VG Stuttgart, Urteil vom 05.06.2007 - 9 K 2738/06
Fundstelle
openJur 2013, 14697
  • Rkr:

1. Kindergeld, das der Kostenbeitragspflichtige für die Geschwister des in einer Jugendhilfemaßnahme befindlichen Kindes bezieht (sog. Geschwisterkindergeld), zählt nicht zu seinem Einkommen im Sinne von § 93 Abs. 1 SGB VIII n.F (SGB 8).

2. Die Raten für Zins und Tilgung eines Darlehens für ein angemessenes Familieneigenheim können dann, wenn sie trotz Abzugs des Wohnwertes des Eigenheims zusammen mit anderen berücksichtigungsfähigen Belastungen die Höhe der Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII (SGB 8) n.F. übersteigen, von Einkommen in voller Höhe abzüglich des Wohnwerts abgezogen werden.

3. Eine Schmälerung des Unterhalts gleichrangig Unterhaltsberechtigter ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn selbst eine großzügig zu Gunsten des Kostenbeitragspflichtigen ausgestaltete Berechnung seiner Unterhaltspflichten zu einem Unterhaltsbedarf der übrigen Unterhaltspflichtigen führt, die er trotz Begleichung des Kostenbeitrags für das untergebrachte Kind noch erbringen kann.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Klägerin Ziffer 2 betrifft.

Der Bescheid des Beklagten vom 4.5.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.6.2006 werden aufgehoben, soweit vom Kläger Ziffer 1 ein 272 € übersteigender monatlicher Kostenbeitrag festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird seine Klage abgewiesen.

Der Kläger Ziffer 1 trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, der die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers Ziffer 1 trägt. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtliche Kosten selbst. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag durch den Beklagten.

Sie beantragten am 29.3.2006 vom Kreisjugendamt des Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten einer stationären Unterbringung ihrer am 30.1.1989 geborenen Tochter E.. Mit gleichlautenden Bescheiden vom 25.4.2006 an beide Kläger bewilligte der Beklagte ab 7.4.2006 die Übernahme der Kosten der vollstationären Unterbringung von E. in einer Einrichtung der Evangelischen Jugendhilfe im Wege der Eingliederungshilfe. Die Kläger wurden auf die mögliche Erhebung eines Kostenbeitrags hingewiesen und zur Vorlage von Unterlagen über ihre Einkommensverhältnisse aufgefordert. Die monatlichen Kosten der Maßnahme betrugen etwa 3.500 €.

Nach Einreichung solcher Unterlagen ergab eine Berechnung des Beklagten, dass die Klägerin Ziffer 2 (im Folgenden: Klägerin) auf Grund ihres geringen Einkommens aus einem Minijob in Höhe von etwa 244 € monatlich keinen Kostenbeitrag zu leisten habe, was ihr unter dem 3.5.2006 mitgeteilt wurde. Aus den Unterlagen des Klägers Ziffer 1 (im Folgenden: Kläger) errechnete der Beklagte ein monatliches Durchschnittseinkommen von 2.792 €. Zu diesem addierte er das Kindergeld für die untergebrachte Tochter (154 €), das Kindergeld für vier weitere Kinder (691 €) sowie eine durchschnittliche monatliche Steuererstattung von 100 €. Von der sich so ergebenden Summe von 3.737 € zog der Beklagte die Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII (25 %) ab, so dass sich ein maßgebliches Einkommen des Klägers von 2.802 € ergab. Die Einsetzung dieses Betrags in die Kostenbeitragstabelle in Anlage 1 der Kostenbeitragsverordnung (im Folgenden: KostenbeitragsV) ergab eine Zuordnung des Klägers zur Einkommensgruppe 14. Da der Kläger der Klägerin und vier seiner weiteren fünf Kindern gegenüber unterhaltspflichtig war, reduzierte der Beklagte die Einkommensgruppe 14 um 5 Stufen und gelangte so zur Einkommensgruppe 9 und mithin einem Kostenbeitrag von 425 €.

Mit Bescheid vom 4.5.2006 setzte der Beklagte einen monatlichen Kostenbeitrag des Klägers von 425 € ab 7.4.2006 fest. Zur Begründung wurde auf die nach der Kostenbeitragsverordnung notwendigen Rechenschritte verwiesen. Eine besondere Härte bedeute dieser Beitrag nicht, da der Kläger auch bei Begleichung des monatlichen Kostenbeitrags noch in der Lage sei, seine Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin und den nicht untergebrachten Kindern zu erfüllen.

