Niedersächsisches OVG, Urteil vom 17.01.2012 - 10 LB 109/10
Fundstelle
openJur 2012, 52517
  • Rkr:

Ein Antragsteller handelt nur dann im Sinne des Art. 44 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ohne Schuld, wenn er seinen Irrtum nicht verhindern konnte.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm für das Jahr 2003 weitere Flächenzahlungen zu gewähren.

Er betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Haupterwerb. Seit dem 1. Oktober 2000 pachtete er eine Teilfläche zur Größe von 3,9204 ha des Flurstücks 5/2 der Flur 6, Gemarkung E., Gemeinde F.. In dem zugrunde liegenden Pachtvertrag mit dem Verpächter G. H. vom 5. September 2000 ist als Nutzungsart „Acker“ vermerkt. Diese Fläche war zuvor an den Landwirt I. J. verpachtet, der für diese Fläche im Antragsjahr 1996 Agrarförderung erhielt. Auf Antrag des Vorpächters vom 21. Mai 1996 wurde durch Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Verden vom 29. November 1996 auf Grundlage des Art. 9 Abs. 4 Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 eine nicht beihilfefähige Fläche des Vorpächters in (förderfähiges) Ackerland umgewandelt und zugleich ging u.a. die Teilfläche des Flurstücks 5/2 im Wege des Tausches in eine „nicht beihilfefähige Betriebsfläche“ über, verbunden mit der Verpflichtung, die bisherigen Ackerflächen „als Grünland einzusäen“. Der Verpächter hatte bereits unter dem 13. August 1996 der Umwandlung des Flurstücks 5/2 im Herbst 1996 von Acker- in Grünland zugestimmt; diese Erklärung enthielt weder sachliche noch zeitliche Einschränkungen. Der Vorpächter nutzte diese Teilfläche seither als Grünland. Nach Übernahme dieser Fläche brach der Kläger das Grünland um und nutzte die Fläche seither als Ackerland.

Das Amt für Agrarstruktur Verden als Funktionsvorgänger der Beklagten gewährte dem Kläger auf dessen Anträge hin Flächenzahlungen nach der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 für die Jahre 2001 und 2002 unter Einbeziehung des Schlags 16.

Für das Antragsjahr 2003 beantragte der Kläger am 18. März 2003 eine Flächenzahlung, u.a. für mit Getreide bebaute Flächen zur Größe von zusammen 19,1499 ha. Dabei gab er für den Schlag 16 die Kultur-/Fruchtart Triticale (Kulturcode 155) mit einer Größe von 3,9204 ha an. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 gewährte das Amt für Agrarstruktur Verden dem Kläger für das Antragsjahr 2003 eine Flächenzahlung in Höhe von 962,35 EUR, wobei es nach einer Kontrolle vor Ort eine ermittelte Fläche für die Kulturgruppe Getreide zur Größe von 15,8400 ha und für die Kulturgruppe Stilllegung zur Größe von 3,1608 ha zugrunde legte. Wegen einer Abweichung von mehr als 20 % zwischen der beantragten und der ermittelten Fläche der Kulturgruppe Getreide lehnte das Amt eine Flächenzahlung für diese Kulturgruppe insgesamt ab.

