Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. November 1994 geändert.
Die verkehrsregelnde Anordnung des Beklagten vom 16. Mai 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberkreisdirektors des Kreises N. vom 1. April 1993 und der Änderungsanordnung des Beklagten vom 8. November 1993 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin betreibt auf der N. -Q. -Straße in
F. die Produktion und den Vertrieb von Getränken.
Die ca. 2,5 km lange N. -Q. -Straße verläuft etwa
300 m nördlich der A 46. Die N. -Q. -Straße zweigt im
Westen von der H. Straße ab, die westlich des
Autobahnkreuzes I. an die A angebunden ist, und mündet
im Osten nach Unterquerung der A in die
I. Straße/L. straße, die östlich des
I. L. zur A führt. Die N. -Q. -Straße
verbindet die F. Ortsteile V. und I. .
Zwischen November 1983 und Mitte 1985 wurde die N. -Q. -
Straße ausgebaut und durch Unterquerung der A bis zur
I. Straße/L. straße durchgeführt.
In der Folgezeit wandten die Bewohner des zwischen dem
Gewerbegebiet V. und der A gelegenen Baugebiets
sich nachdrücklich gegen die von der N. -Q. -Straße
ausgehenden Verkehrsbelästigungen. Nachdem das sogenannte
Bürgervotum N. -Q. -Straße sich mit Schreiben vom
25. März 1987 an den Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und
Verkehr (MSWV) gewandt hatte, bat dieser den Beklagten mit
Schreiben vom 8. Mai 1987 unter anderem um Beantwortung der
Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um den Lkw-
Verkehr aus dem Gebiet herauszuhalten. In einer daraufhin vom
Straßenverkehrsamt der Stadt F. abgegebenen internen
Stellungnahme heißt es dazu, ein generelles Lkw-Verbot für das
in Rede stehende Teilstück der N. -Q. -Straße sei
straßenverkehrsrechtlich nicht zu vertreten und auch nicht in
den Griff zu bekommen. Aufgrund der Vielzahl der dortigen
Anwohner müsse der Anliegerverkehr von dieser Maßnahme
ausgeschlossen werden. Aus Richtung I. führe dies
gleichzeitig zu einer Verlagerung dieser Verkehrsgruppe auf
die Straße Am N. über den N. Weg zur N. -
Q. -Straße. Eine solche, dem Prinzip der Sicherheit und
Leichtigkeit der Verkehrsführung widersprechende Maßnahme
könne nicht vertreten werden, zumal der Einmündungsbereich von
der Straße Am N. in die Straße N. Weg sehr
unübersichtlich sei und von den Kindern als Schulweg genutzt
werde. Entsprechend führte der Beklagte gegenüber dem MSWV mit
Schreiben vom 13. Juli 1987 aus, eine Möglichkeit, den Lkw-
Verkehr aus dem Baugebiet herauszuhalten, werde nicht
gesehen.
Unter dem 16. November 1987 teilte der MSWV dem
"Bürgervotum N. -Q. -Straße" unter entsprechender
Information des Beklagten mit, er werde dem Beklagten
empfehlen, die N. -Q. -Straße probeweise für den schweren
Lkw-Verkehr durch das Zeichen 262 der Straßenverkehrsordnung
zu sperren. In dem Antwortschreiben an den MSWV führte der
Beklagte unter Bezugnahme auf seinen Bericht vom 13. Juli 1987
aus, er sehe keine Möglichkeit, ein Teilstück der N. -
Q. -Straße dem allgemeinen öffentlichen Verkehr zu
entziehen. Aufgabenstellung und Bedeutung dieser
Verkehrsverbindung schlössen auch die probeweise Sperrung
mangels Alternativen aus. Demnächst werde im Rahmen der
35. Änderung des Flächennutzungsplanes eine gutachterliche
Stellungnahme des Büros für Stadt- und Verkehrsplanung
Dr. Ing. C. erstellt. Deren Ergebnis möge abgewartet
werden.
Am 6. September 1988 unterrichteten Mitarbeiter der
Straßenverkehrsbehörde des Kreises N. als
Aufsichtsbehörde den Beklagten darüber, daß der MSWV
wahrscheinlich die Aufsichtsbehörde anweisen werde, ein
Teilstück der N. -Q. -Straße zwischen der Einmündung
I. -I. -Straße und der Einmündung G. Straße
für den Lkw-Verkehr mit mehr als 5,5 Tonnen zulässigem
Gesamtgewicht zu sperren. Es werde deshalb empfohlen, vorab
tätig zu werden. Daraufhin berichtete das Straßenverkehrsamt
der Stadt F. in einem internen Schreiben vom
13. September 1988 wie folgt: Die N. -Q. -Straße bilde
entsprechend den Darstellungen des genehmigten
Flächennutzungsplanes wie auch den Abstimmungen der Gemeinde
F. und der früheren Gemeinde I. die
innerstädtische südliche Ost-West-Verbindung der
Siedlungsbereiche I. und V. und sei
planerisch eine der Voraussetzungen für die Besiedlung in
diesem Raum gewesen. Sie ersetze ältere vorhandene
Ortsverbindungen und erfülle darüber hinaus die Funktion einer
Hauptaufschließung der von ihr berührten Siedlungsbereiche.
