Klageerhebung an den Kläger weiterleitete. Ferner zahlte die Beklagte zu 2) die Sachverständigenkosten absprachegemäß an den Gutachter T und überwies einen Betrag von 837,52 € an den Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Der Kläger reparierte das Fahrzeug im Laufe des Monats September 2008 selbst und verkaufte es am 15.10.2008 zu einem Preis von 32.000,00 €.

Der Kläger behauptet, der Restwert des Fahrzeugs betrage 18.000,00 €. Er ist der Ansicht, er könne auf fiktiver Basis die Reparaturkosten abrechnen ohne dass es auf eine sechs monatige Weiternutzung des Fahrzeugs durch den Kläger ankomme.

Ursprünglich beantragte der Kläger mit seinem Klageantrag zu 1), die Beklagten gesamtschuldnerisch zu einer Zahlung von 18.948,36 € nebst Zinsen seit dem 25.06.2008 zu verurteilen.

Nachdem der Differenzbetrag von 2.941,18 € bei dem Kläger eingegangen war, eine Überprüfung ergeben hat, dass die Sachverständigengebühren von der Beklagten zu 2) unmittelbar an diesen gezahlt worden waren und der Kläger ankündigt hatte, die Klage wegen Überziehungszinsen seines Girokontos in der Zeit vom 25.05.2008 bis zum 09.03.2009 zu erhöhen, beantragt der Kläger nunmehr,

Die Beklagten mit der Maßgabe als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 18.948,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 25.06.2008 zu zahlen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 2.941,18 € für erledigt erklärt, die Klage in Höhe von 1.338,04 € zurückgenommen und in Höhe von 1.288,58 € erhöht wird.

Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 961,28 € zu ersetzen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.10.2008.

Die Beklagten schließen sich der Teilerledigungserklärung an und beantragen im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Restwert des Fahrzeugs belaufe sich auf 22.890,00 €. Sie sind der Ansicht eine fiktive Reparaturkostenabrechnung sei vorliegend nicht zulässig, da der Kläger das Fahrzeug nicht über einen Zeitraum von sechs Monaten weiter genutzt hat. Ferner behaupten die Beklagten eine Nebenkostenpauschale von 25,00 € an den Kläger bzw. dessen Bevollmächtigten gezahlt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 25.03.2009 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Kläger hat die Klage ferner wirksam erhöht und auch die teilweise Klagerücknahme ist zulässig.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren insgesamt 4.976,88 € aus §§ 823, 249 BGB, § 3 PflVG. Die Beklagten haften dem Grunde nach unstreitig für den aus dem Unfallereignis resultierenden Schaden. Dieser beläuft sich vorliegend nach einer fiktiven Abrechnung auf Wiederbeschaffungsbasis auf die Differenz des Netto Wiederbeschaffungswertes (32.773,10 €) und des Restwertes (18.000,00 €) und damit auf 14.773,10 €. Von diesem Betrag sind seitens der Versicherung bereits geleistete 9.883,10 abzuziehen, so dass eine noch zu zahlende Summe von 4.890,00 € verbleibt. Der Kläger ist nicht berechtigt auf Basis der fiktiven Reparaturkosten abzurechnen. Dem Unfallgeschädigten stehen für die Berechnung eines KfZ-Schadens grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung: die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs. Der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt, kann grundsätzlich Ersatz der Reparaturkosten verlangen, wenn diese den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen. Der Kläger begehrt jedoch nicht (etwa unter Vorlage der Rechnungen für Ersatzteile, Arbeitsbühnen o.ä. und konkreter Angabe seines Arbeitsaufwands) Erstattung der Kosten der tatsächlich durch ihn selbst vorgenommenen Instandsetzung des Fahrzeugs. Er möchte vielmehr seinen Schaden fiktiv auf der Basis der geschätzten Kosten für die Instandsetzung berechnen. Der Geschädigte kann die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes in der Regel jedoch nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt (BGH VersR 2008, 839; BGH NJW 2008, 439). Diese 6-Monatsfrist ist vorliegend nicht erreicht, der Unfall ereignete sich im Mai 2008, das Fahrzeug wurde bereits im Oktober 2008 verkauft. Besondere Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von dieser Frist rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Die vom Kläger behauptete Eilbedürftigkeit des Verkaufs, um aufgenommene Kredite zurückzuführen, lag unabhängig davon, ob dies grundsätzlich eine Ausnahme rechtfertigen könnte, vorliegend schon deswegen nicht vor, weil der Kläger das Fahrzeug erst im September und damit drei Monate nach dem Unfall repariert und dann im Oktober verkauft hat. Auch der Umstand, dass der Kläger das zur Sicherheit an die Volkswagenbank übereignete Fahrzeug erst ausgelöst hat, rechtfertigt schon deswegen keine anderweitige Behandlung des Sachverhaltes, da dies eine eigenverantwortliche Entscheidung des Klägers darstellt, die Schadensabwicklung hätte auch - wie zunächst geschehen - zwischen der Bank als Eigentümerin und den Beklagten erfolgen können.

