Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der 1967 im Libanon geborene Kläger ist libanesischer
Staatsangehöriger. Er reiste im November 1985 als Asylbewerber
in das Bundesgebiet ein. Nach erfolglosem Abschluß seines
Asylverfahrens wurde er zunächst geduldet. Am 5. September
1990 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige. Danach
erhielt er mehrmals eine befristete und am 12. August 1994
eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seit Ende Oktober 1995
ist sein Aufenthaltsort unbekannt.
Der Kläger wurde wie folgt rechtskräftig bestraft:
1. Urteil des Amtsgerichts L vom 8. Juni 1988
- - wegen
gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit
gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wegen
gemeinschaftlichen Diebstahls in Tateinheit mit
gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, wegen
Diebstahls in drei Fällen, wegen vorsätzlichen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis und wegen Hausfriedensbruchs zu einer
Jugendstrafe von neun Monaten auf Bewährung;
2. Urteil des Amtsgerichts L vom 11. August
1988 - - wegen
Sachbeschädigung, fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis,
Diebstahls und fortgesetzten gemeinschaftlichen Diebstahls
unter Einbeziehung des Urteils zu 1. zu einer
Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf
Bewährung;
3. Urteil des Amtsgerichts D vom 12. Juni 1989
- - wegen Beihilfe zum versuchten
Diebstahl in einem besonders schweren Fall zu einer
Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung;
4. Strafbefehl des Amtsgerichts L vom 31. März
1993 - - wegen
Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu
je 50,00 DM;
5. Urteil des Amtsgerichts D vom 21. April 1994
- - wegen fortgesetzten verbotenen
gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringen Mengen zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Dabei ging das
Gericht davon aus, daß der Kläger nicht vorbestraft sei.
Der Kläger war von Anfang Januar 1993 bis zur Verhaftung
eines Mittäters Anfang Februar 1993 beteiligt am Verkauf
von etwa 200 g Heroin bzw. Kokain. In dieser Sache befand
sich der Kläger rund sieben Monate in Untersuchungshaft.
Das Amtsgericht D erließ durch Beschluß vom
12. September 1997 nach Ablauf der Bewährungsfrist die
Freiheitsstrafe.
Im Oktober 1989 hörte der Beklagte den Kläger erstmals zu
einer beabsichtigten Aufenthaltsbeendigung an. Dem trat der
Kläger u. a. entgegen mit dem Hinweis auf die positive
Einschätzung seines Bewährungshelfers sowie die Absicht, seine
deutsche Verlobte heiraten zu wollen.
Nach erneuter Anhörung, bei der der Kläger geltend machte,
zu Unrecht wegen eines Drogendeliktes verurteilt worden zu
sein, wies ihn der Beklagte mit Bescheid vom 7. April 1995
unter Anordnung der sofortigen Vollziehung unbefristet aus dem
Bundesgebiet aus und drohte ihm die Abschiebung in den Libanon
an. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Der Kläger erfülle
den Regelausweisungsgrund nach § 47 Abs. 2 Nr. 2 AuslG. Da er
mit einer deutschen Ehefrau in familiärer Lebensgemeinschaft
lebe, genieße er besonderen Ausweisungsschutz; über seine
Ausweisung sei nach Ermessen zu entscheiden. Das Verhalten des
Klägers stelle eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche
Sicherheit und Ordnung dar. Aufgrund der zahlreichen
Straftaten sei nicht erkennbar, daß sich der Kläger im
Bundesgebiet integriert habe. Die in ihm steckende kriminelle
Energie habe sich stetig gesteigert, so daß die nächste
Straftat nur eine Frage der Zeit sei. Nach einer umfassenden
Güter- und Interessenabwägung überwiege auch unter
Berücksichtigung des 10jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet
und der Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen das
öffentliche Interesse an der Ausweisung.
