Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.08.2010 - 11 CE 10.262
Fundstelle
openJur 2012, 109950
  • Rkr:
Tenor

I. Die Nummer I des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 13. Januar 2010 erhält folgende Fassung:

"Es wird festgestellt, dass der Antragsteller vorläufig bis zu einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren M 6 b K 10.7, längstens jedoch bis zum Ablauf von acht Wochen ab der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung an den Antragsgegner, berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen."

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen dem Antragsteller zu einem Zehntel, dem Antragsgegner zu neun Zehnteln zur Last.

IV. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller beantragte in den Jahren 2000 und 2001 die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis. Die dadurch in Gang gesetzten Verwaltungsverfahren endeten nach Aktenlage ohne behördliche Entscheidung, nachdem die mit der Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung beauftragte Technische Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr die ihr übersandten Unterlagen jeweils mit dem Vermerk "ohne Prüfung zurück an Behörde" zurückgereicht hatte.

Am 28. November 2005 erwarb der Antragsteller in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klasse B. Im Feld 8 des zugehörigen, am 7. Dezember 2005 ausgestellten Führerscheins ist ein in der Bundesrepublik Deutschland liegender Ort eingetragen.

Seither ist der Antragsteller im Straßenverkehr wie folgt in Erscheinung getreten:

Datum der Zuwider-handlungArt der ZuwiderhandlungDatum der Ahndungahndende StelleRechtskraft  der AhndungPunkte-zahl24.07.2006verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons18.08.2006Zentrale Bußgeldstelle Viechtach09.06.2006114.12.2006verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons24.01.2007Zentrale Bußgeldstelle Viechtach10.02.2007112.09.2007Geschwindigkeitsüberschreitung23.11.2007Bußgeldbehörde der Stadt Bielefeld14.12.2007327.01.2008Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage und verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons18.03.2008Zentrale Bußgeldstelle Viechtach04.04.2008324.04.2008Geschwindigkeitsüberschreitung23.06.2008Zentrale Bußgeldstelle Viechtach10.07.2008114.05.2008Geschwindigkeitsüberschreitung01.09.2008Bußgeldbehörde der Stadt Stuttgart23.09.2008114.11.2008Geschwindigkeitsüberschreitung15.01.2009Zentrale Bußgeldstelle Viechtach03.02.2009305.05.2009Geschwindigkeitsüberschreitung18.06.2009Zentrale Bußgeldstelle Viechtach07.07.20091Mit Schreiben vom 2. Juni 2008 verwarnte das Landratsamt Fürstenfeldbruck den Antragsteller gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG und wies ihn auf die Möglichkeit des freiwilligen Besuchs eines Aufbauseminars hin.

Am 7. September 2009 führte das Landratsamt gegenüber dem Antragsteller schriftlich aus, er sei nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, da aufgrund der Eintragung im Feld 8 seines tschechischen Führerscheins unbestreitbar feststehe, dass er im Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in der Tschechischen Republik gehabt habe.

Nachdem das Landratsamt den tschechischen Führerschein des Antragstellers, der damals zum Zwecke der Vollstreckung mehrerer gegen ihn verhängter Fahrverbote von der Landespolizei verwahrt wurde, bei der zuständigen Polizeidienststelle angefordert hatte, brachte es am 15. September 2009 auf diesem Dokument einen Vermerk im Sinn von § 47 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FeV an.

Am 2. November 2009 war der Antragsteller in München als Führer eines Kraftfahrzeugs in einen Verkehrsunfall verwickelt. Auf dem ihm am 7. Dezember 2005 ausgestellten tschechischen Führerschein, den er den ihn aus diesem Anlass kontrollierenden Polizeibeamten vorwies, befand sich der vom Landratsamt am 15. September 2009 angebrachte Aufkleber damals nicht mehr. Das Landratsamt brachte daraufhin am 9. November 2009 erneut eine derartige Klebevignette an.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 12. November 2009 legte der Antragsteller Widerspruch sowohl gegen die Anbringung eines Sperrvermerks auf seinem tschechischen Führerschein als auch dagegen ein, dass das Landratsamt im Schreiben vom 7. September 2009 festgestellt habe, dass sich aus diesem Dokument keine Fahrberechtigung in Deutschland ergebe.