Mit Schreiben vom 15.5.2006 erhoben beide Kläger Widerspruch. Zur Begründung führten sie aus, der Kostenbeitrag für E. sei unangemessen hoch und unstimmig berechnet. Besonders auffällig sei die Benachteiligung kinderreicher Familien bei der Zuordnung zu Einkommensgruppen im Rahmen von § 4 Abs. 1 KostenbeitragsV. Auch wenn eine kinderreiche Familie ein relativ geringes Einkommen pro Familienmitglied habe, sei ihr Gesamteinkommen häufig einer der Einkommensgruppen 8 oder höher zuzuordnen, was dazu führe, dass pro unterhaltsberechtigtem Familienmitglied nur eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe erfolge (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 KostenbeitragsV), statt richtigerweise in solchen Fällen ebenso um 2 Einkommensgruppen (wie bislang in § 4 Abs. 1 Nr. 1 KostenbeitragsV nur für Familien, deren Gesamteinkommen den Einkommensgruppen 1 - 7 zuzuordnen sei). Diese Frage sei auch Gegenstand ihrer Petition an den deutschen Bundestag. Weiter berücksichtige der Beklagte zu wenig, dass E. jedes zweite Wochenende und fast die gesamten Ferien zu Hause sei. Falls der Beklagte nicht zu einer Reduzierung des Beitrags bereit sei, müsse man E. aus der Maßnahme herausnehmen.

Mit einem an den Kläger adressierten Bescheid vom 29.6.2006 setzte der Beklagte den monatlichen Kostenbeitrag des Klägers auf 340 € herab, wies seinen Widerspruch im Übrigen aber zurück. Zur Begründung wurde angegeben, die Reduzierung des Kostenbeitrags beruhe darauf, dass E. voraussichtlich an mehr als 66 Tagen im Jahr im Hause der Kläger lebe, was über den normalen Umgangskontakt hinausgehe. Alle übrigen Argumente der Kläger gingen dagegen fehl. So sei das Einkommen des Klägers korrekt berechnet. Denn nach den geltenden Empfehlungen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sei das Kindergeld auch der nicht untergebrachten Kinder Einkommen des es beziehenden Elternteils. Auch könne nicht der gesamte Anteil von Zins und Tilgung für das selbstbewohnte Eigenheim in Höhe von 1.234 € sowie die weiteren Unterkunftskosten (214 €) in Abzug gebracht werden, da der Wohnwert des Hauses gegengerechnet werden müsse. Dieser betrage für das Eigenheim mit etwa 185 qm Wohnfläche etwa 850 €. Die den Wohnwert übersteigende Belastung der Kläger mit den Kosten der Unterkunft von etwa 1488 € - 850 € = 638 € bleibe jedoch deutlich unter der dem Kläger gewährten Abzugspauschale von 25 % in Höhe von 934 €. Der Kläger sei nur 5 Personen unterhaltspflichtig, da sich die Tochter D. auf Grund ihres Einkommens selbst unterhalten könne. Es könne daher nur eine Herabstufung um fünf Einkommensgruppen erfolgen. Das Kreisjugendamt könne eine Verfassungswidrigkeit der Kostenbeitragsverordnung durch Benachteiligung kinderreicher Familien nicht prüfen. Ihm obliege lediglich die Prüfung, ob die Erhebung des Beitrags eine besondere Härte darstelle. Dies sei deswegen nicht der Fall, da dem Kläger das Kindergeld für alle Kinder zufließe und er unter Einsatz des Kindergelds trotz Begleichung des Kostenbeitrags die Unterhaltsansprüche der übrigen Kinder noch erfüllen könne. Schließlich belege auch eine sozialhilferechtliche Garantieberechnung, nach welcher das bereinigte Einkommen des Klägers die Einkommensfreigrenze um 743 € übersteige, dass die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag von 425 € bzw. 340 € nicht unverhältnismäßig sei.

Am 20.7.2006 haben die Kläger Klagen erhoben. Zur Begründung führen sie aus, zu Unrecht werde das Kindergeld der Geschwister von E. als Einkommen angerechnet. Auch bestehe eine „Härte“ durch die Heranziehung zum festgesetzten Kostenbeitrag, da der „Beitragsnachlass“ für die vier weiteren unterhaltsberechtigten Kinder insgesamt lediglich 100 € betrage. Wenn man zu diesem Nachlass das jeweilige Kindergeld addiere, reiche das für den Unterhalt des jeweiligen Kindes nicht aus. Schließlich enthalte die Kostenbeitragsverordnung Unstimmigkeiten: Es fehle an einem „Ehegattensplitting“ und an einer Gleichbehandlung der Wertigkeit unterhaltspflichtiger Kinder durch einen generellen Abzug von zwei Einkommensgruppen pro weiterem unterhaltspflichtigen Kind.

Am 31.7.2006 wurde die Jugendhilfemaßnahme für die Tochter E. zunächst abgebrochen.