Den vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die
Bezirksregierung durch Widerspruchsbescheid vom
5. März 1996 zurück.
Der Kläger hat am 1. April 1996 Klage erhoben und trägt im
wesentlichen vor: Der Beklagte habe weder seine Straftaten
noch seine sonstigen Lebensumstände hinreichend gewürdigt. Bei
seiner Einreise ins Bundesgebiet sei er besonders gefährdet
gewesen. Sehe man von der Verurteilung vom 21. April 1994 ab,
sei er seit spätestens Anfang 1989 strafrechtlich in einer
irgendwie ins Gewicht fallenden Weise nicht mehr aufgefallen.
Zuletzt sei er aufgrund einer äußerst dürftigen Beweislage
verurteilt worden. Er habe keinen Zugang zu
Drogenhändlerkreisen gefunden, sondern lediglich über einen
Zeitraum von wenigen Wochen mit einem ihm seit längerem
bekannten Mann Drogen gehandelt. Die Strafaussetzung zur
Bewährung stelle einen Vertrauenserweis dar, der im krassen
Gegensatz zur Prognose des Beklagten stehe. Inzwischen habe er
einen soliden wirtschaftlichen Boden durch Erwerbstätigkeit
gefunden; von Ende 1993 bis Mai 1995 sei er im Baugewerbe
erwerbstätig gewesen. Sein einwandfreies Verhalten habe er
gegenüber Arbeitgebern, Arbeitskollegen, Sportkameraden und
seiner deutschen Ehefrau unter Beweis gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat durch den angefochtenen
Gerichtsbescheid die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der
Kläger keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt habe und die
Klage damit nicht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO
entspreche.
Der Kläger hat fristgerecht Berufung eingelegt. Er ist der
Ansicht, daß in der Klageschrift allein sein Name genannt
werden müsse. Darüber hinaus verweist er darauf, daß sich
aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Straferlasses die
Prognose des Beklagten als falsch erwiesen habe.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Gerichtsbescheid
zu ändern und die Ordnungsverfügung des
Beklagten vom 7. April 1995 sowie den
Widerspruchsbescheid der
Bezirksregierung vom 5. März
1996 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, daß die Klage unzulässig sei.
Sie sei aber auch unbegründet. Entgegen der ergänzenden
Hinweise des Verwaltungsgerichts im Gerichtsbescheid sei es im
vorliegenden Fall möglich gewesen, auch ohne Beiziehung der
Strafakten eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu
treffen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes
wird auf den Inhalt der Gerichtsakten mitsamt der Akten OVG NW
18 B 2722/97 und 18 B 3006/95 (VG Düsseldorf 24 L 1766/95),
der Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Bezirksregierung
sowie der beigezogenen Strafakten Bezug
genommen.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht
hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen (1.). Darüber
hinaus ist sie auch unbegründet (2.).
1. Die Klage genügt nicht den sich aus § 82 Abs. 1 Satz 1
VwGO ergebenden Anforderungen. Danach muß die Klage den Kläger
bezeichnen. Dazu gehört auch die Angabe seines Wohnortes und
die Mitteilung eines während des Gerichtsverfahrens
vorgenommenen Wohnungswechsels (§ 173 VwGO iVm §§ 253 Abs. 4,
130 Nr. 1 ZPO). Daran fehlt es hier. Die Anschrift des Klägers
ist seit Ende Oktober 1995 unbekannt. Die ihm zur Bekanntgabe
seines Wohnortes gemäß § 82 Abs. 2 VwGO gesetzte Frist hat er
ungenutzt verstreichen lassen. Er hat lediglich durch seinen
Prozeßbevollmächtigten vortragen lassen, daß dieser mit ihm in
Verbindung stehe. Das reicht nicht.