Am 19. November 2009 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München, im Weg einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO festzustellen, dass er vorläufig berechtigt sei, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes legte er im weiteren Verfahrensgang eine eidesstattliche Versicherung vor, die von seinem Bruder stamme. In ihr wird ausgeführt, der Antragsteller sei im Unternehmen des Bruders (einem Bodenleger-, Abbruch- und Reinigungsbetrieb) als Fahrer beschäftigt. Ihm obliege der Transport von Mitarbeitern, von denen keiner über eine Fahrerlaubnis verfüge, sowie von Material zu und von den Baustellen. Sollte der Antragsteller die Fahrberechtigung verlieren, sei nicht gewährleistet, wie die Beschäftigten zu den Einsatzorten kommen sollten.

Am 30. Dezember 2009 änderte der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren dahingehend ab, dass im Wege einer einstweiligen Anordnung festgestellt werden solle, dass er vorläufig bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die von ihm am gleichen Tag erhobene Feststellungsklage (sie erhielt seitens des Verwaltungsgerichts das Aktenzeichen M 6b K 10.7) berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Hilfsweise beantragte er, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 12. November 2009 gegen den Sperrvermerk des Landratsamts Fürstenfeldbruck auf seinem tschechischen Führerschein sowie gegen den Feststellungsbescheid des Landratsamts vom 7. September 2009 wiederherzustellen.

Durch Beschluss vom 13. Januar 2010 erließ das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung, mit der festgestellt wurde, dass der Antragsteller vorläufig bis zu einer Entscheidung des Gerichts im Verfahren M 6b K 10.7 berechtigt ist, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Antragsteller habe durch die eidesstattliche Versicherung seines Bruders glaubhaft gemacht, dass er seinen Führerschein zur Sicherung seines Lebensunterhalts dringend benötige. Bei summarischer Überprüfung sei er berechtigt, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Es sei zwar davon ausgehen, dass er im Zeitpunkt der Ausstellung seines tschechischen Führerscheins nicht über einen Wohnsitz in Tschechien verfügt habe. Das ziehe jedoch nicht die fehlende Fahrberechtigung im Inland nach sich, da gegen den Antragsteller vor der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis keine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl L 237 vom 24.8.1991, S. 1) ergriffen worden sei. Das sei eine zwingende Voraussetzung dafür, dass der Aufnahmestaat befugt sei, eine ausländische EU-Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen. Die vom Antragsteller begangenen Ordnungswidrigkeiten würden keine andere Sichtweise gebieten. Insbesondere sei insoweit keine Interessenabwägung vorzunehmen, da die Rechtsordnung ausreichende Möglichkeiten eröffne, um auf straßenverkehrsbezogene Zuwiderhandlungen zu reagieren.

