VG Braunschweig, Urteil vom 22.02.2012 - 5 A 38/10
Fundstelle
openJur 2012, 52618
  • Rkr:

Das BVL ist zur Überwachung der als Nahrungsergänzungsmittel angezeigten Produkte und Weitergabe von produktbezogenen Informationen, die auch die Frage ihrer Abgrenzung von Arzneimitteln betreffen, nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet. Dabei müssen die Informationen grundsätzlich inhaltlich zutreffend (richtige Tatsachen und vertretbare Bewertungen) sowie sachlich formuliert sein.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen gegenüber dem zuständigen Landesministerium und den weiteren für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden "den Eindruck zu erwecken", bei dem von ihr als Nahrungsergänzungsmittel angebotenen Produkt "Padma Basic" handele es sich um ein nicht zugelassenes oder zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel, sowie den Inhalt ihres Schreibens vom 17.11.2009 zu widerrufen und dabei darauf hinzuweisen, dass die für die Arzneimittelüberwachung örtlich zuständige Behörde "Padma Basic" nicht als zulassungspflichtiges Arzneimittel einstufe.

Die Klägerin bringt in Deutschland "Padma Basic" Kapseln und Tabletten in den Verkehr. Bei der Beklagten liegen Anzeigen der Klägerin nach § 5 der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) für “Padma Basic“ und “Padma 28“ vor. Nach eigenen Angaben vertreibt sie seit dem Jahr 2008 aber nur noch "Padma Basic". Das Erzeugnis, ein tibetisches Kräuterpräparat, wird von der Padma AG in der Schweiz hergestellt. Das dort als Arzneimittel zugelassene "Padma 28" wird aus 22 verschiedenen Pflanzenextrakten hergestellt und enthält anders als das in Deutschland erhältliche Produkt in geringer Dosierung den Inhaltsstoff Eisenhutknollen (www.padma28.net/...). "Padma 28" soll vor allem bei Durchblutungsstörungen mit Beschwerden wie Kribbeln und Ameisenlaufen, Schwere und Spannungsgefühl in den Armen und Beinen, Einschlafen von Händen und Füßen, bei Wadenkrämpfen, körperlicher Überlastung und zur Stärkung des Immunsystems eingesetzt werden. Dabei wird eine Dosierung von 3x2 (2x2) Tabletten täglich über 4 Wochen und danach von 2x1 Tablette über mehrere Monate empfohlen. Beschrieben werden eine durchblutungsfördernde Wirkung ebenso wie immunregulierende, entzündungshemmende, antioxidative sowie bei Atemwegsinfektionen antibakterielle Eigenschaften. “Padma Basic“ besteht aus denselben Pflanzenanteilen, die in "Padma 28" (Deutschland) enthalten sind, mit Ausnahme der Hedychwurzel, die nur in "Padma 28" (Deutschland), enthalten ist. Statt der Hedychwurzel enthält "Padma Basic" als Inhaltsstoff Gewürzlilie. "Padma Basic" soll ebenfalls die Durchblutung, die natürliche Gesunderhaltung der Arterien, das Immunsystem und die Regeneration nach sportlicher Betätigung fördern (www.padmaforum.at/padma-basic.html).