Der Senat schließt sich in der Frage, ob ein Kläger seine
Anschrift im Klageverfahren nennen muß, der bereits von
mehreren Senaten des Gerichts,
vgl. Urteil vom 18. Juni 1993 - 8 A
1447/90 -, NVwZ-RR 1994, 124, Beschluß
vom 6. März 1996 - 19 E 944/95 -, NVwZ-
RR 1997, 390 = NWVBl. 1996, 39, Urteil
vom 22. August 1996 - 25 A 7536/95 -,
m.w.N.,
vertretenen Rechtsauffassung an, die diese Frage bejaht. Im
wesentlichen wird dies damit begründet, daß die Anschrift des
Klägers notwendig sei, um ihm gegenüber ggf. Kostenforderungen
durchsetzen zu können und um im Falle der Anordnung des
persönlichen Erscheinens (§ 95 Abs. 1 VwGO) dem Kläger die
auch bei bestehender Prozeßvertretung gesetzlich geforderte
Mitteilung hierüber zukommen lassen zu können (§ 173 VwGO iVm
§ 141 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 ZPO).
Darüber hinausgehend bewertet der Senat die Inanspruchnahme
des Gerichts bei gleichzeitiger Geheimhaltung des
Aufenthaltsortes und der Anschrift durch einen Kläger als
rechtsmißbräuchlich. Ein solches Verhalten verstößt gegen den
auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und
Glauben. Wer für sich gerichtlichen Rechtsschutz beansprucht,
darf sich seiner Rolle als Verfahrensbeteiligter mitsamt der
daraus fließenden Pflichten und Risiken nicht faktisch
entziehen, sondern muß sich für die Durchführung des
Klageverfahrens uneingeschränkt zur Verfügung stellen.
Anderenfalls verhält er sich widersprüchlich. Dementsprechend
muß verlangt werden, daß ein Kläger seinen Wohnort dem Gericht
bekannt gibt. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO stellt für den Inhalt
der Klageschrift Mindestanforderungen auf, die für die gesamte
Verfahrensdauer erfüllt sein müssen und von einem redlichen
Kläger auch ohne weiteres erfüllt werden können.
Es sind keine Umstände erkennbar oder vorgetragen, die
abweichend von diesem Grundsatz den Kläger ausnahmsweise
berechtigen könnten, seine Anschrift nicht mitzuteilen. Soweit
er in diesem Zusammenhang auf "den widerrechtlich zur
Abschiebung entschlossenen .. Beklagten" verweist und damit
ausdrücken will, er wolle sich mit seinem Verhalten allein
einer von ihm als rechtswidrig beurteilten Abschiebung durch
den Beklagten entziehen, geht dieser Einwand sowohl
verfahrensrechtlich als auch materiellrechtlich in jeder Weise
fehl. Der Beklagte war aufgrund des angeordneten
Sofortvollzugs seiner Ausweisungsverfügung berechtigt, den
Kläger bereits während des Klageverfahrens abzuschieben.
Dagegen ist unter dem Gesichtspunkt eines effektiven
Rechtsschutzes, wie er in Art. 19 Abs. 4 GG zum Ausdruck
kommt, nichts einzuwenden. Denn in dem erfolglos betriebenen
Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war der
angefochtene Bescheid einer ersten gerichtlichen Prüfung
unterzogen worden. Nach deren Ergebnis war es dem anwaltlich
vertretenen Kläger zuzumuten, das Klageverfahren vom Ausland
aus weiter zu betreiben. Davon abgesehen ist gegen die
Ausweisung - wie im einzelnen später noch auszuführen ist -
und in der Folge auch gegen deren Vollzug aus Gründen des
materiellen Rechts nichts einzuwenden.
2. Die Klage ist auch unbegründet. Der Beklagte hat die
Ausweisung des Klägers, für deren Beurteilung die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids
maßgebend ist,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November
1996 - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997,
152,
rechtsfehlerfrei verfügt.
Rechtsgrundlage für die Ausweisung ist § 47 Abs. 2 Nr. 2
AuslG. Danach wird in der Regel u. a. ausgewiesen, wer den
Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zuwider ohne
Erlaubnis mit Betäubungsmitteln handelt. Das ist hier der
Fall. Der Kläger ist durch rechtskräftiges Urteil des
Amtsgerichts D vom 21. April 1994 wegen fortgesetzten
verbotenen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringen Mengen zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr und neun Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung
verurteilt worden.
Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, daß der
Kläger gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AuslG nur aus
schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung ausgewiesen werden darf, weil er mit seiner deutschen
Ehefrau in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Infolge des
erhöhten Ausweisungsschutzes ist über die Ausweisung
abweichend von § 47 Abs. 2 Nr. 2 gemäß § 47 Abs. 3 Satz 2
AuslG nach Ermessen zu entscheiden. Beide Vergünstigungen
kommen dem Kläger zugute.
Die Ausweisung ist aus schwerwiegenden Gründen der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Derartige
Gründe liegen vor, wenn das öffentliche Interesse an der
Erhaltung von Sicherheit und Ordnung im Vergleich zu dem vom
Gesetz bezweckten Schutz des Ausländers ein deutliches
Óbergewicht hat. Die Beurteilung, die voller
verwaltungsgerichtlicher Nachprüfung unterliegt, ist dabei an
den Ausweisungszwecken auszurichten. Wird - wie hier - die
Ausweisung spezialpräventiv begründet, sind die genannten
Anforderungen unter zwei Voraussetzungen gegeben: Zum einen
muß dem Ausweisungsanlaß ein besonderes Gewicht zukommen, das
sich bei Straftaten aus ihrer Art, Schwere und Häufigkeit
ergibt. Zum anderen müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, daß
eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht
und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges
Schutzgut ausgeht. Dazu genügt es nicht, daß lediglich eine
entfernte Möglichkeit weiterer Störungen besteht.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni
1996 - 1 C 24.94 -, InfAuslR 1997, 8,
10.
Die Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit
Heroin und Kokain stellt einen besonders gewichtigen
Ausweisungsanlaß dar. Das ergibt sich aus der Art und Schwere
der Straftat. Die Beteiligung am illegalen Heroin- und
Kokainhandel gehört zu den besonders gefährlichen und schwer
zu bekämpfenden Delikten.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar
1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296,
297.
Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr war bei Erlaß des
Widerspruchsbescheids gegeben. Die Beurteilung der Frage, ob
neue Verfehlungen durch einen Ausländer ernsthaft drohen,
erfordert im Hinblick auf den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit eine an Art und Ausmaß der möglichen
Schäden ausgerichtete Differenzierung. Die erforderliche
Gefährdung kann im Einzelfall schon nach einer einzigen
strafgerichtlichen Verurteilung aus dem abgeurteilten
Verhalten und der darin zum Ausdruck kommenden
Gesamtpersönlichkeit des Ausländers geschlossen werden. Das
gilt vor allem bei schweren strafrechtlichen Verfehlungen, zu
denen namentlich Fälle des illegalen Rauschgifthandels
gehören. Dabei kann in derartigen Fällen die Schwere der in
einem Wiederholungsfalle zu erwartenden Schäden auch für das
erforderliche Maß der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen
bedeutsam sein.
Vgl. BVerfG, Beschluß vom
12. September 1995 - 2 BvR 1179/95 -,
InfAuslR 1995, 397; BVerwG, Beschluß
vom 2. Juni 1983 - 1 B 80.83 -,
Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 96,
Beschluß vom 17. Oktober 1984 - 1 B
61.84 -, InfAuslR 1995, 33.
Selbst eine dem Ausländer gewährte Aussetzung der
Strafvollstreckung zur Bewährung steht einer spezialpräventiv
begründeten Ausweisung nicht von vornherein entgegen. Dies
erfordert indessen eine eingehende Würdigung der Schwere der
Straftat und eine Auseinandersetzung mit den Gründen, die den
Strafrichter zur Aussetzung der Freiheitsstrafe veranlaßt
haben.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni
1996 - 1 C 24.94 -, InfAuslR 1997, 8,
11.