Aus verkehrsplanerischer Sicht sei die Notwendigkeit der
uneingeschränkten Widmung unerläßlich. Eine Änderung der
bestehenden Planung zum Ausbau der N. -Q. -Straße in dem
vom Bürgervotum geforderten Umfang könne nicht mitgetragen
werden. Die Abwägung der städtebaulichen, verkehrlichen und
finanziellen Belange auf der einen und der privaten Interessen
einer Gruppe auf der anderen Seite lasse keinen anderen Schluß
zu. Die Rechtsgrundlage zum Bau der Häuser, deren Eigentümer
sich mit dem Bürgervotum identifizierten, sei in der
3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 15 D am 30. April 1977
bekanntgemacht worden. Das Bauleitplanverfahren zum Bau der
N. -Q. -Straße in diesem Bereich sei aber bereits 1972
abgeschlossen worden. Aus der Sicht der Straßenverkehrsbehörde
seien keine weiteren verkehrlichen Maßnahmen im Bereich der
N. -Q. -Straße erforderlich. Nach dem Gutachten des
Dr. Ing. C. zur 35. Änderung des Flächennutzungsplanes sei
auf der N. -Q. -Straße nach einer Verkehrszählung vom
28. April 1988 an der Zählstelle O. weg ein Lkw-Anteil
von insgesamt 5,5 % und an der Zählstelle Am N. in
Höhe von 2,5 % festgestellt worden. Diese Werte rechtfertigten
in keiner Weise ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde.
Weiterhin sei zu berücksichtigen, daß zum Ausbau der N. -
Q. -Straße Landeszuschüsse gewährt worden seien, die
voraussetzten, daß es sich um eine "städtische
Hauptverkehrsstraße" handele. Dementsprechend sei bei einer
Sperrung der Straße für den Lkw-Verkehr mit einem Verlust der
Landesmittel zu rechnen.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 1988 teilte der
Oberkreisdirektor N. dem MSWV mit, der Beklagte habe
dem Vorschlag, die N. -Q. -Straße für den
Durchgangsverkehr mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von
über 7,5 Tonnen - von der H. Straße kommend - zu
sperren, mit dem Vorbehalt mündlich zugestimmt, daß die beim
Ausbau der N. -Q. -Straße als Zuschuß gewährten
Landesmittel nicht erstattet werden müßten.
Der Beklagte unterbreitete daraufhin dem Planungs- und
Verkehrsausschuß der Stadt F. zu dessen Sitzung vom
8. Juni 1989 den Vorschlag, dem Rat die Beschlußfassung zu
empfehlen, den Durchgangsverkehr der N. -Q. -Straße in
F. -V. sowohl von der H. Straße
bis zur L 403 N als auch von der L 403 N bis zur H.
Straße auf Fahrzeuge aller Art bis zu einem Gesamtgewicht von
2,8 Tonnen zu beschränken und die Absicht der Teileinziehung
gemäß § 7 Abs. 4 StRWG öffentlich bekannt zu machen. In der
Begründung der Beschlußvorlage heißt es: Die Sperrung der
N. -Q. -Straße komme sowohl durch die
Straßenverkehrsbehörde durch Aufstellen von Verkehrszeichen
als auch durch den Straßenbaulastträger durch Teileinziehung
gemäß § 7 StRWG durch Beschränkung der Nutzungsart in
Betracht. Die Verwaltung halte den letztgenannten
Lösungsvorschlag für den vertretbarsten, weil in einem
Teileinziehungsverfahren die Absicht der Beschränkung der
Benutzungsart auf Fahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von
2,8 Tonnen gemäß § 7 Abs. 4 StRWG mindestens drei Monate
vorher ortsüblich bekannt zu machen sei, um Gelegenheit zu
Einwendungen zu geben. Daraus könnten Schlüsse gezogen werden,
ob die in § 7 Abs. 3 StRWG geforderten überwiegenden Gründe
des allgemeinen Wohls vorlägen oder nicht.
Nach entsprechender Beschlußfassung im Planungs- und
Verkehrsausschuß beschloß der Rat der Stadt F. in seinen
Sitzungen vom 8. August 1989 und 21. September 1989 ebenfalls
die vorgesehene Maßnahme.
