LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24.11.2009 - 5 Sa 136/09
Fundstelle
openJur 2012, 55127
  • Rkr:

1. Der Anspruch der an einer öffentlichen Schule angestellten Lehrkraft auf Erstattung ihr erwachsener Reisekosten in Zusammenhang mit einer mehrtägigen Klassenfahrt beruht auf § 23 Absatz 4 TVL in Verbindung mit §§ 3 ff LRKG MV (Landesreisekostengesetz MV).2. Die Lehrkraft kann nach § 3 Absatz 1 Satz 2 LRKG - auch bereits vor Antritt der Dienstreise - auf die Erstattung der Reisekosten ganz oder teilweise verzichten. Ein solcher Verzicht darf aber vom Dienstherrn nur dann als Einrede gegen den Erstattungsanspruch geltend gemacht werden, wenn der Verzicht freiwillig erfolgt ist (Ziffer 3.1.2.1. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum LRKG vom 13. April 2005, Amtsblatt M-V S. 612).3. Für die Feststellung der Freiwilligkeit des Verzichts kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die Lehrkraft die Verzichtserklärung unterzeichnet hat. Maßgebend sind in erster Linie die objektiven Verhältnisse. Es muss sichergestellt sein, dass der Bedienstete bei seiner Entscheidung für den Verzicht nicht in einer Drucksituation steht, die eine tatsächliche Wahlfreiheit verhindert. - Der Verzicht der Lehrkraft auf Reisekostenerstattung kann daher nur dann als freiwillig erteilt angesehen werden, wenn die Lehrkraft eine realistische Möglichkeit hat, die von ihr erwarteten Schulwanderungen und Schulfahrten so zu organisieren, dass die dafür vorhandenen Haushaltsmittel eine vollständige Erstattung der ihr erwachsenen erforderlichen Reisekosten ermöglichen.

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Verzichtserklärung bezüglich der Erstattung von Reisekosten anlässlich einer mehrtägigen Klassenfahrt.

Die Klägerin ist seit Dezember 1985 als Lehrerin bei dem beklagten Land beschäftigt und unterrichtet zurzeit an dem Sonderpädagogischen Förderzentrum in R..

Die Richtlinie des beklagten Landes zur Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an den öffentlichen Schulen vom 6. Februar 1997, geändert durch die Erlasse vom 17. April 1997 und vom 21. Dezember 2000, enthält, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, folgende Bestimmungen (Kopie als Anlage B4 überreicht, hier Blatt 26 ff):

"1. Allgemeine Grundsätze

1.1 Schulwanderungen und Schulfahrten sind ein wesentlicher Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule. Sie sollen dem Schüler neue Erfahrungen und Erlebnisse vermitteln und dazu beitragen, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und den Gemeinschaftssinn zu fördern.

1.2 Schulwanderungen und Schulfahrten bieten darüber hinaus einen besonderen Erfahrungsraum, in dem folgende Aspekte der Bildungs- und Erziehungsziele im Vordergrund stehen:

- Entfaltung der Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksmöglichkeiten sowie erlebnispädagogischer Erfahrungen,

- Förderung sozialen Lernens und sozialer Verhaltensweisen, Verbesserung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses,

- Freizeit und Gesundheitserziehung,

- Vertiefung des Verständnisses für Kultur, Geschichte, Heimat und Umwelt,

- Herstellung und Pflege von Kontakten zu jungen Menschen anderer Länder, um so zu internationaler Verständigung, insbesondere in Europa, beizutragen,

- Vermittlung von Einblicken in die Berufs- und Arbeitswelt.

Die Vielfalt dieser Ziele macht es möglich und notwendig, im Blick auf die Neigungen und Interessen der Klassen/Gruppen und unter Berücksichtigung der besonderen Fähigkeiten der Lehrkräfte Schwerpunkte zu setzen und eine sinnvolle Auswahl zu treffen.

1.3 ...

1.4 Schulwanderungen und Schulfahrten sind schulische Veranstaltungen im Sinne des § 49 Abs. 1 des Schulgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Mai 1996 (GVOBI. M-V S. 205). Für die begleitenden Lehrkräfte und für das begleitende Personal mit sonderpädagogischer Aufgabenstellung an Förderschulen gelten sie als Dienstreisen, sofern die Genehmigung zur Durchführung erteilt ist. Schulwanderungen und Schulfahrten in Form eines Erholungsurlaubes oder einer Reise mit überwiegend touristischem Charakter sind nicht zulässig.

2. Begriffsbestimmung

2.1 Schulwanderungen

Zu Schulwanderungen werden in diesem Erlass Erkundungsgänge und Wandertage gezählt.

2.1.1 Erkundungsgänge

Erkundungsgänge sollen vier Stunden nicht überschreiten. Sie werden hauptsächlich in der Primarstufe und in der Förderstufe durchgeführt.

