LG München II, Beschluss vom 28.01.2008 - 6 T 39/08
Fundstelle
openJur 2012, 89570
  • Rkr:
Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Miesbach vom 30.11.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die sofortige weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Für den Betroffenen ist eine Betreuung eingerichtet, die zuletzt mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 14.12.2006 verlängert wurde. Die Betreuung in den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung und Zuführung zur ärztlichen Behandlung wird von dem im Rubrum bezeichneten Betreuer ehrenamtlich ausgeübt.

Mit Schreiben vom 30.07.2007, ergänzt mit Schreiben vom 16.10.2007, beantragte der Betreuer, ihm für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2006 eine angemessene Vergütung – in der Größenordnung der für das Vorjahr festgesetzten Vergütung (€ 2.176,00) – aus dem Vermögen des Betroffenen zu bewilligen. Er trug hierzu vor, dass die intensive Betreuung des Betroffenen im Abrechnungszeitraum – insbesondere durch zahlreiche persönliche Besuche und immer häufiger erfolgte Telefonanrufe des Betroffenen (oft mehrmals am Tag) – einen erheblichen Zeitaufwand erfordert hätten. Der Betreuer hat den Zeitaufwand für die getätigten Betreuungsgeschäfte nach Tätigkeitsfeldern zusammengerechnet und mit insgesamt 185 Stunden angegeben. Wegen der Einzelheiten des Vergütungsantrags wird auf Bl. 953 d.A. verwiesen.

Nach Anhörung der Verfahrenspflegerin bewilligte das Vormundschaftsgericht dem Betreuer für den betreffenden Zeitraum eine Vergütung in Höhe von € 2.200,00.

Gegen diese Entscheidung wandte sich die Verfahrenspflegerin für den Betroffenen mit der sofortigen Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass – auch unter Berücksichtigung des überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrades der gegenständlichen Betreuung – eine Vergütung in Höhe von € 1.200,00 ausreichend und angemessen sei. Dies ergebe sich insbesondere aus einem Vergleich mit der einem Berufsbetreuer nach den Regelungen des VBVG zustehenden Vergütung, mit der auch allgemeine Bürokosten und Aufwendungsersatz abgegolten seien.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens und des Verfahrens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 69 e Abs. 1 Satz 1, 56 g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 FGG zulässige sofortige Beschwerde erweist sich als unbegründet, da die dem Betreuer in dem angefochtenen Beschluss für den gegenständlichen Abrechnungszeitraum bewilligte Vergütung nicht zu beanstanden ist.

a) Umfang und Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte für den Betroffenen, der über ein nicht unerhebliches Vermögen verfügt, rechtfertigen vorliegend die Bewilligung einer angemessenen Vergütung für den ehrenamtlichen Betreuer (§§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 2 BGB). Denn der Zeitaufwand, den die Führung der Betreuung im Abrechnungszeitraum erforderte, geht nach Aktenlage deutlich über das hinaus, was üblicherweise von einem ehrenamtlichen Betreuer ohne Vergütung verlangt werden kann. Zudem machen die schwierigen persönlichen Verhältnisse des Betroffenen ein das normale Maß übersteigendes Engagement des Betreuers erforderlich.

b) Die Höhe der Vergütung ist dabei nicht nach starren Regeln zu bemessen, sondern vom Gericht vor allem unter Berücksichtigung der o.g. Kriterien und des ggf. zu schätzenden Zeitaufwandes nach billigem Ermessen festzusetzen. Es gibt keine Mindest- und Höchstbeträge, auch eine Berechnung nach Stundensätzen scheidet aus (Palandt, BGB, 67. Aufl., § 1836 Rz. 10).

9Die Höhe der Vergütung orientiert sich vorliegend auch nicht an der Höhe der Vergütung eines Berufsbetreuers. Die von der bisherigen Rechtsprechung vertretene Ansicht, wonach dem ehrenamtlichen Betreuer keine höhere Vergütung zugebilligt werden dürfe als einem Berufsbetreuer (vgl. BayObLG FamRZ 2004, 1138), lässt sich seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) am 01.07.2005 nicht mehr aufrechterhalten. Denn im Unterschied zur früheren Rechtslage hängt die Höhe der Vergütung des Berufsbetreuers nicht mehr vom zeitlichen Aufwand für die Führung der konkreten Betreuung ab, vielmehr wird der dem Betreuer zu vergütende Zeitaufwand nunmehr pauschaliert. Demgegenüber bestimmt sich die angemessene Vergütung für die Führung einer ehrenamtlichen Betreuung gemäß § 1836 Abs. 2 BGB nach wie vor nach dem Umfang der konkreten Betreuungsgeschäfte und ist damit einer – auch vergleichenden – Pauschalierung nach den Stundenansätzen gem. § 5 VBVG entzogen. Während ein Berufsbetreuer eine Vielzahl von Betreuungen führt, die nach Ansicht des Gesetzgebers im Wege einer Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen insgesamt zu einer angemessenen Vergütung führen sollen, führt der ehrenamtliche Betreuer typischerweise nur diese eine Betreuung. Die nach §§ 4 und 5 VBVG ermittelte Vergütung des Berufsbetreuers kann daher nicht mehr als Kontroll- und Höchstwert der angemessenen Vergütung eines ehrenamtlichen Betreuers angesehen werden; vielmehr kann letztere die entsprechende Vergütung eines Berufsbetreuers sogar übersteigen (OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1270).

c) Der Betreuer hat die im Abrechnungszeitraum schwerpunktmäßig getätigten Betreuungsgeschäfte nachvollziehbar und plausibel dargestellt; der hierfür angesetzte Gesamtaufwand von 185 Stunden erscheint glaubhaft. Einwendungen wurden insoweit im Rahmen der Beschwerde nicht vorgebracht. Auch sonst bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Zweifel an der Tätigkeitsdarstellung des Betreuers rechtfertigen würden. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit dieser Geschäfte und des damit verbundenen hohen persönlichen Engagements des Betreuers erscheint die im angefochtenen Beschluss bewilligte Vergütung in Höhe von € 2.200,00 angemessen und ist nicht zu beanstanden. Dieser Betrag liegt im Übrigen noch (knapp) unter der Vergütung, die ein Berufsbetreuer (mit Hochschulausbildung) vorliegend hätte beanspruchen können (4,5 Stunden/Monat x € 44,00 x 12 Monate = € 2.376,00).

d) Von dieser dem Betreuer nach § 1836 Abs. 2 BGB zu gewährenden Vergütung sind auch nicht die im Abrechnungszeitraum geltend gemachten tatsächlich entstandenen Aufwendungen in Abzug zu bringen. Denn der Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1835 BGB steht dem ehrenamtlichen Betreuer – anders als bei § 4 Abs. 2 VBVG – neben dem Vergütungsanspruch zu (OLG Karlsruhe aaO).

Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

Die sofortige weitere Beschwerde gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, weil dem vorliegenden Verfahren keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.