Mit Schreiben vom 25.4.2007 hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 4.5.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.6.2006 aufzuheben, soweit von ihm ein Kostenbeitrag in Höhe von mehr als 200 € festgesetzt worden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die geltenden Bestimmungen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Der Kläger hat unter anderem ausgeführt, seine Tochter E. sei ab September 2006 wieder in eine stationäre Jugendhilfeeinrichtung aufgenommen worden; der Kostenbeitrag für die seitherigen Monate sei teilweise gestundet. Er räume ein, dass sich bei der unterhaltsrechtlichen Vergleichberechnung trotz zweier Jobs keine höheren berufsbedingten Aufwendungen als die gewährte Pauschale errechnen ließen. Besonders wichtig sei ihm, dass die „Kinderfreibeträge“, die seiner Frau in Form von Herabsetzungen der Einkommensgruppe in der Kostenbeitragstabelle zustünden, wenn sie mehr verdiente, ihm angerechnet würden. Durch die Nichtanrechnung des Geschwisterkindergelds und durch den „Abzug“ der entsprechenden Tabellengruppen ergebe sich der von ihm für richtig erachtete Wert von 200 € monatlich.

Der Sitzungsvertreter des Beklagten hat unter anderem angegeben, er bestreite die Angemessenheit der Größe des Familieneigenheims der Kläger nicht. Weiter hat er seine Berechnung einer fehlenden Gefährdung des Unterhalts für die Klägerin und die nicht in der Maßnahme befindlichen Kinder ausführlich erläutert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Nach Klagerücknahme der Klägerin ist das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO insoweit einzustellen.

Die verbleibende Klage des Klägers ist im aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet. Denn Bescheid und Widerspruchsbescheid des Beklagten sind teilweise rechtswidrig und daher insoweit aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Von der Klage des Klägers umfasst sind allerdings (nur) die Kostenbeitragsmonate April bis Juli 2006. Denn Gegenstand einer Anfechtungsklage können im Ausgangspunkt lediglich diejenigen Kostenbeiträge sein, welche für den Zeitraum zwischen dem Beginn der Leistungspflicht (hier: April 2006) und dem der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (hier: Juni 2006) festgesetzt worden sind. Eine Erweiterung des umfassten Zeitraums ist allerdings möglich, soweit sich die maßgeblichen Rechtsgrundlagen und die relevanten tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die Einkommensverhältnisse des Klägers, nach Erlass des Widerspruchsbescheids nicht verändert haben. Das ist hier für den Folgemonat, den Juli 2006, noch der Fall. Mit Ablauf dieses Monats endete dagegen zunächst die stationäre Unterbringung der Tochter E. in der bisherigen Einrichtung, was als Zäsur zu werten ist. Eine spätere Wiederaufnahme der Jugendhilfemaßnahme ändert an dieser Bewertung nichts.

Im somit maßgeblichen Zeitraum zwischen April und Juli 2006 bestand über §§ 91 Abs. 1 Nr. 6, 92 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 sowie Abs. 5, 94 Abs. 1, 2 und 5 SGB VIII in der seit Oktober 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: SGB VIII) eine Ermächtigungsgrundlage zur Heranziehung des Klägers Ziffer 1 zu einem Kostenbeitrag. Der Kläger Ziffer 1 erhebt auch keine Einwendungen gegen seine Heranziehung dem Grunde nach; solche sind auch nicht erkennbar. Zwischen den Beteiligten streitig ist alleine die monatliche Beitragshöhe, deren Bemessung durch den Beklagten nicht im Einklang mit dem Gesetz erfolgte.