Zwar sind Ausländerbehörde und Gericht nicht an die
tatsächlichen Feststellungen und Beurteilungen im Strafurteil
gebunden. Sie müssen aber der sachkundigen strafrichterlichen
Prognose bei ihrer Beurteilung der Wiederholungsgefahr
wesentliche Bedeutung beimessen und dürfen von ihr nur bei
Vorliegen überzeugender Gründe abweichen. Solche können z. B.
dann gegeben sein, wenn umfassenderes Tatsachenmaterial zur
Verfügung steht, das genügend zuverlässig eine andere
Einschätzung der Wiederholungsgefahr erlaubt.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Oktober
1978 - 1 C 91.76 -, DVBl. 1979, 288,
und vom 28. Januar 1997 - 1 C 17.94 -,
InfAuslR 1997, 296, 297.
So ist es hier. Das Amtsgericht D ist irrig davon
ausgegangen, daß der Kläger nicht vorbestraft ist. Tatsächlich
existierten vier Vorstrafen aus dem Zeitraum vom 8. Juni 1988
bis 31. März 1993, die ausnahmslos nicht zur Tilgung aus dem
Bundeszentralregister gelangten, weil zu keinem Zeitpunkt für
alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorlagen
(§ 47 Abs. 3 BZRG). Die Urteile des Amtsgerichts L
vom 8. Juni 1988 und 11. August 1988 unterliegen jeweils einer
fünfjährigen Tilgungsfrist (§ 46 Abs. 1 Nr. 1 c) und d) BZRG)
die bei Erlaß des Urteils des Amtsgerichts D vom
12. Juni 1989 noch nicht abgelaufen war. Für Letzteres beträgt
die Tilgungsfrist aufgrund der Vorstrafen sogar fünfzehn Jahre
(§ 46 Abs. 1 Nr. 2 b) und Nr. 3 BZRG).
Soweit im Urteil des Amtsgerichts D vom 21. April
1994 davon ausgegangen wird, daß der Kläger ausweislich des
Strafregisterauszuges nicht vorbestraft ist, hat dies
bezüglich der drei ältesten Verurteilungen seinen Grund allein
darin, daß diesen abweichende Angaben zum Namen und
Geburtsdatum des Klägers zugrunde liegen. In ihnen wird das
Geburtsdatum des Klägers jeweils mit 10. November 1967
angegeben, während es die anderen beiden strafgerichtlichen
Entscheidungen mit dem 10. Oktober 1967 ausweisen. Der Name
des Klägers lautet im Urteil des Amtsgerichts L vom
8. Juni 1988 , im Urteil desselben
Gerichts vom 11. August 1988 , im Urteil des
Amtsgerichts D vom 12. Juni 1989 und
im Strafbefehl des Amtsgerichts L vom 31. März 1993
sowie im Urteil des Amtsgerichts D vom 21. April 1994
jeweils .
Unter Einbeziehung aller Vorstrafen läßt sich die vom
Amtsgericht D aufgestellte günstige Sozialprognose
nicht aufrecht halten. Mit dem Beklagten, der allerdings bei
seiner Einschätzung nur die letzte Verurteilung des Klägers
zugrunde gelegt hat, muß vielmehr von der erforderlichen
Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Der Kläger ist seit
November 1987 in einer Vielzahl von Fällen straffällig
geworden. Dabei hat er sich die Verurteilungen nicht zur
Warnung dienen lassen und zum Teil bereits während des Laufes
von Bewährungsfristen weitere einschlägige Straftaten begangen
(vgl. Urteil des Amtsgerichts D vom 12. Juni 1989).