Mit der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsgegner, den Beschluss vom 13. Januar 2010 aufzuheben und den Antrag abzulehnen. Für die Inlandsunwirksamkeit einer (vor dem 19.1.2009 erteilten) ausländischen EU-Fahrerlaubnis reiche es aus, dass nur die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt seien. Wegen der vom Antragsgegner zur Stützung dieses Rechtsstandpunkts vorgetragenen Argumente wird auf die Ausführungen in Abschnitt II.1 der Beschwerdebegründung der Landesanwaltschaft Bayern vom 18. Februar 2010 verwiesen. Sollte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage demgegenüber als offen ansehen, so müsse der Beschwerde gleichwohl stattgegeben werden. Denn die unter dieser Voraussetzung vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus. Ebenso wie in der Entscheidung des beschließenden Senats vom 19. Oktober 2009 (SVR 2010, 115) bestünden angesichts der zahlreichen, rechtskräftig geahndeten Taten des Antragstellers auch im vorliegenden Fall Anhaltspunkte, die gegen seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sprächen. Sein Hang zu massiven Geschwindigkeitsüberschreitungen offenbare eine Rücksichtslosigkeit, die eine motorisierte Verkehrsteilnahme durch ihn auch bis zum Ergehen einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache nicht als verantwortbar erscheinen lasse. Das vorrangige Punktsystem stehe einer Interessenabwägung nicht entgegen, da § 4 StVG von einer (im Inland) gültigen Fahrerlaubnis ausgehe. Ob eine solche bestehe, sei jedoch gerade fraglich.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die angefochtene Entscheidung sei im Hinblick auf die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 2009 (Az. 11 C 09.296) und vom 19. Oktober 2009 (a.a.O.) sowie des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2009 (Blutalkohol Bd. 46 [2009], S. 354) zu Recht ergangen. Seine Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr seien nicht von solchem Gewicht, dass ihm die beantragte einstweilige Anordnung zu verwehren sei; das Punktsystem reiche insofern aus. Vor allem sei es bei keinem der ihn betreffenden, in das Verkehrszentralregister eingetragenen Vorfälle zu einer konkreten Gefährdung oder Verletzung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat nur insoweit Erfolg, als die Befristung, die bereits das Verwaltungsgericht in seinen Beschluss aufgenommen hat, dahingehend zu ergänzen war, dass die einstweilige Anordnung längstens acht Wochen ab der Zustellung der Beschwerdeentscheidung an die Landesanwaltschaft Bayern in Kraft bleibt, sofern das Verwaltungsgericht nicht vorher über die anhängige Klage sachlich befindet.

Der Antragsteller hat einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, die Inlandsgültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis vorläufig geklärt zu erhalten, zu Recht in der Weise gesucht, dass er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt hat. Der Vorrang des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO) steht dem nicht entgegen, da gegenüber dem Antragsteller kein sofort vollziehbarer Verwaltungsakt ergangen ist. Hierbei kann dahinstehen, ob das Landratsamt im Schreiben vom 7. September 2009 überhaupt eine "Regelung" im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (d.h. einen verbindlichen Rechtsfolgenausspruch) treffen oder den Antragsteller nicht vielmehr nur auf die aus der Sicht der Behörde bestehende Rechtslage hinweisen wollte. Denn ein in diesem Schreiben ggf. enthaltener feststellender Verwaltungsakt wäre weder kraft Gesetzes sofort vollziehbar, noch hat die Behörde einen Ausspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO getroffen. Ebenfalls auf sich beruhen kann, ob der Anbringung des durchgestrichenen "D" auf der Rückseite des tschechischen Führerscheins ein (stillschweigend erlassener) Verwaltungsakt zugrunde liegt, durch den entweder die Inlandsungültigkeit dieser ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Bundesgebiet festgestellt oder dem Antragsteller verboten wird, von ihr in Deutschland Gebrauch zu machen. Denn ein solcher (durch die Aufklebevignette bekannt gemachter) Verwaltungsakt wäre ebenfalls nicht sofort vollziehbar, so dass auch insoweit die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ausscheidet.

Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, erfordert keine über die Festlegung eines zusätzlichen Endzeitpunkts für die erlassene einstweilige Anordnung hinausgehende Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Da sich der Antragsgegner nicht gegen die Bejahung eines Anordnungsgrundes durch das Verwaltungsgericht wendet, ist im Rahmen des Beschwerdevorbringens davon auszugehen, dass die vom Antragsteller erstrebte Regelung im Sinn von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Abwehr wesentlicher Nachteile notwendig ist. Zu erörtern ist deshalb nur, ob die Vorinstanz zu Recht einen Anordnungsanspruch angenommen hat. Das ist zu bejahen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht nur dann geboten, wenn mit zweifelsfreier Sicherheit feststeht, dass das materielle Recht besteht, dessen Sicherung der Antragsteller im Fall des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erstrebt bzw. im Hinblick auf das er eine Regelung im Sinn von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erreichen will. Es genügt vielmehr, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen dieses Rechts spricht, so dass der Rechtsschutzsuchende in der Hauptsache voraussichtlich obsiegen wird (vgl. z.B. BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/75; BayVGH vom 18.10.1993 NVwZ-RR 1994, 160/161; Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNrn. 64 und 69 zu § 123; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, RdNr. 77 zu § 123; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, RdNr. 23 zu § 123; Kuhla in Posser/Wolff, VwGO, 2008, RdNr. 77). Da die Zuerkennung der Berechtigung, fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, dann mit erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter Dritter - namentlich für das Leben und die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen - einhergeht, wenn der Begünstigte nicht fahrgeeignet oder zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht befähigt ist, bedarf dieser Grundsatz im Lichte der Schutzpflicht, die der deutschen öffentlichen Gewalt für diese Rechtsgüter obliegt (vgl. z.B. BVerfG vom 16.10.1977 BVerfGE 46, 160/164; vom 4.4.2006 BVerfGE 115, 320/246), im Fahrerlaubnisrecht einer Einschränkung dahingehend, dass zumindest eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen der Fahrberechtigung sprechen muss (1.). Ist diese Voraussetzung erfüllt, hat der Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die eine Fahrberechtigung temporär zuerkannt oder ihr Bestehen vorläufig festgestellt werden soll, gleichwohl dann mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz von Leben und Gesundheit Dritter zu unterbleiben, wenn überwiegende, besonders gewichtige Gründe einer solchen Interimsregelung entgegenstehen (2.).

1. Der Ausgang des vom Antragsteller eingeleiteten Hauptsacheverfahrens hängt letztlich alleine davon ab, ob § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV dahingehend auszulegen ist, dass eine im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland bereits dann ungültig ist, wenn lediglich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt sind, oder ob darüber hinaus auch einer der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV aufgeführten Sachverhalte vorliegen muss.

Eine auf das nationale Recht beschränkte Betrachtung ergibt, dass die einzelnen Bestimmungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV in der Weise nebeneinander stehen, dass die eingangs dieser Vorschrift bezeichnete Rechtsfolge (nämlich das Nichtentstehen der in § 28 Abs. 1 FeV erwähnten Berechtigung) bereits dann eintritt, wenn die Voraussetzungen auch nur einer der fünf Nummern des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV vorliegen. Insbesondere ergeben sich aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV keine Hinweise darauf, dass neben den Tatbestandsmerkmalen der Nummer 2 zusätzlich diejenigen der Nummer 3 dieser Bestimmung erfüllt sein müssen. Auch die Materialien zur Dritten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29), durch die § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV seine heutige Gestalt erhalten hat, lassen erkennen, dass der deutsche Normgeber davon ausging, eine ausländische EU-Fahrerlaubnis sei im Inland bereits dann ungültig, wenn ausschließlich die Voraussetzungen der letztgenannten Vorschrift vorliegen. Denn die amtliche Begründung dieser Verordnung (BRDrs. 851/08) bringt in Abschnitt A.2 zum Ausdruck, die sich aus einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis ergebende Fahrberechtigung entstehe dann nicht, "wenn aus dem ausländischen EU- oder EWR-Führerschein selbst oder auf der Grundlage anderer vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen ersichtlich ist, dass die Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung ihrer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis weiterhin ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten" (BRDrs. 851/08, S. 6). Dass das Nichtentstehen einer Fahrberechtigung im Inland zusätzlich vom Eintritt eines der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV bezeichneten Ereignisse abhängen soll, kommt an keiner Stelle der Begründung der Dritten Änderungsverordnung zum Ausdruck.

