Niedersächsisches OVG, Urteil vom 01.03.2011 - 20 LD 1/09
Fundstelle
openJur 2012, 51677
  • Rkr:
Tatbestand

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, mit dem das Verwaltungsgericht ihn eines Dienstvergehens für schuldig befunden und aus dem Beamtenverhältnis entfernt hat.

Der am ... geborene Beklagte bestand am ... 1973 die staatliche Ingenieurprüfung in der Fachrichtung Elektrotechnik an der Fachhochschule F. und am ... 1975 die Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit der Gesamtnote "gut". Anschließend wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung vom ... 1975 zum Lehrer z. A. ernannt. Er legte am ... 1977 die Prüfung für das Lehramt an Realschulen nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Beamtengesetzes in der damaligen Fassung mit der Note „gut“ ab. Seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit folgte mit Wirkung vom ... 1978. Mit Wirkung vom ... 1979 bestimmte das Staatliche Schulamt in F. den Beklagten zum Fachlehrer. Aufgrund der Umwandlung von Lehrerstellen ernannte die Bezirksregierung G. den Beklagten mit Wirkung vom ... 1980 zum Realschullehrer (Besoldungsgruppe A 13 BBesO). Eine dienstliche Beurteilung des Beklagten vom ... 1990, die nach einer Unterrichtsbesichtigung aus Anlass von Elternbeschwerden gefertigt wurde, endete mit dem Gesamturteil „ausreichend“. Die Bezirksregierung G. versetzte den Beklagten mit Wirkung vom ... 2004 an die Realschule H. und ordnete ihn mit gesonderter Verfügung mit einem Teil seiner Unterrichtsverpflichtung an die Hauptschule H. ab.

Aus der ersten, im Jahre 19 ... geschlossenen und im Jahre 19 ... geschiedenen Ehe des Beklagten sind zwei 19 ... und 19 ... geborene Kinder hervorgegangen. Der Beklagte ist seit dem Jahr 20 ... in zweiter Ehe verheiratet. Er ist bisher straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Seit dem ... 2001 ist er schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Anfang ... 2006 teilte die Polizeiinspektion F. der Klägerin mit, dass gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eingeleitet worden sei, dass er über das Internet pornografische Schriften, die den schweren sexuellen Missbrauch von Minderjährigen zum Inhalt hätten, bezogen und verbreitet habe. Am ... 2006 sprach die Klägerin im Rahmen eines dienstlichen Gesprächs mit dem Beklagten wegen dieses Verdachts ein Amtsführungsverbot aus, das sie mit Verfügung vom ... 2006 schriftlich bestätigte. Zur Begründung des Verdachts stützte sich die Klägerin auf das Ergebnis einer von der Polizei in dem Haus des Beklagten erfolgten Durchsuchung, aufgrund derer über 300 kinderpornografische Bild- und 150 Videodateien sowie tausende Textdateien gefunden und sichergestellt wurden.

Die Klägerin leitete daraufhin mit Verfügung vom ... 2006 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und gab ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme zu seiner vorläufigen Dienstenthebung unter teilweiser Einbehaltung seiner Dienstbezüge. Mit Verfügung vom ... 2007 setzte die Klägerin das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus, enthob den Beklagten gleichzeitig vorläufig des Dienstes, wies auf die Erledigung des ausgesprochenen Amtsführungsverbots hin und behielt 50 vom Hundert der Dienstbezüge ein.

Nach Anklageerhebung und Durchführung der Hauptverhandlung verurteilte das Amtsgericht I. durch am ... 2007 rechtskräftig gewordenes Urteil vom ... 2007 - Az. ... - den Beklagten wegen des Sich-Verschaffens des Besitzes und des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, deren Vollstreckung es für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aussetzte. Weiterhin wurde gegen ihn eine Geldauflage in Höhe von 4.000,00 € zugunsten des Kinderschutzbundes verhängt. Dabei hat das Amtsgericht folgenden Sachverhalt festgestellt (S. 3 bis 5 des Urteils):

„Vor dem ... 2006 lud der Angeklagte sich über das Internet u.a. mittels der Tauschbörse "Emule" eine Vielzahl von Dateien mit Bildern und Videosequenzen kinderpornographischen Inhalts herunter, nämlich Dateien, welche in grob anreißerischer Weise die Vornahme von sexuellen Handlungen an oder von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) an Erwachsenen zum Gegenstand haben bzw. die den tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) durch Erwachsene zum Gegenstand haben, oder ließ sich diese Dateien über das Internet zuschicken und speicherte sie auf den Festplatten Maxtor, S/N L 61 QM 2 SH, Größe 300 GB, Samsung Spinpoint, Größe 250 GB, White Label, S/N NWOWMAL 72665621, Größe 160 GB, ExcelStore, S/N J207MPO, Größe 40 GB, Maxtor, P/N MX4K040 H 2, Seagate, S-Nr. 7 BWO 73SY, Größe 14,2 der in seiner Wohnung in H. stehenden Computer sowie auf CDs und DVDs ab.