Die Beklagte wies mit am 30. Juni 2006 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2006 den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Aufgrund des Flächenaustauschbescheids vom 29. November 1996 sei die Teilfläche des Flurstücks 5/2 unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung nicht beihilfefähig. Die Einstufung der Fläche als nicht beihilfefähig sei nicht personenbezogen, so dass der vorgenannte Bescheid auch nach Rückgabe der Fläche an den Eigentümer bzw. nach Weiterverpachtung an den Kläger Geltung habe. Die tatsächlich ermittelte Fläche im Nutzungsblock Getreide betrage in 2003 nur 15,84 ha, so dass die Abweichung (zwischen ermittelter und beantragter Fläche) 20,9 % betrage, und infolgedessen errechne sich eine zuwendungsfähige Fläche von 0 ha. Die vermeintliche Tatsache, dass der Kläger keine Kenntnis von der Umwandlung der vormals beihilfefähigen Fläche in eine nicht beihilfefähige Fläche gehabt habe, lasse den ihm zur Last zu legenden Schuldvorwurf nicht entfallen. Zum einen habe der Kläger mit der Antragstellung die Richtigkeit seiner Angaben bestätigt. Zum anderen habe er fahrlässig gehandelt, indem er sich bei Eingehung des Pachtvertrages nicht über die Beihilfefähigkeit der Fläche informiert habe. Die Einholung einer solchen Information vor Umbruch einer mehrjährig als Grünland genutzten Fläche sei auch durchaus üblich und zumutbar. Dass die Fläche noch nicht fünf Jahre als Grünland genutzt worden sei, befreie ihn nicht von diesbezüglichen Nachforschungen. Für die Beihilfefähigkeit komme es nicht entscheidend darauf an, ob es sich bei der Fläche um Dauergrünland gehandelt habe, allein die Festsetzung als nicht beihilfefähige Fläche sei ausschlaggebend. Der Kläger habe somit in dem Agrarförderantrag 2003 sachlich unrichtige Angaben gemacht, die ihm vorzuwerfen seien.

Mit seiner am 28. Juli 2006 erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend zu seinem Vorbringen im Widerspruchsverfahren geltend gemacht: Selbst bei der Vor-Ort-Kontrolle am 10. Juni 2003 hätten die Prüfer keine Beanstandungen erhoben. Er habe dabei sämtliche Katasterunterlagen vorgelegt, worin auch die umstrittene Fläche als „Ackerland” geführt werde. Diese Unterlagen genössen den „guten Glauben”. Für ihn habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass seine Antragsangaben unrichtig sein könnten. Auch aus dem Pachtvertrag gehe die Besonderheit dieser Fläche nicht hervor. Darüber hinaus habe es nicht zu seinen Obliegenheiten gehört, sich nach dem prämienrelevanten „Vorleben” der Fläche zu erkundigen. Außerdem entfalte der Bescheid vom 29. November 1996 über den Flächentausch nur betriebsbezogene Wirkung. Sein - des Klägers - Betrieb sei deshalb nicht betroffen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm eine weitere Flächenzahlung (Getreide) für 18,6597 ha in Höhe von 6.018,87 EUR für das Jahr 2003 zu gewähren und den Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Verden vom 15. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 23. Juni 2006 aufzuheben, soweit er der Verpflichtung entgegensteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Erwiderung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und ergänzt: Der Kläger habe für die Fläche des Flurstücks 5/2 Flächenzahlungen beantragt und damit konkludent eine sachlich unrichtige Angabe gemacht, weil es sich tatsächlich um eine nicht beihilfefähige Fläche gehandelt habe. Insoweit treffe ihn auch ein Schuldvorwurf. Die Angaben in den Katasterunterlagen über die Nutzung einer Fläche müssten nicht zwangsläufig dem prämienrechtlichen Status entsprechen. Auch im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle habe der prämienrechtliche Status der Fläche nicht festgestellt werden können. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle würden die tatsächlichen Gegebenheiten einer Fläche geprüft. Vielmehr gehöre es zu den Obliegenheiten des Klägers, vor Abschluss eines Rechtsgeschäfts über eine Fläche sich über deren prämienrechtlichen Status zu erkundigen.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24. Februar 2009 teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Flächenzahlung für das Antragsjahr 2003 in Höhe von 4.806,95 EUR zu gewähren und den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Kläger habe Anspruch auf eine weitere Flächenzahlung in Höhe von 4.806,95 EUR; den geltend gemachten, darüber hinausgehenden Betrag könne er nicht verlangen. Der Kläger könne für die Fläche von 3,8559 ha des Schlags 16 keine Förderung erhalten, weil die Umwandlungsgenehmigung vom 29. November 1996 fortwirke und die davon erfasste Fläche nicht beihilfefähig sei. Diese Genehmigung gelte fort, weil sie nicht personenbezogen, sondern flächenbezogen sei. Indes könne gegen den Kläger eine Sanktion nicht ausgesprochen werden. Zwar habe er insoweit keine sachlich richtigen Angaben gemacht, weil er eine Förderung für eine nicht beihilfefähige Fläche beantragt habe. Ihn treffe aber keine Schuld. Er habe nicht wissen müssen, dass nach den geltenden, im Zeitpunkt der Antragstellung aufgehobenen Vorschriften der beschriebene Flächentausch genehmigt worden sei. Zu diesem Flächentausch habe der Kläger keine Erklärung abgeben müssen. Hiernach könne er mit Ausnahme einer Fläche von 3,8559 ha des Schlags 16, mithin für 15,2940 ha abzüglich der proportionalen Kürzung wegen Flächenüberschreitung in Höhe von 2,56 %, letztlich für eine Fläche von 14,9025 ha eine Förderung in Höhe von 4.806,95 EUR erhalten. Wegen der darüber hinausgehenden Klagforderung in Höhe von 1.211,92 EUR müsse die Klage ohne Erfolg bleiben.

