BVerfG, Beschluss vom 13.05.2009 - 2 BvL 19/08
Fundstelle
openJur 2012, 133565
  • Rkr:
Tenor

Die Vorlage ist unzulässig.

Gründe

A.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Tabaksteuergesetz (TabStG). Hiernach ist derjenige, der Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft gewerbsmäßig und ohne deutsche Steuerzeichen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbringt, verpflichtet, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Zudem erfolgt eine Sicherstellung und im Einzelfall Einziehung der Waren.

I.

1. Die Erhebung der Tabaksteuer richtet sich nach dem Tabaksteuergesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2150), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2830). Die Neufassung im Jahr 1992 diente unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Systemrichtlinie, ABl. L 76 vom 23. März 1992, S. 1 ff.) und führte zu einer weitgehend europarechtlich harmonisierten Steuerregelung.

2. Tabakwaren unterliegen wie andere verbrauchsteuerpflichtige Waren dem so genannten Steueraussetzungsverfahren. Danach ist die Entstehung der Steuer ausgesetzt, solange sich die Waren in einem Steuerlager befinden oder gemäß §§ 15 bis 17 TabStG befördert werden. Steuerlager ist der Oberbegriff für den Herstellungsbetrieb und die Lagerstätte (§ 8 Abs. 2 TabStG). Die Lagerung von Tabakwaren in einem Tabakwarenlager unter Steueraussetzung ist nach § 9 Abs. 2 TabStG erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis wird vor allem Herstellern und Importeuren erteilt (§ 10 Satz 2 und 3 TabStG). Warenbewegungen zwischen den Steuerlagern lösen noch keine Tabaksteuerentstehung aus (§§ 15, 16 TabStG).

Diese ist vielmehr geknüpft an die Entnahme in den freien Verkehr. Hierunter ist das Entfernen aus dem Steuerlager oder die Entnahme im Steuerlager zum Verbrauch zu verstehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 TabStG). Maßgebend ist bildlich gesprochen das Überschreiten der Betriebsgrenze (vgl. Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 152). Schließt sich hieran kein weiteres Steueraussetzungsverfahren an - etwa der Transport in ein Steuerlager eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft - entsteht die Tabaksteuer. Schuldner der Tabaksteuer ist nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TabStG der Inhaber des Steuerlagers, also in der Regel der Hersteller oder Importeur.

Hersteller und Importeure haben im Fall der Entnahme in den freien Verkehr die Steuer durch Entwerten und Anbringen von Steuerzeichen an den Kleinverkaufspackungen zu entrichten (§ 12 Abs. 1 TabStG).

3. Tabakwaren, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat im freien Verkehr befindlich waren, dürfen ohne deutsche Steuerzeichen nicht zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet (§ 1 Satz 2 TabStG) importiert werden, § 19 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 TabStG. Werden solche Tabakwaren dennoch in das Inland verbracht, entsteht die Steuer mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet. Die vorliegend als verfassungswidrig angesehene Vorschrift des § 19 TabStG lautet:

§ 19

Werden Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht oder versandt, entsteht die Steuer mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet. Steuerschuldner ist, wer verbringt oder versendet und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat. Der Steuerschuldner hat über Tabakwaren, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Die Steuer ist sofort zu entrichten. Die Tabakwaren sind nach § 215 Abgabenordnung sicherzustellen.

Während § 19 TabStG das Verbringen von Waren aus einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland regelt, ist die Einfuhr aus Drittländern in § 21 TabStG kodifiziert:

§ 21

Werden Tabakwaren aus einem Drittland unmittelbar in das Steuergebiet eingeführt oder befinden Sie sich

in einem Zollverfahren oder

in einer Freizone oder einem Freilager des Steuergebietes,

gelten für die Entstehung der Steuer und den Zeitpunkt, der für ihre Bemessung maßgebend ist, für die Person des Steuerschuldners, das Erlöschen in anderen Fällen als durch Einziehung, das Steuerverfahren und, wenn die Steuer nicht durch Verwendung von Steuerzeichen entrichtet wird, für die Fälligkeit, den Zahlungsaufschub, den Erlass, die Erstattung sowie die Nacherhebung der Steuer die Zollvorschriften sinngemäß. Abweichend von Satz 1 bleibt § 227 der Abgabenordnung für den Erlass oder die Erstattung aus in der Person des Steuerschuldners liegenden Billigkeitsgründen unberührt.

Hiernach entsteht die Tabaksteuerschuld bei einer Einfuhr aus einem Drittland zusammen mit der Zollschuld. Diese Vorschrift erklärt daher - anstelle der Vorschriften des Tabaksteuergesetzes und der Abgabenordnung - mit dem Verweis auf die ?Vorschriften für Zölle? die Vorschriften des Zollkodex (Verordnung <EWG> Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19. Oktober 1992, S. 1 ff.) für anwendbar.

4. Gemäß § 19 Satz 5 TabStG sind die Tabakwaren - welche gewerbsmäßig aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates unzulässigerweise ohne deutsche Steuerzeichen in das Inland verbracht wurden - nach § 215 AO sicherzustellen.

Die Vorschriften der § 215 AO (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung der Abgabenordnung vom 1. Oktober 2002, BGBl I S. 3866, gültig ab 1. September 2002) und § 216 AO (in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung der Abgabenordnung vom 1. Oktober 2002, BGBl I S. 3866, gültig ab 1. September 2002 bis zum 31. Januar 2006) im vorliegend maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der Tabaksteuer und Sicherstellung der Zigaretten lauteten:

§ 215 Sicherstellung im Aufsichtsweg

(1) Die Finanzbehörde kann durch Wegnahme, Anbringen von Siegeln oder durch Verfügungsverbot sicherstellen:

1. verbrauchsteuerpflichtige Waren, die ein Amtsträger vorfindet

a) in Herstellungsbetrieben oder anderen anmeldepflichtigen Räumen, die der Finanzbehörde nicht angemeldet sind,

b) im Handel ohne eine den Steuergesetzen entsprechende Verpackung, Bezeichnung, Kennzeichnung oder ohne vorschriftsmäßige Steuerzeichen,

2. Waren, die im grenznahen Raum oder in Gebieten, die der Grenzaufsicht unterliegen, aufgefunden werden, wenn sie weder offenbar Gemeinschaftswaren noch den Umständen nach in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden sind,

3. die Umschließungen der in den Nummern 1 und 2 genannten Waren,

4. Geräte, die zur Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren bestimmt sind und die sich in einem der Finanzbehörde nicht angemeldeten Herstellungsbetrieb befinden.