Am 01.07.1998 beantragte die Firma F. (Klägerin des Parallelverfahrens 5 A 39/10) den Erlass einer Allgemeinverfügung für die Einfuhr und das Inverkehrbringen von "Padma 28" (Deutschland) als Nahrungsergänzungsmittel beim damals noch zuständigen Bundesministerium für Gesundheit (heute: § 54 LFGB mit Zuständigkeit der Beklagten). Diesen Antrag lehnte das Bundesministerium mit der Begründung ab, "Padma 28" sei ein Arzneimittel und kein Lebensmittel. Hiergegen erhob die Firma F. Klage beim Verwaltungsgericht Köln (Az.: 9 K 740/99) und machte geltend, das Produkt sei kein Arzneimittel, weil die empfohlene Dosierung keine pharmakologische Wirkung habe. Sämtliche Inhaltsstoffe seien lediglich in einer Dosierung enthalten, bei der eine pharmakologische Wirkung nicht eintrete. Soweit für das Produkt in der Schweiz eine Zulassung als Arzneimittel vorliege, beruhe dies auf einer anderen Rezeptur, denn das in der Schweiz vertriebene Produkt enthalte Eisenhutknollen als pharmakologisch wirksamen Bestandteil. Mit Urteil vom 23.10.2002 wies das Verwaltungsgericht Köln die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 10.11.2005 (Az.: 13 A 463/03) mit der Begründung, dass das Produkt insgesamt eine pharmakologische Wirkung habe, zurück. Hierfür spreche vor allem die durch wissenschaftliche Publikationen belegte therapeutische Wirksamkeit von “Padma 28“ bei Durchblutungsstörungen. Angesichts dieser Erkenntnisse komme es nicht darauf an, ob - wie von der Firma F. vorgetragen - die Dosierung jedes Einzelbestandteils nicht für eine pharmakologische Wirkung ausreiche. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Urteil vom 14.12.2006 (Az.: 3 C 40/05) die Revision zurück und stellte fest, dass das Berufungsgericht zu Recht entscheidend darauf abgestellt habe, dass dem Produkt "Padma 28" (Deutschland) insgesamt eindeutig eine pharmakologische Wirkung beizulegen sei. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Unter demselben Datum (14.12.2006) erließ das Bundesverwaltungsgericht (3 C 38/06) in einem gleichzeitig von der Firma F. geführten Verfahren bezogen auf ein anderes Produkt ("Red Rice") einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof (EuGH), mit dem Fragen zur Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber Funktionsarzneimitteln geklärt werden sollten. Anders als bei "Padma 28“ lag diesem Rechtsstreit als Folge einer Warnung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) eine Verbotsverfügung des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Lüneburg zugrunde, mit der das Inverkehrbringen des Produkts in Deutschland untersagt wurde. Außerdem hatte hier das Berufungsgericht (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht) gerade nicht positiv festgestellt, dass es sich bei dem Produkt ("Red Rice") um ein Arzneimittel handelte, sondern seine Entscheidung auf die Aussage gestützt, "aller Wahrscheinlichkeit" nach sei es ein Funktionsarzneimittel, u. a. weil sich die pharmakologische Wirkung aus einer empfehlungswidrigen Höherdosierung ergeben könne. Der EuGH stellte darauf mit Urteil vom 15.01.2009 (Rs. C-140/07) u. a. fest, dass ein Produkt nicht als Arzneimittel i. S. d. Richtlinie 2001/83 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung angesehen werden könne, "wenn es bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen nicht in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische, immunologische, oder metabolische Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen kann". Das Bundesverwaltungsgericht entschied daraufhin mit Urteil vom 26.05.2009 (Az.: 3 C 5/09), dass "Red Rice" zwar nicht die Voraussetzung eines Funktionsarzneimittels erfülle, wies die Sache jedoch an das Berufungsgericht zurück, um die Frage zu klären, ob das Produkt als Präsentationsarzneimittel einzuordnen sei (vgl. mittlerweile: Nds. OVG, Urt. v. 03.02.2011 - 13 LC 92/09 -, juris).

Parallel zu diesen Verfahren hatte die Bezirksregierung Lüneburg als zuständige Arzneimittelüberwachungsbehörde mit Bescheid vom 01.03.1999 und Widerspruchsbescheid vom 11.05.1999 der Firma F. das Inverkehrbringen von "Padma 28" untersagt. Mit Bescheid vom 25.07.2007 verfügte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg als Funktionsnachfolger der Bezirksregierung Lüneburg aufgrund der Annahme einer Produktidentität die Untersagung auch für "Padma Basic". Hiergegen waren seit dem Jahr 2007 Klagen der Firma F. beim Verwaltungsgericht Stade anhängig. Auf ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Firma F. vom 27.01.2009, mit dem diese das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg aufgefordert hatte, aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 15.01.2009 zu "Red Rice" die Untersagungsverfügungen zu Padma zu überprüfen, widerrief das Gewerbeaufsichtsamt die Untersagungsbescheide zu "Padma 28" und "Padma Basic". Es wies zugleich darauf hin, dass damit lediglich die bisherige Einstufung von "Padma 28" als Funktionsarzneimittel und das entsprechende arzneimittelrechtliche Vertriebsverbot aufgehoben sei. Die Beteiligten erklärten die Verfahren beim Verwaltungsgericht Stade daraufhin am 10.02.2009 übereinstimmend für erledigt.

Auch gegenüber der Klägerin war gemäß § 69 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) vom saarländischen Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales das Inverkehrbringen von "Padma 28" untersagt worden. Ein dagegen im Jahr 2008 noch anhängiges Verfahren beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes wurde eingestellt, nachdem die Klägerin erklärt hatte, den Vertrieb von "Padma 28" seit April 2007 eingestellt zu haben und das Ministerium erklärte, dass sich die Untersagung nicht auf "Padma Basic" beziehe, weil die Verzehrsempfehlung dort deutlich abgesenkt sei. Mit Schreiben vom 21.11.2008 beantragte das Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz des Saarlandes beim BfArM aber eine Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG zu Padma Basic.

Im Oktober 2009 stellte ein Patient, der "Padma Basic" Kapseln regelmäßig einnahm, bei sich erhöhte Gamma-GT-Werte (der Leber) fest, die sich erst nach Absetzen des Produkts wieder normalisierten. Die Apotheke, bei der er das Produkt bezogen hatte, meldete diese unerwünschte Nebenwirkung der Beklagten und informierte auch die Klägerin.