Die Beklagte hat die mit Beschluss des Senats vom 27. Juli 2010 (10 LA 38/09) zugelassene Berufung wie folgt begründet: Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht dem Kläger eine weitere Flächenzahlung für das Antragsjahr 2003 zugesprochen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei es nicht nach Art. 44 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ausgeschlossen, eine Sanktion auszusprechen. Die betreffende Fläche sei nicht beihilfefähig. Dass der Kläger gleichwohl für diese Fläche eine Flächenzahlung beantragt habe, stelle eine sachlich unrichtige Angabe dar. Mit der Antragstellung habe der Kläger konkludent behauptet, dass die Fläche beihilfefähig sei; insofern treffe ihn auch ein Schuldvorwurf. Es gehöre zu den Obliegenheiten des Klägers, sich über den prämienrechtlichen Status einer Fläche zu erkundigen, zumal die Fläche zuvor mehrjährig als Grünland genutzt worden sei. Die vermeintliche Tatsache, dass der Kläger keine Kenntnis von der Umwandlung der Fläche in eine nicht beihilfefähige Fläche gehabt habe, lasse den Schuldvorwurf nicht entfallen. Hiernach sei der Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Verden vom 15. Dezember 2003 rechtmäßig.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil, soweit das Verwaltungsgericht der Klage wegen Flächenzahlung für das Jahr 2003 stattgegeben hat, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung vertieft er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Es habe keinen Anhalt für eine fehlende Beihilfefähigkeit des betreffenden Schlags gegeben. Mit dem zugrunde liegenden Pachtvertrag habe er Ackerland zu einem Pachtzins in Höhe von 900 DM je Hektar gepachtet. Dieser Pachtzins liege an der oberen Grenze der Ortsüblichkeit. Mangels abweichender Bestimmungen im Pachtvertrag und aufgrund der Höhe des Pachtzinses habe er davon ausgehen dürfen und müssen, dass er „normalen“ Acker ohne wesentliche Besonderheiten gepachtet habe. Es hätte wohl wenig genutzt, wenn er den Verpächter gefragt hätte, denn dieser habe wohlweislich diese Tatsache verschwiegen. Daneben sei es absolut ungewöhnlich, dass ein Verpächter sich eine solche Herabstufung des Wertes seines Grund und Bodens gefallen lasse. Ob ein Behördenirrtum vorliege, beantworte sich nicht alleine danach, ob objektiv unrichtige Angaben gemacht worden sind, sondern danach, aus welchen Gründen dies geschehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 10 LB 8/12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf die zugesprochene weitere Flächenzahlung, §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. Nr. L 160 S. 1), die im Wirtschaftsjahr 2003 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1038/2001 des Rates vom 22. Mai 2001 (ABl. Nr. L 145 S. 16) anzuwenden war - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 -. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2316/1999 der Kommission vom 22. Oktober 1999 (ABl. Nr. L 290 S. 43) in der für das Antragsjahr 2003 maßgeblichen Fassung der Verordnung (EG) Nr. 327/2002 (ABl. Nr. L 51 S. 14) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 2316/1999 - wurden Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 erlassen. Die verwaltungsmäßige Durchführung dieser und anderer Beihilferegelungen richtet sich nach der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 355 S. 1) in der für das Antragsjahr 2003 geltenden Fassung der Verordnung (EG) Nr. 495/2001 der Kommission vom 13. März 2001 (ABl. Nr. L 72 S. 6) - im Folgenden: Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 -, sowie nach der aufgrund der Ermächtigung in Art. 12 dieser Verordnung ergangenen Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. Nr. L 327 S. 11) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2550/2001 der Kommission vom 21. Dezember 2001 (ABl. Nr. L 341 S. 105) - im Folgenden: Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 -. Nationale Durchführungsbestimmungen enthält die auf der Grundlage des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146) ergangene Flächenzahlungs-Verordnung vom 6. Januar 2000 (BGBl I S. 15) in der Fassung der Verordnung vom 21. März 2003 (BGBl. I S. 431) - im Folgenden: FZV -.