Die Sicherstellung ist auch zulässig, wenn die Sachen zunächst in einem Strafverfahren beschlagnahmt und dann der Finanzbehörde zur Verfügung gestellt worden sind.

(2) Über die Sicherstellung ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die Sicherstellung ist den betroffenen Personen (Eigentümer, Besitzer) mitzuteilen, soweit sie bekannt sind.

§ 216 Überführung in das Eigentum des Bundes

(1) Nach § 215 sichergestellte Sachen sind in das Eigentum des Bundes überzu führen, sofern sie nicht nach § 375 Abs. 2 eingezogen werden. Für Fundgut gilt dies nur, wenn kein Eigentumsanspruch geltend gemacht wird.

(2) Die Überführung sichergestellter Sachen in das Eigentum des Bundes ist den betroffenen Personen mitzuteilen. Ist eine betroffene Person nicht bekannt, so gilt § 15 Abs. 2 und 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes sinngemäß.

(3) Der Eigentumsübergang wird wirksam, sobald der von der Finanzbehörde erlassene Verwaltungsakt unanfechtbar ist. [...]

(4) [...]

(5) Sichergestellte oder bereits in das Eigentum des Bundes überführte Sachen werden zurückgegeben, wenn die Umstände, die die Sicherstellung veranlasst haben, dem Eigentümer nicht zuzurechnen sind oder wenn die Überführung in das Eigentum des Bundes als eine unbillige Härte für die Betroffenen erscheint. Gutgläubige Dritte, deren Rechte durch die Überführung in das Eigentum des Bundes erloschen oder beeinträchtigt sind, werden aus dem Erlös der Sachen angemessen entschädigt. Im Übrigen kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen.

Hieraus folgt, dass die nach § 19 TabStG in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbrachten Tabakwaren nach § 215 AO sicherzustellen sind -insoweit besteht kein Ermessen. Diese Sicherstellung erfolgt unabhängig von der Begleichung der Steuerschuld. Vorbehaltlich der Regelung in § 216 Abs. 5 AO werden die sichergestellten Tabakwaren nach § 216 Abs. 1 Satz 1 AO in das Eigentum des Bundes überführt.

II.

1. Der Angeklagte des Ausgangsverfahrens, ein polnischer Staatsangehöriger, wurde am 19. Mai 2005 auf einem Parkplatz an einer Bundesautobahn durch Beamte der mobilen Kontrollgruppe Gera des Hauptzollamtes Erfurt kontrolliert. Hierbei wurde festgestellt, dass er insgesamt 8.560 Stück Zigaretten mit ukrainischen Steuerzeichen mit sich führte, welche sich in seinem Reisegepäck und in der Reserveradmulde befanden. Diese wurden sichergestellt. Es wurde ein Abgabenbetrag für Tabaksteuer in Höhe von 1.093,84 &euro; sowie Einfuhrabgaben nach Art. 202 Zollkodex in Höhe von 501,12 &euro; festgesetzt. Der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO und wegen Steuerhehlerei, § 374 AO wurde durch das Amtsgericht Gera abgelehnt. Auf die Beschwerde des Hauptzollamtes hob das Landgericht Gera den Beschluss auf.

2. Nach Beantragung des Erlasses eines geänderten Strafbefehls wegen versuchter Steuerhinterziehung, Steuerhinterziehung und Steuerhehlerei beschloss das Amtsgericht Gera, nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Es hat das Verfahren nach Durchführung eines Hauptverhandlungstermins ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

ob § 19 TabStG mit Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist.

a) Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 19 TabStG sei entscheidungserheblich. Bei Verfassungskonformität aller Normen wäre der Angeklagte nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 - gegebenenfalls in Wahlfeststellung - in Verbindung mit § 19 TabStG zu verurteilen. Aktives Tun, also unrichtige Angaben im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, sei im konkreten Fall nicht sicher festzustellen gewesen, da nicht geklärt werden konnte, ob der Angeklagte vor der Kontrolle nach zu verzollenden Gegenständen gefragt worden sei. Die für eine vom Strafbefehlsantrag abweichende Verurteilung wegen aktiven Tuns nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO notwendige Überzeugung habe das Gericht nicht gewinnen können.

Bannbruch nach § 372 AO scheide aus, da es an einem bestehenden Einfuhrverbot fehle. Ein Vergehen nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO - Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen - scheide ebenfalls aus. Mittlerweile habe, anscheinend aufgrund dieses Verfahrens, auch das Bundesfinanzministerium die Auffassung vertreten, dass eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift nicht in Betracht komme, weil der Steuerpflichtige in keinem Fall die Steuerzeichen beziehen könne, also ein Fall der Unmöglichkeit vorliege.

Eine Verurteilung wegen Steuerhehlerei nach § 374 AO würde erfordern, dass festgestellt worden wäre, dass ein Dritter hinsichtlich der Zigaretten, etwa bei der Einfuhr aus der Ukraine nach Polen, Abgaben hinterzogen hätte und der Angeklagte bei seiner Festsetzung in Deutschland dabei gewesen wäre, diese Zigaretten abzusetzen. Die Beteiligung eines Dritten habe aber nicht festgestellt werden können.

b) § 19 TabStG sei mit Art. 14 GG unvereinbar.