2.1.2 Wandertage

Wandertage sind Veranstaltungen, die nicht länger als einen Tag dauern. ...

2.2 Schulfahrten

Schulfahrten werden als

- Klassenfahrten mit oder ohne Übernachtung,

- Schullandheimaufenthalte,

- Studienfahrten (Exkursionen),

- Schüleraustausch,

- sonstige genehmigte Schulveranstaltungen außerhalb des Schulortes wie Besichtigungsfahrten, Fahrten zu Sportveranstaltungen und Wettbewerben, Besuch von Theaterveranstaltungen, Konzertveranstaltungen oder Ausstellungen, Orchesterreisen und -freizeiten u. ä. durchgeführt.

2.2.1 Klassenfahrten

Klassenfahrten sind in der Regel mehrtägige Veranstaltungen, deren Aufgaben neben der Vertiefung, Erweiterung und Ergänzung des Unterrichts auch in der Förderung des Gemeinschaftssinnes besteht.

...

4. Einzelbestimmungen und Hinweise für Schulwanderungen und Schulfahrten

4.2 Genehmigung

4.2.1 Jede Schulwanderung und Schulfahrt bedarf der vorherigen Genehmigung. Auch die Teilnahme von Begleitpersonen muss genehmigt sein. Die teilnehmenden Lehrkräfte beantragen die Genehmigung als Dienstreise. Die Genehmigung von Schulwanderungen sowie Schulfahrten erteilt der Schulleiter. Antragstellung und Genehmigung erfolgen schriftlich. ...

Genehmigungen zur Erstattung von Reisekosten können nur im Rahmen der vom Land zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel erfolgen.

4.5 Finanzierung

...

4.5.3 Reisekosten

4.5.3.1 Die an dem Schulausflug teilnehmenden Lehrkräfte und Begleitpersonen erhalten Reisekostenvergütungen nach dem Landesreisekostengesetz (LRKG M-V). Stehen Mittel für die Erstattung der Reisekosten im Hinblick auf die Durchführung der Schulveranstaltung nicht mehr oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, so kann auf Antrag der betroffenen Lehrkraft die Dienstreisegenehmigung mit dem Ziel des Versicherungsschutzes in begründeten Fällen auch dann erteilt werden, wenn die Lehrkraft - und gegebenenfalls auch die Begleitperson - auf die Erstattung der Reisekostenvergütung ganz oder teilweise schriftlich vorher verzichten. Eine Erstattung der Reisekostenausgaben ganz oder teilweise durch die Erziehungsberechtigten der teilnehmenden Schüler oder der volljährigen Schüler ist ausgeschlossen. ...

4.5.3.2 Unbeschadet der Ziffer 4.5.3.1 ist auch eine pauschalierte Erstattung der Reisekostenvergütung für die Lehrkräfte einer Schule oder eines Schulamtsbereiches möglich. Dies erfordert eine einvernehmliche Festlegung der pauschalierten Erstattung durch das Schulamt und den Bezirkspersonalrat für den Bereich des Schulamtes oder des Schulamtes und eines Schulpersonalrates für den Bereich einer Schule. Hierbei können die dem Schulamt durch das Kultusministerium für das Haushaltsjahr zugewiesenen Haushaltsmittel für Schulfahrten anstelle der Abrechnung nach der Ziffer 4.5.4 bis 4.5.6 so verwendet werden, dass die Lehrkräfte bzw. Begleitpersonen, die an Schulfahrten teilnehmen, einen festzulegenden Betrag pro Schüler und pro Klasse erhalten. Bei dieser Verfahrensweise richtet sich die Höhe der pauschalierten Reisekostenvergütung dann nach der Zahl der an der Schulfahrt teilnehmenden Schüler oder der Zahl der Schulfahrten durchführenden Klassen.

Die Summe der dem Schulamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für das Haushaltsjahr darf dabei nicht überschritten werden.

Soweit entsprechende Vereinbarungen mit dem Bezirkspersonalrat oder mit den Schulpersonalräten nicht zustande kommen, erfolgt die Reisekosten Vergütung nach Ziffer 4.5.3.1.

4.5.4 Fahrtkosten

Fahrtkosten werden nach den allgemeinen Bestimmungen (§ 5 LRKG M-V) erstattet mit der Einschränkung, dass bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nur die Kosten bis zur Höhe der zweiten Klasse berücksichtigt werden. ...

4.5.5 Tage- und Übernachtungsgeld ...

4.5.6 Nebenkosten

Im Rahmen der Reisekostenvergütung werden Nebenkosten (§ 9 LRKG M-V) erstattet. Nebenkosten sind alle Auslagen, die zur Erledigung des Schulausflugs notwendig sind, aber nicht nach den § 4 bis § 8 LRKG M-V erstattet werden können. Sie sind unter Angabe der Höhe zu begründen, einzeln zu erläutern und zu belegen. Die für die Festsetzung der Reisekostenvergütung zuständige Stelle entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Auslagen in welcher Höhe im jeweiligen Einzelfall notwendig und damit erstattungsfähig sind.