Am ... 2006 hatte der Angeklagte auf den Festplatten der in H. stehenden Computer sowie auf CDs und DVDs mindestens 150 derartige Videodateien und mindestens 300 derartige Bilddateien gespeichert.

U.a. war dort eine Videodatei mit dem Namen "J. " sowie eine Videodatei mit dem Namen "K. " abgespeichert. Auf der Videodatei "K. "  sieht man wie ein augenscheinlich unter 14 Jahre altes Mädchen ein unbekleidetes männliches Glied in seinen Mund steckt. Der Inhalt der übrigen auf den Festplatten abgespeicherten Bild- und Videodateien zeigt ähnliche Handlungen an und von Kindern, wie z.B. die Ausführung des Geschlechtsverkehrs durch Einführung eines männlichen Gliedes in die Scheide von augenscheinlich unter 14 Jahre alten Mädchen.

Wegen der Einzelheiten wird insofern gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StP0 auf die beispielhaften Ausdrucke der Bilddateien und Ausdrücke von Screenshots der Dateien Blatt 101 bis 115 der Akte sowie Blatt 169 bis 175 der Akte verwiesen und Bezug genommen.

Am ... 2006 fand aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts I. vom ... 2006, Aktenzeichen ... , die Durchsuchung des Einfamilienhauses des Angeklagten in der L. in H. statt. Hierbei wurde im Büro des Angeklagten im Obergeschoss des durchsuchten Einfamilienhauses auf dem Schreibtisch sowie auf dem Fußboden stehend ein PC MC Tronic 00043-659-559 434 ohne Seitenteile mit einer eingebauten Festplatte Maxtor S/N L 61 QM 2 SH, mit einer Größe von 300 GB und mit einer eingebauten Festplatte Samsung Spinpoint mit einer Größe von 250 GM sowie ein PC ohne Frontplatte, an welchem das linke Seitenteil fehlte, mit eingebauter Festplatte ExelStore, S/N J207 MPO mit einer Größe von 40 GB und mit einer eingebauten Festplatte Maxtor, P/N MX 4K 040 H 2 aufgefunden. Des weiteren wurde eine separate Festplatte White Label, S/N NW0WMAL 72665621 mit einer Größe von 160 GB vorgefunden. Ein PC war mit dem Monitor der Marke Medion MSN 30004021 sowie einer Maus, einer Tastatur und Netzkabel verbunden. Im benachbarten Büro der Ehefrau des Angeklagten wurde der PC Lifetec Modell PC MT 4 mit der eingebauten Festplatte Seagate, S-Nr. 7 BW 073 SY mit einer Größe von 14,2 GB aufgefunden. Die vorgenannten PCs hatten jeweils einen DSL-Zugang zum Internet. Auf der Festplatte Maxtor, S/N L 61 QM SH befanden sich an die 50 Bilddateien und an die 20 Videodateien mit kinderpornographischen Inhalt, auf der Festplatte Samsung Spinpoint 3 Bilddateien mit kinderpornographischen Inhalt, auf der Festplatte White Label an die 30 Bilddateien mit kinderpornographischen Inhalt, auf der Festplatte ExcelStore über 100 Videodateien mit kinderpornographischen Inhalt, auf der Festplatte Maxtor, P/N MX4K040 H 2, über 200 Bilddateien mit kinderpornographischen Inhalt.