Bei § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handele es sich um ein Unterlassungsdelikt. Für eine Strafbarkeit bei Unterlassungsdelikten sei anders als beim aktiven Tun außer einer Handlungsmöglichkeit auch die Zumutbarkeit normgemäßen Handelns ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Das Amtsgericht sei der Auffassung, dass nach der derzeitigen Gesetzeslage eine Anmeldung der Zigaretten zur Versteuerung nicht zumutbar gewesen sei, weil sie nicht nur die hinzunehmende Tabaksteuerfestsetzung, sondern darüber hinaus nach § 19 TabStG in Verbindung mit §§ 215, 216 AO eine entschädigungslose Einziehung der Zigaretten zur Folge gehabt hätte. Grundsätzlich sei die Verpflichtung zur Steuererklärung zumutbar. Es könne aber keine strafbewehrte Pflicht geben, eine Steuererklärung abzugeben, wenn dies zwingend mit weiteren, für den Steuerpflichtigen belastenden Konsequenzen verbunden sei, welche über die bloße Besteuerung hinausgehen. Einer entsprechenden Pflicht stehe der auch hier geltende Nemo-tenetur-Grundsatz entgegen. Die Sicherstellung nach § 19 Satz 5 TabStG in Verbindung mit § 215 AO sei keine vorläufige, etwa zur Sicherung des Steueranspruchs. Vielmehr regele § 216 Abs. 1 AO ganz klar, dass die sichergestellten Gegenstände in das Eigentum des Bundes überführt werden, wenn sie nicht schon im strafrechtlichen Verfahren nach § 375 AO eingezogen werden. Diese Überführung in das Eigentum des Bundes wäre unproblematisch, wenn sie gegen Entschädigung erfolgen würde. Genau dies sei aber nach § 216 Abs. 5 AO regelmäßig nicht der Fall.

Es sei nicht zumutbar, den Betroffenen darauf zu verweisen, gegen die entschädigungslose Überführung in Bundeseigentum den Rechtsweg zu beschreiten. Denn im Regelfall werde eine Entschädigung nicht gewährt. Folge sei, dass auch jemand, der deutlich weniger Zigaretten als der Angeschuldigte - dem man sicher eine gewisse Böswilligkeit vorwerfen könne - einführe, nicht nur die Steuern zahlen, sondern auch auf die Zigaretten verzichten müsse.

In diesem Aspekt der zwingenden Sicherstellung unterscheide sich das Tabaksteuergesetz von den anderen Gesetzen über Verbrauchsteuern. Im Unterschied zu den Regelungen in den übrigen Verbrauchsteuergesetzen seien allein bei der Tabaksteuer Steuerzeichen zu verwenden. Für das Gericht sei aber nicht ersichtlich, dass entschädigungslose Einziehung die notwendige Konsequenz der Nichtverwendung von Steuerzeichen sein müsse. Es wäre theoretisch vorstellbar, dass bei der Nachversteuerung die Steuerzeichen aufgeklebt würden.

Die Argumentation, die Sicherstellung könne ja auch im Strafverfahren erfolgen und sei daher kein zusätzliches Übel für den Betroffenen, wäre ein Zirkelschluss. Denn die einzige mögliche zugrunde liegende Straftat wäre gerade das in Unkenntnis lassen der Finanzbehörde. Wenn aber eine freiwillige Anmeldung erfolge, liege keine Straftat vor.

c) Darüber hinaus sei § 19 TabStG mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar.

§ 19 TabStG wirke faktisch als Sanktionsnorm, da er Besteuerung und Konfiskation gleichzeitig vorsehe, ohne dass es eine eindeutig verständliche Verbotsnorm gebe. Die Verbotswirkung sei anscheinend vom Gesetzgeber auch so gesehen und gewollt worden. Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände unterlägen aber dem Bestimmtheitsgebot. Hier sehe das Gesetz eine entschädigungslose Konfiskation aufgrund eines als unzulässig bezeichneten Verhaltens vor. Dies müsse unter den Begriff der Strafe im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG fallen. Der Gesetzgeber hätte es sonst in der Hand, neuartige Sanktionen einzuführen und sich dadurch des Bestimmtheitsgebotes zu entledigen. Es sei bei § 19 TabStG kein anderer Zweck als der Strafcharakter zu erkennen. Es gehe nicht um den Schutz der Nichtraucher oder den Schutz vor Gesundheitsgefahren durch ausländische Tabakwaren. Das Amtsgericht sehe in § 19 TabStG in Verbindung mit § 12 TabStG und §§ 215, 216 AO eine Sanktion für ein Verhalten, ohne dass die Normen als Sanktionsnorm überhaupt gekennzeichnet seien und dem Bestimmtheitsgebot genügten. Weder in § 19 TabStG noch außerhalb dieser Vorschrift sei ein klar verständliches Verbot der Einfuhr von Tabakwaren zu erkennen. Wegen des strafrechtlichen Bestimmtheitsgebotes müsste ein Einfuhrverbot ausdrücklich als Verbotsgesetz bestehen. Ohne genauere Darlegung nehme die Literatur teilweise ein Einfuhrverbot für Tabakwaren im Tabaksteuergesetz ohne genaue Bezeichnung der Vorschrift an. Aus einer so unbestimmten Schilderung habe das Amtsgericht jedoch kein dem Bestimmtheitsgebot genügendes Gesetz erkennen können. Ein bloß faktisches Einfuhrverbot, das sich aus dem Zusammenspiel von §§ 12, 19 TabStG ergebe, genüge nicht dem Bestimmtheitsgebot.

B.

Die Vorlage ist unzulässig.

I.

Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Vorschriften nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschriften als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>). Das vorlegende Gericht muss hierzu darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Normen abhängt. Eine Entscheidungserheblichkeit ist dann gegeben, wenn die Entscheidung bei Gültigkeit des formellen Gesetzes anders ausfallen würde, als bei dessen Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 91, 118 <121>; 98, 169 <199>; 105, 61 <67>). Dabei ist für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgeblich, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 87, 114 <133>; 99, 300 <313>; 105, 61 <67>).

Ferner muss das Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm näher darlegen und deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist. Dazu bedarf es einer Auseinandersetzung mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie einer eingehenden, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehenden Darstellung der Rechtslage (vgl. BVerfGE 86, 71 <77>; 88, 198 <201>; 89, 329 <336 f.>; 97, 49 <60>). Die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab dabei nicht nur benennen, sondern auch die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. BVerfGE 86, 71 <77 f.>).

II.

Diesen Anforderungen wird der Vorlagebeschluss nicht gerecht.

1. Es fehlt bereits an der Entscheidungserheblichkeit der Norm.

Die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts zugrunde gelegt, wird der Angeklagte im Falle der Gültigkeit von § 19 TabStG insoweit nicht anders bestraft, als bei Ungültigkeit der Norm. In beiden Fällen wäre er insoweit straffrei.

Das Amtsgericht Gera sieht eine Offenbarung nach § 19 TabStG im Rahmen der Prüfung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht als zumutbar an. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzung wäre der Täter konsequenterweise aufgrund dieser einfachrechtlichen Subsumtion dann auch nicht wegen des Unterlassungsdelikts zu bestrafen. Im Falle der Ungültigkeit der Norm, gelangt man zum gleichen Ergebnis, da es an einer Vorschrift fehlt, die eine entsprechende Offenbarungspflicht statuiert. Aufbauend auf den Ausgangserwägungen des vorlegenden Gerichts fehlt es daher an einer Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, unabhängig davon, ob § 19 TabStG anwendbar oder aufgrund verfassungsrechtlicher Einwände unanwendbar ist.

2. Darüber hinaus hat das Amtsgericht Gera seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Vorschrift nicht in ausreichender Weise begründet. Es fehlt eine historische, teleologische und systematische Aufarbeitung der Norm des § 19 TabStG im Rahmen des Prüfungsmaßstabs von Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 2 GG.

a) Die Frage der Vereinbarkeit der den Eigentumsverlust eigentlich regelnden Vorschriften der §§ 215, 216 AO mit Art. 14 Abs. 1 GG wird in der Literatur überwiegend bejaht. Das Amtsgericht Gera überträgt weder den Prüfungsmaßstab des Art. 14 Abs. 1 GG auf den vorliegenden Fall noch setzt es sich mit den zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 215, 216 AO vertretenen Ansichten in einer den genannten Anforderungen entsprechenden Weise auseinander.

aa) Ausführungen zu Inhalt und Reichweite der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG fehlen gänzlich. Weder die konkrete Reichweite des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes noch die Maßstäbe, nach denen Eingriffe in diesen gerechtfertigt werden können, sind Gegenstand der Prüfung des vorlegenden Gerichts. Hinsichtlich der Sicherungseinziehung nach dem Branntweinmonopolgesetz hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass hierdurch in zulässiger Weise die Schranken des Eigentums bestimmt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1970 - 1 BvR 200/69 -, HRRF 1970, S. 453). Weder diese noch sonst zur Rechtfertigung von Eingriffen in Art. 14 Abs. 1 GG ergangene Rechtsprechung (vgl. BVerfGE 70, 278 <286>; 110, 1 <28>) überträgt das vorlegende Gericht auf den hiesigen Fall und auf die Gesamtkonzeption der Tabaksteuer als Verbrauchsteuer.

bb) Mit den Eingriffsnormen der §§ 215, 216 AO setzt sich das vorlegende Gericht ebenfalls nicht hinlänglich auseinander. Zwar steht im Ausgangsfall nicht die Frage des Eigentumsverlustes an den Zigaretten im Mittelpunkt, sondern eine mögliche Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Verbindung mit § 19 TabStG. Jedoch fehlt es nach Ansicht des Amtsgerichts gerade deshalb an der Pflichtwidrigkeit des Unterlassens, weil eine Offenbarungspflicht wegen des damit einhergehenden Eigentumsverlustes an den Waren nicht zumutbar sei. Zur Beantwortung der Frage der Zumutbarkeit sind jedoch auch zwingend die den Eigentumsverlust letztlich statuierenden Regelungen, deren Sinn und Zweck und die insoweit vertretenen Auffassungen zur Verfassungsmäßigkeit dieser Normen in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Ausgehend von den Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks VI/1982, S. 167) werden die Regelungen der §§ 215, 216 AO von der weit überwiegenden Meinung in der Literatur als den Besonderheiten der Verbrauchsteuern Rechnung tragende Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen (vgl. auch zum Folgenden: Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 215 Rn. 3, § 216 Rn. 5 <September 2008>; v. Wedelstädt, in: Kühn/v. Wedelstädt, AO und FGO, 19. Aufl. 2008, § 215 Rn. 1; Teichner, in: Koch/Scholz, AO, 5. Aufl. 1996, § 215 Rn. 2, § 216 Rn. 3; Kock, in: Beermann/Gosch, AO, FGO, § 215 Rn. 3 <März 2003>, § 216 Rn. 4 <September 2000>; Tipke, in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 215 Rn. 1, § 216 Rn. 1; Mösbauer, DB 1980, S. 1506 <1510>; ders. DStZ 1988, S. 267 <272 f.>; Rümelin, ZfZ 1957, S. 70 noch zu den vergleichbaren Vorschriften der §§ 200, 200a RAO).