Selbst die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen hat ihn
nicht von weiteren Straftaten abhalten können, wie die
Bestrafungen vom 31. März 1993 und 21. April 1994 zeigen. Die
letzte Verurteilung verdeutlicht zudem, daß die Schwere seiner
Straftaten erheblich zugenommen hat. Im Interesse eigener
Gewinnerzielung betrieb er einen gewerbsmäßigen Handel mit
zwei der gefährlichsten Drogen. Dies zeugt von einer
erheblichen kriminellen Energie. Sein planmäßiges Vorgehen zur
Erschließung eigener Einnahmequellen ohne Rücksicht auf die
gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schäden, die ein
Rauschgifthandel verursacht, zeigt ein hohes Maß an
Verantwortungs- und Rücksichtslosigkeit. Die Verstrickung des
Klägers in die Dealerszene verdeutlicht, daß es ihm in dem
abgeurteilten Zeitraum von Anfang Januar 1993 bis Anfang
Februar 1993 immerhin möglich war, 200 g Heroin oder Kokain zu
beschaffen und an Konsumenten zu verkaufen. So etwas setzt
einen Zugang zur Drogenszene, insbesondere zu
Drogenhändlerkreisen und eine dort erworbene Vertrauensbasis
voraus. Der Kläger hat auch nicht etwa aus freien Stücken den
Betäubungsmittelhandel abgebrochen, sondern nur, weil sein
Komplize verhaftet worden war. Da der Kläger weder aus eigener
Abhängigkeit noch aus finanzieller Not gehandelt hat, ist
davon auszugehen, daß er der in den hohen Gewinnspannen
liegenden Versuchung erlag, was ebenfalls die Annahme
rechtfertigt, er könne den Weg zurück in die
Betäubungsmittelkriminalität suchen. Zudem war die
Uneinsichtigkeit des Klägers, der bei seiner Anhörung zur
beabsichtigten Ausweisung jede Tatbeteiligung leugnete und
noch im Gerichtsverfahren versuchte, eine solche zu
bagatellisieren, nicht zu dem Schluß geeignet, daß er sich
schon endgültig aus der Drogenszene gelöst habe.
Nach allem bestand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses
des Widerspruchsbescheids kein hinreichender Anlaß zu der
Annahme, daß der Kläger durch die letzte Verurteilung und die
in diesem Zusammenhang erlittene annähernd sieben Monate
dauernde Untersuchungshaft so weitgehend geläutert war, daß
mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit von einem
künftigen Legalverhalten hätte ausgegangen werden können.
Nach Erlaß des Widerspruchsbescheids sind keine
Erkenntnismittel entstanden oder zugänglich geworden, die die
Prognoseentscheidung nachträglich in Frage stellen.
Vgl. hierzu BVerwG, Beschluß vom
30. Dezember 1992 - 1 B 65.91 -,
Insofern ist zwar zugunsten des Klägers zu berücksichtigen,
daß ihm durch Beschluß des Amtsgerichts D vom
12. September 1997 nach Ablauf der Bewährungsfrist die im
Urteil vom 21. April 1994 erkannte Freiheitsstrafe erlassen
worden ist. Auch mag er - wie vorgetragen - ein einwandfreies
Verhalten gegenüber Arbeitgebern, Arbeitskollegen,
Sportkameraden und seiner deutschen Ehefrau aufzuweisen haben
und zumindest vorübergehend (von Ende 1993 bis Mai 1995)
seinen Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit
sichergestellt haben. Allein daraus rechtfertigt sich jedoch
keine andere Beurteilung.
Welche Auswirkung insbesondere ein Straferlaß auf die von
der Ausländerbehörde aufgestellte Gefahrenprognose hat, läßt
sich nicht generell, sondern nur nach den Umständen des
Einzelfalls beurteilen. Dabei sind alle neu hinzugetretenen
Umstände zu berücksichtigen. Dies hat im vorliegenden Fall zur
Folge, daß der Straferlaß nicht zur Bestätigung der dem Kläger
günstigen strafrichterlichen Sozialprognose geeignet ist und
mithin auch nicht zu einer Korrektur der Prognoseentscheidung
des Beklagten führt. Denn dem unter dem Eindruck der
Bewährungsstrafe gezeigten partiellen Wohlverhalten des
Klägers steht gegenüber, daß er im übrigen weiterhin beständig
ausländerrechtliche Vorschriften mißachtet und damit zu
erkennen gibt, sich - wie in früheren Jahren - nicht an die
Rechtsordnung halten zu wollen.