Die Beklagte verfasste daraufhin das streitgegenständliche Schreiben vom 17.11.2009, in dem sie darauf hinwies, das "Padma 28" im Urteil des BVerwG vom 14.12.2006 als Arzneimittel eingestuft worden sei und nach ihrer Auffassung deshalb das Inverkehrbringen von "Padma 28" als Nahrungsergänzungsmittel nicht zulässig sei. Zu "Padma Basic" führte sie aus, nach den ihr vorliegenden Etiketten sei festzustellen, dass gegenüber "Padma 28" nur der Gehalt an Campher gesenkt worden sei. In der Zusammensetzung würden sich "Padma 28" und "Padma Basic" nur dadurch unterscheiden, dass "Padma Basic" Kapseln und Tabletten den Inhaltsstoff Kampheria galanga (Gewürzlilie) enthalten, während "Padma 28" den Inhaltsstoff Hedychii rhiz. (Hedychwurzel) enthalte. Deshalb seien auch "Padma Basic" Tabletten und Kapseln aus ihrer Sicht als Nahrungsergänzungsmittel nicht verkehrsfähig, sondern als nicht zugelassene Arzneimittel einzustufen. Die Beklagte bat abschließend um Mitteilung, ob die Adressaten diese Rechtsauffassung teilen und ob beabsichtigt sei, Maßnahmen gegen das Inverkehrbringen der o. g. Erzeugnisse zu ergreifen. Das Schreiben war an das Ministerium der Justiz, Gesundheit und Soziales Saarland - Abteilung Gesundheit und Verbraucherschutz - und an das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Nds. ML - adressiert, nachrichtlich wurde es den weiteren für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden per E-Mail übersandt. In der Folgezeit schrieben die Städte G. und H. die dortigen Apotheken an und teilten mit, dass "Padma Basic" ebenso wie "Padma 28" nicht als Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig, sondern als nicht zugelassenes Arzneimittel einzustufen sei.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.12.2009 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und wies auf die Schreiben der Städte G. und H. hin, sowie darauf, dass hinsichtlich "Padma 28" und "Padma Basic" verwaltungsgerichtliche Verfahren geführt worden seien. Als Ergebnis dieser Verfahren sei davon auszugehen, dass beide Produkte keine pharmakologische Wirkung hätten und deshalb zu Recht als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht würden.

Die Beklagte übersandte ihr Rundschreiben vom 17.11.2009 der Klägerin zur Kenntnis und verwies auf die rechtskräftige Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es sich bei "Padma 28" um ein nicht zugelassenes Funktionsarzneimittel handele, dessen Inverkehrbringen in Deutschland derzeit strafbar sei. Daher werde die Abgabe des Vorgangs an die zuständige Staatsanwaltschaft geprüft.

Am 23.12.2009 beantragten die Klägerin und die Firma F. beim Verwaltungsgericht Berlin den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Am 07.01.2010 verwies das Verwaltungsgericht Berlin das Verfahren an das nach § 52 Nr. 5 VwGO zuständige Verwaltungsgericht Braunschweig. Die erkennende Kammer lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 21.01.2010 ab (Az.: 5 B 5/10), weil die Klägerin und die Firma F. einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hatten. Nach summarischer Prüfung ging die Kammer davon aus, dass das Rundschreiben der Beklagten vom 17.11.2009 die Klägerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 und 14 Grundgesetz (GG) rechtswidrig beeinträchtige, denn die Beklagte habe innerhalb der ihr gesetzlich übertragenen Zuständigkeiten gehandelt und inhaltlich die Anforderungen an die Richtigkeit sowie Sachlichkeit von Informationen eingehalten. Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.

Am 25.02.2010 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe sich mit ihrem Rundschreiben vom 17.11.2009 schwer geschäftsschädigend verhalten und rechtswidrig in ihre Rechte aus Art. 12 und 14 GG eingegriffen. Auf Grund der Äußerungen der Beklagten hätten alle Apotheken der Städte H. und G. den Vertrieb der streitigen Produkte eingestellt, weil sie sich nicht dem Vorwurf hätten aussetzen wollen, eine strafbare Handlung zu begehen. Das Vorgehen der Beklagten sei rechtswidrig, weil die von ihr vertretene Rechtsauffassung falsch sei und sie ihr (der Klägerin) nicht einmal Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Eine Untersagungsverfügung nach § 69 AMG sei ebenfalls nicht erlassen worden. Auch wenn es sich bei dem Schreiben vom 17.11.2009 nur um eine Mitteilung an andere Behörden gehandelt habe, müsse es ihr möglich sein, rechtlich durchzusetzen, dass die Beklagte von ihrer Einschätzung gegenüber den zuständigen Landesbehörden Abstand nehme und zukünftig unterlasse, zu behaupten, es handele sich bei dem Produkt "Padma Basic" um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel. Deshalb sei ihre Klage, mit der es ihr nicht darum gehe, das Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit zu ahnden, sondern sie einen in die Zukunft gerichteten Anspruch verfolge, zulässig. Die Beklagte sei nicht zuständig, darüber zu entscheiden, ob ein Produkt als Arzneimittel anzusehen sei. Nach §§ 25, 21 Abs. 4 AMG liege die Zuständigkeit für derartige Einordnungen ausschließlich beim BfArM. Die Beklagte dürfe lebensmittelrechtliche Warnungen aussprechen, besitze aber keine Kompetenz im Humanarzneimittelbereich.