Die Bemessung der Beitragshöhe bestimmt sich nach § 94 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII i.V.m. der Kostenbeitragsverordnung (vom 1.10.2005, BGBl. 2005, 2907 - KostenbeitragsV -) sowie den Empfehlungen zur Kostenbeteiligung des Kommunalverbandes Jugend und Soziales, des Landkreistages und des Städtetages in Baden-Württemberg (im Folgenden: Empfehlungen, hier in der Fassung vom März 2006). Die genannten Bestimmungen erfordern in ihrer Gesamtschau regelmäßig eine Vorgehensweise in sechs Berechnungsschritten : Zunächst ist das Einkommen des jeweiligen Kostenbeitragspflichtigen - hier des Klägers - nach § 93 SGB VIII zu ermitteln (Schritt 1), die so ermittelte Einkommenshöhe in die in der Anlage zu § 1 KostenbeitragsV befindliche Kostenbeitragstabelle - einzusetzen (Schritt 2), die auf diese Weise in der Tabelle gefundene Einkommensgruppe gegebenenfalls im Blick auf die Zahl anderer unterhaltspflichtiger Familienangehöriger nach den in § 4 Abs. 1 KostenbeitragsV genannten Kriterien durch „Sprünge“ über Einkommensgruppen hinweg zu korrigieren (Schritt 3), aus der so bestimmten Einkommensgruppe je nach Art der Unterbringung des Kindes (vollstationär/teilstationär) und nach der der Zahl der untergebrachten Kinder der Tabellenwert abzulesen (Schritt 4), dieser Wert in Fällen, in denen sich das untergebrachte Kind häufiger als zu bloßen Umgangskontakten zu Hause aufhält, angemessen zu reduzieren (§ 94 Abs. 4 SGB VIII i.V.m. Ziff. 94.4 der Empfehlungen; Schritt 5) und der so gefundene Wert schließlich daraufhin zu überprüfen, ob seine Entrichtung durch den Beitragspflichtigen die Unterhaltsansprüche gleichrangig Berechtigter schmälert, da er in diesem Falle weiter zu reduzieren wäre (§ 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV), oder ob höherrangiges Recht eine Reduzierung gebietet (Schritt 6).

Der Beklagte hat bereits im Schritt 1 das für die Beitragshöhe maßgebliche Einkommen des Klägers nicht korrekt berechnet (dazu 1.). Dies führt bei den Berechnungsschritten 2 bis 5, welche der Beklagte für sich genommen korrekt durchgeführt hat, jeweils zu Abweichungen zugunsten des Klägers (dazu 2.). Entgegen seiner Ansicht werden aber durch die Entrichtung eines nach der Methodik der Kammer berechneten Kostenbeitrags für seine Tochter E. die Unterhaltsansprüche seiner Ehefrau und anderer Kinder nicht geschmälert, so dass es insoweit im Schritt 6 keiner weiteren Kürzung des Kostenbeitrags bedarf (dazu 3.). Auch höherrangiges Recht gebietet keine weitere Kürzung (dazu 4.).

1. Das in die Kostenbeitragstabelle einzusetzende Einkommen des Klägers beträgt nicht, wie vom Beklagten angenommen, 2.802 €, sondern lediglich 2.285 €.

Denn zum unstreitigen monatlichen Nettodurchschnittseinkommen von 2.792 € durften im Einklang mit § 93 SGB VIII nur noch Kindergeld für das in der Jugendhilfemaßnahme befindliche Kind, E., in Höhe von 154 € sowie eine im vorangegangenen Zeitraum erfolgte durchschnittliche Steuererstattung von monatlich 100 € addiert werden. Dagegen ist das Kindergeld für die Geschwister des untergebrachten Kindes nicht hinzuzuzählen (dazu a)). Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass der Beklagte nicht noch zusätzliche Kosten von Zins und Tilgung des Familieneigenheims abgezogen hat (dazu b)).

a) Kindergeld für Geschwister des in der Jugendhilfemaßnahme befindlichen Kindes (im Folgenden: Geschwisterkindergeld) ist kein Einkommen des dieses Geld beziehenden Kostenbeitragspflichtigen im Sinne von § 93 Abs. 1 SGB VIII.

§ 93 Abs. 1 SGB VIII definiert die Einkommensbestandteile. Kindergeld für alle Kinder - damit auch Geschwisterkindergeld - das der Beitragspflichtige bezieht, fällt grundsätzlich unter Satz 1 dieser Bestimmung, da es sich um eine Einkunft des Kindergeldbeziehers, hier des Klägers, handelt. Denn das Kindergeld ist jugendhilferechtlich nicht etwa dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen. Eine entsprechende Formulierung in § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist in § 93 Abs. 1 SGB VIII nicht aufgenommen worden.

Geschwisterkindergeld unterfällt auch nicht etwa dem Ausschlusstatbestand des § 93 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII für sogenannte zweckidentische Leistungen. Das gilt ungeachtet der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Einordnung des Kindergelds im System des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts alter Fassung (vgl. hierzu zuletzt Beschl. v. 9.2.2006 - 5 B 53/05 - <juris>) schon deswegen, weil das Kindergeld für ein bestimmtes Kind denknotwendig nicht zweckidentisch mit der Finanzierung der Jugendhilfemaße für ein anderes Kind sein kann.