Das Tabaksteuergesetz sehe vor, dass Tabakwaren nur unter bestimmter Kennzeichnung vertrieben werden dürfen. Um zu verhindern, dass Waren entgegen solcher Vorschriften aufbewahrt werden oder in den Handel gelangen, sei eine Sicherstellung und Einziehung geboten. Damit unterliege das Eigentum an verbrauchsteuerpflichtigen Waren einer herkömmlichen inhaltlichen Beschränkung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. zur Einschränkung der privatrechtlichen Herrschaft über das Eigentum, BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Januar 1989 - 2 BvR 554/88 -, NJW 1990, S. 1229). Der Betroffene müsse sich auf die im Interesse der Steueraufsicht erforderlichen strengen Steuervorschriften einrichten. Verfehle er dies, erleide er den Rechtsverlust nicht ohne eigene Verantwortung. Härtefällen könne durch § 216 Abs. 5 AO Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks VI/1982, S. 167). Das Ziel der Regelung liege darin, dass nur solche Waren in den gewerblichen Verkehr gelangen sollen, deren regelkonformer steuerlicher Status nachgewiesen werden könne (vgl. Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 215 Rn. 7 <September 2008>). Für den Verkehr mit Tabakwaren bedeute dies, dass - für jedermann einsichtig - nur mit deutschen Steuerzeichen versehene Zigaretten im Inland vermarktet werden dürfen (vgl. Teichner, in: Koch/Scholz, AO, 5. Aufl. 1996, § 215 Rn. 2).

Vereinzelt vertretene Gegenansichten sprechen hingegen von ?schwere(n) verfassungsrechtliche(n) Bedenken? (vgl. Dißars/Dißars, ZfZ 1996, S. 130 <135>, unter Verweis u.a. auf Hann, Die Steueraufsicht in besonderen Fällen, Diss. 1988, S. 146 ff.). Aus den Regelungen sei nicht erkennbar, woran die Entscheidung, ob eine Sicherstellung und Überführung erfolgen solle, auszurichten sei. Die Vorschriften seien insoweit nicht hinreichend bestimmt. Zudem seien sie mit dem Ordnungswidrigkeitenverfahren unvollkommen abgestimmt. Ein Verstoß gegen die Anmelde- und Kennzeichnungspflicht - die § 215 AO in Nr. 1 erfasse - sei nach § 381 Nr. 1, Nr. 2 AO bereits als Ordnungswidrigkeit ausgewiesen. Es sei daher nicht erkennbar, warum gerade bei den Anmelde- und Kennzeichnungspflichten eine zusätzliche Sicherung - über §§ 215, 216 AO - erforderlich sein solle. Es sei auch nicht sichergestellt, dass bei gleicher Zielsetzung der Verfahren einheitliche Entscheidungen getroffen werden (vgl. Hann, Die Steueraufsicht in besonderen Fällen, Diss. 1988, S. 148, 154).

Das Amtsgericht hat sich mit den jeweils zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 215, 216 AO vorgebrachten Argumenten nicht hinlänglich auseinander gesetzt, insbesondere im Kontext des Art. 14 Abs. 1 GG nicht die Natur der Tabaksteuer als Verbrauchsteuer - mit den daraus aufgezeigten Konsequenzen - berücksichtigt. Angesichts der Tatsache, dass sich der Eigentumsverlust an den Zigaretten, welcher eine Offenbarungspflicht nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unzumutbar machen soll, nach diesen durch § 19 TabStG in Bezug genommenen Vorschriften richtet, hätte hierzu Veranlassung bestanden.

b) Selbst wenn das Amtsgericht das Hauptproblem des Falles nicht in der Verfassungsmäßigkeit gerade der §§ 215, 216 AO als solche, sondern in der Verknüpfung der Offenbarungspflicht mit dem Eigentumsverlust und damit in der Konzeption der Vorschrift des § 19 TabStG sieht, hätte es einer Auseinandersetzung mit den vorgenannten Argumenten bedurft.

Zutreffend weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Eigentumsverlust auch dann droht, wenn der Verbringer der Zigaretten seiner Erklärungspflicht nachkommt. Obgleich er sich den Finanzbehörden offenbart, hat er die Tabaksteuer zu zahlen und werden die Tabakwaren eingezogen. Der Eigentumsverlust knüpft damit an das gewerbsmäßige Verbringen aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft ohne deutsche Steuerzeichen an. Die Verfassungsmäßigkeit der §§ 215, 216 AO wird jedoch maßgebend mit der Natur der verbrauchsteuerpflichtigen Waren und einem Gesamtsystem, welches der Konzeption der Verbrauchsteuer zugrunde liegt, begründet. Die vorgebrachte inhaltliche Beschränkung dieser Güter sowie die Einschränkung des Handels mit diesen können auch Auswirkungen auf eine Offenbarungspflicht und daran geknüpfte Folgen haben.

aa) Gerade die Ausgangshypothese des vorlegenden Gerichts hält zu einer solchen Prüfung an. Das Amtsgericht sieht in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ein Unterlassungsdelikt, damit die Zumutbarkeit normgemäßen Handelns als Tatbestandsmerkmal (vgl. zur Einordnung des Zumutbarkeitskriteriums Lenckner/Eisele, Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, Vorbemerkungen §§ 13 ff. Rn. 155; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl. 2007, § 13 Rn. 5), und verneint eine Zumutbarkeit der Offenbarung aufgrund der damit einhergehenden Eigentumsentziehung. Aus strafrechtlicher Sicht unzumutbar ist eine Handlung jedoch nur dann, wenn sie eigene billigenswerte Interessen in erheblichem Umfang beeinträchtigt und diese in einem angemessenen Verhältnis zum drohenden Erfolg stehen. Die widerstreitenden Interessen sind also gegeneinander abzuwägen (vgl. Lenckner/Eisele, Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, Vorbemerkungen §§ 13 ff. Rn. 156). Damit war das Amtsgericht gehalten, auch die von § 19 TabStG verfolgten Ziele, welche durch historische, systematische und teleologische Auslegung zu ermitteln sind, in den Blick zu nehmen und diese mit der Beeinträchtigung des Eigentums unter Beachtung der konkreten Situation abzuwägen.