Außerdem sei die Information der Beklagten nicht richtig gewesen. Soweit sie auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.12.2006 (Az.: 3 C 40.05) hingewiesen habe, beziehe sich diese Entscheidung ausschließlich auf “Padma 28“, das sehr viel höher dosiert als “Padma Basic“ eingenommen werde. Aus dem deutschen Arzneimittelrecht ergebe sich, dass Präparate mit unterschiedlicher Dosierung nicht identisch seien. Eventuelle Erkenntnisse zu einer pharmakologischen Wirksamkeit von "Padma 28" würden nichts über eine entsprechende Wirksamkeit von "Padma Basic" aussagen. Insoweit habe die Beklagte den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Entgegen den Vorgaben in der Entscheidung des EuGH vom 15.01.2009 in der Rechtssache C 140/07 (“Red Rice“) seien im Übrigen in dem Verfahren, das zu dem von der Beklagten zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.12.2006 (Az.: 3 C 40.05) geführt habe, keine Beweise zu der Frage, ob "Padma 28" über eine pharmakologische Wirkung verfüge, erhoben worden. Der EuGH verlange in der genannten Entscheidung nicht nur von den Behörden, positiv wissenschaftlich eine pharmakologische Wirkung nachzuweisen, sondern er stelle in dem Urteil auch klar, dass es für die Frage nach einer pharmakologischen Wirksamkeit auf die Dosierung der Inhaltsstoffe ankomme. Dies zeige, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, auch wenn sich die Entscheidung des EuGH auf ein anderes Produkt bezogen habe, keinen Bestand mehr haben könne, denn allen sei bewusst gewesen, dass mit der Entscheidung "Red Rice" keine Einzelfallentscheidung habe getroffen werden sollen. Außerdem sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für die Klägerin, die nicht Beteiligte des zugrundeliegenden Verfahrens gewesen sei, nicht bindend gewesen. Die Behörden des Saarlandes hätten ebenfalls bis heute keine Einwände dagegen vorgebracht, dass sie "Padma Basic" in den Verkehr bringe. Damit hätten die für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Behörden die von der Klägerin vertriebenen Padma-Produkte übereinstimmend nicht als Arzneimittel eingestuft. Daraus ergäbe sich ein Anspruch gegen die Beklagte, die Behauptung, es handele sich um Arzneimittel, zu unterlassen.

Zwar habe zwischenzeitlich das BfArM mit Bescheid vom 20.05.2010 festgestellt, dass es sich bei "Padma Basic" Tabletten und Kapseln um zulassungspflichtige Arzneimittel handele, sie habe aber gegen diesen Bescheid Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden sei. Solange der Bescheid des BfArm nicht bestandskräftig sei, sei die Behauptung, es handele sich bei Padma Basic um ein Arzneimittel, falsch. Dieser Auffassung seien auch die Verwaltungsgerichte Münster und Arnsberg gefolgt. So hätten beide Gerichte Vergleiche geschlossen, in denen sich die beklagten Städte H. und G. jeweils verpflichtet hätten, es zu unterlassen, gegenüber Apotheken zu behaupten, dass es sich bei "Padma 28" und "Padma Basic" um nicht zugelassene Fertigarzneimittel handele, es sei denn, es liege ein rechtskräftiger gegenteiliger Bescheid des BfArM vor. Dies zeige, dass beide Städte und die Verwaltungsgerichte, die die Vergleiche geschlossen hätten, eingesehen hätten, dass die damalige Information falsch und unvollständig gewesen sei. Die Beklagte hätte zumindest auf der Grundlage des Schreibens der Klägerin vom 15.12.2009 die Informationen in ihrem Schreiben vom 17.11.2009 vervollständigen müssen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen gegenüber dem Ministerium der Justiz, Gesundheit und Soziales Saarland, dem Niedersächsischen Ministerium für ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und allen weiteren für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden den Anschein zu erwecken, dass es sich bei dem als Nahrungsergänzungsmittel angebotenen Produkt der Klägerin mit dem Namen "Padma Basic" um ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel handelt, das aber der Zulassungspflicht unterliegt, wie geschehen mit Schreiben vom 17.11.2009,