Strittig ist zwischen den Beteiligten, ob neben den Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV deswegen auch die Tatbestandsmerkmale des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV erfüllt sein müssen, weil der Anwendungsvorrang des Rechts der Europäischen Union eine solche Auslegung gebietet. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lässt sich die zutreffende Antwort auf diese Frage der bisher vorliegenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht mit zweifelsfreier Sicherheit entnehmen. Die Problematik kann vielmehr erst dann als geklärt angesehen werden, wenn das Vorabentscheidungsverfahren abgeschlossen sein wird, das der Senat durch Beschluss vom 16. März 2010 (ZfS 2010, 352) eingeleitet hat (a). Die deutlich gewichtigeren Gründe sprechen jedoch dafür, dass das Europarecht eine Auslegung des § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV dahingehend gebietet, dass eine im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis nur dann in einem anderen Mitgliedstaat (dem "Aufnahmestaat") nicht anerkannt zu werden braucht, wenn zusätzlich zu einem vom Ausstellerstaat selbst bezeugten Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis im Aufnahmestaat ein den Inhaber dieser Fahrerlaubnis betreffendes Vorkommnis im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG zu verzeichnen war (b).

a) Der Europäische Gerichtshof hat in seinen beiden Urteilen vom 26. Juni 2008 (C-329/06 und C-343/06 [Wiedemann u.a.], Slg. 2008 I-04635; C-334/06 bis C-336/06 [Zerche u.a.], Slg. 2008 I-04691) ausgeführt, Art. 1 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG seien dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, es abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus einem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt, wenn auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte (Rechtssachen Wiedemann u. a., a.a.O., Nummer 1 Satz 2 des Tenors sowie RdNrn. 72 f. der Gründe; Rechtssachen Zerche u. a., a.a.O., Satz 2 des Tenors sowie RdNrn. 69 f. der Gründe). In der Randnummer 51 seines Beschlusses vom 9. Juli 2009 (C-445/08 [Wierer], NJW 2010, 217/219) hat der Europäische Gerichtshof die vorstehende Aussage wiederholt.

Trotz der in diesen Entscheidungen erfolgten ausdrücklichen Erwähnung des Umstandes, dass gegen den Inhaber des Führerscheins, dessen Gültigkeit der Aufnahmestaat nicht anerkennen will, im Hoheitsgebiet dieses Staates eine "Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet" wurde, steht nicht mit zweifelsfreier Sicherheit fest, dass die Befugnis des Aufnahmestaates, eine ausländische EU-Fahrerlaubnis als in seinem Gebiet ungültig zu behandeln, die nach dem eigenen Bekunden des Ausstellerstaates unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG erteilt wurde, von einer vorgängigen Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG abhängt. Denn in den Fällen, die den an den Europäischen Gerichtshof gerichteten Vorabentscheidungsersuchen zugrunde lagen, waren der Ausstellung der tschechischen Führerscheine jeweils deutsche Gerichts- bzw. Verwaltungsentscheidungen vorausgegangen, durch die den Betroffenen die Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit im Verkehr bzw. wegen Drogenkonsums entzogen worden war. Es kann deshalb nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Europäische Gerichtshof die Tatsache des vorangegangenen Entzugs der Fahrerlaubnis im Aufnahmestaat in seinen Entscheidungen vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) nur nachrichtlich aufgenommen haben könnte, wie die Beschwerdebegründung das geltend macht.

Dass der Europäische Gerichtshof allein einen Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung durch den Ausstellermitgliedstaat als ausreichend ansehen könnte, um die Nichtanerkennungsbefugnis des Aufnahmemitgliedstaats auszulösen, erscheint ferner deswegen nicht völlig ausgeschlossen, weil die Einhaltung der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 91/439/EWG genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu den Vorkehrungen gehört, die zum Zweck der Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr eingeführt wurden, und die Wohnsitzvoraussetzung mangels einer vollständigen Harmonisierung der Regelungen der Mitgliedstaaten über die Erteilung der Fahrerlaubnis dazu beiträgt, den "Führerscheintourismus" zu bekämpfen (Urteile vom 26.6.2008, Rechtssachen Wiedemann u. a., a.a.O., RdNrn. 68 f.; Rechtssachen Zerche u. a., a.a.O., RdNrn. 65 f.).