Aufgrund des Art. 2 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 können Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in der Gemeinschaft eine Flächen- bzw. Ausgleichszahlung gemäß den Bedingungen dieser Verordnung beantragen. Nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung wird die Flächenzahlung je Hektar gewährt und ist regional gestaffelt; sie wird für die Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut ist oder stillgelegt wurde und die eine regionale Grundfläche nicht übersteigt. Übersteigt die Summe der Flächen, für die in einem Wirtschaftsjahr eine Flächenzahlung beantragt wird, die festgelegte regionale Grundfläche, so werden die Antragsflächen nach Art. 2 Abs. 4 der Verordnung proportional gekürzt. Als Region in diesem Sinne gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 4 der Verordnung nach Wahl des betreffenden Mitgliedstaats ein Mitgliedstaat oder eine Region innerhalb des Mitgliedstaats; für Deutschland bildet jedes Bundesland eine Region (Art. 8 in Verbindung mit Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 2316/1999 und § 3 Abs. 1 FZV).

Nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 wird die Flächenzahlung berechnet, indem der dort für bestimmte Kulturpflanzenarten festgesetzte Grundbetrag (in EUR je Tonne) mit dem in einem Regionalisierungsplan für die betreffende Region genannten Durchschnittsertrag (in t/ha oder dt/ha) multipliziert wird. Zur Festsetzung der Durchschnittserträge erstellt jeder Mitgliedstaat nach Art. 3 Abs. 1 einen Regionalisierungsplan, in dem er die objektiven Kriterien für die Ausweisung der einzelnen Erzeugungsregionen festlegt, damit unterscheidbare homogene Regionen geschaffen werden. Der Durchschnittsertrag wird für jede Erzeugungsregion anhand der Basiserträge im Fünfjahreszeitraum 1986/87 bis 1990/91 nach näherer Maßgabe des Art. 3 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 ermittelt.

Die Bundesrepublik Deutschland hat die Erzeugungsregionen und deren jeweiligen Durchschnittsertrag für Getreide in der Anlage zur Flächenzahlungs-Verordnung festgelegt (vgl. § 3 Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 FZV); für die Berechnung des Stilllegungsausgleichs ist der jeweilige Getreidedurchschnittsertrag maßgebend (§ 11 Abs. 2 FZV). Für Getreide war Niedersachsen in zehn Erzeugungsregionen unterteilt (mit Durchschnittserträgen zwischen 49,3 dt/ha in Region 5 und 59,8 dt/ha in Region 2). Der Getreidedurchschnittsertrag in der Region 4, in welcher der Betrieb des Klägers liegt, beträgt 51,2 dt/ha.