Geschwisterkindergeld unterfällt aber dem Ausschlussgrund des § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII. Nach dieser Bestimmung sind „Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem bestimmten Zweck erbracht werden“ (sog. zweckbestimmte Leistungen), nicht als Einkommen des Kostenbeitragspflichtigen zu berücksichtigen. Zu solchen zweckbestimmten Leistungen gehört nach Überzeugung der Kammer das Geschwisterkindergeld, da es noch hinreichend deutlich dem Zweck dient, den Bedarf des jeweiligen Kindes, nicht aber den seiner Geschwister, zu decken. Das ergibt sich zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut des Bundeskindergeldgesetzes. Doch aus Sinn und Zweck des Kindergelds und aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich die Zuordnung des Kindergeldes zum jeweiligen Kind hinreichend deutlich entnehmen (vgl. insbesondere BVerwG, Urt. v. 22.12.1998, BVerwGE 108, 222, 225: „die Weite dieser Zweckbestimmung seien Ausdruck gesetzgeberischer Zurückhaltung, die dem einzelnen Kindergeldberechtigten die Entscheidung überlasse, in welcher Art und Weise er das Kindergeld entsprechend seiner allgemeinen Zielsetzung zugunsten der Kinder , für die es geleistet werde, verwende“; so auch im Ergebnis mit ausführlicher und zutreffender Begründung unter Einbeziehung von §§ 74 Abs. 1 Satz 3 u. 48 Abs. 1 Satz 3 EStG VG Stuttgart, 7. Kammer, Urt. v. 8.11.2006, JAmt 2007, 44; DIJuF-Rechtsgutachten vom 22.9.2006, JAmt 2006, 442; Ziff. 12.4 der Empfehlungen anderer Bundesländer über die Heranziehung zu den Kosten mit der erwägenswerten Begründung, eine Anrechnung von Geschwisterkindergeld bedeute eine indirekte Kostenbeteiligung der Geschwister sowie - ohne Begründung - Wiesner, Komm. z. SGB VIII, 3. Aufl., § 93 Rn. 5; Münder u.a. in: FK z. SGB VIII, 5. Aufl., § 93 Rn. 18; Schellhorn, Kostenbeteiligung in der Jugendhilfe, FuR 2006, 490, 492; a.A. - soweit ersichtlich - nur Kunkel in: LPK z. SGB VIII, 3. Aufl., § 93 Rn. 7 ebenfalls ohne Begründung.)

Die entgegenstehende Bestimmung in Ziff. 93.1.1 der Empfehlungen ist daher wegen Verstoßes gegen den Vorrang des Gesetzes unbeachtlich und von baden-württembergischen Jugendämtern nicht anzuwenden. Die Höhe des klägerischen Einkommens beträgt somit 2.792 € + 154 € + 100 € = 3.046 €. Von diesem Betrag ist die 25-prozentige Pauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII in Abzug zu bringen, so dass sich ein bereinigtes Einkommen des Klägers von 2.285 € ergibt.

b) Dagegen ist ein weiterergehender Abzug auf Grund der Zins- und Tilgungsbelastung des Klägers durch das Familieneigenheim über § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und Satz 4 SGB VIII zu Recht unterblieben.

Zwar hatte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum eine monatliche Belastung durch Zins- und Tilgung für das Familieneigenheim mit etwa 185 m 2 Wohnfläche von 1.234 €. Es ist aber zu beachten, dass angemessene Wohnkosten bereits in den Beträgen der Kostenbeitragstabelle enthalten sind (so auch VG Schleswig, Beschl. v. 12.6.2006 - 15 B 24/06 - <juris>). Deshalb ist im Rahmen der Abzugsbeträge nach § 93 Abs. 2 und 3 SGB VIII auch keine Subtraktion der Unterkunftskosten vorgesehen, obwohl diese einen typischen Bedarf bilden. Eine Wohnungsmiete kann also nach dem Gesetz nicht in Abzug gebracht werden. Um durch die Einbeziehung von Schuldverpflichtungen für ein Eigenheim in § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII keine Wertungswidersprüche zu erzeugen, können nach Überzeugung der Kammer zwar Zins- und Tilgungsbelastungen für ein angemessenes Familieneigenheim in Abzug gebracht werden (a.A Kunkel, a.a.O., § 93 Rn. 17 und Ziff. 93.3.2 der Empfehlungen (S. 17): Schulden für Wohnungseigentum seien überhaupt nicht berücksichtigungsfähig), es ist aber der Wohnvorteil gegenzurechnen (so auch VG Schleswig, a.a.O.; Wiesner, a.a.O, § 93 Rn. 24). Dieser beträgt hier nach Schätzung der Beteiligten und der Kammer etwa 850 €.

Damit könnte der Kläger im Ausgangspunkt von seinem Einkommen nach § 93 Abs. 1 SGB VIII 1.234 € in Abzug bringen, müsste sich aber 850 € gegenrechnen lassen, so dass ein effektiver Abzug von nur 384 € erreicht würde. Auch nach Angaben des Klägers bleibt dieser Abzug zusammen mit denkbaren weiteren Abzugsmöglichkeiten nach § 93 Abs. 3 SGB VIII unter der oben errechneten Abzugspauschale nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII in Höhe von 761 € und ist daher nicht zu berücksichtigen.