b) Die deutlich besseren Argumente sprechen nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs jedoch dafür, dass ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG für sich alleine - mag er auch in einer Weise belegt sein, wie das in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) verlangt wird - nicht ausreicht, um die Nichtanerkennungsbefugnis auszulösen. Andernfalls würde vor allem die Bestimmung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG außer Acht gelassen, nach der ein Mitgliedstaat es ablehnen kann, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie genannten Maßnahmen angewendet wurde. Art. 8 Abs. 4 ist die einzige Vorschrift der Richtlinie 91/439/EWG, die sich mit den Voraussetzungen befasst, unter denen ein Mitgliedstaat es ablehnen kann, die von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Fahrerlaubnis nicht anzuerkennen. Zudem stellt diese Vorschrift eine Ausnahme von dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie) dar; sie ist aus diesem Grund eng auszulegen (vgl. z.B. EuGH vom 26.6.2008 Rechtssachen Zerche u. a., a.a.O., RdNr. 57 m.w.N.). Gegen die vom Antragsgegner vertretene Auffassung, der Europäische Gerichtshof habe in den Entscheidungen vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) zum Ausdruck bringen wollen, ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG stelle einen selbständigen, neben Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie tretenden Grund dar, der den Aufnahmestaat zur Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis berechtige, spricht ferner, dass das Wohnsitzerfordernis in diesen Entscheidungen als "Vorbedingung, die die Prüfung der Einhaltung der übrigen in dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen bei einem Führerscheinbewerber ermöglicht", bezeichnet wurde (EuGH vom 26.6.2008, Rechtssachen Wiedemann u. a., a.a.O., RdNr. 70; Rechtssachen Zerche u. a., a.a.O., RdNr. 67). Wird ein rechtliches Erfordernis aber als bloße "Vorbedingung" dafür gekennzeichnet, dass eine bestimmte Prüfung durchgeführt werden kann, lässt das schwerlich den Schluss zu, der Europäische Gerichtshof habe einen durch den Ausstellerstaat selbst bezeugten Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis als selbständigen Nichtanerkennungsgrund verstanden. Vielmehr wollte der Gerichtshof offenbar darauf hinweisen, dass nur dann eine hinreichende Gewähr dafür besteht, dass in der Person des Betroffenen bestehende Eignungsmängel vor der Erteilung einer Fahrerlaubnis bekannt werden, wenn der Fahrerlaubnisbewerber im Gebiet des ausstellenden Staates seinen ordentlichen Wohnsitz unterhält.

In der Auffassung, dass die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) nicht so zu verstehen sein dürften, dass in ihnen - gleichsam im Weg richterlicher Rechtsfortbildung - in der Gestalt eines Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis eine selbständige und zusätzliche, in der Richtlinie 91/439/EWG als solche nicht angelegte Nichtanerkennungsbefugnis geschaffen wurde, die auch dann besteht, wenn gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis im Aufnahmestaat früher keine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG ergriffen wurde, sieht sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Rheinland-Pfalz vom 18. März 2010 (DVBl 2010, 728) bestätigt. Auf der Grundlage einer eingehenden Analyse der Entwicklung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelangte das Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz in dieser Entscheidung unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsmeinung (vgl. vor allem OVG RhPf vom 23.1.2009 Blutalkohol Bd. 46 [2009], S. 352) nunmehr zu dem Ergebnis, wenn im Tenor der Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) der frühere Entzug einer Fahrerlaubnis jeweils ausdrücklich erwähnt wurde, könne das nur so verstanden werden, dass damit die Notwendigkeit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt sein müssen (OVG RhPf vom 18.3.2010, a.a.O., RdNr. 38).

2. Liegt - wie hier - ein Anordnungsgrund vor, und spricht die deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des zu sichernden Rechts, so ist in einem Verfahren nach § 123 VwGO für eine Interessenabwägung grundsätzlich kein Raum mehr (vgl. z.B. Schoch, a.a.O., RdNr. 65 zu § 123; Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 23 zu § 123). Soweit das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 13. Juni 1979 (BVerfGE 51, 268/286) auch in Verfahren nach § 123 VwGO eine Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange als geboten angesehen hat, wurde diese Aussage im Beschluss des gleichen Gerichts vom 25. Oktober 1988 (a.a.O., S. 75) dahingehend eingeschränkt, dass einstweiliger Rechtsschutz bei glaubhaft gemachtem Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nur dann nicht zu gewähren ist, wenn "ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen". Die Rechtslage unterscheidet sich insofern von der Situation in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, in denen die Entscheidung auf der Grundlage einer Abwägung der Gesichtspunkte, die für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines belastenden Verwaltungsakts sprechen (sofern möglich, allerdings unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache), ergeht.

