BGH, Urteil vom 13.12.2011 - X ZR 125/08
Fundstelle
openJur 2012, 53571
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Oktober 2008 an Verkündungs Statt zugestellte Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert:

Das europäische Patent 927 292 wird im Umfang der Patentansprüche 1 und 2, 4 bis 8 und 9 dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass an ihre Stelle folgende Patentansprüche treten:

1. Verwendung eines stufenlos klemmend einstellbaren Begrenzungsanschlags (1) einer C-förmigen Führungsprofilschiene (5) für die verschiebbare Aufnahme eines innerhalb einer durch Begrenzungsanschläge bestimmbaren Wegstrecke hin- und hergehend motorisch angetriebenen Schlittens als Anschlag für den Schlitten, an den ein lageveränderlich geführter Gegenstand, insbesondere ein ein- oder mehrteiliges Torblatt, angekuppelt ist, wobei der Begrenzungsanschlag mit einem Anschlagteil (2) und einer Klemmplatte (3) versehen ist, die die aufeinander zu gerichteten einen Profilspalt (51) zwischen sich freilassenden Endabschnitte (52) des Profils der Führungsprofilschiene (5) zwischen sich aufnehmend mittels Klemmschrauben (4) aufeinander zu unter Klemmung der Endabschnitte (52)

gegenüber den Anschlagkräften des Schlittens festsetzend verspannbar sind und die Klemmplatte (3) mit in den Profilspalt (51) eingreifenden Distanznasen (31) versehen ist, die aus der Klemmebene ausgebogen sind und an den jeweiligen, durch die Endabschnitte (52) definierten Kanten des Profilspaltes (51) anliegen, und wobei der Begrenzungsanschlag (1) an der C-förmigen Führungsprofilschiene (5) eingesetzt wird, bei welcher von deren Steg und deren Endabschnitten (52) parallel zum Steg über die Schenkel hinaus vorspringende Versteifungsrippen in Form von Bördelungen vorgesehen sind, die aus dem das Führungsprofil bildenden Blech ausgeformt sind.

2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für die Anlage an jeder der beiden Kanten des Profilspaltes (51) je zwei Distanznasen (31) vorgesehen sind, zwischen die die benachbarte Klemmschraube (4) eingreift.

4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Anschlagteil (2) Verstärkungsrippen aufweist, die als senkrecht zur Klemmebene von dieser abragende Anschlagböcke (21) ausgebildet sind, die vorzugsweise an den in Profillängsrichtung der Führungsprofilschiene liegenden Endbereichen des Anschlagteils (2), insbesondere in Form von Abbiegungen, vorgesehen sind.

5. Verwendung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Anschlagteil (2) in Richtung auf die Klemmebene geneigt ausgebildete Klemmbrücken (22) aufweist, insbesondere in Form entsprechend abgewinkelter Randbereiche des Anschlagteils (2), deren klemmend angreifende Endkanten in Profillängsrichtung der Führungsprofilschiene (5) verlaufen.

6. Verwendung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Anschlagteil (2) mit einer - vorzugsweise allseits berandeten - Abdrückung (24) ausgeformt ist, die auf die Klemmplatte (3) zu gerichtet ist und eine Durchbiegebegrenzung für diese bildet.

7. Verwendung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die - vorzugsweise im Anschlagteil (2) ausgebildeten - Muttergewinde, die vorgeprägt oder durch selbstschneidende Ausbildung der Klemmschrauben (4) erzeugt sind, in verdickten Bereichen (25) ausgebildet sind.

8. Verwendung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Klemmschrauben (4) paarweise etwa in einer Ebene senkrecht zur Profillängsrichtung der Führungsprofilschiene (5) angeordnet sind und vorzugsweise Senk- oder Linsenschraubköpfe (41) aufweisen.

9. Verwendung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest der Anschlagteil (2) aus federelastische Eigenschaft aufweisendem Werkstoff, insbesondere Stahl, ausgebildet ist.