4.5.6.1 Beispiele erstattungsfähiger Nebenkosten (im Regelfall) sind Kosten für

- Besichtigungen, einschließlich Führungen (z. B. Museen, Galerien, Baudenkmäler usw.),

- Fahrradtransport,

- Fahrradleihgebühren,

- Gepäcktransport,

- kulturelle Veranstaltungen - eine Veranstaltung, (z. B. Theater, Konzert, Oper, Kabarett, Kino) bis zum Höchstbetrag von 20 DM pro Woche,

- Kutschfahrten,

- Post-, Telegramm- und Fernsprechgebühren, die während der Schulfahrt entstehen,

- Rundfahrten,

- Schwimmbad,

- Visagebühren (einschließlich eventueller Kosten für erforderliche Lichtbilder).

4.5.6.2 Beispiele nicht erstattungsfähiger Kosten (im Regelfall) sind Kosten für ..."

In der Anlage 1 zu dieser Richtlinie ist geregelt, wie viele Unterrichtstage pro Schuljahr für die Wandertage und Klassenfahrten zur Verfügung stehen. Dies sind 3 Unterrichtstage pro Schuljahr für Wandertage und Klassenfahrten sowie 5 Unterrichtstage für einen Schullandheimaufenthalt oder eine Studienfahrt (ab Klasse 8).

Das beklagte Land teilte dem Sonderpädagogischen Förderzentrum in R. im Haushaltsjahr 2008 einen Betrag von 660,00 Euro für die Erstattung von Reisekosten der Lehrer aufgrund Schulfahrten zu. Am 4. März 2008 schloss die Schulleitung mit dem örtlichen Personalrat eine Vereinbarung (Anlage B 5 zum Beklagtenschriftsatz vom 10. Februar 2009, Blatt 36 f. d. A., es wird Bezug genommen) zur Aufteilung der Mittel auf die vorgesehenen 14 Klassenfahrten mit 16 Lehrkräften. Danach steht angesichts einer Gesamtzahl von 70 Fahrtagen pro Fahrtag ein pauschaler Betrag von EUR 9,42 zur Verfügung. Für die geplante fünftägige Abschlussfahrt mit der Klasse 9a vom 16. bis zum 20. Juni 2008 in die Jugendherberge S., an der wie Klägerin als weitere Lehrkraft teilnehmen sollte, weist die Regelung demnach einen Erstattungsbetrag von EUR 47,10 pro beteiligter Lehrkraft aus.

Am 28. März 2008 gab die Klägerin auf dem dafür vorgesehenen Formular folgende Verzichtserklärung ab (Anlage B 2 zum Beklagtenschriftsatz vom 10. Februar2009, Blatt 24 d. A, es wird Bezug genommen):

"Ich werde als Lehrkraft/Begleitperson an folgender Veranstaltung nach der "Richtlinie zur Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten an den öffentlichen Schulen" vom 6. Februar 1997, zuletzt geändert am 21.12.2000, teilnehmen:

Art der Veranstaltung: Klassenfahrt

Zeitraum der Veranstaltung: 16.06. - 20.06.2008

Reiseziel: S.

Ich wurde darüber informiert, dass Mittel für die Genehmigung von Dienstreisen verbunden mit der Erstattung der Reisekosten nach der o. g. Richtlinie nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen.

Ich beantrage daher hiermit gemäß Ziffer 4.2. ff. der o. g. Richtlinie die Genehmigung zur Durchführung der Veranstaltung mit dem Ziel des Unfallversicherungsschutzes und verzichte ausdrücklich ... teilweise ... auf die Erstattung ggf. anfallender Reisekosten."

Die Schulleitung genehmigte die Klassenfahrt am 11. Juni 2008 unter Hinweis auf die pauschalierte Kostenerstattung. Die Klassenfahrt wurde sodann wie geplant vom 16. Juni 2008 bis zum 20. Juni 2008 durchgeführt. Die Fahrt nach S. wurde mit der Bahn AG unter Verwendung des verbilligten Mecklenburg-Vorpommern-Tickets durchgeführt. Die Übernachtung und Verpflegung in S. erfolgte über die dortige Jugendherberge. Für die Aktivitäten an den Tagen wurde ein Pauschalangebot der Jugendherberge genutzt. Insgesamt wandte die Klägerin für die Klassenfahrt Reisekosten in Höhe in insgesamt EUR 106,80 auf, und zwar

- EUR 10,80 für die An- und Abreise per Bahn (anteiliger Preis der für mehrere Personen erworbenen verbilligten Fahrkarte),

- EUR 52,00 für vier Übernachtungen und die dazugehörende Verpflegung in der Jugendherberge und

- EUR 44,00 für ein Veranstaltungspaket der Jugendherberge (Meereskundemuseum, Rügenrundfahrt, Führung Küstenwald und Altstadt S.).