Auf der Festplatte Samsung Spinpoint war das Programm bzw. die Software Emule installiert, bei welcher es sich um ein Programm zum Austausch von Dateien jeglicher Art über das Internet handelt. Mit dem Programm Emule können Nutzer über einen Emule-Server Dateien von anderen Nutzern herunterladen oder zur Verfügung stellen. Bei der Installation von Emule wird automatisch ein sog. "Incoming"-Ordner angelegt. In diesem Ordner werden die vollständig heruntergeladenen Dateien gespeichert. Die in diesem Ordner befindlichen Dateien stehen dann allen Nutzern der Tauschbörse zum Herunterladen zur Verfügung. Größere Dateien werden durch das Programm Emule automatisch in Teilstücke aufgeteilt. Diese Teilstücke werden in einem temporären ("Temp"-) Ordner zwischengespeichert und stehen auch hier anderen Nutzern zum Herunterladen zur Verfügung. Sobald alle Teilstücke vollständig sind, wird die Datei zusammengefügt und in den "Incoming"-Ordner verschoben. Bei der Ausführung des Programms Emule wird automatisch eine Datei mit dem Namen "know.met" angelegt, in welcher die Dateien namentlich gespeichert werden, welche vom Nutzer angefordert wurden. Auf der Festplatte Maxtor P/N MX4K040 H 2 war das Chat-Programm "Hello" installiert,  mit welchem es möglich ist, zu chatten und gleichzeitig Bilder zu versenden. Über dieses Chat-Programm kommunizierte der Angeklagte mit einem britischen Staatsangehörigen, der den Nickname "M. " benutzte. Er unterhielt sich mit ihm hierbei u.a. darüber, dass er "12-Jährige und gut entwickelt" möge, bat ihn, ein Video von jungen Mädchen, welche Geschlechtsverkehr mit 12-Jährigen durchführen, zu schicken, und tauschte mit ihm Bilddateien unbekannten Inhalts aus. Auf der Festplatte befand sich ein Ordner mit der Bezeichnung "N. ". Dieser Ordner enthielt ebenfalls Bild- und Videodateien kinderpornographischem Inhalt. Zudem war auch auf dieser Festplatte die Tauschbörsen Software Emule installiert. In dem Ordner "Incoming" befand sich die Videodatei "O. " sowie im Ordner "Temp" die Videodatei "K. ". Die überwiegende Anzahl der festgestellten Bild- und Videodateien war in den Ordnern "H:/Gesammeltes/ ... /Sammelsurium" bzw. "I:/ ... /Favorites" bzw. "  :/Eigene Dateien/Eigene Bilder/hello" auf den Festplatten gespeichert. In der Liste der angeforderten Emule-Dateien ("know.met") waren eine Vielzahl von Dateien verzeichnet, welche nach ihrem Titel auf kinderpornographischen Inhalt hindeuten. Insgesamt 7 CDs bzw. DVDs, welche außerdem im Büro des Angeklagten aufgefunden wurden, enthielten Bild- und Videodateien kinderpornographischen Inhalts.

Dass er sich durch sein Verhalten strafbar macht, war dem Angeklagten bewusst."

Das Amtsgericht hat u.a. die Dateien auf der Festplatte Maxtorm S/N l 61 QM 2 SH, Größe 300 GB, in Augenschein genommen, die unter dem Ordner " ... :/Gesammeltes/ ... /Sammelsurium" gespeichert waren: Hierzu hat es Folgendes ausgeführt:

„Hierbei konnte festgestellt werden, dass sich auf dieser Festplatte eine Vielzahl von Bild- und Videodateien mit kinderpornografischen Inhalt, nämlich von Dateien mit Bildern und Videosequenzen, welche in grob anreißerischer Weise die Vornahme von sexuellen Handlungen an oder von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) an Erwachsenen zum Gegenstand haben bzw. den tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) durch Erwachsene zum Gegenstand haben, in welchen der sexuelle Missbrauch von Kindern oder auch der schwere sexuelle Missbrauch von Kindern gemäß §§ 176, 176a StGB zu sehen ist. Die vom Gericht in Augenschein genommenen Dateien hatten zum Inhalt, dass eine erwachsene Person mit einer Person unter 14 Jahren den Beischlaf vollzogen oder ähnliche sexuelle Handlungen wie das Einführen von Fingern oder anderen Gegenständen in den Körper von Kindern im Vaginal- und Analbereich vorgenommen hat oder ein Kind hat vornehmen lassen, dass es z.B. einen männlichen Penis in den Mund nimmt."

Nach Würdigung des Ergebnisses der Hauptverhandlung hat das Amtsgericht zur Strafbarkeit des festgestellten Verhaltens folgende Ausführungen gemacht (S. 10 und 11 des Urteils):

„Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat der Angeklagte den Tatbestand des Vergehens des Sich-Verschaffens des Besitzes und Besitzes von kinderpornographischen Schriften gemäß § 184 b Abs. 4 StGB schuldhaft erfüllt.