Patentanspruch 3 bleibt in den Rückbeziehungen des erteilten Patents bestehen. Die Patentansprüche 4 bis 8 bleiben in Rückbeziehung auf Patentanspruch 3 in ihren bisherigen Fassungen bestehen. Patentanspruch 9 bleibt in Rückbeziehung auf Patentanspruch 3 und in Rückbeziehung auf Patentanspruch 6, soweit dieser auf Patentanspruch 5 zurückbezogen ist, in seiner bisherigen Fassung bestehen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufung tragen die Klägerin 1/10, die Beklagte 9/10.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 927 292 (Streitpatents), das am 18. September 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier deutscher Gebrauchsmuster vom 18. September 1996 und vom 30. Oktober 1996 angemeldet worden ist und einen Begrenzungsanschlag einer C-förmigen Führungsprofilschiene für motorisch angetriebene Gegenstände betrifft und neun Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

"Stufenlos klemmend einstellbarer Begrenzungsanschlag (1) einer C-förmigen Führungsprofilschiene (5) für die verschiebbare Aufnahme eines innerhalb einer durch Begrenzungsanschläge bestimmbaren Wegstrecke hin- und hergehend motorisch angetriebenen Schlittens, an den ein lageveränderlich geführter Gegenstand, insbesondere ein ein- oder mehrteiliges Torblatt, angekuppelt ist, mit einem Anschlagteil (2) und einer Klemmplatte (3), die die aufeinander zu gerichteten einen Profilspalt (51) zwischen sich freilassenden Endabschnitte (52) des Profils der Führungsprofilschiene (5) zwischen sich aufnehmend mittels Klemmschrauben (4) aufeinander zu unter Klemmung der Endabschnitte (52) gegenüber den Anschlagkräften des Schlittens festsetzend verspannbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Klemmplatte (3) mit in den Profilspalt (51) eingreifenden Distanznasen (31) versehen ist, die aus der Klemmebene ausgebogen sind und an den jeweiligen, durch die Endabschnitte (52) definierten Kanten des Profilspalts (51) anliegen."

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und in der Fassung von zwei Hilfsanträgen verteidigt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent teilweise für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie das Streitpatent hauptsächlich in der erteilten Fassung verteidigt, wobei in Patentanspruch 1 das Wort "insbesondere" durch das Wort "nämlich" ersetzt werden soll. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen nach den Hilfsanträgen I bis V, die im Wesentlichen auf die Verwendung des ursprünglich beanspruchten Gegenstands gerichtet sind.

Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. habil. S. , Institut für Produktionstechnik, , ein schriftli- ches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I. Das Streitpatent betrifft einen Begrenzungsanschlag einer C-förmigen Führungsprofilschiene, der stufenlos klemmend einstellbar ist.

1. Nach der Patentbeschreibung finden derartige Begrenzungsanschläge zum Beispiel für Garagentorantriebe Anwendung und haben die Aufgabe, den Schlitten und damit die Bewegungsstrecke des angekuppelten Gegenstands, beispielsweise des Garagentors, zu begrenzen. Sie sollen die Öffnungs- und Schließanlage eines Torblatts fixieren und verhindern, dass diese Endlagen überfahren werden.

Herkömmliche, im Stand der Technik bekannte Begrenzungsanschläge seien, so erläutert die Patentschrift, mit umgreifenden Teilen versehen, die von außen auf die Führungsprofilschiene aufgesetzt sind, oder sie arbeiteten mit Spannelementen, die an den Innenseiten der Führungsprofilschiene angreifen. Nachteilig bei diesen Konstruktionen sei, dass das gesamte C-förmige Führungsschienenprofil von außen nach innen bzw. von innen nach außen verspannt und verformt werde.

Die Beschreibung erwähnt einen aus dem Gebrauchsmuster 85 17 253 (Y2) bekannten Begrenzungsanschlag zur Bewegungsbegrenzung manuell zu betätigender Schiebetüren "mit den Merkmalen des Oberbegriffs des beigefügten Anspruch(s) 1", der dem Profil der Führungsschiene zum Einschieben in dieselbe angepasst und mit einer Klemmschraube sicherbar sei (Abs. 6).