2. die Beklagte zu verurteilen, gegenüber dem Ministerium der Justiz, Gesundheit und Soziales Saarland, dem Niedersächsischen Ministerium für ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und allen weiteren für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden den Inhalt ihres Schreibens vom 17.11.2009 zu widerrufen und im Rahmen des Widerrufs darauf hinzuweisen, dass die für die Arzneimittelüberwachung der Klägerin örtlich zuständige Behörde das Nahrungsergänzungsmittel "Padma Basic" nicht als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel einstuft, für das eine Zulassung nicht vorliegt, solange kein anderslautender rechtskräftiger Bescheid der örtlich zuständigen Behörde bzw. des BfArM vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert: Ihr Schreiben vom 17.11.2009 habe keine Einstufung enthalten, sondern hinsichtlich "Padma Basic" eine vorläufige Einschätzung. Wegen der föderal organisierten Lebensmittelüberwachung habe sie keine Weisungsbefugnis gegenüber den Landesbehörden, die gemäß § 38 Abs. 1 Lebens- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) für die Überwachung in eigener Verantwortung zuständig seien. Aus der Formulierung "zur Kenntnisnahme und ggf. weiteren Veranlassung" werde deutlich, dass es sich lediglich um eine Unterrichtung und Anregung zur selbständigen Prüfung der Verkehrsfähigkeit von "Padma Basic" gehandelt habe. Die von den zuständigen Landesbehörden daraufhin ergriffenen Maßnahmen seien ihr nicht zuzurechnen. Dass hinsichtlich der Zuständigkeiten für die tatsächliche Einstufung von Erzeugnissen als Arzneimittel auf Seiten der Landesbehörden Klarheit bestehe, werde dadurch belegt, dass gemäß § 21 Abs. 4 AMG das BfArM eingeschaltet worden sei. Die sachliche Richtigkeit ihrer Einschätzung ergebe sich (auch) wegen des geringen Unterschiedes von "Padma Basic" zu "Padma 28" und der vergleichbaren Dosierungsempfehlung. Im Übrigen sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.12.2006 zu "Padma 28" keinesfalls obsolet und habe auch vor der aktuellen Rechtsprechung des EuGH Bestand. Da aufgrund der Anzeige nach § 5 NemV "Padma Basic" als Lebensmittel im Verkehr sei, sei sie - die Beklagte - verpflichtet, Informationen, fachliche Einschätzungen und Rechtsauffassungen an die Bundesländer weiterzugeben, um einen einheitlichen Vollzug des Lebensmittelrechts zu gewährleisten. Dies sei kein Eingreifen in die Zuständigkeiten des BfArM. In dem vor dem Verwaltungsgericht Münster geschlossenen Vergleich werde ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Unterlassungsverpflichtung der Stadt Münster nur so lange gelte, wie ein bestandskräftiger gegenteiliger Bescheid des BfArM nicht vorliege. Dies zeige, dass es vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin auf die Entscheidung des BfArM maßgeblich ankomme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, des Parallelverfahrens 5 A 39/10 des Eilverfahrens 5 B 5/10 sowie des VG Münster 7 K 178/10 und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Die erkennende Kammer geht davon aus, dass die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig ist und die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse hat. Insoweit hatte sie durch die Vorlage der Schreiben der Städte H. und G. an die dortigen Apotheken glaubhaft gemacht, dass das Rundschreiben der Beklagten vom 17.11.2009 negative Auswirkungen auf den Vertrieb ihrer "Padma Basic"-Produkte hatte. Zwar haben diese beiden Städte mittlerweile gerichtliche Vergleiche mit der Klägerin geschlossen, wonach sie sich zur Unterlassung verpflichtet haben, gegenüber den Apotheken zu erklären, "Padma Basic" sei ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel. Die Kammer folgt aber der Einschätzung der Klägerin, dass die Apotheker den Verkauf dieser Produkte nach einer derartigen Information zunächst eingestellt haben, weil auch sie sich nach §§ 96 Nr. 5 und Nr. 9, 4 Abs. 17 AMG strafbar machen, wenn sie ein nicht zugelassenes Arzneimittel in den Verkehr bringen. Deshalb besteht auch weiterhin ein Interesse an der Klärung der Frage, ob die Beklagte Informationen wie im Rundschreiben vom 17.11.2009 verbreiten darf.

Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass ihr Schreiben vom 17.11.2009 allein dem behördeninternen Meinungsaustausch diente und die zuständigen Landesbehörden sich im Wesentlichen auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.12.2006 (Az. 3 C 40/05, Juris) berufen sowie sich im Übrigen auf der Grundlage der von ihr vorgetragenen Argumente eine eigene Rechtsauffassung gebildet haben. Auch trifft es zu, dass erst die Schreiben der zuständigen Behörden an die Apotheken in G. und H. zu einem Vertriebsstopp der Produkte geführt haben und diese nicht unmittelbare Folge des Rundschreibens der Beklagten waren, das nur an die obersten Landesbehörden gerichtet war. Gleichwohl war das Rundschreiben der Beklagten der Anlass für die oberste Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen, die örtlich zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden zu informieren. Hiervon ist auszugehen, auch wenn die Klägerin ein entsprechendes Schreiben nicht vorgelegt hat. Deshalb ist denkbar, dass auch die Apotheken anderer Städte von den für sie zuständigen Behörden auf das Rundschreiben der Beklagten vom 17.11.2009 hingewiesen wurden oder die Apotheken auf andere Weise von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu "Padma 28" bzw. von der Einschätzung der Beklagten zu "Padma Basic" erfahren und die "Padma"-Produkte vorsorglich aus ihrem Angebot genommen haben. Dem Rundschreiben der Beklagten kommt damit zumindest eine mittelbare Außenwirkung zu. Dass der Klägerin dadurch erhebliche, nicht wieder gut zu machende Schäden in Form von Umsatzeinbußen drohen, ist denkbar, denn ein Produkt, das einmal aus dem Angebot entnommen wurde, wird erfahrungsgemäß nicht innerhalb von kurzer Zeit wieder aufgenommen. Dem kann entgegengewirkt werden, indem die Beklagte gegenüber allen für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden von ihrer Einschätzung im Rundschreiben vom 17.11.2009 Abstand nimmt und zur Weitergabe der Information an die örtlich zuständigen Behörden auffordert.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat weder einen öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf künftige Unterlassung der Äußerungen, dass es sich bei ihrem als Nahrungsergänzungsmittel angebotenen Produkt "Padma Basic" um ein nicht zugelassenes Fertigarzneimittel handelt, noch auf einen Widerruf ihrer Äußerungen im Schreiben vom 17.11.2009.