Im Hinblick auf die ungeklärten förderungsrechtlichen
Auswirkungen dieses Beschlusses schlug der Beklagte dem Rat
der Stadt F. mit Vorlage vom 19. Dezember 1989 vor, den
Beschluß vom 21. September 1989 dahingehend zu ändern, daß
eine Teileinziehung der N. -Q. -Straße nicht erfolgt. Zur
Begründung hieß es: Es seien allerdings Zweifel angemeldet
worden, ob eine rein verkehrsrechtliche Lösung zulässig sei,
da nach dem Gutachten des Dr. Ing. C. der Ziel- und
Quellverkehr den überwiegenden Teil des Lkw-Verkehrs ausmache
und lediglich wenige Lkw die N. -Q. -Straße als
Durchgangsstraße benutzten. Der Teil der N. -Q. -Straße,
der für den Durchgangsverkehr gesperrt werden solle, weise
lediglich einen Lkw-Anteil von 2,5 % am Gesamtverkehr und
damit den niedrigsten aller Hauptverkehrsstraßen in F.
auf. Der Wille des Rates könne nur so umgesetzt und begründet
werden, daß nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO eine Sperrung
für Fahrzeuge aller Art über 2,8 Tonnen zulässiges
Gesamtgewicht nötig sei, weil die Anwohner anders nicht vor
Abgas und Lärm geschützt werden könnten.
Nach der entsprechenden Beschlußfassung durch den Rat der
Stadt F. erließ der Beklagte unter dem 16. Mai 1990 die
verkehrsregelnden Anordnungen zur Aufstellung des
Verkehrszeichens Nr. 253 für das Durchfahrtverbot für Lkw über
2,8 t zulässiges Gesamtgewicht zwischen den Einmündungen
I. -I. -Straße und G. Straße. Nachdem die
Beschilderung im August 1990 angebracht worden war, erhob die
Klägerin, deren Zufahrt zum Firmengelände unmittelbar vor der
Einmündung I. -I. -Straße - außerhalb des von dem
Durchfahrtverbot betroffenen Straßenstücks - gelegen ist,
unter dem 14. Januar 1991 Widerspruch gegen die
Verkehrsbeschränkung. Zu dessen Begründung führte sie aus, es
fehle an der nach § 45 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 StVO
erforderlichen Ermessensausübung. Nicht einmal die
tatsächlichen Umstände seien zutreffend ermittelt worden. Die
Sperrung sei nur deshalb auf straßenverkehrsrechtliche Gründe
gestützt worden, weil der Beklagte im Falle einer
Teileinziehung der Straße den Verlust der Fördermittel
gefürchtet habe. Eine Prüfung unter verkehrsrechtlichen
Gesichtspunkten sei nicht festzustellen. Im übrigen fehle es
an konkreten Lärmmessungen sowie an der erforderlichen
Feststellung zur Immissionsvorbelastung im fraglichen Gebiet.
Die Lärmschutzrichtlinien seien nicht herangezogen worden.
Aussagen über Nachtzeitbeeinträchtigungen lägen nicht vor.
Prüfungen, in welchem Umfang die Sicherheit und Leichtigkeit
des Verkehrs beeinträchtigt sei, fehlten ebenso wie
Feststellungen dazu, in welchem Maße Anlieger und
Gewerbetreibende der Gewerbegebiete V. und
L. betroffen seien. Dabei sei zu berücksichtigen, daß das
gesperrte Straßenstück den niedrigsten Lkw-Anteil am
Gesamtverkehr aller Hauptverkehrsstraßen in F. aufweise.
Der gegenwärtige Zustand sei für sie - die Klägerin - nicht
hinnehmbar, im übrigen führten die erforderlichen Umwege zu
und von den Kunden in I. zu vermeidbaren
Umweltbelastungen. Schließlich sei eine Ungleichbehandlung
gegenüber anderen Gewerbetreibenden innerhalb der für den Lkw-
Verkehr gesperrten Zone gegeben, weil diese durch die
"Anlieger frei"-Regelung privilegiert würden.
Den am 7. Januar 1991 gestellten Antrag auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (6 L 52/91 VG
Düsseldorf) nahm die Klägerin in dem Erörterungstermin vom
14. März 1991 zurück.
Der Oberkreisdirektor des Kreises N. wies den
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 1993,
zugestellt am 16. April 1993, zurück und führte zu dessen
Begründung aus, eine Verletzung von Rechten der Klägerin sei
nicht gegeben.
Durch verkehrsregelnde Anordnung vom 8. November 1993
änderte der Beklagte das Durchfahrtverbot für Lkw über 2,8 t
zulässiges Gesamtgewicht insoweit ab, als dieses nunmehr von
der Einmündung I. -I. -Straße nur noch bis zur
Einmündung H. straße gilt.
Mit ihrer am 14. Mai 1993 eingegangenen Klage hat die
Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und zur Begründung
ausgeführt: Ausweislich der Verwaltungsvorgänge sei
offensichtlich, daß es sich bei der angeordneten Sperrung um
eine politische Entscheidung des Rates ohne jegliche Prüfung
der straßenverkehrsrechtlichen Belange gehandelt habe.
Soweit der Beklagte auf eine Lärmmessung vor Ort über
16 Stunden vom 21. Juli 1987 abhebe, sei nicht erkennbar, wer
die Messung durchgeführt oder in Auftrag gegeben habe. Ferner
sei der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag von falschen
Erwägungen ausgegangen, wenn er annehme, daß eine Zunahme um
1 db (A) eine Verdoppelung des Lärmpegels darstelle. Eine
Verdoppelung des Lärmpegels sei erst bei 10 db (A)
gegeben.