Als "Aufgabe" der Erfindung wird angegeben, einen stufenlos einstellbaren, klemmend festsetzbaren Begrenzungsanschlag zur Verfügung zu stellen, der eine klemmende Festsetzung an der Führungsprofilschiene gestattet, ohne deren Form zu verändern, und der diese Form zusätzlich stabilisiert (Abs. 7).

2. Die Lösung soll sich aus dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hauptantrag ergeben, der sich in folgende Merkmale gliedern lässt (Gliederung des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1. Begrenzungsanschlag (1) einer Führungsprofilschiene (5) [1], der 1.1 stufenlos einstellbar [1] und 1.2 mit einem Anschlagteil (2) und einer Klemmplatte (3) versehen [4] ist.

2. Die Führungsprofilschiene (5)

2.1 ist C-förmig und weist aufeinander zu gerichtete Endabschnitte (52) auf, die einen Profilspalt (51) zwischen sich freilassen [5], und 2.2 ist für die verschiebbare Aufnahme eines Schlittens ausgebildet [2], der innerhalb einer durch Begrenzungsanschläge bestimmbaren Wegstrecke hin- und hergehend motorisch angetrieben ist [2] und an den ein lageveränderlich geführter Gegenstand, nämlich ein ein- oder mehrteiliges Torblatt angekuppelt ist [2, 3].

3. Das Anschlagteil (2) und die Klemmplatte (3)

3.1 nehmen die Endabschnitte (52) des Profils der Führungsprofilschiene (5) zwischen sich auf [5] und 3.2 sind mittels Klemmschrauben (4) aufeinander zu unter Klemmung der Endabschnitte gegenüber den Anschlagkräften des Schlittens festsetzend miteinander verspannbar [6].

4. Die Klemmplatte (3) ist mit Distanznasen (31) versehen [7], die 4.1 in den Profilspalt (51) eingreifen [7], 4.2 aus der Klemmebene ausgebogen sind [8] und 4.3 an den jeweiligen, durch die Endabschnitte (52) definierten Kanten des Profilspaltes (51) anliegen [9].

Die nachfolgend dargestellten Figuren 1 und 2 zeigen einen patentgemäßen Begrenzungsanschlag im Halbschnitt und eine entsprechende Seitenansicht.

3. Die im Streitpatent formulierte Aufgabe ist in dem Gebrauchsmuster 85 17 253 (Y2) bereits gelöst. Y2 betrifft zwar keinen Begrenzungsanschlag für (motorisch angetriebene) Schlitten und entspricht insoweit - entgegen Absatz 6 der Patentbeschreibung - nicht dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. In Y2 13 wird ein Feststeller an einem Anschlagglied und in einer Laufschiene gehalten. Das Gebrauchsmuster stellt somit einen stufenlos einstellbaren festsetzbaren Begrenzungsanschlag zur Verfügung, der eine klemmende Festsetzung an der Führungsprofilschiene gestattet, ohne deren Form zu verändern, und stattdessen diese Form zusätzlich stabilisiert. Das entspricht der im Streitpatent genannten Aufgabe. Das technische Problem des Streitpatents, dessen Ermittlung Teil der Auslegung des Patentanspruchs ist, ergibt sich aus dem, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung; Beschluss vom 19. Oktober 2004 - X ZB 33/03, GRUR 2005, 141 - Anbieten interaktiver Hilfe; Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Hierfür verbleibt nur, eine zuverlässige Montage des Begrenzungsanschlags zu gewährleisten, was das Streitpatent durch die Distanznasen der Klemmplatte (Merkmalsgruppe 4) erreicht. Entscheidend ist deshalb nicht, ob sich in der Führungsschiene ein motorisch angetriebener Schlitten zur Führung eines angekuppelten Torblatts oder die Laufrolle einer Schiebetür befindet, wie sie die Y2 beschreibt.