Als Belang, der dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung entgegenstehen könnte, kommt der ausgeprägte Mangel an Rechtstreue in Betracht, der sich in den zahlreichen vom Antragsteller im Straßenverkehr begangenen Ordnungswidrigkeiten manifestiert. Aus ihnen ergibt sich jedenfalls in der Zusammenschau, dass er eine nicht unerhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt.

Gleichwohl erachtet es der Verwaltungsgerichtshof nicht für gerechtfertigt, den Antrag nach § 123 VwGO aus diesem Grund abzulehnen. Denn auch dann, wenn es bei dem vom Verwaltungsgericht getroffenen feststellenden Ausspruch verbleibt, besitzt die öffentliche Verwaltung ausreichende Möglichkeiten, um die vom Antragsteller ausgehende Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit abzuwenden. Da die von ihm begangenen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr bereits in dem Zeitraum, der in den vorgelegten Behördenakten dokumentiert wird, zum Anfall von 14 Punkten im Verkehrszentralregister geführt haben, ist der Antragsgegner - sofern das nicht schon während des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geschehen sein sollte - gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG verpflichtet, dem Antragsteller unter Fristsetzung die Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 4 Abs. 8 StVG aufzugeben. Sollte der Antragsteller einer solchen Anordnung nicht nachkommen, wäre ihm gemäß § 4 Abs. 7 StVG die Fahrerlaubnis in sofort vollziehbarer Weise zu entziehen. Gleiches gälte gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 7 Satz 2 StVG, falls er nach dem Durchlaufen der "zweiten Warnstufe" 18 Punkte erreichen sollte. Unabhängig hiervon ist der Antragsgegner nach § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG berechtigt, die Fahreignung des Antragstellers nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV) zu überprüfen. Angesichts des Vorverhaltens des Antragstellers liegt es nicht fern, dass er, wenn der Antragsgegner diese gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpft, die Befugnis, in Deutschland erlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, innerhalb kurzer Zeit unabhängig davon verlieren könnte, ob ihm ein solches Recht nach § 28 FeV zusteht. Sollte er jedoch an dem anzuordnenden Aufbauseminar teilnehmen, er ferner den Anfall von 18 Punkten vermeiden und ein über ihn ggf. eingeholtes Fahreignungsgutachten ergeben, dass er sich künftig rechtskonform verhalten wird, so wäre es nicht gerechtfertigt, ihm die erstrebte einstweilige Anordnung zu versagen.

3. Der stattgebende gerichtliche Ausspruch bedarf jedoch, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, einer Befristung. Unterbliebe sie, würde dem Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Vergünstigung (nämlich die zeitlich unbefristete gerichtliche Feststellung, dass seine tschechische Fahrerlaubnis in Deutschland gültig ist) zuerkannt, die er von Rechts wegen erst bei einem unanfechtbaren Obsiegen im anhängigen Klageverfahren beanspruchen kann. Eine solche endgültige Vorwegnahme der Hauptsache ist nur zulässig, wenn das Begehren des Anspruchstellers "schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lediglich anzustellenden summarischen Prüfung bei Anlegung eines strengen Maßstabes an die Prüfung der Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben muss" (BVerwG vom 13.8.1999 BVerwGE 109, 258/262; ebenso z.B. BVerwG vom 27.5.2004 Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 4 m.w.N.). Wie dargelegt, kann jedoch nicht davon gesprochen werden, es stehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, der Europäische Gerichtshof werde in dem durch den Beschluss vom 16. März 2010 (a.a.O.) eingeleiteten Vor-abentscheidungsentscheidungsverfahren die Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestätigen. Möglich ist derzeit nur die Aussage, dass eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der vom beschließenden Gericht vertretenen, vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Beschlüsse vom 18.6.2009, a.a.O., und vom 4.12.2009 Blutalkohol Bd. 47 [2010], S. 154) und vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 18.3.2010, a.a.O.) geteilten Auffassung spricht.