bb) Unterliegt das Eigentum an verbrauchsteuerpflichtigen Waren nach Ansicht des Gesetzgebers den oben genannten Beschränkungen, hätte das vorlegende Gericht erörtern müssen, ob es dann nicht auch dem Eigentümer zumutbar ist, den Besitz an derartigen Gegenständen zu offenbaren, wenn diese ?unzulässigerweise? in das deutsche Steuergebiet verbracht werden. Die Vorschriften der §§ 215, 216 AO werden unter anderem aus systemimmanenten Gründen der Konzeption der Verbrauchsteuer gerechtfertigt. Diese Gründe spielen aber auch im Rahmen der Offenbarungspflicht eine Rolle und machen eine Auseinandersetzung mit Sinn und Zweck der Norm des § 19 TabStG im System des Verbrauchsteuerrechts notwendig.

Die Vorschrift des § 19 TabStG erfasst denjenigen, der Zigaretten ohne deutsche Steuerzeichen gewerbsmäßig in die Bundesrepublik Deutschland verbringt. Die Art der Differenzierung zwischen privatem und gewerbsmäßigem Verbringen ist in § 20 Abs. 2 TabStG normiert (vgl. auch Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 203). Hiernach spielt unter anderem die Menge der eingeführten Tabakwaren eine Rolle. Daher ist die Argumentation des Amtsgerichts Gera, dass auch derjenige, der deutlich weniger Zigaretten als der Angeklagte des Ausgangsverfahrens einführe, auch auf diese verzichten müsse, in dieser Pauschalität unzutreffend. Sprechen die sonstigen in § 20 Abs. 2 TabStG aufgeführten Umstände nicht für ein gewerbliches Verbringen, kann eine geringe Menge von Tabakwaren einen Anhaltspunkt für ein privates Verbringen mit der Folge der Nichtanwendbarkeit von § 19 TabStG darstellen. Liegt jedoch ein gewerbliches Verbringen vor, verwirklicht sich gerade das Risiko, welches derjenige trägt, der Tabakwaren in das Steuergebiet einführen will, sich jedoch nicht vorher um den Bezug deutscher Steuerzeichen bemüht hat, beziehungsweise gar nicht zum Kreis der Bezugsberechtigten (§ 12 Abs. 2 TabStG) gehört (zu den Möglichkeiten des Versandhandels vgl. Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 213 f.). Fehlt es an dieser Primärvoraussetzung für den Handel mit Zigaretten, kann dieses Hindernis nicht dadurch umgangen werden, dass allein unverzüglich die Steueranmeldung vollzogen und die Steuer entrichtet wird.

Die Sicherstellung und Einziehung ist damit Teil eines Systems wirksamer Beschränkungen, das die Verbrauchsbesteuerung insgesamt absichert und den raschen und unmittelbaren Zugriff auf bestimmte, vor allem den Wettbewerb verfälschende Waren erlaubt. Im Mittelpunkt steht die Gewährleistung des Besteuerungsrechts des Staates sowie gleichgewichtig die Herstellung einheitlicher steuerlicher Wettbewerbsbedingungen für alle im Erhebungsgebiet tätigen Anbieter. Da gerade der Zigarettenmarkt für die Entwicklung eines illegalen Handels aufgrund der Art der Ware besonders anfällig ist (so auch EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - C-374/06 -, Slg. 2007 I-11271, juris, Absatz-Nr. 34; vgl. Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 216 AO Rn. 3 <September 2008>), fällt die Schaffung geeigneter Vorfeld- und Repressivmaßnahmen in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, der im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben Rahmenbedingungen für einen geordneten Handel aufstellt. Durch § 19 TabStG wird dabei das Ziel verfolgt, den Handel mit Tabakwaren des steuerrechtlich freien Verkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zu unterbinden (vgl. BTDrucks 12/3432, S. 72; FG Hamburg, Urteil vom 20. Juni 2006 - 4 K 68/06 -, juris, Absatz-Nr. 23; Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1996, S. 218). Allein die Zahlung der Tabaksteuer im Falle des Verbringens wäre nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Erst die gleichzeitige Sicherstellung und Einziehung ermöglicht den gewünschten wirtschaftspolitischen Effekt. Den redlichen Teilnehmern des Wirtschaftsverkehrs drohten sonst ruinöse Folgen, sobald es unredlichen Anbietern gelänge, unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren der steuerlichen Bindung zu entziehen und in größeren Mengen auf den Markt zu bringen. Dabei ergeben sich bereits bei einer Verletzung der Kennzeichnungspflicht Wettbewerbsverzerrungen (vgl. Teichner, in: Koch/Scholz, AO, 5. Aufl. 1996, § 215 Rn. 2).

Aufgrund der unzureichenden Würdigung des Sinns und Zwecks der angewandten Vorschriften führt das vorlegende Gericht auch keine Abwägung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung durch. Es nimmt lediglich die für den Verbringer auftretenden Belastungen in Form der Steuerentstehung und des Eigentumsverlustes in den Blick, ohne diese Folgen den Zielen der Regelung gegenüber zu stellen (vgl. zum Maßstab bei Art. 14 Abs. 1 GG, BVerfGE 76, 220 <238>; 79, 29 <40 f.>; 95, 48 <58>; 114, 1 <59>).