Der Kläger verweigert hartnäckig und grundlos die
Bekanntgabe seines Aufenthaltsortes, womit er fortwährend
gegen seine Anzeigepflicht aus § 42 Abs. 5 AuslG verstößt.
Nach dieser Vorschrift hat ein ausreisepflichtiger Ausländer,
der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der
Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, dies
der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen. Der Kläger unterfällt
der genannten Regelung. Er ist aufgrund der hier angefochtenen
Ordnungsverfügung ausreisepflichtig, weil er nicht über die
für ihn erforderliche Aufenthaltsgenehmigung verfügt (§ 42
Abs. 1 AuslG). Die ihm zuletzt erteilte unbefristete
Aufenthaltserlaubnis ist infolge seiner Ausweisung erloschen
(§ 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG). Die Klageerhebung hat - ungeachtet
des hier angeordneten Sofortvollzugs - zu keiner anderen
Rechtsfolge geführt; denn gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG läßt
eine Klage die Wirksamkeit einer Ausweisung stets unberührt.
Da der Kläger seiner Ausreisepflicht nicht nachgekommen
ist, hält er sich unerlaubt im Bundesgebiet auf. Wegen des
Fehlens einer seinen weiteren Aufenthalt ermöglichenden
Duldung erfüllt er zugleich die tatbestandsmäßigen
Voraussetzungen der Strafvorschrift des § 92 Abs. 1 Nr. 1
AuslG. Daran vermag das vorliegende Klagebegehren nichts zu
ändern. Daß dem Kläger zunächst für die Dauer des vorläufigen
Rechtsschutzverfahrens zugebilligte Bleiberecht ist mit dem
Senatsbeschluß vom 9. Januar 1996 - 18 B 3006/95 - entfallen.
Danach mußte der Kläger das Bundesgebiet verlassen. Dabei ist
es unerheblich, daß er die angegriffene Ordnungsverfügung für
rechtswidrig hält.
Liegen demnach die tatbestandlichen Voraussetzungen für
eine Ausweisung des Klägers vor, so hatte der Beklagte nach
Ermessen darüber zu entscheiden, ob er die Ausweisung verfügen
wollte oder nicht. Die Ermessensentscheidung ist nur auf
Rechtsfehler hin gerichtlich überprüfbar (§ 114 VwGO).
Das Ermessen ist unter Beachtung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit aufgrund einer Abwägung zwischen dem
öffentlichen Interesse an der Ausreise des Ausländers und
seinem privaten Interesse an der Fortsetzung des Aufenthalts
zu betätigen. Bei dieser Interessenabwägung sind alle
wesentlichen Umstände des Einzelfalls in die Abwägung
einzubeziehen, insbesondere die in § 45 Abs. 2 AuslG genannten
Gesichtspunkte.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar
1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296,
300.
Die Ermessensentscheidung des Beklagten wird diesen
Anforderungen gerecht. Sie ist entgegen der vom
Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid
vertretenen Auffassung nicht etwa fehlerhaft, weil der
Beklagte die Strafakten nicht beigezogen hat. Zwar können ohne
die Kenntnis von Einzelheiten der Tatbegehung und der
familiären und beruflichen Situation in der Regel die
Auswirkungen der Ausweisung auf die verfassungsrechtlich
geschützten Individualinteressen nicht hinreichend sicher
festgestellt und in einer einzelfallbezogenen Abwägung den die
Ausweisung verlangenden Interessen der Allgemeinheit
gegenübergestellt werden, so daß vor der Entscheidung über die
Ausweisung in der Regel die Einsicht in die Strafakten ebenso
unerläßlich ist wie die Feststellung der Familien- und
Arbeitsverhältnisse sowie eine Aufklärung möglicher weiterer
relevanter Lebensumstände des Betroffenen.
Vgl. BVerfG, Beschluß vom 18. Juli
1979 - 1 BvR 650/77 -, BVerfGE 51, 386
(399) = NJW 1980, 514; Senatsbeschluß
vom 8. Mai 1995 - 18 B 533/95 -.