Die Versendung des Rundschreibens der Beklagten vom 17.11.2009 (direkt bzw. nachrichtlich per E-Mail) an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden aller Bundesländer verletzt die Klägerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz - GG -.

Die Klägerin ist in ihrem Grundrecht der freien Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht beeinträchtigt.

Als inländische juristische Personen (in der Rechtsform der GmbH) kann sie sich nach Art. 19 Abs. 3 GG auf das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG berufen, weil sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausübt, die in ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht. Der Schutzbereich des Art. 12 GG ist grundsätzlich dann berührt, wenn die beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Grundrechtsträgers durch öffentliche negative Äußerungen staatlicher Stellen über seine konkret angesprochene berufliche Betätigung nachhaltig eingeschränkt werden (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.1990 - 3 C 2/88 -"Glykol", juris). Auch wenn es sich hier nicht um "öffentliche negative" Äußerungen im vorgenannten Sinne handelt, so wurde das an sich für behördeninterne Zwecke verfasste Rundschreiben der Beklagten über die Weiterleitung durch die Städte G. und H. an verschiedene Apotheken und damit einen Teil der Öffentlichkeit, bekannt gemacht. Von einer internen Mitteilung einer Behörde gegenüber anderen Behörden, die gerade nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und auch nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist, kann daher nicht mehr die Rede sein.

Gleichwohl ist die Klägerin in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG durch das Rundschreiben der Beklagten nicht beeinträchtigt, weil sich die Beklagte an die rechtlichen Vorgaben über die ihr im Rahmen ihrer Zuständigkeit übertragenen Aufgaben gehalten sowie die Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen eingehalten hat (vgl. zu den Vorgaben für staatliches Informationshandeln: BVerfG, 1. Senat, B. v. 26.06.2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 - "Glykolwarnung", juris).

33Die Beklagte handelte bei der Übermittlung der Informationen im Schreiben vom 17.11.2009 innerhalb ihrer gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeiten im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Diese ergeben sich aus der Aufzählung in § 2 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - BVLG - sowie aus einzeln zugewiesenen Aufgaben der Nahrungsergänzungsmittelverordnung - NemV -, des Lebens- und Futtermittelgesetzbuchs - LFGB - und der Diätverordnung - DiätV -. Danach ist sie u. a. für die Bearbeitung von Anträgen zum Erlass einer Allgemeinverfügung nach § 54 LFGB und für die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen gemäß § 5 NemV zuständig. Nach § 5 Abs. 3 NemV übermittelt die Beklagte die Anzeige dem Bundesministerium sowie den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden. Dies bedeutet einen regelmäßigen Austausch an Informationen zwischen der Beklagten und den Landesbehörden über die angezeigten Produkte. Darüber hinaus gehende Überwachungspflichten folgen aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 BVLG, wonach die Beklagte u. a. tätig wird bei Maßnahmen der Vorsorge und des Schutzes im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes, vor allem im Hinblick auf Lebensmittel. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 BVLG wirkt die Beklagte bei der Vorbereitung und Begleitung von Überwachungsprogrammen und -plänen der Länder in den in Nr. 1 genannten Bereichen mit. Da die Klägerin "Padma Basic" nach § 5 NemV bei der Beklagten als Nahrungsergänzungsmittel angezeigt hat, ist die Beklagte zur Überwachung dieser Produkte und Weitergabe diesbezüglicher Information an die Länder im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (vgl. auch BVerfG, B. v. 26.06.2002 , "Glykolwarnung", a.a.O., wonach in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich eine Ermächtigung zum Informationshandeln liegt, juris Rn. 51 ff.). Damit greift sie nicht in die Zuständigkeit des BfArM ein, das über Zulassungsanträge und auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde nach § 21 Abs. 4 AMG über die "Einstufung" eines Produkts als zulassungspflichtiges Arzneimittel entscheidet. Dass beim BfArM seit November 2008 ein Antrag des saarländischen Ministeriums für Gesundheit und Verbraucherschutz anhängig gewesen ist, eine Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG zu "Padma Basic" zu treffen, spricht keinesfalls dagegen, dass die Beklagte nach der Meldung einer unerwünschten Nebenwirkung ebenfalls im Hinblick auf dieses Produkt tätig geworden ist. Da sie die Landesbehörden nur um Mitteilung gebeten hat, ob Maßnahmen gegen das Inverkehrbringen der Produkte beabsichtigt sind und nicht etwa dazu aufgefordert hat, derartige Maßnahmen zu ergreifen, hat sie den Rahmen ihrer Zuständigkeit nicht überschritten.

34Inhaltlich hat die Beklagte zutreffende und sachliche Informationen in einer zurückhaltenden Formulierungsweise weitergeleitet, wovor Art. 12 GG die Klägerin unabhängig von etwaigen, sich daraus ergebenden Umsatzeinbußen nicht schützt.

Die inhaltliche Richtigkeit der Information über "Padma 28" ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.12.2006 (Az. 3 C 40/05, Juris). Dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, "Padma 28" sei ein Arzneimittel, ist eine Tatsache. Auf diese Tatsache hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise hingewiesen. Diese Tatsache ist nicht deshalb falsch wiedergegeben, weil es sich um eine Entscheidung in einem Verfahren gehandelt hat, in dem es um den Erlass einer Allgemeinverfügung nach (dem heutigen) § 54 LFGB ging. Auch in dem genannten Verfahren war die Abgrenzung von Lebensmitteln gegenüber Arzneimitteln maßgeblich, weil nur bezogen auf Lebensmittel Allgemeinverfügungen erlassen werden dürfen.