Das beklagte Land zahlte hierauf lediglich einen Betrag in Höhe von EUR 47,10. Das entspricht dem Kostenanteil, der der Klägerin nach der Vereinbarung zwischen der Schule und dem Personalrat für ihre Auslagen zusteht.

Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung der weiteren Auslagen mit Schreiben vom 6. November 2008 (Kopie Blatt 7, es wird Bezug genommen) verfolgt die Klägerin ihr Begehren nunmehr klageweise weiter.

Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land mit Urteil vom 24. März 2009 antragsgemäß zur Zahlung des noch offenen Betrages in Höhe von EUR 59,70 verurteilt und hat die Berufung gegen sein Urteil ausdrücklich zugelassen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

Mit der rechtzeitig eingereichten und innerhalb der antragsgemäß verlängerten Frist begründeten Berufung verfolgt das beklagte Land das Ziel der Klagabweisung weiter.

Das beklagte Land ist der Ansicht, der von der Klägerin erklärte Verzicht auf die weiteren Reisekosten außerhalb des erstatteten Betrages sei wirksam. Ein solcher Verzicht sei ausdrücklich in § 3 Absatz 1 Satz 2 des Landesreisekostengesetzes (LRKG M-V) vorgesehen. Damit habe der Landesgesetzgeber die Auslagenerstattung als dispositive Regelung ausgestaltet. Die Verzichtserklärung der Klägerin liege hier auch wie im Gesetz gefordert in schriftlicher Form vor.

Der Verzicht sei auch freiwillig erfolgt, denn das beklagte Land habe zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Willensbildung bei der Klägerin genommen. Einer Lehrkraft, die sich dem Verzicht verschließe, würden auch keinerlei Nachteile drohen. Es sei zwar erwünscht, dass die Lehrkräfte mehrtägige Klassenfahrten organisieren, wegen der fehlenden Mittel zur vollständigen Kostenerstattung werde jedoch keine Lehrkraft gezwungen, solche Fahrten durchzuführen.

Angesichts fehlender weiterer Haushaltsmittel für Klassenfahrten habe man sich - im Einvernehmen mit dem Personalrat - in der Schule auf eine anteilige und gleichmäßige Verteilung der Geldmittel auf alle betroffenen Lehrkräfte entschlossen. Diese Verteilung sorge für Gerechtigkeit und müsse daher auch von der Klägerin akzeptiert werden.

Die von der Klägerin unterzeichnete Verzichtserklärung benachteilige diese auch nicht unangemessen im Sinne von § 307 BGB. Die vom Arbeitsgericht als Beleg herangezogene Entscheidung des BAG vom 6. Juli 2007 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, denn im Falle des BAG habe es sich um einen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gehandelt. Vorliegend habe die Klägerin dagegen ohne Zeitdruck vorab prüfen können, ob sie auf die Erstattung der Kosten teilweise verzichten wolle. Auch gehe es hier nicht um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich um die Erstattung von entstandenen Kosten im laufenden Arbeitsverhältnis.

Das beklagte Land beantragt, die Klage unter Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das ergangene Urteil mit Rechtsargumenten. Sie ist der Ansicht, die Reisekosten seien nicht nur teilweise, sondern vollständig zu erstatten. Die von ihr abgegebene Verzichtserklärung sei unwirksam. Die Entscheidung des BayVGH vom 2. August 2007 - 14 B 04.3576 - RiA 2007, 285 = ZBR 2008, 270 sei entsprechend heranzuziehen.

Die Wandertage und Klassenfahrten seien ausweislich der dazu erlassenen Richtlinie integraler Bestandteil des Bildungskonzepts der Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Angesichts dieses erhöhten Interesses des beklagten Landes an der Durchführung solcher Veranstaltungen sei es unzulässig, die damit einhergehenden Kosten nur unvollständig zu erstatten. Man stürze die Lehrkräfte in einen Interessenkonflikt, den diese realistisch nur unter Verzicht auf Kostenerstattung lösen könnten. Ein so erwirkter Verzicht könne jedenfalls nicht mehr als freiwillig angesehen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die Berufung des beklagten Landes ist nicht begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf vollständige Erstattung der ihr erwachsenen Auslagen anlässlich der mehrtägigen Klassenfahrt nach S.. Das beklagte Land ist daher verpflichtet, der Klägerin auch den jetzt noch offenen Betrag wie eingeklagt zu auszuzahlen.