In einer solchen Konstellation ist es geboten, die einstweilige Anordnung auf den Zeitraum zu beschränken, der erforderlich ist, um den vom Antragsteller glaubhaft gemachten Rechtsnachteil abzuwenden, so dass es nicht zu einer Vorwegnahme der Hauptsache auf Dauer, sondern nur innerhalb der Phase kommt, in der das zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) unabdingbar notwendig ist. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass der Antragsgegner von Rechts wegen verpflichtet ist, gegen den Antragsteller die Maßnahmen zu ergreifen, die § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2 und 3 StVG beim Erreichen der dort genannten Punktestände vorschreibt, und dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG daneben die Befugnis besteht, die Fahreignung des Antragstellers nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV zu überprüfen. Sollte das bisher noch nicht geschehen sein, ist davon auszugehen, dass das Landratsamt die erforderlichen Anordnungen umgehend nach dem Abschluss dieses Beschwerdeverfahrens und der Rückleitung der Akten erlässt. Sofern diese Maßnahmen zu dem Ergebnis führen, dass dem Antragsteller die Rechtsposition, die ihm aufgrund der tschechischen Fahrerlaubnis mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht, wegen der Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr aberkannt werden muss, die er nach dem Erwerb der ausländischen EU-Fahrerlaubnis begangen hat, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis am Fortbestand der einstweiligen Anordnung mehr.

Diesem Gesichtspunkt trägt die Befristung der einstweiligen Anordnung auf die Zeit bis zur Entscheidung über das Klageverfahren M 6 b K 10.7 aus heutiger Sicht u. U. nicht ausreichend Rechnung. Denn es muss damit gerechnet werden, dass das Verwaltungsgericht jenen Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. März 2010 (a.a.O.) eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren aussetzen könnte, so wie das auch das Beschwerdegericht in einschlägigen Hauptsacheverfahren getan hat. Unter dieser Voraussetzung aber vergeht bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren M 6 b K 10.7 ggf. lange Zeit.

Es entspricht deshalb pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens, das den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Ausgestaltung einstweiliger Anordnungen zusteht, die bereits vom Verwaltungsgericht vorgenommene Begrenzung der Geltungsdauer der einstweiligen Anordnung um eine weitere, kumulativ hinzutretende Befristung zu ergänzen und zu verfügen, dass die vorliegende Entscheidung acht Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses an die Landesanwaltschaft Bayern außer Kraft tritt, sofern nicht das Verwaltungsgericht vorher das Verfahren M 6 b K 10.7 durch eine Sachentscheidung abgeschlossen hat. Die Dauer dieser zusätzlichen Befristung orientiert sich an der Zeitspanne, die das Landratsamt bei der gebotenen Beschleunigung benötigt, um die nach § 4 StVG erforderlichen bzw. nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV zulässigen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Sollte innerhalb dieser Frist noch nicht darüber entschieden werden können, ob dem Antragsteller wegen der von ihm begangenen Rechtsverstöße die Befugnis aberkannt werden muss, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet weiterhin Gebrauch zu machen, so geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der Antragsgegner bis zum Abschluss einschlägiger Verwaltungsverfahren einstweilen weiterhin von der Gültigkeit dieser Fahrerlaubnis im Inland ausgeht.

Zu einer gleichen Handhabung sollte sich der Antragsgegner nach Auffassung des beschließenden Senats verstehen, wenn sich nach Durchführung der gemäß § 4 StVG bzw. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gebotenen bzw. zulässigen Maßnahmen herausstellen sollte, dass der Antragsteller nunmehr als charakterlich fahrgeeignet anzusehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.1.5 Satz 1 und II.46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

Grau Ertl Koehl