Soweit die Klägerin meint, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei infolge einer neueren Rechtsprechung des EuGH nicht mehr von Bedeutung, führt auch dies nicht dazu, dass die Beklagte auf eine falsche Tatsache hingewiesen hat. Durch die Entscheidung des EuGH vom 15.01.2009 (Rs. C-140/07, eur-lex) zu "Red Rice" hat sich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) zu "Padma 28" nicht "überholt". Weder die Verfahren noch die Produkte sind vergleichbar. Bei "Red Rice" handelt es sich um ein Monopräparat bestehend aus nur einem Wirkstoff, wohingegen "Padma 28" ein Kombinationspräparat mit zahlreichen Wirkstoffen ist. Während bei "Padma 28" für die Tatsachengerichte keine Zweifel an der pharmakologischen Wirkung bestanden, äußerten die Tatsachengerichte bei "Red Rice" die Vermutung, dass sich die pharmakologische Wirkung (nur) aus einer empfehlungswidrigen Höherdosierung ergeben könne. Diese erheblichen Unterschiede verbieten gerade auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach die Entscheidung, ob ein Erzeugnis ein Funktionsarzneimittel ist, von Fall zu Fall zu treffen ist und dabei alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen sind (Rs. C-140/07 a.a.O.), eine rechtliche Gleichbehandlung von "Padma 28" und "Red Rice".

Der Einwand der Klägerin, seinerzeit sei zu Unrecht über die pharmakologische Wirkung der in Deutschland vertriebenen "Padma 28"-Tabletten (ohne Eisenhutknollen) nicht Beweis erhoben worden, greift ebenfalls nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich ausführlich und nachvollziehbar mit der Frage beschäftigt, weshalb das Berufungsgericht keine Sachverständigengutachten zur pharmakologischen Wirkung einzuholen hatte (vgl. Urt. v. 12.12.2006, a.a.O., juris Rn. 25 ff.).

Auch der zutreffende Hinweis der Klägerin darauf, dass die Untersagungsverfügungen nach § 69 AMG sowohl vom Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg als auch vom zuständigen saarländischen Ministerium widerrufen worden seien, spricht nicht gegen die inhaltliche Richtigkeit der von der Beklagten weitergegebenen Informationen. In ihrem Schreiben nimmt die Beklagte nur auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.12.2006 Bezug und teilt mit, sie halte deshalb das Inverkehrbringen dieses Produkts als Nahrungsergänzungsmittel für unzulässig. Ob insoweit Untersagungsverfügungen vorliegen oder vorgelegen haben, musste nicht erwähnt werden, zumal die Beklagte hiervon wahrscheinlich keine Kenntnis hatte.

Entgegen der Auffassung der Klägerin musste die Beklagte die Information, dass die Untersagungsverfügungen bezüglich "Padma" in Niedersachsen aufgehoben und im Saarland hinsichtlich "Padma Basic" bewusst nicht erlassen worden seien, auch nicht an die obersten Behörden der anderen Bundesländer weiterleiten, nachdem sie erfahren hatte, welche Wirkung ihr Rundschreiben vom 17.11.2009 teilweise hatte. Zwar hat die Klägerin sie mit Schreiben vom 15.12.2009 auf die Reaktion der Städte G. und H. hingewiesen und die entsprechenden Schreiben an die Apotheken vorgelegt. Daraus ergab sich jedoch keine Verpflichtung für die Beklagte, weitere, ergänzende Rundschreiben an die obersten für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden zu verfassen. Vielmehr wäre die Weitergabe der Informationen darüber, wie bislang in den einzelnen Bundesländern hinsichtlich der "Padma"-Produkte verfahren worden ist, Gegenstand des von der Beklagten beabsichtigten Meinungsaustausches zwischen den angeschriebenen Landesbehörden gewesen, d.h. die niedersächsische Landesbehörde hätte den anderen Landesbehörden zu berichten gehabt, dass und aus welchen Gründen in Niedersachsen die Untersagungsverfügungen zu "Padma" aufgehoben worden seien. Ebenso hätte das Saarland den anderen Landesbehörden daraufhin mitteilen können, dass dort die Untersagungsverfügung zu "Padma 28" aufgehoben worden sei, nachdem das Produkt nicht mehr in Deutschland vertrieben werde, und dass hinsichtlich "Padma Basic" eine Verbotsverfügung nicht beabsichtigt sei, weil von einer sehr viel geringeren Dosierung als bei "Padma 28" ausgegangen werde. Da die oberste Landesbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen diesen Meinungsaustausch offenbar - wie die Schreiben der Städte G. und H. an alle Apotheken in ihrem Einzugsbereich zeigen - nicht abgewartet hat, hätte sich die Klägerin allenfalls an diese Behörde wenden und fordern müssen, dass von dort ergänzende Informationen über die vorangegangenen Verfahren in Niedersachsen und im Saarland und darüber, dass dort Verbotsverfügungen zu "Padma"-Produkten aufgehoben bzw. nicht erlassen wurden, an die Städte nachgereicht werden.