Nach Maßgabe dessen hat das Verwaltungsgericht zu Recht eine mit Getreide bestellte Fläche zur Größe von 15,294 ha als beihilfefähig angesehen. Selbst wenn - wie vom Verwaltungsgericht bejaht - die als Schlag 16 beantragte Fläche zur Größe von 3,8559 ha nicht beihilfefähig wäre, weil deren Beihilfefähigkeit aufgrund des Umwandlungsbescheids vom 29. November 1996 entfallen wäre, würde dies nicht zum Ausschluss von der Gewährung einer Flächenzahlung für mit Getreide bestellte Flächen nach Art. 32 Abs. 1 UAbs. 2 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 führen.

Abgesehen vom Schlag 16 haben die Beteiligten übereinstimmend vorgetragen, dass mit Getreide bestellte Flächen zur Größe von 15,84 ha bei der Vor-Ort-Kontrolle ermittelt wurden und gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 die Voraussetzungen für die Gewährung einer Flächenzahlung erfüllen. Unter Berücksichtigung einer proportionalen Kürzung nach Art. 2 Abs. 4 UAbs. 1 der Verordnung wegen Übersteigens der Grundfläche in der Grundflächenregion Niedersachsen im Umfang von 2,56 % (entsprechend 0,4055 ha) wären zumindest 15,4345 ha als zuwendungsfähige Fläche mit einer Flächenzahlung von 335,79 EUR/ha in der Region Niedersachsen (vgl. Anlage 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 15. Januar 2012, Bl. 186 der Gerichtsakte), mithin 5.182,75 EUR anzuerkennen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger nicht von der Gewährung einer Flächenzahlung für mit Getreide bestellte Flächen nach Art. 32 Abs. 1 UAbs. 2 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt, wenn die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche liegt. Allerdings finden die im Titel IV der Verordnung (Grundlage für die Berechnung der Beihilfen, Kürzungen und Ausschlüsse - Art. 30 bis 45 der Verordnung) vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben gemacht hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft (Art. 44 Abs. 1 der Verordnung).

Die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 der Verordnung liegen hier zugunsten des Klägers vor. Hierbei kann offen blieben, ob der Kläger sachlich richtige Angaben mit seinem Antrag auf Gewährung einer Flächenzahlung für das Jahr 2003 gemacht hat. Denn selbst wenn man mit der Beklagten annehmen wollte, dass der Kläger über die Beihilfefähigkeit des Schlags 16 unrichtige Angaben in seinen Antrag auf Agrarförderung vorgelegt hätte, träfe ihn letztlich keine Schuld.

31Zwar lässt allein die fehlende Kenntnis des Klägers den Schuldvorwurf nicht entfallen. Ein Antragsteller handelt nur dann im Sinne des Art. 44 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ohne Schuld, wenn er seinen Irrtum nicht verhindern konnte (Senatsurteil vom 1. September 2010 - 10 LB 54/08 -, AUR 2011, 35; Beschluss des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 20. Juni 2008 - 8 LA 11/08 -, RdL 2008, 249 = AUR 2008, 347 = UPR 2009,108). In diesem Zusammenhang hat ein Antragsteller - wie hier der Kläger - bei der Antragstellung die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Antrag nebst Anlagen gemachten Angaben versichert. Eine solche Versicherung schließt Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten für die vom Betriebsinhaber vor und bei der Antragstellung gemachten Angaben mit ein (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2008 - 10 LB 179/07 -, RdL 2008, 346 = AUR 2009, 31). Weil es sich bei der Durchführung der hier streitgegenständlichen Beihilfen um Verfahren handelt, die eine Vielzahl von Anträgen betreffen, setzt das durch die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 eingeführte integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs voraus, dass die Beihilfeempfänger aktiv an der korrekten Durchführung der Verfahren mitwirken und die beizubringenden Informationen von vornherein vollständig und richtig sind (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - C-63/00 [Schilling und Nehring] -, Slg. 2002, I-4483; Urteil vom 28. November 2002 - C-417/00 [Agrargenossenschaft Pretzsch] -, Slg. 2002, I-11053 und Urteil vom 4. Oktober 2007 - C-375/05 [Geuting] -, Slg. 2007, I-7983). Hiernach gehört es zu den Obliegenheiten eines Antragstellers, sich über die Beihilfefähigkeit einer beantragten Fläche zu erkundigen (vgl. etwa im Fall der Sonderprämie für Rindfleischerzeuger: BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2005 - 3 C 26.04 -, Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 199, und im Fall einer Flächenzahlung: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 2 L 21/08 -, juris).