4. Die Führungsprofilschiene gehört - entgegen der Auffassung des Patentgerichts - insoweit zum Gegenstand des Streitpatents, als der geschützte Gegenstand mit Merkmalen beschrieben ist, die auch die Führungsprofilschiene in bestimmtem Umfang festlegen. Sie ist C-förmig ausgestaltet, weist also einen Profilrücken auf mit zwei Schenkeln, deren Endabschnitte aufeinander zu gerichtet sind und in Schienenlängsrichtung einen Profilspalt begrenzen (Merkmale 1, 2.1). Der Anspruch könnte zwar auch als auf einen Begrenzungsanschlag für eine Führungsschiene gerichtet zu lesen sein. Dafür spricht die Beschreibung, in deren Absatz 28 - in Übereinstimmung mit den Prioritätsunterlagen - von einer Führungsprofilschiene die Rede ist, bei welcher der Begrenzungsanschlag bevorzugt eingesetzt werde. Dieser Lesart steht aber der Wortlaut des 14 Patentanspruchs entgegen, der den Genitiv verwendet ("Begrenzungsanschlag einer Führungsprofilschiene"). Über diese rein sprachliche Betrachtung hinaus verlangt der Patentanspruch auch, dass die Distanznasen in den Profilspalt eingreifen (Merkmal 4.1) und an den jeweiligen durch die Endabschnitte definierten Kanten des Profilspalts anliegen (Merkmal 4.3). Diese Anforderung kann nicht in eine bloße Eignung umdefiniert werden, was insbesondere bei dem Merkmal 4.3 deutlich wird. Denn die Beantwortung der Frage, ob die Distanznasen anliegen, hängt wesentlich von der gegenständlichen Ausgestaltung der Führungsprofilschiene ab.

Das Merkmal 2.2 beinhaltet demgegenüber die bloße Eignung zur Aufnahme eines Schlittens, wobei nach dem Anspruchswortlaut weder dessen motorischer Antrieb noch die Frage, welcher Gegenstand an den Schlitten angekuppelt ist, von erkennbarer Bedeutung für die Ausgestaltung der Führungsprofilschiene ist.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe im Umfang der Nichtigerklärung nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er dem Fachmann, einem Diplomingenieur (FH) mit Berufserfahrung in der Konstruktion von Garagentorantrieben, zum Prioritätszeitpunkt durch den druckschriftlichen Stand der Technik, insbesondere das deutsche Gebrauchsmuster 85 17 253 (Y2), in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nahegelegt worden sei.

Aus dem Gebrauchsmuster sei ein stufenlos klemmend einstellbarer Begrenzungsanschlag einer C-förmigen Führungsprofilschiene bekannt. Eine Laufrolle sei an einer nicht dargestellten Trageeinrichtung für die Tür gelagert. 15 Diese Trageeinrichtung sei aufgrund ihrer linearen Bewegung entlang der Schiene als Schlitten zu bezeichnen. Sie sei durch einen Antrieb bewegbar, der zwar in der Y2 nicht ausdrücklich erwähnt, aber bei Schiebetüren ohne Feststeller regelmäßig vorhanden sei. An diese Trageeinrichtung sei ein lageveränderlich geführter Gegenstand (ein Türflügel, der je nach Größe auch als Tor zu bezeichnen sei) angekuppelt. Der Begrenzungsanschlag in der Y2 weise auch ein Anschlagteil und unter dem Kopf der Klemmschraube auch eine Klemmplatte auf. Die Klemmplatte sei im Wesentlichen flach mit abgebogenen Längskanten und ohne in den Profilspalt eingreifende Vorsprünge, wie sie das Streitpatent vorsehe, ausgebildet. Somit unterscheide sich der Begrenzungsanschlag gemäß dem Streitpatent von dem aus der Anlage Y2 bekannten Anschlag nur durch die Merkmalsgruppe 4.