2. Aufgrund des nach Ansicht der Kammer niedrigeren bereinigten Einkommens des Klägers ergibt sich in Umsetzung der Berechnungsschritte 2 bis 5 ein niedrigerer Betrag, obgleich dem Beklagten insoweit keine Fehler unterlaufen sind.

Wird das vorstehend errechnete bereinigte Einkommen des Klägers in Höhe von 2.285 € in die Kostenbeitragstabelle eingesetzt, weist diese die Einkommensgruppe 12 aus (Schritt 2). Da der Kläger aber nicht nur gegenüber seiner in der Jugendhilfemaßnahme befindlichen Tochter E., sondern auch gegenüber seiner Ehefrau und vier seiner weiteren fünf Kinder unterhaltspflichtig war, ist über § 4 Abs. 1 Nr. 2 KostenbeitragsV die Einkommensgruppe um fünf Stufen auf die Einkommensgruppe 7 zu reduzieren (Schritt 3). In dieser Einkommensgruppe beträgt der monatliche Beitrag für ein vollstationär untergebrachtes Kind 340 € (Schritt 4). Da zwischen den Beteiligten unstreitig E. aber - hochgerechnet - an mehr als 66 Tagen pro Jahr zu Hause gewesen ist, ist über § 94 Abs. 4 SGB VIII i.V.m. Ziff. 94.4 der Empfehlungen eine Reduzierung der 340 € um 20 % geboten (Schritt 5), woraus sich ein monatlicher Kostenbeitrag von 272 € ergibt.

3. Die Entrichtung eines monatlichen Kostenbeitrags von 272 € schmälert die Unterhaltsansprüche der Klägerin und der unterhaltsberechtigten Geschwister von E. nicht.

Nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII und § 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV würde eine Schmälerung der Unterhaltsansprüche der gegenüber E. gleichrangigen Familienmitglieder eine besondere Härte bedeuten, was zu einer weiteren Reduzierung des Kostenbeitrags zwingen würde. Eine solche Schmälerung liegt hier aber nicht vor. Dabei ist zu beachten, dass eine durch § 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV gebotene unerhaltsrechtliche Vergleichberechnung voraussichtlich stets logische Brüche aufweisen wird. Denn das Unterhaltsrecht geht vom Regelfall des Getrenntlebens der beiden Elternteile aus, wobei häufig der die Kinder dann vorwiegend betreuende Elternteil das geringere Einkommen hat, aber auch das Kindergeld bezieht. Das ist in der hier zu beurteilenden Konstellation jeweils nicht der Fall. Die Kläger leben mit ihren unterhaltspflichtigen Kindern in einem Haushalt und der nahezu das gesamte Erwerbseinkommen erwirtschaftende Kläger ist Bezieher des Kindergelds. Die Kammer lässt sich bei der vor diesem Hintergrund schwierigen unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung vom Gedanken leiten, dass eine Schmälerung des Unterhalts der übrigen gleichrangig Unterhaltsberechtigten jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn selbst eine großzügig zu Gunsten des Klägers ausgestaltete Berechnung seiner Unterhaltspflicht zu einem Unterhaltsbedarf der übrigen Unterhaltspflichtigen führt, die er trotz Begleichung des Kostenbeitrags (und sonstiger pauschalisierten Aufwendungen) für das untergebrachte Kind noch erbringen kann. Das ist hier der Fall, was sich aus folgenden unterhaltsrechtlichen Rechenschritten entnehmen lässt:

a) Um die Unterhaltsansprüche der übrigen Familienmitglieder berechnen zu können, sind zunächst vom Nettoerwerbseinkommen des Klägers - 2.892 € ohne Kindergeld für das untergebrachte und die übrigen Kinder - die pauschalisierten berufsbedingten Aufwendungen (5 %) abzuziehen (so Anmerkung A. 3 der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.2005, im Folgenden: DT), was 2.748 € ergibt.

b) Unterkunftskosten sind nicht abzuziehen. Vielmehr ist der Wohnwert des Familieneigenheims anzurechnen (als Einkommen), dagegen Zins und (großzügig zugunsten des Klägers angenommen, obgleich dies bei einem Unterhaltsschuldner, der den gesamten Unterhaltsbedarf seiner Angehörigen nicht sicherstellen kann, ausscheiden dürfte) auch Tilgung als Belastung gegenzurechnen, was einen Wert von 2.748 € + 850 € - 1.234 € = 2.364 € ergibt.