Das vorlegende Gericht sieht neben der fehlenden Zumutbarkeit auch in tatsächlicher Hinsicht keine Möglichkeit der Abgabe einer Steuererklärung. Diese sei nach dem Verbringen in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland an der Grenze nicht mehr möglich. Insoweit verkennt das Amtsgericht das Gebot des § 19 TabStG. Hiernach ist der Verbringer zur ?unverzüglichen? Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, mithin zur Abgabe ohne schuldhaftes Zögern. Da ein deutsches Steuergesetz keine Steuerentstehung in einem fremden Hoheitsgebiet regeln kann, entsteht die Tabaksteuer de facto erst im Zeitpunkt des Überschreitens der Grenze (vgl. Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 213). Bestünde dann keine Möglichkeit der Abgabe der geforderten Steuererklärung, würde dies die Vorschrift ihres Sinns berauben. Der Betroffene hat durchaus die Möglichkeit, unverzüglich eine Finanzbehörde aufzusuchen (vgl. zur Anwendbarkeit der Norm in vergleichbaren Fällen BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 372/06 -, NJW 2007, S. 1294; BGH, Urteil vom 14. März 2007 - 5 StR 461/06 -, NStZ 2007, S. 592; BGH, Beschluss vom 28. August 2008 - 1 StR 443/08 -, wistra 2008, S. 470; zustimmend Weidemann, ZfZ 2008, S. 97 <100>). Nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 AO sind Finanzbehörden auch die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen. Nach § 23 Abs. 1 AO ist im Falle einer Verbrauchsteuer - die als bundesrechtlich geregelte Steuer durch die Bundesfinanzbehörden verwaltet wird, Art. 108 Abs. 1 GG - das Hauptzollamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Tatbestand verwirklich wird, an den das Gesetz die Steuer knüpft. Damit besteht nach Grenzübertritt - und damit verbundener Steuerentstehung - durchaus die Möglichkeit zur unverzüglichen Abgabe der Steuererklärung.

c) Soweit das vorlegende Gericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Eigentumsverlustes als Folge der steuerlichen Offenbarung mit Blick auf den Nemo-tenetur-Grundsatz begründet, setzt es sich nicht mit dessen anerkannter Reichweite auseinander.

aa) Der Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, durch eigene Aussage die Voraussetzung für eine strafgerichtliche Verurteilung zu liefern, ist vom Bundesverfassungsgericht als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG anerkannt worden (vgl. BVerfGE 56, 37 <41 f.>; 95, 220 <241>). Durch die rechtlich vorgeschriebenen Auskunftspflichten kann die Auskunftsperson in die Konfliktsituation geraten, sich entweder selbst einer strafbaren Handlung zu bezichtigen oder durch eine Falschaussage gegebenenfalls ein neues Delikt zu begehen oder aber wegen ihres Schweigens Zwangsmitteln ausgesetzt zu werden. Wegen dieser Folgen ist die erzwingbare Auskunftspflicht als Eingriff in die Handlungsfreiheit sowie als Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Art. 2 Abs. 1 GG zu beurteilen. Ein Zwang zur Selbstbezichtigung berührt zugleich die Würde des Menschen, dessen Aussage als Mittel gegen ihn selbst verwendet wird und beinhaltet damit ein Instrumentalisierungsverbot (vgl. BVerfGE 56, 37 <41 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2004 - 2 BvR 1316/04 -, NJW 2005, S. 352; Rogall, NStZ 2006, S. 41).

Unzumutbar und mit der Würde des Menschen unvereinbar wäre ein Zwang, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verurteilung oder die Verhängung entsprechender Sanktionen liefern zu müssen. Insoweit gewährt Art. 2 Abs. 1 GG als Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe einen Schutz, der alter und bewährter Rechtstradition entspricht. Handelt es sich dagegen um Auskünfte zur Erfüllung eines berechtigten Informationsbedürfnisses, ist der Gesetzgeber befugt, die Belange der verschiedenen Beteiligten gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerfGE 56, 37 <49>).

bb) Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz vor einer der oben genannten Zwangslagen schließt die Rechtmäßigkeit von gesetzlichen Auskunftspflichten nicht grundsätzlich aus, auch wenn damit der Zwang zur Offenbarung strafbarer Handlungen verbunden ist. Insbesondere ist die steuerrechtliche Auskunftspflicht im Interesse staatlicher Aufgabenerfüllung und gleichmäßiger Erfassung aller Steuerpflichtigen verfassungsrechtlich zulässig.

Der Steuerpflichtige ist grundsätzlich gehalten, seine steuerlichen Erklärungspflichten zu erfüllen, ohne Rücksicht darauf, ob er hierdurch eigene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufdeckt (vgl. zu Grenzen BVerfGE 56, 37 <50 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2004 - 2 BvR 1316/04 -, NJW 2005, S. 352). Diese weitgehenden Erklärungs- und Mitwirkungspflichten sind im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit und die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den Staat sachlich gerechtfertigt (vgl. BVerfG, wistra 1988, S. 302; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR 191/04 -, NJW 2005, S. 763 <764>). Dem in Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verankerten Nemo-tenetur-Grundsatz wird in der Abgabenordnung dadurch Rechnung getragen, dass in § 393 Abs. 1 AO der Einsatz von Zwangsmitteln untersagt ist, soweit der Steuerpflichtige Steuerstraftaten offenbaren müsste. Ergänzt wird der Schutz in § 393 Abs. 2 AO hinsichtlich anderer Straftaten durch ein begrenztes strafrechtliches Verwertungsverbot (vgl. BVerfGE 56, 37 <47>; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 5 StR 191/04 -, NJW 2005, S. 763 <764>).

cc) Hätte der Beschuldigte, wie es § 19 TabStG von ihm fordert, unverzüglich eine Steuererklärung abgegeben und damit seiner Offenbarungspflicht Genüge getan, wäre es nicht zur Einleitung eines Strafverfahrens gekommen. Der Nemo-tenetur-Grundsatz soll den Betroffenen nur davor schützen, mit Zwangsmitteln zu einer Selbstbelastung in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren wegen einer begangenen Straftat veranlasst zu werden (Hellmann in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 393 AO Rn. 28 <November 1999>). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt nicht vor einer Bestrafung strafbaren Verhaltens, sondern lediglich vor einem rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung und einer darauf beruhenden strafrechtlichen Verurteilung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Oktober 2004 - 2 BvR 1316/04 -, NJW 2005, S. 352 <353>). Eine solche basierend auf § 19 TabStG stünde bei Abgabe der geforderten Steuererklärung jedoch gerade nicht im Raum.