Schließlich ist auch die vorläufige Einschätzung der Beklagten in ihrem Rundschreiben zu "Padma Basic" sachlich gehalten und fundiert begründet. Dabei hat sie darauf abgestellt, dass sich "Padma Basic" von "Padma 28" nur durch einen Inhaltsstoff - was unstreitig ist - unterscheidet. Dass die Beklagte aufgrund dieses geringen Unterschieds "Padma Basic" ebenfalls nicht als Nahrungsergänzungsmittel für verkehrsfähig hält, sondern es als Arzneimittel einstuft, ist zumindest rechtlich vertretbar, denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 14.12.2006 hinsichtlich des Unterschiedes von "Padma 28 Deutschland" zu "Padma 28 Schweiz" gleichermaßen argumentiert und ausführlich dargelegt, weshalb dem Fehlen eines gering dosierten Bestandteils von 21 pflanzlichen Bestandteilen keine Bedeutung beizumessen sei (a.a.O.; vgl. auch zur Vertretbarkeit der Einschätzung, dass E-Zigaretten Arzneimittel i.S.d. AMG sind durch das Gesundheitsministerium NRW mit der Folge, dass Warnungen (sogar) gegenüber der Öffentlichkeit rechtlich nicht zu beanstanden sind, VG Düsseldorf, B. v. 16.01.2012 - 16 L 2043/11 -, juris).

Der Vergleichbarkeit von "Padma Basic" und "Padma 28" stehen auch nicht erhebliche Unterschiede in der Dosierung entgegen. Ihren Vortrag, die Produkte seien schon deshalb nicht identisch, weil die Verzehrsempfehlung bei "Padma Basic" auf 1/3 reduziert sei, hat die Klägerin noch immer nicht überzeugend belegt. Zwar heißt es in ihren Anzeigen nach § 5 NemV, bei "Padma 28" sollten 1-2 Tabletten vor "den Hauptmahlzeiten" eingenommen werden, während bei "Padma Basic" von 1-2 Kapseln/Tabletten vor "einer Hauptmahlzeit" die Rede ist. In verschiedenen, im Internet zugänglichen Produkt- und Patienteninformationen gibt es hingegen keine Unterschiede in der Verzehrsempfehlung. Vielmehr wird bei "Padma 28" ebenso wie bei "Padma Basic" als Initialdosis die Einnahme von 3 x 2 Tabletten/Kapseln und nach Eintritt einer Verbesserung (nach etwa einem Monat) die Einnahme von 2 Tabletten/Kapseln täglich empfohlen (www.padmabasic.de/padma28/vragen.php). Da der Verbraucher nur auf diese Informationen, nicht aber auf die Anzeige nach § 5 NemV zugreifen kann, ist die allgemein zugängliche Dosierungsempfehlung hier entscheidend. An dieser Dosierungsempfehlung hat sich im Übrigen auch bei dem Nachfolgeprodukt "Padma Circosan", das seit kurzem in Österreich als Arzneimittel zugelassen ist, nichts geändert (vgl. Presseinfo 2011 der Sanova, www.sanova.at; www.padma-circosan.at).

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass nach § 22 Abs. 1 Nr. 3 AMG Wirkstoffe und ihre Menge als unverzichtbare Bestandteile zur Zulassung eines Arzneimittels gehören, eine Änderung der Dosierung zur Änderung der Zulassung führe und eine Änderung des Wirkstoffes sogar eine neue Zulassung erfordere, spricht dies nicht gegen die Einschätzung, dass infolge der fast identischen Zusammensetzung "Padma Basic" ebenso wie "Padma 28" als Arzneimittel einzustufen sei. Selbstverständlich wären nach dem Arzneimittelgesetz für beide Produkte unterschiedliche Zulassungsanträge zu stellen.

Dass die Einschätzung der Beklagten vertretbar ist, gilt umso mehr, als zwischenzeitlich das BfArM eine Entscheidung nach § 21 Abs. 4 AMG getroffen hat. Auch wenn der Bescheid vom 20.05.2010, in dem das BfArM feststellt, dass es sich bei "Padma Basic" Tabletten und Kapseln um zulassungspflichtige Arzneimittel handelt, noch nicht bestandskräftig ist, ist damit ein eingehend begründeter Bescheid einer Bundesbehörde bekannt gegeben worden.

Die Klägerin ist in ihrem Eigentumsrecht (Art. 14 GG) ebenfalls nicht verletzt. gemacht. Der Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie wird durch das Rundschreiben der Beklagten nicht berührt. Die von der Klägerin vorgetragenen Beeinträchtigungen ihrer Vertriebsmöglichkeiten betreffen kein Schutzgut des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002 "Glykolwarnung", a.a.O.).

Auch aus dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ergibt sich keine für die Klägerin günstigere Bewertung. Auch wenn Umsatz- und Gewinnchancen für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung sind, werden sie vom Grundgesetz eigentumsrechtlich nicht dem geschützten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergeht aufgrund § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Ziff. 54.2.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 325) .