c) In der DT ist der Kläger mit diesem bereinigten Nettoeinkommen von 2.364 € in Gruppe 7 einzustufen. Die DT geht aber von einer Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten und zwei Kindern aus (vgl. Anm. A.1 Abs. 1). Der Kläger hat drei weitere unterhaltspflichtige Kinder. Daher ist eine Herabstufung um drei Gruppen auf Einkommensgruppe 4 vorzunehmen.

d) Unter Anwendung dieser Einkommensgruppe würde sich folgender Unterhaltsanspruch der Familienmitglieder ergeben, wobei wieder zugunsten des Klägers nicht berücksichtigt wird, dass sämtliche Familienmitglieder mietfrei wohnen:

Unterhaltsberechtigte Person /Geburtsmonat / Alter im maßgeblichen ZeitraumTabellenbetrag 4. Gruppe DTEffektiver Betrag (= abzüglich eigener Einnahmen)Tochter D. 1/87 = 194060Tochter E. 1/89 = 17353353Tochter C. 11/91 = 14353353Tochter Ca. 1/96 = 10299299Sohn J. 8/98 = 7299299Sohn P. 8/2000 = 5247247Klägerin (vgl. Anm. B.III der DT) Aufstockungsunterhalt = bereinigtes Nettoeink.Kläger + ihres - Kinderunterhalt : 2 = 2490 + 244 - 1551 = 592592; muss nach Anm. B VI Nr. 1 mindestens 650 betragen406                Gesamt: 1957e) Demgegenüber hat der Kläger aber nur 2.364 € abzüglich des im maßgeblichen Zeitraum noch geltenden Selbstbehalts von 890 € (Anm. B. IV Nr. 1 DT), mithin 1474 €, zu verteilen, so dass ein Mangelfall vorliegt. Das gilt selbst dann, wenn man der Empfehlung in Anmerkung A.1 Abs. 2 der DT folgt, eine Herabstufung in die unterste Tabellengruppe vorzunehmen.

f) Bei der mithin gebotenen Mangelfall-Berechnung ist der zu verteilende Betrag nicht in Relation zur unter d) erstellten Tabelle zu setzen, sondern zu den sogenannten Einsatzbeträgen, die sich aus der Gruppe 6 der DT - die das Existenzminimum abbilden soll - ergeben (Anm. C der DT).

Unterhaltsberechtigte PersonTabellenbetrag 6. Gruppe DTEffektiv (= abzüglicheigener Einnahmen)Tochter D.4530Tochter E.393393Tochter C.393393Tochter Ca.334334Sohn J.334334Sohn P.276276Klägerin650 (vgl. Anm. B VI Nr. 1 DT).406                Gesamt: 2136g) Damit ergibt sich die Mangelfallrelation aus einer Division von 1471 € durch 2136 €, was einem Quotient von 0,69 € entspricht, und nachfolgende Mangelfallberechnung:

Unterhaltsberechtigte PersonEffektiver EinsatzbetragMangelfallbetrag (= x, 069)Tochter D.00Tochter E.393271Tochter C.393271Tochter Ca.334230Sohn J.334230Sohn P.276190Klägerin406280        Gesamt: 21361472h) Auf den ersten Blick erscheint damit der Unterhalt gegenüber der Tochter E. gleichrangig Unterhaltsberechtigter nicht gefährdet, da der vom Kläger für E. zu entrichtende Kostenbeitrag fast exakt dem entspricht, was der Kläger ihr an Unterhalt zu leisten hätte. Diese Betrachtung lässt aber außer acht, dass der hier konkret errechnete Kostenbeitrag ein um 20 % reduzierter Beitrag ist, da sich E. (hochgerechnet) an mehr als 66 Tagen zu Hause aufhalten würde (vgl. oben 2., Berechnungsschritt 5). Das bedeutet, dass der finanzielle monatlich Aufwand des Klägers für seine Tochter E. durch den Kostenbeitrag nicht ausreichend abgebildet wird, da er an den Tagen, welche E. zu Hause verbrachte, einen geschätzten weiteren monatlichen Aufwand in Höhe von 340 € - 272 € = 68 € hatte.

Musste der Kläger also in den Monaten der Unterbringung E. etwa 340 € für dieses Kind aufwenden, obgleich er unterhaltsrechtlich nur 271 € für sie aufwenden könnte und müsste, scheint der Unterhaltsanspruch der übrigen Unterhaltsberechtigten um 68 € geschmälert zu werden. Dies trifft jedoch nach Überzeugung der Kammer auf Grund der Familien-, Einkommens- und Kindergeldbezugskonstellation nicht zu.