1.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass im Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst zur Anwendung kommen. Nach § 23 Absatz 4 TVL hat der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Anspruch auf Erstattung seiner Reisekosten nach Maßgabe der für die Beamtinnen und Beamten des Arbeitgebers geltenden Regelungen. Damit haben die Tarifvertragsparteien in zulässiger Weise die dispositive Aufwendungsersatzregelung aus § 670 BGB, die auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, abbedungen und durch eine eigene Regelung ersetzt.

Nach § 3 Absatz 1 Landesreisekostengesetz Mecklenburg-Vorpommern (LRKG M-V) hat der Berechtigte Anspruch auf Reisekostenvergütung zur Abgeltung der dienstlich veranlassten Mehraufwendungen. Dazu zählen unter anderem die hier von der Klägerin geltend gemachten Fahrkosten (§ 4 LRKG M-V), die Übernachtungskosten (§ 8 LRKG M-V), sowie die Kosten im Zusammenhang mit dem Besuch kostenpflichtiger Einrichtungen; diese Kosten sind als Nebenkosten im Sinne von § 9 LRKG M-V erstattungsfähig. - Die von der Klägerin geltend gemachten Kostenansätze bewegen sich allesamt innerhalb der Grenzen des Landesreisekostengesetzes. Sie sind der Höhe nach vom beklagten Land auch nicht in Frage gestellt worden. Die Klage ist damit schlüssig.

2.

Gegen die schlüssige Klage kann das beklagte Land nicht einwenden, dass die Klägerin auf die Erstattung weiterer Reisekosten durch ihre vor Antritt der Reise abgegebene schriftliche Erklärung vom 28. März 2008 verzichtet hat. Es kann offen bleiben, ob die Verzichtserklärung an sich - wie vom Arbeitsgericht angenommen - unwirksam ist, denn jedenfalls kann sich das beklagte Land nicht auf diese Verzichtserklärung berufen, da dies treuwidrig im Sinne von § 242 BGB wäre.

a)

Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Verzichtserklärung müsse am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff BGB) gemessen werden, da die Erklärung durch das beklagte Land formularmäßig vorgegeben wurde. Im Weiteren hat das Gericht angenommen, die Verzichtserklärung sei unwirksam, da sie die Klägerin unangemessen benachteilige im Sinne von § 307 Absatz 1 BGB. Unter Bezugnahme auf die kündigungsrechtliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. September 2007 (2 AZR 722/06 - NZA 2008, 219) führt das Gericht aus, der Verzicht sei unwirksam, da er einseitig im Interesse des beklagten Landes liege und der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verzicht keinerlei Vorteil erwachse.

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass sich diese Rechtsprechung ohne weiteres auf den vorliegenden Fall eines Verzichts auf Auslagenerstattung übertragen lässt. Der Arbeitnehmer, der auf die Kündigungsschutzklage verzichtet, verzichtet auf seine möglichen Rechte aus einer Fülle von zu seinen Gunsten bestehenden gesetzlichen Regelungen, die in der Summe den rechtlich gewollten Bestandsschutz für Arbeitsverhältnisse bewirken. Da der sozialpolitisch motivierte Schutz des Arbeitnehmers nach der gesetzlichen Regelungstechnik davon abhängig ist, dass sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr setzt, weicht ein Klageverzichtsvertrag im Falle einer Kündigung erheblich von dem gesetzlichen Regelungsmodell ab. Darin kann, wie das Bundesarbeitsgericht zutreffend ausführt, eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers zum Ausdruck kommen. Das ist bei dem hier streitbefangenen Verzicht dagegen nicht der Fall; Verzichtsverträge können im Rahmen der Vertragsfreiheit und unter Wahrung ihrer Grenzen (§§ 134, 138 BGB) frei nach dem Willen der Parteien abgeschlossen werden. Für den Verzichtsvertrag im Allgemeinen gibt es demnach kein gesetzliches Regelungsmodell im Sinne von § 307 Absatz 2 BGB, von dem abzuweichen eine unangemessene Benachteiligung darstellen könnte.

Die Frage braucht vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden, da sich die arbeitsgerichtliche Entscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist.

b)

Das beklagte Land kann sich nicht auf die Verzichtserklärung der Klägerin berufen, da der Verzicht nicht freiwillig erfolgt ist und daher die Berufung auf diese Erklärung gegen Treu und Glauben im Sinne von § 242 BGB verstößt.

aa)

§ 3 Absatz 1 Satz 2 LRKG M-V sieht vor, dass der Berechtigte - hier die Klägerin - auf den Anspruch auf Reisekostenerstattung ganz oder teilweise verzichten kann. Damit ist zwar der Anspruch auf Reisekostenerstattung nach Landesrecht disponibel ausgestaltet worden. Der Bedienstete kann also über den Anspruch verfügen und ihn gegebenenfalls auch rechtsgeschäftlich abbedingen oder auf seine Geltendmachung verzichten.

Aufgrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht darf der Dienstherr von der Verzichtsmöglichkeit jedoch nicht uneingeschränkt Gebrauch machen. Die beamtenrechtliche Fürsorge gebietet im Regelfall den vollständigen Ersatz der entstandenen Aufwendungen anlässlich von Dienstreisen. Der Verzicht des Beamten auf Erstattung der erwachsenen Kosten muss stets die Ausnahme bleiben. Daher heißt es auch in Ziffer 3.1.2.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Landesreisekostengesetz M-V (Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums vom 13. April 2005, Amtsblatt M-V S. 612): "Ein Verzicht auf Reisekostenvergütung darf nur auf der freiwilligen Entscheidung des Berechtigten beruhen. Die Behörde ist nicht berechtigt, wegen fehlender oder nicht ausreichender Haushaltsmittel einen teilweisen oder gänzlichen Verzicht von dem Bediensteten zu fordern." In diesem Sinne heißt es auch bei Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht des Bundes (§ 3 BRKG Rz. 9), zu dem auch nach Bundesrecht möglichen Verzicht eines Bundesbediensteten, der Verzicht dürfe vom Dienstherrn nicht gefordert werden, er dürfe nur berücksichtigt werden, wenn er auf Wunsch des Bediensteten erklärt wurde.

Was unter einer freiwilligen Entscheidung zum Verzicht zu verstehen ist, erschließt sich aus Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Verzichtsmöglichkeit. Dieser wird im Bundesrecht, in dem eine Verzichtserklärung gar nicht ausdrücklich vorgesehen ist, besonders deutlich. Denn die Zulässigkeit der Verzichtserklärung wird im Bundesrecht aus der kurzen Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Reisekostenvergütung hergeleitet, die nach Bundesrecht - wie hier im Lande - 6 Monate beträgt. Nun wird argumentiert, da man den Bediensteten nicht zwingen könne, einen Reisekostenantrag zu stellen, sei die Auslagenersatzregelung nach dem Bundesreisekostengesetz ohnehin faktisch eine disponible Regelung. Also müsse es auch möglich sein, durch einen Verzicht auf die Erstattung von Reisekosten die häufig hilfreiche Rechtssicherheit vor Ablauf der Ausschlussfrist herzustellen. Dieser Zusammenhang macht deutlich, welchen Stellenwert die Freiwilligkeit bei der Abgabe der Verzichtserklärung hat. Der Bedienstete soll seine Entscheidung bei einem Verzicht genauso frei treffen können, wie wenn er die Dienstreise mit der Zusage der Reisekostenerstattung durchgeführt hätte, und sich dann entscheiden müsste, ob er eine Erstattungsantrag stellen will oder nicht.

Für die Feststellung der Freiwilligkeit des Verzichts kann daher der Unterschrift des Bediensteten unter eine Verzichtserklärung keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Entscheidend können allein die objektiven Verhältnisse sein. Es muss sichergestellt sein, dass der Bedienstete bei seiner Entscheidung für den Verzicht nicht in einer Drucksituation steht, die eine tatsächliche Wahlfreiheit verhindert.

In diesem Sinne kann man von einem freiwilligen Verzicht beispielsweise sprechen, wenn die Dienstreise oder ihre konkrete Ausgestaltung einem Wunsch des Bediensteten entspricht, der ohne Verzicht auf die Reisekosten nicht erfüllt werden könnte, da sich die Ausgestaltung der Dienstreise nicht im Rahmen der kostenbegrenzenden Generalklausel aus § 3 Absatz 2 LRKG M-V bewegt, oder sie Kostenelemente enthält, die im Sinne anderer konkreter kostenbegrenzender Regelungen des Landesreisekostengesetzes nicht erstattungsfähig wären.

Soweit der Verzicht im Zusammenhang mit fehlenden Haushaltsmitteln des Dienstherrn steht, ist dagegen ein besonders strenger Prüfungsmaßstab anzulegen, damit der Gefahr vorgebeugt wird, dass notwendige Kosten des Dienstbetriebes nicht auf die Bediensteten abgewälzt werden. Stehen dem Dienstherrn keine Mittel für weitere Dienstreisen zur Verfügung, darf er solche im Regelfall nicht mehr genehmigen, und er muss weitere Haushaltsmittel einwerben, damit seine Dienststelle die ihr obliegenden Aufgaben erfüllen kann. Ist die Einwerbung weiterer Mittel nicht möglich, muss das Ausmaß der selbst gesteckten Aufgaben - hier im Bereich der Klassenfahrten - überprüft und gegebenenfalls den Möglichkeiten des Haushalts angepasst werden. Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit kann jedenfalls nicht auf Kosten der Lehrkräfte geschlossen werden.

bb)

Können die notwendigen Aufwendungen der Lehrkräfte, die eine mehrtägige Klassenfahrt oder eine ähnliche schulische Veranstaltung begleiten, wegen fehlender finanzieller Mittel im Landeshaushalt nicht oder nicht im gesetzlichen Umfang voll ersetzt werden, kann eine in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung einer Lehrkraft auf Verzicht des Ersatzes ihrer notwendigen Reisekosten nur dann als freiwillig abgegeben angesehen werden, wenn die vorhandenen Haushaltsmittel wenigstens ausreichen würden, um eine kostengünstiger ausgelegte vergleichbare schulische Veranstaltung durchführen zu können.