Auch wenn der Kläger als neuer Pächter der Fläche bei Antragstellung keine Kenntnis davon gehabt hat, dass der Schlag 16 nicht beihilfefähig ist, hätte er sich bei seinem Verpächter über die Beihilfefähigkeit erkundigen müssen, ehe er für diese Fläche eine Flächenzahlung beantragte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Kläger Agrarförderung für eine neu gepachtete landwirtschaftliche Nutzfläche begehrt, die zwar vormals als Ackerland, zuletzt aber über mehrere Jahre als Grünland bewirtschaftet wurde.

Gleichwohl konnte der Kläger seinen Irrtum nicht verhindern, so dass ihn keine Schuld im Sinne von Art. 44 Abs. 1 2. Alt. Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 trifft. Denn der Verpächter hatte keine positive Kenntnis davon, dass die Beihilfefähigkeit des Schlags 16 fehlte. Nach dem Vorbringen der Beteiligten ist der Umwandlungsbescheid des Amtes für Agrarstruktur Verden vom 29. November 1996 dem Verpächter des Schlags 16 nicht bekannt gegeben worden.

Es gibt auch keinen Anhalt, dass der Verpächter anderweitig Kenntnis von der fehlenden Beihilfefähigkeit der Fläche erlangt haben könnte. Eine solche Kenntnis des Verpächters kann nicht aus seiner Zustimmung gegenüber seinem Vorpächter zur Umwandlung der Pachtfläche in Grünland gefolgert werden. Der Verpächter hat mit seiner Erklärung vom 13. August 1996 gegenüber dem Vorpächter lediglich seine Zustimmung erteilt, dass die betreffende Fläche im Herbst 1996 von Acker- in Grünland umgewandelt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verpächter seine Erklärung bewusst im Zusammenhang mit einem Antrag seines Verpächters nach Art. 9 Abs. 4 Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 (ABl. Nr. L 181 S. 12) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 231/94 des Rates vom 24. Januar 1994 (ABl. Nr. L 30 S. 2) und § 4 Abs. 8 Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Verordnung in der Bekanntmachung vom 27. November 1995 (BGBl. I S. 1561) abgegeben hat. Da nach dem Pachtvertrag zwischen dem Verpächter und dem Vorpächter vom 15. August 1996 eine Änderung der bisherigen Nutzung der Pachtsache der vorherigen Zustimmung des Verpächters bedurfte, wenn durch die Änderung die Art der Nutzung (der Pachtsache) über die Pachtzeit hinaus beeinflusst wird (§ 1 letzter Absatz des Pachtvertrages), ist es ebenso möglich, dass der Verpächter seine Zustimmung zur Umwandlung der Pachtfläche allein im Rahmen des Pachtverhältnisses mit seinem Vorpächter erteilte.

Aber selbst wenn der Verpächter seine Zustimmung in Kenntnis des Flächentauschantrags seines Vorpächters abgegeben haben sollte, könnte hieraus nicht geschlossen werden, dass er auch positive Kenntnis von der fehlenden Beihilfefähigkeit der betreffenden Fläche gehabt hat. Denn hiervon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn der Betreffende auch Kenntnis vom Erlass des - konstitutiv wirkenden - Bescheids über die Umwandlung der Beihilfefähigkeit einer Fläche erlangt hätte. Der Umwandlungsbescheid vom 29. November 1996 ist aber dem Verpächter im Nachgang auf seine Zustimmung nicht bekannt gegeben worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Das teilweise Unterliegen des Klägers in dem Verfahren erster Instanz ist bei der Gesamtbetrachtung der Verfahren beider Rechtszüge im Sinne der vorgenannten Vorschrift als geringfügig anzusehen.