Erhält - wie im vorliegenden hypothetischen Fall - der allein Barunterhaltspflichtige, also der Kläger, das Kindergeld, hat er im Normalfall zum errechneten Unterhaltsbetrag nach der DT noch den hälftigen Kindergeldbetrag an das unterhaltsberechtigte Kind zu zahlen (vgl. etwa Schwab in: Münchner Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1612b Rn. 48). Nach der Regelung des § 1612b Abs. 5 BGB unterbleibt jedoch eine solche Anrechnung, wenn der Kläger - wie hier - außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags (also in Höhe der Gruppe 6 der DT) zu leisten. In einem solchen Fall bleibt es bei einem Unterhaltsanspruch des Kindes in Höhe des berechneten Mangelfallbetrages ohne Aufstockung durch das hälftige Kindergeld. Zur Befriedigung der so berechneten Unterhaltsansprüche jedenfalls der Kinder C., Ca., J. und P. stehen dem Kläger über das aus seinem unterhaltsrechtlich berechneten bereinigten Einkommen hinaus zu Erbringende jeweils noch zumindest das hälftige Kindergeld für diese Kinder zur Verfügung. Das bedeutet z.B., dass der Kläger, um den Mangelfallunterhalt für das jüngste Kind, J., in Höhe von 190 € erbringen zu können, bereits 89,50 € des für J. bezogenen Kindergelds einsetzen kann und nur 100,50 € aus seinem sonstigen Einkommen aufzubringen hätte. Dies belegt hinreichend deutlich, dass sich der nach Berechnung des Gerichts ergebende Kostenbeitrag von monatlich 272 € ungeachtet nicht unerheblicher Aufenthalte E. zu Hause die Unterhaltsansprüche der Klägerin und der Geschwister nicht schmälert.

4. Eine Reduzierung der monatlichen Beitragshöhe von 272 € ist auch nicht etwa durch höherrangiges Recht geboten.

Zwar verkennt auch die Kammer nicht, dass durch das derzeit geltende Kostenbeitragsrecht Alleinverdienerehen bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze schlechter gestellt werden, als Ehen, in denen beide Partner dasselbe Gesamteinkommen nahezu hälftig erwirtschaften. So könnte im vorliegenden Fall die Klägerin ein erheblich höheres Einkommen erwirtschaften, ohne einen Kostenbeitrag zahlen zu müssen. Wenn diese Intention des Gesetz- und Verordnungsgebers auch erstaunt, vermag die Kammer einen Verfassungsverstoß darin nicht zu erkennen. Denn Art. 6 Abs. 1 GG verbietet eine Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber nichtverheirateten Paaren. Eine Differenzierung innerhalb verschiedener Ehemodelle (Alleinverdiener/Mehrverdiener) dürfte dagegen nicht ausgeschlossen sein. Deshalb geht auch das wesentliche Argument des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Rückstufungen in den Einkommensgruppen der Kostenbeitragstabelle, die seine Ehefrau bei höherem Einkommen geltend machen könnte, müssten ihm zusätzlich zugebilligt werden, ins Leere.

Schließlich kann auch in der unterschiedlichen Ausgestaltung der Sprünge über Einkommensgruppen hinweg in den Fällen des § 4 Abs. 1 Nr. 1 KostenbeitragsV (bei niedrigem Einkommen des Beitragspflichtigen: Sprung um zwei Gruppen) und § 4 Abs. 1 Nr. 2 KostenbeitragsV (bei höherem Einkommen Sprung nur um eine Gruppe pro Kind) kein Verfassungsverstoß gesehen werden. Insbesondere kann hierin ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht gesehen werden. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund der von der Kammer (siehe oben unter 1. a)) vertretenen Ansicht zur Nichtanrechenbarkeit des Geschwisterkindergelds auf das Einkommen des Kostenbeitragspflichtigen. Dadurch erhalten kinderreiche Familien wie die der Kläger einen Ausgleich gegenüber beispielsweise einer Einkind-Familie, da bei kinderreichen Familien ein erheblicher wirtschaftlicher Einkommensbestandteil von vornherein anrechnungsfrei gestellt wird.

Die Kosten des nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens sind den Beteiligten entsprechend den Anteilen des Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen (§§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass mangels anwaltlicher Vertretung auf beiden Seiten als außergerichtliche Kosten des Beklagten nur Fahrtkosten zum Termin anfallen können, welche die Klägerin auf Grund ihrer Rücknahme rechtzeitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung jedoch nicht zu tragen hat.

Die Berufung ist nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Fragen der Anrechnung von Geschwisterkindergeld auf das Einkommen des Beitragspflichtigen sowie der Modus der Berechnung einer Schmälerung des Unterhalts gleichrangig Berechtigter in zahlreichen weiteren Streitigkeiten um Kostenbeiträge neuen Rechts aufgeworfen werden und bislang nicht geklärt sind.