Den Figuren 1 und 2 der Y2 entnehme der Fachmann bereits einen formschlüssigen Eingriff der Längskanten des Anschlagteils in die innenseitig vertieften Endabschnitte des Profils. Dieser Eingriff sei auch nach dem Anziehen der Klemmschraube gesichert, so dass weder eine Bewegung der Endabschnitte aufeinander zu noch voneinander weg möglich sei mit der Folge, dass die Form der Führungsprofilschiene unverändert und zusätzlich stabilisiert sei. Der Fachmann erkenne, dass der Monteur indessen die gewünschte Lage des Klemmteils beim Anziehen der Klemmschraube so lange sicherstellen müsse, bis die abgewinkelten Längskanten des Klemmteils sich an die zurückspringenden Enden der Endabschnitte anlegten, damit es zu keiner Verspannung in gegenüber der Einbausolllage verdrehter Stellung komme, die sich infolge von Erschütterungen lösen könne. Es gehöre zum allgemeine Fachwissen, dass der Fachmann zur Vermeidung dieses Problems einen bereits vor dem Anziehen der Klemmschraube wirksamen Formschluss bereitstelle, der auch bei einer zunächst nur lose eingeschraubten Klemmschraube das sichere "Einlaufen" 19 des Klemmteils in seine Solllage gegenüber den Endabschnitten sicherstelle. Dabei biete es sich an, in den Profilspalt eingreifende Vorsprünge auszubilden, die bei flachen Blechteilen regelmäßig materialeinheitlich durch Ausbiegen von Bereichen in geeigneter Größe hergestellt würden. Es bedürfe deshalb lediglich üblichen fachmännischen Handelns, um die Klemmplatte mit den in den Profilspalt eingreifenden Distanznasen zu versehen, die aus der Klemmebene ausgebogen sind und an den jeweiligen durch die Endabschnitte definierten Kanten des Profilspalts anliegen.

Auch die Gegenstände der Hilfsanträge 1 und 2 beruhten nicht auf einer erfinderischen Leistung.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren im Wesentlichen stand.

1. Der Gegenstand des Streitpatents in der nach dem Hauptantrag verteidigten Fassung ist neu (Art. 54 Abs. 1, 2 EPÜ)

a) Das deutsche Gebrauchsmuster 85 17 253 (Y2) betrifft ein Anschlagglied zur Bewegungsbegrenzung von Schiebetüren, das dem Profil der Laufschiene der Schiebetür angepasst ist. Es ist in die Laufschiene einsetzbar und feststellbar und wird dort formschlüssig gehalten; es weist ein elastisches Pufferstück sowie einen Feststeller für eine Laufrolle auf.

aa) Wie im Streitpatent wird hier eine Schiene für die verschiebbare Aufnahme eines Gegenstands beschrieben, der innerhalb einer durch Begrenzungsanschläge bestimmbaren Wegstrecke hin- und hergehend geführt wird. Die Schiebetür kann als Torblatt im Sinne des Streitpatents angesehen werden. 20

(Merkmale 1, 1.1; 2.2). Aus Figur 1 der Y2 ist zudem ein Anschlagteil - dort bezeichnet als Anschlagglied 2 - und eine Anschlag- oder Klemmplatte (ohne Bezugszeichen, Merkmale 1.2 und 3 des Streitpatents) zu erkennen. Dabei nehmen das Anschlagglied und die Klemmplatte die Endabschnitte des C-Profils der Führungsprofilschiene 1 zwischen sich auf, und zwischen den Endabschnitten ist ein Profilspalt vorhanden (Merkmale 2.1 und 3.1 des Streitpatents). In der Y2 werden das Anschlagglied und die Klemmplatte mittels der Klemmschraube festsetzend verspannt. Das entspricht der Offenbarung im Streitpatent (Merkmal 3.2), in dem zwar von Klemmschrauben die Rede ist, was aber bei sinnvollem Verständnis mit Blick auf die Länge des Anschlagteils und die dargestellte Breite des Profilspaltes in Y2 auch die Verspannung mit einer einzelnen Klemmschraube einschließt. Dies zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel.

bb) Nicht offenbart in Y2 ist ein motorisch angetriebener Schlitten (Merkmal 2.2). Ebenfalls nicht offenbart sind in der Y2 die Distanznasen mit den in Merkmalsgruppe 4 des Streitpatents enthaltenen Ausgestaltungen.

