BGH, Urteil vom 28.02.2012 - II ZR 244/10
Fundstelle
openJur 2012, 53769
  • Rkr:
Tenor

Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 2 entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der frühere Beklagte zu 1 war Mehrheitsaktionär und bis 2001 Vorstand der A. V. AG i.L. (im Folgenden: Schuldnerin), deren Liquidation die Hauptversammlung am 24. August 2001 zum 30. September 2001 beschloss. Der Beklagte zu 2 wurde zum Liquidator bestellt. Am 4. November 2002 schloss der Beklagte zu 2 als Vertreter der Schuldnerin mit dem Beklagten zu 1 eine privatschriftliche Vereinbarung, nach der der Beklagte zu 1 von 1 der Schuldnerin Grundstücke zu einem Gesamtkaufpreis von 1.910.000 € erwarb. 600.000 € sollte der Beklagte zu 1 im Wege der Verrechnung mit eigenen Pensionsansprüchen gegen die Schuldnerin, für die eine Rückstellung von 807.855,48 € gebildet worden war, begleichen. Die Vereinbarung wurde in notariell beurkundeten Verträgen am 6. November 2002 umgesetzt, die vom Aufsichtsrat der Schuldnerin genehmigt wurden. Mit den Barzahlungen wurden Verbindlichkeiten bei drei Banken getilgt. Gleichzeitig verpflichtete sich der Beklagte zu 1 unter anderem, Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus der Unterstützungskasse der Schuldnerin und gegenüber einigen Pensionären zu übernehmen. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte zu 1 nicht nachgekommen.

In der Hauptversammlung der Schuldnerin vom 30. Juni 2006 wurde der Beklagte zu 2 als Liquidator abberufen und der Streithelfer des Klägers zum neuen Liquidator bestellt. Dieser stellte am 10. November 2006 Insolvenzantrag. Mit Verfahrenseröffnung am 9. Januar 2007 wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger hat unter anderem beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 600.000 € zu verurteilen und festzustellen, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet sei, den Schaden zu ersetzen, der der Insolvenzmasse dadurch entstanden sei, dass die Vereinbarung vom 4. November 2002 dem Kläger vorenthalten worden sei.

Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 bis auf einen Teil der Zinsen zur Zahlung verurteilt und die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1 im Wesentlichen zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers den Beklagten zu 2 als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1 zur Zahlung verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, der der 2 Insolvenzmasse dadurch entstanden ist, dass die Vereinbarung vom 4. November 2002 dem Kläger vorenthalten wurde. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Beklagten zu 2. Der Kläger hat während des Revisionsverfahrens vorgetragen, der Beklagte zu 1 habe bezahlt, und hat den Zahlungsantrag für erledigt erklärt.

Gründe

Die Revision des Beklagten zu 2 hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache, auch soweit der Kläger den Zahlungsantrag für erledigt erklärt hat.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne vom Beklagten zu 2 als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1 Zahlung verlangen. Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 92 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, weil der Beklagte zu 2 die Verrechnung als für die Schuldnerin handelndes Organ vorgenommen habe und diese einer "Zahlung" entspreche. Dem Feststellungsantrag sei ebenfalls nach §§ 93, 268 Abs. 2 AktG stattzugeben. Der Beklagte zu 2 hätte im Rahmen der Übergabe des Liquidatorenamts, jedenfalls aber in der Hauptversammlung vom 30. Juni 2006 von sich aus auf die Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1 hinweisen müssen, Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus der Unterstützungskasse der Schuldnerin und gegenüber einigen Pensionären zu übernehmen.

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zu 2 zur Zahlung von 600.000 € nebst Zinsen an den Kläger rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Schuldnerin bei der Verrechnung 5 der Pensionsforderung mit der Kaufpreisforderung am 6. November 2002 zahlungsunfähig oder überschuldet war.

Der Beklagte zu 2 schuldet Ersatz für Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Überschuldung der Schuldnerin geleistet hat. Nach § 268 Abs. 2 Satz 1 AktG hat der Abwickler die Rechte und Pflichten eines Vorstands. Der Vorstand ist zum Ersatz verpflichtet, wenn Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat (§ 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG in der damals geltenden Fassung des Gesetzes vom 6. September 1965 [BGBl. I S. 1089]).

Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin im Zeitpunkt der Verrechnung am 6. November 2002 getroffen. Bezüglich des Beklagten zu 1 befasst sich das Berufungsgericht mit dem Vorliegen der "Voraussetzungen der §§ 17 ff. InsO" nur für den Zeitpunkt der tatsächlichen Insolvenzeröffnung am 9. Januar 2007. Auch der Bezugnahme des Berufungsgerichts auf die Feststellungen des Landgerichts (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) lässt sich nicht entnehmen, dass die Schuldnerin bei Verrechnung am 6. November 2002 zahlungsunfähig oder überschuldet war. Das Landgericht ist bei der Feststellung des Benachteiligungsvorsatzes des Beklagten zu 1 im Rahmen der Insolvenzanfechtung von drohender Zahlungsunfähigkeit ausgegangen. Drohende Zahlungsunfähigkeit führte aber nicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 AktG in der damals geltenden Fassung des Gesetzes vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089; jetzt § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG) zu einem Zahlungsverbot oder nach § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG aF zur Haftung des Vorstands wegen verbotener Zahlungen.

2. Die Feststellung, dass der Beklagte zu 2 verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, der der Insolvenzmasse dadurch entstanden ist, dass die Vereinbarung vom 4. November 2002 dem Kläger vorenthalten wurde, wird von der dazu gegebenen Begründung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 2 dem nachfolgenden Abwickler die Vereinbarung vorenthalten habe, nicht getragen.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 2 pflichtwidrig gehandelt hat, als er seinen Nachfolger als Abwickler bei der Übergabe des Amtes nicht auf die Vereinbarung vom 4. November 2002 hingewiesen hat.

Ein Abwickler kann sich zwar bei der Übergabe der Geschäfte an einen Nachfolger im Allgemeinen auf die Übergabe der Unterlagen beschränken. Er muss dem Nachfolger nicht jeden laufenden oder vergangenen Geschäftsvorfall erläutern oder einen Hinweis auf dokumentierte vertragliche Vereinbarungen geben. Die nachwirkende Treuepflicht gebietet es jedoch, dass er auf dringend zu erledigende oder für die Gesellschaft besonders wichtige Angelegenheiten ausdrücklich hinweist, wenn nicht erwartet werden kann, dass der Nachfolger in der zur Verfügung stehenden Zeit dazu in den Unterlagen der Gesellschaft ausreichende Informationen auffindet.

Die Durchsetzung der Verpflichtung des Beklagten zu 1 zur Übernahme der Pensionsverbindlichkeiten war für die Schuldnerin eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung, weil der Nachfolger des Beklagten zu 2 gerade zum Abwickler bestellt wurde, um zu prüfen, ob aufgrund der Pensionszahlungsverpflichtungen die Zahlungsunfähigkeit drohte und ein Insolvenzantrag gestellt werden musste. Sie war möglicherweise geeignet, die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu vermeiden. Ob sich ein Dokument über die Vereinbarung vom 11 4. November 2002 bei den überlassenen Unterlagen befand, konnte das Berufungsgericht nicht klären. Jedenfalls konnte der Beklagte zu 2 nicht erwarten, dass sein Nachfolger es in den umfangreichen übergebenen Unterlagen alsbald entdeckte.

b) Die Pflichtverletzung gegenüber dem nachfolgenden Abwickler rechtfertigt aber nicht den Urteilsausspruch, mit dem eine Schadenersatzpflicht wegen eines Vorenthaltens der Vereinbarung gegenüber dem Kläger festgestellt wird. Das Vorenthalten der Vereinbarung gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter oder - was im Urteilsausspruch nicht zum Ausdruck kommt - als vorläufigem Insolvenzverwalter ist ein anderer tatsächlicher Vorgang als die unterlassene Information des nachfolgenden Abwicklers. Der unterschiedliche Zeitpunkt führt dazu, dass jeweils ein anderer Schaden zu ersetzen ist. Der unterlassene Hinweis an den Nachfolger kann dazu führen, dass der Schuldnerin alle Schäden zu ersetzen sind, die in der Folge des Insolvenzantrags entstanden sind, wenn durch die Durchsetzung der Übernahmeverpflichtung gegenüber dem Beklagten zu 1 die Stellung eines Insolvenzantrags hätte vermieden werden können. Ein unterlassener Hinweis gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter kann zum Ersatz der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen, aber nicht der im Eröffnungsverfahren entstehenden Kosten führen. Schäden aufgrund eines unterlassenen Hinweises gegenüber dem Kläger als Insolvenzverwalter sind dagegen nicht ersichtlich, nachdem der Kläger inzwischen von der Vereinbarung mit der Übernahmeverpflichtung Kenntnis erlangt hat.