Die Verkehrsbeschränkung treffe sie erheblich. Sie habe
derzeit rund 420 Kunden, von denen 120 ihre Waren selbst
abholten, während 300 Kunden von ihr - der Klägerin -
beliefert würden. Die letztgenannte Kundengruppe erhalte im
Durchschnitt einmal pro Woche eine Lieferung, während pro
Abholkunden und Woche etwa zwei Abholvorgänge zu verzeichnen
seien. Von den 120 Abholkunden seien etwa 75 durch die
angegriffene Verkehrsbeschränkung zu einem Umweg gezwungen.
Entsprechend sei ihr auch schon mehrfach und von mehreren
Kunden die Einschränkung oder Einstellung von Warenbezügen
angedroht worden, sobald die Sperrung mit Sanktionen belegt
und damit der Umweg über die A notwendig werde. Es sei
deshalb zu befürchten, daß im Hinblick auf die bekannten
Verkehrsstörungen auf der A an der Abfahrt F. -
Unterbach und auf der H. Straße zahlreiche Kunden
den störungsfreieren Weg zu ihrer Hauptkonkurrenz, der
"I. G. " in I. suchen würden, die hinsichtlich
der Mineralisation ein ihrem Produkt entsprechendes
Mineralwasser vertreibe. Eine Verlagerung ihres - der
Klägerin - Betriebes sei nicht möglich, da sich die
Mineralquellen auf dem Betriebsgelände an der N. -Q. -
Straße befänden und die Abfüllung gemäß § 7 Mineral- und
Tafelwasserverordnung am Quellort zu erfolgen habe.
Soweit sie - die Klägerin - die Kunden beliefere,
entstünden durch die erforderlichen Umwege jährliche
Mehrkosten von ca. 20.000,-- DM bis 30.000,-- DM.
Unberücksichtigt blieben hierbei die Mehrkosten für
Transporte, die sie zur eigenen Beschaffung von Waren
durchzuführen habe. Entscheidender noch als die Umwege seien
indes die mit der Umwegstrecke über die A verbundenen
Zeitverluste. Der Verlust einer verkehrsmäßig weitgehend
unbelasteten überörtlichen Anbindung über die N. -Q. -
Straße an das I. Kreuz sei durch die Auffahrmöglichkeit
über die H. Straße in F. -Unterbach nicht als
hinreichend kompensiert anzusehen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
das aufgrund des Ratsbeschlusses der Stadt
F. vom 9. Januar 1990 angeordnete
Durchfahrverbot der N. -Q. -Straße in F. für
Kraftfahrzeuge mit über 2,8 Tonnen zulässigem
Gesamtgewicht und den Widerspruchsbescheid des
Oberkreisdirektors des Kreises N. vom 1. April
1993 aufzuheben.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, die Klage sei mangels
Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin bereits unzulässig. Im
übrigen sei die angegriffene Maßnahme rechtmäßig, insbesondere
frei von Ermessensfehlern. Den Ratsbeschlüssen sei lediglich
Votumscharakter zugekommen. Die verkehrsregelnde Anordnung sei
von der Straßenverkehrsbehörde zuständigkeitshalber erlassen
worden. Verkehrsbeschränkungen zum Schutz der Wohnbevölkerung
seien zu jeder Zeit zulässig. Óberschreitungen bestimmter
Grenzwerte seien insoweit nicht erforderlich. Vielmehr reiche
es aus, wenn Lärm und Abgase das ortsüblich akzeptable Maß
überschritten. Davon sei nach den Anliegerbeschwerden
auszugehen gewesen, zumal das Verkehrsgutachten des Dr. Ing.
C. ebenfalls zu einer Empfehlung im Sinne der getroffenen
Anordnung gelangt sei. Darüber hinaus sei eine Lärmmessung vor
Ort über 16 Stunden vom 21. Mai 1987 Entscheidungsgrundlage
gewesen. Dabei hätten sich Spitzenwerte von 82 bis 83 db (A)
über mehrere Stunden ergeben. Die Durchschnittslärmbelastung
sei mit 70 db (A) ermittelt worden. Ferner habe man
festgestellt, daß der Durchschnittslärmpegel sich durch
Ausschluß des Schwerlastverkehrs um rund 2 db (A) absenken
lasse. Dies sei ein nicht unbeachtliches Ergebnis, wenn man
bedenke, daß die Zunahme um 1 db (A) eine Verdoppelung des
Lärmpegels darstelle. Schließlich sei nicht nachvollziehbar,
welche erheblichen Nachteile die verkehrsregelnde Anordnung
für die Klägerin mit sich brächte, zumal diese die nunmehr für
Lkw über 2,8 Tonnen gesperrte Strecke vor deren Ausbau im
Jahre 1985 auch nicht habe benutzen können.