b) Die europäische Patentanmeldung 444 378 (Y3) betrifft eine Vorrichtung (mechanism) zur Aufhängung von Gleittüren. Sie weist ein oberes horizontales Profil mit einem umgekehrt L-förmigen Querschnitt ("...an upper horizontal profile with an inverted "L" shaped section", Y3, Sp. 2, Z. 3, 4; Sp. 8, Z. 21, 22) auf. Eine C-förmige Führungsprofilschiene wie im Streitpatent ist damit nicht beschrieben. Ebenso sind Merkmal 1.2 und die Merkmalsgruppen 3 und 4, wie auch der gerichtliche Sachverständige angenommen hat, nicht offenbart.

c) Das deutsche Gebrauchsmuster 94 06 829 (Y4) stellt einen elektromotorischen Torantrieb, insbesondere für ein Garagentor vor. Ein Antriebsmittel, ein Antriebsaggregat mit Elektromotor und eine Steuerungsvorrichtung werden 25 mittels einer Führungsschiene geführt und angeordnet. Im Profil der Führungsschiene sind Endanschläge 14 und 15 vorgesehen. Letztere begrenzen den Weg des Antriebsaggregats für die Toroffenstellung (Y4, Sp. 4 Z. 31 ff.; Sp. 6 Z. 2 ff.). Einzelheiten der Konstruktion der Führungsschiene, die sich im Streitpatent in den Merkmalen 1, 1.2 und den Merkmalsgruppen 3 und 4 finden, sind nicht offenbart.

d) Gegenstand des deutschen Gebrauchsmusters 1 955 558 (Y16) ist ein Feststeller für Innenläufer-Vorhangschienen, der benötigt wird, um das Herauslaufen der Vorhangaufhänger aus den Enden der Tragschienen zu verhindern. In dieser Entgegenhaltung ist, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt, weder eine C-förmige Führungsprofilschiene noch deren Ausbildung für die verschiebbare Aufnahme eines motorgetriebenen Schlittens, an den ein ein- oder mehrteiliges Torblatt angekuppelt ist, offenbart.

e) Die elektromechanische Antriebseinrichtung ... , die von der Un- ternehmensgruppe der Klägerin hergestellt worden ist, nimmt den Gegenstand des Streitpatents nicht vorweg, so dass dahinstehen kann, ob sie der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag bekannt geworden ist. Der Auszug aus dem Installations- und Teile-Katalog ... (Anlage Y22) zeigt auf Seite 14 anhand einer Explosionszeichnung den Aufbau dieser Einrichtung. Danach besteht das Gehäuse der Antriebseinrichtung ... aus einem oberen Gehäuse 1 und einem unteren Gehäuse 2, also zwei getrennten Gehäuseteilen. Im Boden des unteren Gehäuseteils ist eine längliche Öffnung vorhanden, in die die Spindel 31 mit Spindelmutter 32 und der U-förmigen Gabel für das vordere Gelenk 33 eingesetzt wird. Die Spindelmutter 32 kann dabei als Schlitten nach dem Streitpatent angesehen werden; sie wird jedoch von der Spindel 31 und nicht - da der Boden des Gehäuseteils offen ist - von einer Schiene wie sie das Streitpatent ver-28 langt, geführt. Somit liegt keine C-förmige Führungsprofilschiene im Sinne des Streitpatents, die als einheitliches Profil ausgestaltet ist, dessen Endabschnitte das Anschlagteil und die Klemmplatte zwischen sich aufnehmen, wobei die Endabschnitte aufeinander zu gerichtet sind und einen Profilspalt zwischen sich freilassen (Merkmal 2.1, Merkmalsgruppe 3), vor. Die Katalogzeichnung der Antriebseinrichtung ... offenbart auch keinen Begrenzungsanschlag im Sinne des Streitpatents. Die Klägerin bezieht sich hierfür auf die dargestellten Teile mit den Bezugszeichen 49 und 50, die als supporto superiore - top microswitch support - Halterung oberer Microschalter und supporto inferiore - bottom microswitch support - Halterung unterer Microschalter bezeichnet sind. Es handelt sich dabei um den Träger oder das Gehäuse oder die Halterung des Microschalters, mit dem der Antriebsmotor abgeschaltet werden kann. Dass diese Bauteile die Funktion eines Begrenzungsanschlags haben, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht.

2. Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er sich zum Prioritätszeitpunkt in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab (Art. 56 Satz 1 EPÜ).

Im Streitfall ist Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, wovon auch die Parteien übereinstimmend ausgehen, die Entgegenhaltung Y2. Sie unterscheidet sich vom Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 durch den dort offenbarten motorisch angetriebenen Schlitten und die in Merkmalsgruppe 4 beanspruchten Distanznasen, mit denen die Klemmplatte versehen ist.

Das Streitpatent und das Gebrauchsmuster beschreiben danach eine Schiene für die verschiebbare Aufnahme eines Gegenstands, der innerhalb ei-30 ner durch Begrenzungsanschläge bestimmbaren Wegstrecke hin- und hergehend geführt ist. Dass der Fachmann dabei für die Bewegung von schweren Torblättern im Prioritätsjahr 1996 einen motorisch angetriebenen Schlitten vorgesehen hat, entspricht, wie das Patentgericht zutreffend gesehen hat, dem damaligen Fachwissen und beruht nicht auf erfinderischen Überlegungen.

Der Fachmann hatte auch Veranlassung, sich über eine Lösung Gedanken zu machen, die einen Formschluss zwischen dem Begrenzungsanschlag und der Klemmplatte unabhängig von einer zusätzlich vorzunehmenden Verschraubung vorsieht, um Drehbewegungen in der Klemmebene zu vermeiden. In den Figuren 1 und 2 der Entgegenhaltung Y2 ist eine Laufschiene dargestellt, in der das Anschlagglied gehalten ist. Aus Figur 2 ist erkennbar, dass die (ohne Bezugszeichen dargestellte) Klemmplatte nicht flach am Anschlagteil der Laufschiene anliegt, sondern geführt wird. In der Beschreibung der Y2 heißt es hierzu auf Seite 5 unten und Seite 6 oben: "Insbesondere die Figur 2 zeigt, dass das Anschlagglied 2 dem Profil der Laufschiene angepasst ist, so dass es stirnseitig in die Laufschiene eingeschoben und in beliebiger Position durch eine Klemmschraube gesichert werden kann." Das Gebrauchsmuster schlägt also vor, Vorrichtungsteile formschlüssig zu montieren, um eine Sicherung ihrer gewünschten Lage zueinander zu erhalten. Diese Wirkung wird im Streitpatent durch die in Merkmalsgruppe 4 vorgesehenen Maßnahmen erreicht, wonach die Klemmplatte mit der Profilschiene verbunden werden soll. Dies hat im Ergebnis auch das Patentgericht so gesehen, nach dessen Ansicht für den Fachmann erkennbar sei, dass beim Anziehen der Schraube(n) eine Lagesicherung für das Klemmteil erforderlich sei und es zum allgemeinen Fachwissen gehöre, bereits vor dem Anziehen der Klemmschraube einen wirksamen Formschluss bereitzustellen, um eine Verdrehung des Klemmteils vor der Verspannung in der Solllage zu verhindern. Dies entspricht der obigen Darstellung des technischen Problems. 33 Waren die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Formschlusses einmal erkannt, boten sich zu dessen Umsetzung bekannte konstruktive Maßnahmen wie die Ausbildung von Vorsprüngen am Klemmteil zu dessen Zentrierung an. Derartige Vorsprünge werden - so nachvollziehbar das Patentgericht - bei flachen Blechteilen regelmäßig materialeinheitlich durch Ausbiegen von Bereichen geeigneter Größe hergestellt. Diese Ansicht teilt auch der gerichtliche Sachverständige. Er hat die Lösung des technischen Problems als konstruktive Selbstverständlichkeit, als übliche fachnotorische Verbesserung, bei der lediglich grundlegendes konstruktives und fertigungstechnisches Verständnis erforderlich sei, bezeichnet. Lediglich als Beispiel hierfür kann die in diesem Zusammenhang von dem gerichtlichen Sachverständigen erwähnte DIN-Vorschrift 20586 aus dem Jahr 1991 angesehen werden, die für Schienenbefestigungen im Bergbau formschlüssige Verbindungen vorsieht.