Denn nur dann, wenn es eine voll finanzierbare Alternative zu der beabsichtigten Klassenfahrt gibt, ist sichergestellt, dass die Lehrkraft in ausreichendem Maße bei der Entscheidung für einen Verzicht auf die Reisekosten freiwillig handelt.

Dieser strenge Prüfungsmaßstab beruht auf der herausgehobenen Bedeutung, die solche schulischen Veranstaltungen außerhalb des Schulgeländes für das beklagte Land im Rahmen der Erfüllung ihres Bildungsauftrages haben. Die besondere Bedeutung solcher Veranstaltungen erschließt sich insbesondere aus der im Tatbestand wiedergegebenen Richtlinie zur Durchführung von Schulwanderungen und Schulfahrten, wo derartige Veranstaltungen als "ein wesentlicher Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule" bezeichnet werden, die "dem Schüler neue Erfahrungen und Erlebnisse vermitteln und dazu beitragen, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und den Gemeinschaftssinn zu fördern." Sie sind damit integraler Bestandteil des schulischen Bildungskonzepts an den öffentlichen Schulen des Landes. Diese besondere Bedeutung der Schulwanderungen und Schulfahrten spiegelt sich auch in dem Interesse der Schüler und ihrer Eltern an derartigen Veranstaltungen wider.

Auf diese Weise entsteht für jede Lehrkraft ein starker faktischer Zwang, für die eigene Klasse solche Veranstaltungen durchzuführen und sich an diesen Veranstaltungen anderer Kollegen - soweit wie vorliegend als zusätzliche Aufsichtskraft erforderlich - zu beteiligen. Nicht zu Unrecht spricht das Bundesarbeitsgericht auch davon, dass die Durchführung von ein- oder mehrtägigen Klassenfahrten zu dem herkömmlichen Berufsbild eines Lehrers gehöre und der Dienstherr daher die Durchführung solcher Veranstaltungen auch ohne besondere Absprachen von seinen Lehrern verlangen darf (BAG 26. April 1986 - 7 AZR 432/82 - BAGE 48, 327 = NJW 1986, 213 = AP Nr. 48 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten).

In einer solchen Situation kann der Verzicht auf die Erstattung der Reisekosten nur dann als freiwillig erteilt angesehen werden, wenn die Lehrkraft eine realistische Möglichkeit hat, die von ihr erwarteten Schulwanderungen und Schulfahrten so zu organisieren, dass sie nicht auf ihren Aufwendungen sitzen bleibt. Es müssen also mindestens Haushaltsmittel in einem Umfang zur Verfügung stehen, der eine den hohen Ansprüchen der Richtlinie noch ausreichende Veranstaltung ermöglicht. Will die Lehrkraft aus eigenem Antrieb mehr bieten, geht dies nur, wenn sie verzichtet. Ein solcher Verzicht ist dann aber freiwillig, weil es eine Alternative gibt, die keinen Verzicht erzwingt.

cc)

Das beklagte Land kann sich nicht auf die Verzichtserklärung der Klägerin berufen, da diese gemessen an dem aufgezeigten Maßstab nicht freiwillig abgegeben wurde.

Mit dem vom beklagten Land pro Reisetag als Aufwendungsersatz zur Verfügung gestellten EUR 9,42 lässt sich beim besten Willen keine mehrtägige Klassenfahrt organisieren. Das zeigt sich schon an der streitbefangenen Klassenfahrt, die schon so organisiert war, dass Kosten nur in geringfügigem Umfang anfallen.

Die Klägerin hat für die insgesamt vier Übernachtungen und die Verpflegung am Ziel der Klassenfahrt in S. EUR 52,00 aufgewandt. Das entspricht einem täglichen Übernachtungspreis in Höhe von EUR 13,00. Es ist nicht erkennbar, wie man diesen Kostenpunkt noch hätte drücken können.

Dasselbe gilt für die Nebenkosten (Eintrittspreise usw.) in Höhe von EUR 44,00 für die insgesamt vier vollen Veranstaltungstage in S.. Das beklagte Land konnte nicht aufzeigen, wie man diese Kosten noch weiter hätte senken können. Diesen Aspekt hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angesprochen, da eine entsprechende Rechtfertigung vom beklagten Land in diesem Rechtsstreit bisher nicht gefordert wurde. Das beklagte Land hat eine Vertagung der Entscheidung zwecks weiteren Vortrags zu diesem Punkt nicht für erforderlich gehalten.