Durch den angefochtenen Gerichtsbescheid vom 30. November
1994, auf den Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht
die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen den am 16. Dezember 1994
zugestellten Gerichtsbescheid am 16. Januar 1995 Berufung
eingelegt und ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen
vorgetragen: Nach aktuellen Ermittlungen beliefen sich die
durch die angegriffene Maßnahme verursachten Mehrkosten auf
ca. 100.000,-- DM jährlich. Beobachtungen an der N. -Q. -
Straße in der beruhigten Zone hätten ergeben, daß die
Spitzenwerte der Lärmpegelmessung insbesondere durch
Motorräder und Mofas verursacht würden. Lkws seien hingegen
durch die zwischenzeitlich angelegten Verkehrsinseln
gezwungen, die Geschwindigkeit so stark zu drosseln, daß die
Lärmimmissionen erheblich reduziert seien und in jedem Fall
unter denen der Motorräder und der Pkw lägen. Die
uneingeschränkte Verkehrsbeschränkung stelle eine
unangemessene und damit ermessensfehlerhafte Benachteiligung
ihrer Anliegerinteressen dar. Weniger einschneidende Maßnahmen
- etwa eine zeitliche Beschränkung des Durchfahrtverbots -
und/oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h würden
den Wohnbedürfnissen der Anlieger gleichermaßen genügen.
Die Klägerin beantragt,
den angegriffenen Gerichtsbescheid zu ändern
und die verkehrsregelnde Anordnung des Beklagten
vom 16. Mai 1990 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Oberkreisdirektors des
Kreises N. vom 1. April 1993 und der
Änderungsanordnung des Beklagten vom
8. November 1993 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, aufgrund der angegriffenen Sperrung ergebe
sich allenfalls eine zusätzliche Fahrstrecke von ca 2 km. In
Anbetracht der Entfernungen, die Güter heutzutage bis zu ihrer
Endbestimmung zurückzulegen hätten, sei dies im Hinblick auf
den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm ein der Klägerin
zuzumutender Nachteil. Wenn zur Zeit der Verkehrslärm auf der
N. -Q. -Straße nicht in erster Linie durch Lastkraftwagen
verursacht werde, so liege das gerade daran, daß diese für den
Durchfahrverkehr von Lastwagen mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von über 2,8 Tonnen gesperrt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf die Gerichtsakte und die Akte des Eilverfahren 6 L
140/91 (VG Düsseldorf) sowie auf die Akte des Klageverfahrens
6 K 4575/93 (VG Düsseldorf) und die Akte des dem zugehörigen
Eilverfahrens 6 L 52/91 (VG Düsseldorf) sowie auf die jeweils
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Die zulässige Berufung, über die mit Einverständnis der
Beteiligten an der Stelle des Senats der Berichterstatter als
Einzelrichter entscheidet (§ 87 a Absätze 2 und 3, § 125
Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO
statthaft und auch im übrigen zulässig.
Die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ist
gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist
die Klagebefugnis dann zu bejahen, wenn das Klagevorbringen es
zumindest als möglich erscheinen läßt, daß die angefochtene
Maßnahme eigene Rechte des Klägers verletzt,
BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 11 C
35.92 -, BVerwGE 92, 32, 35 m. w. Nachweisen.
Ein Verkehrsteilnehmer kann dabei als eine Verletzung
seiner Rechte geltend machen, die rechtssatzmäßigen
Voraussetzungen für eine auch ihn treffende
Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht
gegeben. Was die behördliche Ermessensausübung betrifft, kann
er allerdings nur verlangen, daß seine eigenen Interessen ohne
Rechtsfehler abgewogen werden mit den Interessen der
Allgemeinheit und anderer Betroffener, die für die Einführung
der Verkehrsbeschränkung sprechen,
BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 11 C
35.92 -, BVerwGE 92, 32, 35.
Abwägungserheblich auf der Ermessensebene sind dabei nur
qualifizierte Interessen des Klägers, also solche, die über
das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers, in seiner Freiheit
möglichst wenig beschränkt zu werden, hinausgehen,
BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 11 C
35.92 -, BVerwGE 92, 32, 40, unter Hinweis auf
Manssen, Öffentlichrechtlich geschützte Interessen
bei der Anfechtung von Verkehrszeichen, NZV 1992,
465, 469 f.
Danach müssen solche Interessen in die Abwägung eingestellt
werden, die einigermaßen erheblich, schützwürdig und für die
anordnende Stelle erkennbar sind,
Manssen, Öffentlichrechtlich geschützte
Interessen bei der Anfechtung von Verkehrszeichen,
NZV 1992, 465, 469 f.