III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Eine Endentscheidung über den Antrag, hinsichtlich des Zahlungsantrags die Erledigung der Hauptsache festzustellen, kann nicht ergehen. Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses ist im Revisionsverfahren nicht unstreitig. Der Beklagte zu 2 hat die Zahlung durch den Beklagten zu 1 mit Nichtwissen bestritten.

Der Antrag ist auch nicht unabhängig davon abweisungsreif. Es sind gegebenenfalls noch Feststellungen dazu zu treffen, ob die Schuldnerin bereits am 6. November 2002 zahlungsunfähig oder überschuldet war. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Zur Feststellung der Überschuldung können dem Kläger Beweiserleichterungen zugutekommen. Beruft sich der für den objektiven Tatbestand der Insolvenzverschleppung darlegungs- und beweispflichtige Gläubiger für die behauptete insolvenzrechtliche Überschuldung der Gesellschaft auf eine Handelsbilanz, die einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist, und trägt er außerdem vor, ob und in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, ist es Sache des beklagten Organs, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind (st. Rspr., BGH, Urteil vom 15. März 2011 - II ZR 204/09, ZIP 2011, 1007 Rn. 33 m.w.N.). Der Kläger hat in seiner auf eine analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG gestützten Klage bereits vorgetragen, dass die Schuldnerin im September 2002 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 581.506 € aufgewiesen habe, der durch die Grundstücksveräußerungen habe vermindert, aber nicht beseitigt werden können. Das legt es bei einer Veräußerung zum Verkehrswert nahe, dass - wenn keine anderen stillen Reserven als die Grundstücke vorhanden waren und keine anderen Werte in 17 einer Überschuldungsbilanz zu korrigieren sind - die Schuldnerin überschuldet war.

Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls zu prüfen haben, ob die in der Vereinbarung vom 4. November 2002 enthaltene Verpflichtung des Beklagten zu 1, die Pensionsverpflichtungen zu übernehmen, die Überschuldung beseitigen konnte. Das kann der Fall sein, wenn die Verpflichtungserklärung eine realisierbare und werthaltige Forderung der Schuldnerin gegen den Beklagten zu 1 begründete. Dagegen genügt eine Verpflichtung zu einer befreienden Schuldübernahme oder einer Besicherung nicht. Das Berufungsgericht wird dazu gegebenenfalls die Vereinbarung vom 4. November 2002 auszulegen haben. In ihr ist nach der Verpflichtung zur Übernahme von Pensionslasten festgehalten, dass die Schuldnerin den Pensionären zunächst eine Abfindung anbieten soll und der Beklagte zu 1, wenn die Abfindungsvereinbarungen nicht zustande kommen, für eine Absicherung der Versorgungsverbindlichkeiten sorgen und sie ein Dritter übernehmen soll. Für das Verständnis der an der Vereinbarung Beteiligten von ihrem Inhalt kann auch ihr nachfolgendes Verhalten Bedeutung haben, hier insbesondere die Gründe, aus denen der Beklagte zu 2 in den Folgejahren die Übernahmeverpflichtung nicht als Forderung gegen den Beklagten zu 1 in die Bilanzen der Schuldnerin aufgenommen hat. Eine Forderung aus einer Erfüllungsübernahme wäre außerdem auch dann nicht in der Überschuldungsbilanz zu berücksichtigen, wenn die Beklagten vereinbart hätten, von der dokumentierten Verpflichtung möglichst keinen Gebrauch zu machen und sie nicht umzusetzen.