3. Auch der nach den Patentansprüchen der Hilfsanträge I und II beanspruchte Gegenstand beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Patentansprüche in den Hilfsanträgen sind als Verwendungsansprüche formuliert. Danach soll ein nach den erteilten Vorrichtungsansprüchen gestalteter Begrenzungsanschlag als Anschlag für den Schlitten verwendet werden, an den ein ein- oder mehrteiliges Torblatt anzukuppeln (Hilfsantrag I) oder angekuppelt (Hilfsantrag II) ist. Dies entspricht dem Zweck der nach dem Vorstehenden nahegelegten Führungsschiene mit Begrenzungsanschlag und ist damit ebenfalls durch den abgehandelten Stand der Technik nahegelegt. Die übrigen Änderungen im Anspruchswortlaut sind redaktioneller Natur.

4. Demgegenüber ist der Gegenstand der Patentansprüche nach Hilfsantrag III patentfähig. In den dort formulierten Patentanspruch ist am Ende folgende Ergänzung aufgenommen: "und wobei der Begrenzungsanschlag (1) an der C-förmigen Führungsprofilschiene (5) eingesetzt wird, bei welcher von deren 34 Steg und deren Endabschnitten (52) parallel zum Steg über die Schenkel hinaus vorspringende Versteifungsrippen in Form von Bördelungen vorgesehen sind, die aus dem das Führungsprofil bildenden Blech ausgeformt sind".

a) Die Ausgestaltung der Führungsprofilschiene mit Versteifungsrippen in Form von Bördelungen ist in Absatz 28 und in Figur 1 der Patentschrift offenbart. Der so formulierte Patentanspruch ist zulässig; er schränkt den Schutzgegenstand auf die Verwendung eines Begrenzungsanschlags einer C-Führungsprofilschiene bestimmter Ausgestaltung ein. Das Patent erhält hierdurch auch nicht einen größeren Schutzumfang. Denn durch die so formulierten Patentansprüche ist nicht mehr der Begrenzungsanschlag einer Führungsschiene, also das Erzeugnis geschützt, sondern nur seine Verwendung als Anschlag für einen motorisch angetriebenen Schlitten, wobei gleichzeitig die Führungsprofilschiene, in die der Anschlag eingesetzt ist, näher charakterisiert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 1990 - X ZB 24/87, BGHZ 110, 82 Rn. 26 - Spreizdübel).

b) Die mit Hilfsantrag III beanspruchte technische Lehre ist nicht nahegelegt. Aus dem diskutierten Stand der Technik ist eine Anregung zu einer entsprechenden Ausrüstung einer mit einem Begrenzungsanschlag versehenen Führungsprofilschiene mit Versteifungsrippen in Form von Bördelungen nicht ersichtlich. Die beanspruchte Lösung geht über die schlichte Herbeiführung und Stabilisierung eines Formschlusses hinaus: sie führt die Vorteile einer Profilversteifung mit gleichzeitig einfacher Befestigungsmöglichkeit und bedarfsweiser Verstärkungs- bzw. Verlängerungsmöglichkeit durch die Nutzung der abragenden Leisten in einer Anwendung zusammen. Die Formulierung als Verwendungsanspruch trägt zur Patentfähigkeit nichts bei, steht ihr aber auch nicht entgegen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei ist dem Umstand Rechnung getragen, dass das Patent nur in deutlich eingeschränktem Umfang Bestand hat.

Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.10.2008 - 2 Ni 44/06 (EU) - 39