Insoweit hat die anordnende Stelle etwa auch außerhalb des
geschützten Kernbereichs von Art. 12 GG und Art. 14 GG
anzusiedelnde Belange des Klägers zu beachten und
ordnungsgemäß zu gewichten,
Urteil des Senats vom 9. Dezember 1996 - 25 A
4206/95 -, Bl. 46 des Urteilsabdrucks; OVG Koblenz,
Beschluß vom 24. Februar 1994 - 7 B 10034/94 -,
Davon ausgehend ist die Klägerin klagebefugt, weil sie als
Verkehrsteilnehmerin im Hinblick auf die von ihr zuvor
benutzten Verkehrswege von der angegriffenen Maßnahme
betroffen wird und deshalb als eine Verletzung ihrer Rechte
geltend machen kann, die tatbestandlichen Voraussetzungen für
die getroffene Maßnahme seien nicht gegeben. Weiterhin kann
sie als Gewerbetreibende und Anliegerin der für den
Durchfahrtverkehr von Lkw über 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht
gesperrten Straße verlangen, daß ihre qualifizierten
Interessen hinreichend berücksichtigt werden. Nach den
örtlichen Gegebenheiten liegt es nämlich auf der Hand, daß das
angegriffene Verkehrsverbot für die Klägerin mit nicht
unerheblichen wirtschaftlichen Folgen - die Klägerin beziffert
die Mehrkosten auf über 100.000,-- DM jährlich - verbunden
ist.
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die angefochtene
verkehrsregelnde Anordnung in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides des Oberkreisdirektors des Kreises
N. vom 1. April 1993 und der Änderungsanordnung des
Beklagten vom 8. November 1993 ist rechtswidrig und verletzt
die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die als Rechtsgrundlage für die angefochtene Anordnung
einschlägige Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO
setzt tatbestandlich voraus, daß der Lärm - um den es hier
geht - Beeinträchtigungen mit sich bringt, die jenseits dessen
liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im
konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet
werden muß,
BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 76.84 -,
BVerwGE 74, 234, 239.
Ferner muß die getroffene Anordnung zum Schutz der
Wohnbevölkerung vor dem gegebenen Lärm geeignet und
erforderlich sein,
vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1993 - 11 C
35.92 -, BVerwGE 92, 32, 36; Hess. VGH, Urteil vom
7. März 1989 - 2 UE 319/84 -, NJW 1989, 2767,
2769.
Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, so liegt
es im Ermessen des Beklagten, ob und welche Maßnahmen er zur
Lärmbekämpfung ergreift. Die Ermessensentscheidung des
Beklagten kann das Gericht nur eingeschränkt daraufhin
überprüfen, ob dieser die gesetzlichen Grenzen seines
Ermessens überschritten hat und ob er von seinem Ermessen in
einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch
gemacht hat (vgl. § 114 VwGO).
Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob der
Beklagte das Vorliegen von Lärmbeeinträchtigungen im Sinne von
§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO und die Geeignetheit und
Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahmen zum Schutz der
Wohnbevölkerung vor diesen Lärmbeeinträchtigungen zutreffend
bejaht hat, denn sowohl der Beklagte als auch der
Oberkreisdirektor des Kreises N. haben im vorliegenden
Fall jedenfalls das ihnen eingeräumte pflichtgemäße Ermessen
fehlerhaft ausgeübt, weil sie die Belange der Klägerin nicht
mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die vorzunehmende
Abwägung eingestellt haben.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat hinsichtlich der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO
auf folgendes hin:
Bei der Bewertung der Zumutbarkeit der gegebenen
Lärmbelastung sind die vom Bundesminister für Verkehr zu § 45
Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO erlassenen "Vorläufigen Richtlinien
für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der
Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV)" vom
6. November 1981 (Verkehrsblatt 1981, S. 428) sowie die
allgemein zum Verkehrslärmschutz veröffentlichten "Richtlinien
für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast
des Bundes" vom 6. Juli 1983 (Verkehrsblatt 1983, S. 306) in
der Fassung der Änderung vom 15. Januar 1986 (Verkehrsblatt
1986, S. 101) zu berücksichtigen. Diese hier einschlägigen
Verwaltungsvorschriften sind verwaltungsintern verbindlich;
ihre Regelungen stimmen im Ausgangspunkt mit den hier
zugrundezulegenden Maßstäben überein,
vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C
76.84 -, BVerwGE 74, 234, 239 f.; Urteil des Senats
vom 12. Januar 1996 - 25 A 2475/93 -, NJW 1996,
3024, 3026; Hess. VGH, Urteil vom 7. März 1989
- 2 UE 319/84 -, NJW 1989, 2767, 2768.
Nach Nr. 2.2 der Lärmschutz-Richtlinien-StV kommen
straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen "insbesondere in
Betracht", wenn der vom Straßenverkehr herrührende
Mittelungspegel am Immissionsort in allgemeinen Wohngebieten
tagsüber 70 dB (A) und nachts 60 dB (A) überschreitet. Bereits
die Formulierung "insbesondere" verdeutlicht, daß die
angegebenen Werte ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten
bei Verkehrsgeräuschen unterhalb der genannten Werte nicht
ausschließen,
BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1986 - 7 C 76.84 -,
BVerwGE 74, 234, 237; Hess. VGH, Urteil vom
7. März 1989 - 2 UE 319/84 -, NJW 1989, 2767,
2768.