Auch die Fahrkosten, die durch eine Fahrt mit der Bahn unter Nutzung des Mecklenburg-Vorpommern Tickets entstanden sind, bewegen sich im untersten Bereich denkbarer Fahrtkosten. Auch hier ist nicht ersichtlich, auf welchem Wege man die Kosten weiter hätte absenken können. Auch die Wahl des Zielortes S. erscheint nicht unangemessen, zumal durch die Nutzung des Vorzugstickets das Ansteuern aller Ziele im hiesigen Bundesland gleiche Kosten verursacht hätte, es sei denn man hätte sich im absoluten Nahbereich bewegt, innerhalb dessen die Nutzung von Einzeltickets billiger gewesen wäre als die Nutzung der Vorzugskarte. Es kann jedoch ausgeschlossen werden, dass eine mehrtägige Klassenfahrt in diesem möglicherweise fahrtkostengünstigeren Nahbereich von R. möglich gewesen wäre, denn dies würde ja zumindest voraussetzen, dass es in diesem Bereich auch eine Jugendherberge gibt, die vergleichbar wenig Übernachtungskosten verursacht wie die in S.. Entsprechende Hinweise hat das beklagte Land nicht gegeben, auch hat es nicht auf eine Vertagung der Entscheidung zum Zwecke weiteren Vortrags hierzu angetragen.

Da eine andere Ausgestaltung der Klassenfahrt im Rahmen der zur Verfügung gestellten Kosten nicht möglich war, war die Klägerin bei der Frage, ob sie auf die Erstattung der Reisekosten verzichten will, nicht frei. Ihre Verzichtserklärung ist daher nicht freiwillig im Sinne der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Landesreistekostengesetz (dort Ziffer 3.1.2.1) erfolgt. Daher kann sich das beklagte Land bei der Ablehnung der Erstattung der Reisekosten der Klägerin nicht auf die Verzichtserklärung der Klägerin berufen. Das beklagte Land hat sich durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift selbst gebunden. Es widerspricht der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, sich auf eine Verzichtserklärung zu berufen, die unter Verstoß gegen die selbstgesetzten Anwendungsregeln zu Stande gekommen ist. Es kann offen bleiben, ob sich die nicht verbeamtete Klägerin wegen des Verweises in § 23 Absatz 4 TVL auf die beamtenrechtlichen Regelungen bei den Reisekosten unmittelbar auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht berufen kann, denn auch bei Anwendung der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht könnte das Ergebnis nicht anders lauten. Wenn sich der Arbeitgeber durch die Verwaltungsvorschrift selbst Regeln auferlegt, wie er das Gesetz anwenden will, kann er sich nicht auf eine Verzichtserklärung berufen, die unter Verstoß gegen diese Regeln zu Stande gekommen ist.

dd)

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Leitung der Schule der Klägerin mit dem dortigen Personalrat eine Vereinbarung über die gerechte Verteilung der beschränkten Mittel vorgenommen hat.

Die gerechte Verteilung nicht ausreichender Mittel zur Begleichung der Reisekostenersatzansprüche der Lehrkräfte der Schule gehört nicht zu den Angelegenheiten, die nach dem Landespersonalvertretungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern der Beteiligung des Personalrats unterliegen. Von daher ist es von vornherein ausgeschlossen, dass Dienststellenleiter und Personalrat Abreden treffen können, die in irgendeiner Weise für die Klägerin bindend sein könnten.

Auch soweit man davon ausgeht, dass der Personalrat nur im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit beteiligt wurde, kann sich aus der Budgetierung der Mittel für die Schule keine Rechtfertigung für den Verzicht der Klägerin auf ihre Erstattungsansprüche ergeben, denn eine Budgetierung von Haushaltmitteln ist nicht geeignet, in Rechtsansprüche einzugreifen.

Schließlich hat auch die jährliche Vorabzuteilung der anteiligen Mittel auf die geplanten Klassenfahrten der Schule keine Auswirkungen auf die Rechtsposition der Klägerin. Die Verantwortung für die rechtmäßige Durchführung der Dienstreisen und damit der Klassenfahrten liegt allein bei der Dienststelle. Sie muss im Rahmen der gestellten Anträge auf Dienstreisen prüfen, ob die Reise genehmigungsfähig ist. Wenn keine ausreichenden Mittel vorhanden sind, kann die Reise nicht genehmigt werden. Will man die knappen Ressourcen dennoch gerecht verteilen, muss man darauf hinwirken, dass die Wandertage so geplant werden, dass die dabei entstehenden Auslagenersatzansprüche der Lehrkräfte im Rahmen des Haushalts befriedigt werden können.

II.

Die Kosten der Berufung trägt das beklagte Land, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 ZPO).

Das Gericht hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür aus § 72 ArbGG nicht erfüllt sind.