Das schließt jedoch nicht aus, daß in einzelnen Fällen die
Kenntnis der strafgerichtlichen Entscheidung oder auch die
bloße Kenntnis des Straftatbestandes und die Höhe der Strafe
für einen fehlerfreien Ermessensgebrauch genügen.
BVerwG, Beschluß vom 30. Dezember
1981 - 1 B 173.81 -, InfAuslR 1982,
167.
Ausschlaggebend ist, ob die Behörde von einem zutreffenden
Sachverhalt ausgegangen ist, nicht aber die Art und Weise, in
der sie ihre Kenntnis erworben hat.
Vgl. BVerwG, Beschluß vom
15. September 1986 - 1 B 144.86 -,
Danach liegt ein Ermessensfehler in Gestalt unzutreffender
Tatsachenannahmen erst vor, wenn sich aus den Strafakten
berücksichtigungsbedürftige Umstände ergeben, die mangels
Beiziehung dieser Akten in die Ermessenserwägungen der
Verwaltungsbehörden nicht eingestellt worden sind. Das ist
hier nicht der Fall.
Der Beklagte - und ihm mit ergänzenden Begründungen folgend
die Widerspruchsbehörde - hat ausweislich der Gründe seines
angefochtenen Bescheides die erforderliche Abwägung
vorgenommen und dabei dem öffentlichen Interesse an einem
spezialpräventiven Einschreiten den Vorrang gegeben. Er hat
sich im wesentlichen davon leiten lassen, daß das öffentliche
Interesse wegen der hohen Gemeinschädlichkeit des illegalen
Handels mit Heroin und Kokain regelmäßig und so auch im Falle
des Klägers von größerem Gewicht sei als der Wunsch des schon
lange Zeit in Deutschland lebenden Ausländers, seinen
Aufenthalt hier fortzusetzen. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Der Beklagte hat im Rahmen der Abwägung auch eingehend
geprüft, ob dem Kläger nach rund 10jährigem Aufenthalt im
Bundesgebiet eine Rückkehr in den Libanon zuzumuten ist. Dabei
hat er zutreffend in Erwägung gezogen, daß der Kläger 18 Jahre
seines Lebens im Libanon verbracht hat und deshalb mit den
dortigen Lebensverhältnissen vertraut ist. Gewürdigt worden
ist ferner der Umstand, daß neben der Großmutter keine
weiteren Verwandten des Klägers mehr im Libanon leben. Des
weiteren hat der Beklagte unter Beachtung der
Ausstrahlungswirkung des Art. 6 Abs. 1 GG berücksichtigt, daß
der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet
ist und mit ihr zusammenlebt. Es ist nicht zu beanstanden,
wenn der Beklagte aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden
Falles unter Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände dem
Schutz Dritter vor Gefährdungen durch Rauschgift den Vorrang
einräumt.
Zugunsten des Klägers greift ferner nicht Art. 8 der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ein. Unter
Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte
- vgl. Urteile vom 18. Februar 1991
- 31/1989/191/291 -, InfAuslR 1991,
149, und vom 13. Juli 1995
- 18/1994/465/564 -, InfAuslR 1996,
1 -
ist unter den hier gegebenen Umständen davon auszugehen,
daß der Schutz des Art. 8 EMRK nicht weitergeht als der des
Art. 6 GG, wie er im Ausländergesetz seinen Niederschlag
gefunden hat.
Vgl. hierzu BVerwG; Beschluß vom
12. Juni 1992 - 1 B 48.92 -, InfAuslR
1992, 305; Senatsbeschluß vom
20. September 1994 - 18 A 2945/92 -,
InfAuslR 1995, 99 = NVwZ-RR 1995,
353.
Die Abschiebungsandrohung ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 49 und
50 AuslG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die
Entscheidung zu deren vorläufiger Vollstreckbarkeit auf § 167
VwGO iVm § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2, § 137
Abs. 1 VwGO).