Maßgeblich für die grundsätzlich erforderliche Berechnung
des Mittelungspegels sind nach Nr. 2.3 der Lärmschutz-
Richtlinien-StV die "Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen
- RLS - 90", die an die Stelle der "Richtlinien für den
Lärmschutz an Straßen - RLS - 81" getreten sind. Nach Nr. 2.5
der Lärmschutz-Richtlinien-StV sind die notwendigen
Lärmberechnungen vom Straßenbaulastträger durchzuführen.
An derartigen Berechnungen fehlt es hier. Vielmehr ist dem
Beklagten lediglich eine von Anwohnern der N. -Q. -Straße
veranlaßte Lärmmessung und Lärmberechnung zur Verfügung
gestellt worden. Ungeachtet der Frage, inwieweit diese
Berechnung überhaupt den Maßgaben der Lärmschutz-Richtlinien-
StV und der - seinerzeit noch gültigen - "Richtlinien für den
Lärmschutz an Straße - RLS - 81" genügte, basiert sie
jedenfalls nach Aktenlage nicht auf insoweit erforderlichen
repräsentativen Berechnungsgrundlagen. Die Ergebnisse der der
Lärmberechnung zugrundeliegenden Verkehrszählung vom 21. Mai
1987 differieren nämlich - insbesondere auch hinsichtlich des
Lkw-Anteils am Verkehr - erheblich von denen der
Verkehrszählung, die das Büro für Stadt- und Verkehrsplanung
Dr.-Ing.-C. GmbH, B. , im Rahmen der gutachterlichen
Stellungnahme zur 35. Änderung des Flächennutzungsplanes der
Stadt F. in deren Auftrag am 28. April 1988 durchgeführt
hat.
Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der getroffenen
Anordnung zum Lärmschutz kann nach den bisherigen Erhebungen
des Beklagten ebenfalls nicht festgestellt werden.
Nach Nr. 4.1 der Lärmschutz-Richtlinien-StV soll der
Mittelungspegel unter den Richtwert abgesenkt werden,
mindestens jedoch eine Pegelminderung von 3 dB (A) bewirkt
werden. Diese Vorgabe ist indes schon nach deren Wortlaut
nicht dahin zu verstehen, daß eine geringere Lärmminderung
grundsätzlich nicht mehr als zum Schutz der Wohnbevölkerung
vor Lärm geeignet anzusehen wäre,
Urteil des Senats vom 12. Januar 1996 - 25 A
2475/93 -, NJW 1996, 3024, 3027.
Wenn die Rechtsprechung Schallpegelminderungen von nur
2 dB (A) als nach den allgemeinen Erkenntnissen der Akustik
für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar bezeichnet hat,
BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C
33 - 35.83 -, BVerwGE 77, 285, 293; Urteil vom
19. August 1988 - 8 C 51.87 -, BVerwGE 80, 99,
101 f.; Hess. VGH, Urteil vom 7. März 1989 - 2 UE
319/84 -, NJW 1989, 2767, 2770,
so mag dies in den entschiedenen Fällen, in denen als
Vorbelastung, soweit mitgeteilt, mittlere und niedrige
Schallpegel errechnet worden waren, gerechtfertigt gewesen
seien,
vgl. aber Bohny u.a. Lärmschutz in der Praxis,
1986, S. 23, die einen Pegelunterschied von 3 dB als
sehr gut hörbaren Unterschied im Laut-
heitsempfinden bezeichnen.
Anderes gilt jedoch möglicherweise dann, wenn die
Lärmvorbelastungen erheblich höher liegen und möglicherweise
sogar die für einen Anspruch auf Lärmsanierung nach Nr. II.10
Abs. 1 der "Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an
Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes" maßgebenden
Regelgrenzwerte von 70/60 dB (A) tags/nachts bzw. 72/62 dB (A)
tags/nachts erreichen oder überschreiten. Besteht eine derart
hohe Lärmvorbelastung, so ist nicht auszuschließen, daß den
Anwohnern auch eine Mehrbelastung von weniger als 3 dB (A)
nicht zugemutet werden kann. Für die Beurteilung der Frage, ob
dies der Fall ist, darf nach dem oben Ausgeführten nämlich
nicht nur auf die Vorbelastung in der Gestalt einer reinen
Rechengröße abgestellt werden. Diese bildet vielmehr nur den
Ausgangspunkt für die wertende Beantwortung der
Zumutbarkeitsfrage. Gerade bei hoher Vorbelastung gewinnt
zusätzlich auch die für das subjektive Empfinden des
Betroffenen wichtige, aber im Berechnungsverfahren nach den
Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - RLS - 90 nur
einschränkt berücksichtigungsfähige Lärmcharakteristik
zunehmende Bedeutung, bei der beachtet werden muß, daß die
Zumutbarkeitsschwelle um so eher überschritten werden kann, je
höher der Anteil der in die Mittelung einfließenden
Spitzenpegel ist, die beispielsweise durch schwere
Lastkraftwagen verursacht werden können und durch die
insbesondere zur Nachtzeit für die Bewohner eines in
unmittelbarer Nähe der Straße liegenden Hauses nicht
unerhebliche Schlafstörungen hervorgerufen werden können. In
diesen Fällen besitzt der rechnerische Mittelungspegel nur
eingeschränkte Aussagekraft und kann dementsprechend der
Wegfall bzw. das Unterbleiben einzelner Spitzenpegel einen für
das akustische Empfinden des Betroffenen durchaus bemerkbaren
Unterschied auch dann ergeben, wenn sich dieser im
Mittelungspegel nur unterhalb der Schwelle von 3 dB (A)