b) Sollte das Berufungsgericht eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung im Zeitpunkt der Verrechnung vom 6. November 2002 feststellen, wäre diese als Zahlung im Sinn von § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG anzusehen, weil die Schuldnerin dadurch von den Pensionsverpflichtungen gegenüber dem Beklag-20 ten zu 1 frei geworden ist. Zahlung ist jede masseschmälernde Leistung (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 194; Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 186 ff.; Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 32/08, ZIP 2009, 956 Rn. 12 f.). Darunter fällt daher auch die Vereinbarung einer Verrechnung, die zur Befriedigung eines Gläubigers und damit zu einer Leistung zu Lasten des Gesellschaftsvermögens führt. Mit der Verrechnung trat zwar kein Vermögensschaden der Aktiengesellschaft im Sinn der §§ 249 ff. BGB ein, soweit sie von ihren Pensionsverbindlichkeiten gegenüber dem Beklagten zu 1 frei wurde. Verringert wurde aber die Insolvenzmasse in dem nachfolgenden Insolvenzverfahren, was zu einem Schaden allein der Insolvenzgläubiger führt. Diesen Drittschaden stellt das Gesetz - geleitet von dem Ziel, die Gesamtheit der Gläubiger der Aktiengesellschaft durch Wahrung von Neutralität bei der Bewirkung von Zahlungen in der Krise vor Schäden in Gestalt einer Verminderung ihrer Quote durch masseschmälernde Leistungen zu schützen - in § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG einem Schaden der Gesellschaft gleich (st. Rspr., BGH, Urteil vom 20. September 2010 - II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 Rn. 14 - Doberlug).

c) Der Anspruch wäre nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 93 Abs. 6 AktG aF begann jedenfalls nicht vor der notariellen Beurkundung der Verrechnungsvereinbarung am 6. November 2002 zu laufen, so dass die am 6. November 2007 eingereichte und alsbald zugestellte Klage die Verjährung hemmen konnte. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Schadens, hier mit der einer Zahlung gleichstehenden Verrechnung. Die Verrechnung mit der Kaufpreisforderung für die Grundstücke war zwar bereits in der privatschriftlichen Vereinbarung vom 4. November 2002 enthalten. Da Abreden über die Verrechnung von Gegenforderungen bei Verträgen über Grundstücke nach § 311b BGB formbedürftig sind (BGH, Urteil vom 17. März 2000 - V ZR 362/98, ZIP 2000, 1167) und die Parteien sich der Formbedürftig-22 keit bewusst waren, wie die unmittelbar nachfolgende notarielle Beurkundung der Grundstückskaufverträge am 6. November 2002 einschließlich der Verrechnungsvereinbarung zeigt, wurde die Verrechnung frühestens mit der notariellen Beurkundung vereinbart.

2. Auch der Feststellungsantrag ist nicht entscheidungsreif. Dem Kläger ist Gelegenheit zu geben, seinen Antrag der Antragsbegründung anzupassen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Begründung des Feststellungsantrags legt es nahe, dass der Kläger nicht, jedenfalls nicht in erster Linie, festgestellt haben will, dass der Beklagte zu 2 den Schaden ersetzen soll, der dem Kläger durch ein Vorenthalten der Vereinbarung vom 6. November 2002 entstanden ist, sondern den Schaden, der der Schuldnerin durch den unterlassenen Hinweis auf die Vereinbarung vom 4. November 2002 beim Wechsel der Abwickler entstanden ist. Der Kläger hat neben §§ 97, 101 InsO als Anspruchsgrundlage § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG in Verbindung mit § 268 Abs. 2 Satz 1 AktG genannt und sich zur Begründung darauf bezogen, dass der Beklagte zu 2 dem Zeugen B. , der nach ihm zum Abwickler bestellt wurde, nichts von der Vereinbarung mitgeteilt habe und sie ihm nicht übergeben habe, so dass sie dem Kläger auch bei der Erstellung seines Gutachtens zur Insolvenzreife der Schuldnerin unbekannt geblieben sei. Schadensstiftendes Ereignis ist dann der unterlassene Hinweis gegenüber dem Zeugen B. , nicht eine unterlassene Auskunft im Insolvenzeröffnungs- und Insolvenzverfahren gegenüber dem Kläger.

Für dieses Verständnis des Antrags spricht auch, dass der Kläger Ersatz des Schadens verlangt, der durch die Durchführung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Die verfahrensbezogenen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach §§ 97, 101 InsO dienen der Haftungsverwirklichung (Uhlenbruck in Uhlen-23 bruck, InsO, 13. Aufl., § 97 Rn. 1), bezwecken aber nicht die Abwendung eines Insolvenzverfahrens. Ihre Verletzung begründet auch nicht ohne weiteres einen Schadensersatzanspruch. Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach §§ 97, 101 InsO kommt allenfalls in Frage, wenn mit dem Unterlassen der Auskunft der Tatbestand einer anderen Haftungsnorm verwirklicht wird (vgl. Uhlenbruck in Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 101 Rn. 18).

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LG Landshut, Entscheidung vom 09.09.2009 - 2 HKO 2882/07 -

OLG München, Entscheidung vom 18.11.2010 - 23 U 4726/09 -