Der Verlust des Eigentums ist keine Belastung ?wegen? einer Straftat. Inwiefern beides in vorliegenden Fallkonstellationen gleich behandelt werden müsste, legt das Amtsgericht nicht dar. Mit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Nemo-tenetur-Grundsatzes befasst sich das vorlegende Gericht nicht. Die Selbstbelastungsfreiheit aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, die zugleich Ausprägung der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes ist, schützt den Einzelnen davor, in einem Strafverfahren, mithin in einem Verfahren, in welchem der Staat mit der schärfsten ihm zur Verfügung stehenden Sanktion droht (vgl. BVerfGE 90, 145 <172>), dem Zwang zur Selbstbelastung ausgesetzt zu sein. Die Selbstbelastungsfreiheit schützt vor der Überführung in ein und vor der Überführung in einem Strafverfahren. Inwieweit diese Garantie so weit reichen sollte, auch andere Sanktionen außerhalb der Strafe zu erfassen, hat das Amtsgericht nicht dargelegt.

d) Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts soll auch die entschädigungslose Konfiskation aufgrund eines als ?unzulässig? bezeichneten Verhaltens unter den Begriff der Strafe fallen. Diese sei eine Sanktion, ohne dass die Norm als Sanktionsnorm überhaupt gekennzeichnet sei. Mithin genüge die Vorschrift nicht den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG.

Hierbei setzt sich das Amtsgericht weder mit dem als Prüfungsmaßstab dienenden Art. 103 Abs. 2 GG noch mit Sinn und Zweck des § 19 TabStG auseinander.

aa) Nach Art. 103 Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (vgl. BVerfGE 41, 314 <319>; 47, 109 <120>; 55, 144 <152>). Diese Verpflichtung dient einem doppelten Zweck. Es geht einerseits um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten: Dieser muss prinzipiell schon anhand der gesetzlichen Regelung voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist; in Grenzfällen geht er dann, für ihn erkennbar, das Risiko einer Bestrafung ein (vgl. BVerfGE 47, 109 <120 f.>; 48, 48 <56>; 55, 144 <152>). Art. 103 Abs. 2 GG hat insofern freiheitsgewährleistende Funktion. Andererseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung festzulegen (vgl. BVerfGE 47, 109 <120>).

bb) Inwiefern der Eigentumsverlust unter den Begriff der Strafe im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG fällt, legt das Amtsgericht nicht dar. Hierunter fallen nur solche staatlichen Maßnahmen, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient (vgl. BVerfGE 109, 133 <167>; 117, 71 <110>). Zwar unterliegen auch Sanktionen, die wie eine Strafe wirken, dem Schuldgrundsatz. Strafähnlich ist eine Maßnahme jedoch nicht schon dann, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere wertende Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (vgl. BVerfGE 110, 1 <13 f.>).

Ob und aus welchen Gründen die Sicherstellung der Tabakwaren nach § 19 Satz 5 TabStG in Verbindung mit § 215 AO und die hieran anknüpfende Einziehung einem Schuldausgleich dienen, kann den knappen Ausführungen des Amtsgerichts nicht entnommen werden. Ziel der Vorschriften ist die Unterbindung des innergemeinschaftlichen - gewerblichen - Handels mit nicht in Deutschland versteuerten Tabakwaren. Damit hat die Norm auch generalpräventive Wirkung (vgl. Kock in: Beermann/Gosch, AO, FGO, § 216 AO Rn. 3 <September 2000>). Die Sicherstellung dient der Gefahrenabwehr (vgl. Schallmoser in: Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 215 AO Rn. 8 <September 2008>; Kock, in: Beermann/Gosch, AO, FGO, § 215 AO Rn. 7 <März 2003>). Inwiefern der Eigentumsverlust dennoch Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung, Folge eines vom Verbringer zu verantwortenden Unrechts ist, legt das Amtsgericht nicht dar. Allein der Verlust des Eigentums reicht nicht aus, den Normen Strafcharakter zuzubilligen. Um einen solchen zu ermitteln, wäre das vorlegende Gericht gehalten gewesen, anhand einer am Wortlaut, der Systematik und Entstehungsgeschichte der Normen orientierten Auslegung deren Zwecksetzung herauszuarbeiten (vgl. BVerfGE 110, 1 <14>). Der bloße Verweis auf die Folge, das heißt eine möglicherweise entschädigungslose Konfiskation, reicht hierfür nicht aus.

cc) Unabhängig von der Einordnung der Eigentumsentziehung als Strafe liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Wortlaut von § 19 TabStG nicht hinreichend bestimmt wäre. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber seine Motive explizit in den Tatbestand einer Norm schreibt. Bereits die Gesetzesmaterialien sprechen davon, dass der Versandhandel zwischen den Mitgliedstaaten durch Personen, die nicht die Erlaubnis zum Erwerb deutscher Steuerzeichen besitzen, ausgeschlossen bleiben soll (vgl. BTDrucks VI/1982, S. 167). Daran anknüpfend wird vertreten, dass der Sinn des § 19 TabStG nicht primär in der Schaffung eines Steuerentstehungstatbestands liege, sondern in der Normierung eines Verbringungsverbots von Tabakwaren aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten in das Steuergebiet, sofern die deutsche Tabaksteuer nicht durch Verwenden von Steuerzeichen entrichtet worden ist (vgl. Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 218; Weidemann, ZfZ 2008, S. 97 <99>; auch FG Hamburg, Urteil vom 20. Juni 2006 - 4 K 68/06 -, juris, Absatz-Nr. 23). Auf diese historischen und teleologischen Herleitungen geht das vorlegende Gericht nicht ein.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.