auswirkt,
vgl. zum Vorstehenden: Urteil des Senats vom
12. Januar 1996 - 25 A 2475/93 -, NJW 1996, 3024,
3027; Bohny u.a., Lärmschutz in der Praxis, 1986,
S. 29.
Der Erforderlichkeit eines Durchfahrtverbots für Lkw stünde
es entgegen, wenn eine vergleichbare Lärmreduzierung durch
Maßnahmen erzielt werden könnte, die mit geringeren
Verkehrsbeschränkungen verbunden wären. Dabei ist als
Alternativmaßnahme etwa eine zeitliche Beschränkung des
Durchfahrtverbots und/oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung
für Lkw in den Blick zu nehmen und auf ihre Tauglichkeit zu
überprüfen.
Das nach alledem nicht feststellbare Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO
erfordert hier nicht eine darauf bezogene weitere
Sachverhaltsermittlung durch den Senat, denn die angegriffene
Maßnahme ist jedenfalls ermessensfehlerhaft, weil die
qualifizierten Interessen der Klägerin nicht mit dem ihnen
zukommenden Gewicht bei der Entscheidung des Beklagten
berücksichtigt worden sind.
Ungeachtet der Frage, ob der Beklagte die Belange der
Klägerin überhaupt in den Blick genommen hat und unabhängig
von sonstigen Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der
Ermessensentscheidung fehlt es jedenfalls an einer
hinreichenden und vollständigen Ermittlung der Belange, die
mit den Interessen der Klägerin abzuwägen sind und deren
Zurückstellung rechtfertigen könnten.
Bei der Entscheidung über eine verkehrsregelnde Anordnung
nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO hat die zuständige
Straßenverkehrsbehörde in Anknüpfung an Nr. 1.1 der
Lärmschutz-Richtlinien-StV die Vor- und Nachteile der Maßnahme
gegeneinander abzuwägen. In die Abwägung sind insbesondere der
Grad der Beeinträchtigungen, die Leichtigkeit der Realisierung
von Maßnahmen, die Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebietes
und eventuelle Einflüsse auf die Verkehrssicherheit, auf den
Energieverbrauch der Fahrzeuge, auf Erschwernisse bei der
Versorgung der Bevölkerung und die Einschränkung der
Freizügigkeit des Verkehrs einzubeziehen. Auch die Funktionen
der Straße, z.B. Autobahnen, sind zu berücksichtigen. Ferner
ist bei der zu treffenden Ermessensentscheidung auf das
Vorhandensein bzw. Fehlen einer bereits gegebenen
Lärmvorbelastung abzustellen. Maßgeblich sind auch andere
Besonderheiten des Einzelfalles, so etwa der Umstand, daß eine
Ortserschließungsstraße entgegen ihrer eigentlichen Funktion
zunehmend vom überörtlichen Verkehr als Schleichweg in
Anspruch genommen wird und damit Lärmbelästigungen auslöst,
die von den Anliegern reiner Wohnstraßen üblicherweise nicht
hingenommen werden müssen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979
- 7 C 46.78 -, BVerwGE 59, 221, 230; Urteil vom
4. Juni 1986 - 7 C 76.84 -, BVerwGE 74, 234, 239 f.;
Hess. VGH, Urteil vom 7. März 1989 - 2 UE 319/84 -,
NJW 1989, 2767, 2768 f.
An einer solchen ordnungsgemäßen Abwägung fehlt es bereits
deshalb, weil sowohl der Beklagte als auch die
Widerspruchsbehörde weder die Lärmvorbelastung der
Wohnbevölkerung des für den Lkw-Verkehr gesperrten Teilstücks
der N. -Q. -Straße noch eine sich durch den betroffenen
Lkw-Verkehr etwa ergebende Lärmerhöhung ordnungsgemäß
ermittelt haben. Es versteht sich von selbst, daß die von
einer verkehrsregelnden Anordnung betroffenen qualifizierten
Belange von Verkehrsteilnehmern und Anliegern nur dann
sachgerecht mit den für die Anordnung sprechende Interessen
abgewogen werden können, wenn der Grad der
Lärmbeeinträchtigung, um deren Verminderung es geht, von der
Behörde positiv ermittelt worden ist.
Vgl. Urteil des Senats vom 12. Januar 1996
- 25 A 2475/93 -, NJW 1996, 3024, 3026.
An dieser Ermittlung fehlt es aus den bereits oben
dargestellten Gründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die
Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf
§ 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen
nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.