Der Kläger kann damit lediglich den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt verlangen (vgl. BGH VersR 2008, 839). Dabei ist mangels tatsächlicher Ersatzbeschaffung der Netto-Wiederbeschaffungswert anzusetzen, da die in dem Händlerverkaufspreis enthaltene Mehrwertsteuer nicht angefallen ist. Da infolge der Weiterveräußerung der Restwert des Wagens realisiert wurde, muss der Kläger sich diesen bei der Schadensberechnung mindernd anrechnen lassen. Der Restwert ist mit 18.000,00 € anzusetzen. Grundsätzlich genügt der Geschädigte dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn er ein Unfallfahrzeug aufgrund des durch den Sachverständigen - im konkreten Fall mündlich- ausgewiesenen Restwertes verkauft. Denn das Gutachten eines anerkannten Sachverständigen bildet in aller Regel eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Restwertes. Zwar ist den Beklagten zuzugeben, dass den Geschädigten neben dem Wirtschaftlichkeitspostulat auch eine Schadensminderungspflicht nach § 254 S. 2 BGB trifft. Danach kann der Geschädigte gehalten sein, unter bestimmten Umständen auch Restwertangebote aus Internetbörsen, die seitens des Versicherers an den Geschädigten herangetragen werden, zu berücksichtigen (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2008, 1231; LG Erfurt NZV 2007, 361). Diesen besonderen Anforderungen dürften die Restwertangebote, die die Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 11.07.2008 unterbreitet hat, wohl grundsätzlich genügt haben. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, da die Bindung der dort aufgeführten Bieter nur bis zum 31.07.2008 bestand und sie damit im Zeitpunkt des Verkaufs im Oktober 2008 keine Gültigkeit mehr besaßen. Insoweit bedarf es auch keiner abschließenden Entscheidung, ob der Kläger im konkreten Einzelfall gehalten gewesen wäre, den Beklagten wegen des im Juli unterbreiteten annahmefähigen Angebotes mitzuteilen, dass er das Fahrzeug fünf Monate nach dem Unfall nun doch verkaufen wolle und ihnen so die Möglichkeit zu geben, neue Restwertangebote einzuholen. Jedenfalls haben die Beklagten nämlich nicht dargelegt, dass es Ihnen auch im September 2008 gelungen wäre, dem Kläger ein annahmefähiges Angebot in Höhe von 22.890,00 zu unterbreiten.

Ferner hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 25,00 € Nebenkostenpauschale. Soweit die Beklagten vortragen, sie hätten einen entsprechenden Betrag bereits an den Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten gezahlt, ist dieses Vorbringen unsubstantiiert. Auf die berechtigte Frage des Klägers, wann und an wen konkret gezahlt worden sei, damit man die Behauptung überprüfen könne, ist kein Vortrag mehr erfolgt.

Zudem steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Zahlung weiterer 61,88 € für die außergerichtliche Rechtsverfolgung aus §§ 823, 249 BGB, § 3 PflVG zu. Maßgeblich für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren ist insofern die Höhe der tatsächlich bestehenden Schadensersatzansprüche. Die Gebühr beträgt bei einem Gegenstandswert von bis zu 16.000,00 € nach §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG 566,00 €. Bei Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr, sowie der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG ergibt sich ein Bruttobetrag von 899,40 €. Von diesen sind unstreitig bereits gezahlte Gebühren in Höhe von 837,52 € abzuziehen, so dass es bei dem oben genannten Betrag verbleibt.

Insgesamt steht dem Kläger damit ein Zahlungsanspruch von weiteren 4.976,88 € zu.

Der seitens des Klägers mit der Klageerhöhung geltend gemachte Zinsschaden von 1.288,58 € ist hingegen nicht begründet. Der Kläger hat bereits nicht ausreichend dargelegt, dass Überziehungszinsen für sein Girokonto in der Zeit vom 25.05.2008 bis zum 09.03.2009 kausal auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Dies gilt umso mehr, als aus der Aufstellung durch die Sparkasse hervorgeht, dass das Konto bereits am 25.05.2008 und damit am Tag des Unfalls überzogen war.

Die Kosten hinsichtlich der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung sind nach § 91a ZPO von Klägerseite zu tragen, weil die Beklagten zunächst berechtigt an die Volkswagenbank als Eigentümerin des Fahrzeugs gezahlt haben.

Die Zinsansprüche folgen aus §§ 288, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 91 a, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: bis 19.000,00 €