Bei den von dem Angeklagten gespeicherten und am ... 2006 gespeichert vorgefundenen Bild- und Videodateien handelt es sich gemäß § 11 Abs. 3 StGB um Schriften gleichgestellten Gegenständen. Diese den Schriften gleichgestellten Gegenstände haben sog. harte Pornographie zum Gegenstand. Sie zeigen in grob anreißerischer Weise den tatsächlichen sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne von § 176 bzw. § 176 a StGB, da sie zum Inhalt haben, wie jemand sexuelle Handlungen im Sinne von § 184 c Nr. 1 StGB an einer Person unter 14 Jahren vornimmt oder an sich vornehmen lässt, die teilweise mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Der Angeklagte hat es unternommen, sich in der Zeit vor dem ... 2006 den Besitz, d.h. die tatsächliche Herrschaftsgewalt, an pornographischen Schriften gleichgestellten Gegenständen, die in grob anreißerischer Form den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften) und die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, zu verschaffen, indem er die am ... 2006 auf den Festplatten der PCs vorgefundenen Dateien zunächst im Internet abgerufen oder sich hat zusenden lassen und sodann auf den Festplatten für gewisse Dauer abgespeichert hat. Dem Angeklagten ist hierbei bewusst gewesen, dass die von ihm abgespeicherten Dateien die tatsächliche Darstellung des sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Gegenstand haben. Sein Verhalten war davon getragen, die tatsächliche Verfügungsmacht über diese Dateien zu erlangen und auch darauf gerichtet, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf diese Sache zu erhalten.

Eine darüber hinausgehende Verurteilung des Angeklagten wegen der Verbreitung kinderpornographischer Schriften gemäß § 184 b Abs. 1 Nr. 1 StGB kam nicht in Betracht, da dem Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass er entweder Dateien kinderpornographischen Inhalts an andere weitergegeben hat oder er bewusst und willentlich die Dateien im Internet bereitgestellt hat mit der Möglichkeit eines Lesezugriffs für andere. Es konnte insoweit nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte über das Internet die von ihm abgespeicherten Bild- und Videodateien an andere weitergesandt oder sonst auf den Weg gebracht hat. Gleichfalls konnte nicht festgestellt werden, dass ihm bewusst gewesen ist, dass andere Nutzer der Tauschbörse Emule diejenigen Dateien, die sich bei ihm in dem von dem Programm Emule angelegten „Incoming“-Ordner oder „Temp“-Ordnern befinden, herunterladen können. Da der Angeklagte sich hierzu nicht eingelassen hat, ist das Gericht nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon ausgegangen, dass er hiervon keine Kenntnis hatte."

Mit Verfügung vom ... 2008 führte die Klägerin nach Abschluss des Strafverfahrens das Disziplinarverfahren fort und hörte den Beklagten zur beabsichtigten Erhebung der Disziplinarklage mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis an. Der Beklagte beantragte die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens wegen Ausschlusses beziehungsweise erheblicher Einschränkung seiner disziplinarrechtlichen Verantwortlichkeit, was die Klägerin mit Schreiben vom ... 2008 ablehnte, weil die Schuldfähigkeit des Beklagten strafgerichtlich bindend festgestellt sei und selbst im Falle einer verminderten Schuldfähigkeit ein Absehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen der Schwere des Dienstvergehens nicht in Betracht komme.

Der Beklagte nahm nochmals mit anwaltlichem Schreiben vom ... 2008 Stellung, dem ein persönliches Schreiben des Beklagten vom ... 2008 sowie Stellungnahmen des Dipl.-Psychologen P. vom ... 2008, der Praktischen Ärztin Q. vom ... 2008, der Dipl.-Psychologin R. vom ... 2003, des Facharztes für Neurologie Dr. med. S., T. Klinik F., vom ... 2003 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. U. vom ... 2003 sowie eine Darstellung des ehrenamtlichen Engagements des Beklagten im V. und beim W. beigefügt waren.

Nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, die keine Einwände hatte, hat die Klägerin am 21. Juli 2008 Disziplinarklage erhoben. Sie hat dem Beklagten vorgeworfen, durch die Beschaffung und den Besitz von Dateien mit Bildern und Videosequenzen kinderpornografischen Inhalts (mindestens 150 Video- und 300 Bilddateien) in grober Weise gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen und dadurch ein schweres außerdienstlichen Dienstvergehen begangen zu haben. Dieses mache ihn für den Schuldienst nicht mehr tragbar. Anhaltspunkte für eine psychische und neurologische Erkrankung des Beklagten, die eine verminderte Schuldfähigkeit in Betracht kommen lassen könne, ergäben sich aus dem Vorbringen des Beklagten nicht. Fortdauernde seelische Belastungen reichten für die Annahme eines Milderungsgrundes nicht aus. Dem liege die Erwägung zugrunde, dass bei länger dauernder seelischer Belastung eher als in einer plötzlich auftretenden vorübergehenden Situation erwartet werden könne, dass sich der Betroffene mit der Situation auseinander setze und vermeiden könne, den Ausweg in kriminellen Handlungen zu suchen. Letztendlich habe der Beklagte Kernpflichten verletzt, sodass selbst eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit eine Milderung nicht rechtfertige. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens könne das ehrenamtliche Engagement des Beklagten auch aus generalpräventiven Erwägungen heraus nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme führen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

Der Beklagte hat beantragt,

auf eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass er seit Jahren - und damit auch zur Tatzeit - unter einem X. -Syndrom leide. Eine solche nicht erkannte und behandelte Erkrankung führe zu Depressionen, Angststörungen, Sucht und Zwängen, Persönlichkeitsstörungen, Beziehungsschwierigkeiten, Schlafstörungen, nervlichen Erkrankungen sowie Y.. Zusätzlich habe er offensichtlich an einer Suchterkrankung gelitten, wie sie bei sogenannten Cyber-Sex-Tätern festgestellt worden sei. Die hierfür sprechenden Umstände hätten auch bei ihm vorgelegen. Er sei daher im Tatzeitraum schuldunfähig beziehungsweise vermindert schuldfähig gewesen. Die Ursache für sein Verhalten sei erst in der Therapie bei dem Dipl.-Psychologen P. deutlich geworden. Da im strafgerichtlichen Urteil insoweit Feststellungen nicht getroffen worden seien, bestehe keine Bindungswirkung. Zwischenzeitlich habe er sich aus den Zwängen seines Suchtverhaltens befreit. Er sei nicht pädophil. Der Strafgrund seines Verhaltens sei ihm klar. Er weise jedoch darauf hin, dass er die Dateien anonym geladen und kein Geld gezahlt habe. Ein Restvertrauen seines Dienstherrn könne sich weiter daraus begründen, dass er sich in seiner ... -jährigen Dienstzeit nichts habe zu Schulden kommen lassen und er sich insbesondere im V. ehrenamtlich engagiere. Schon wegen seines Gesundheitszustandes dürfte eine Rückkehr an eine Schule nicht in Betracht kommen. Möglicherweise habe schon seit Jahren keine oder nur eine eingeschränkte Dienstfähigkeit vorgelegen.

Das Verwaltungsgericht hat den von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2008 gestellten Beweisantrag, hinsichtlich der Frage seiner Schuldunfähigkeit beziehungsweise verminderten Schuldfähigkeit ein Sachverständigengutachten einzuholen, hilfsweise den sachverständigen Zeugen Prof. Dr. Z. einzuvernehmen, abgelehnt. Zur Begründung hat es zum einen darauf verwiesen, dass es hinsichtlich der Frage der Schuldfähigkeit im Sinne von § 20 StGB an die strafgerichtlichen Feststellungen gebunden sei und die Voraussetzungen für eine Lösung von diesem Beschluss nicht vorlägen, und dass zum anderen die Frage der verminderten Schuldfähigkeit nicht entscheidungserheblich sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. November 2008 ergangenem Urteil den Beklagten eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Aufgrund des im strafgerichtlichen Urteil festgestellten Sachverhalts sei eine Verletzung der Pflicht des Beklagten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, das sein Beruf erfordere, gegeben. Insoweit sei es an die Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil gebunden. Die Voraussetzungen für eine Lösung insbesondere hinsichtlich der Frage der Schuldunfähigkeit lägen nicht vor. Die Behauptungen des Beklagten, er sei "Cyber-Sex"-süchtig und leide an einem X. -Syndrom ließen Rückschlüsse auf eine Schuldunfähigkeit nicht zu. Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten habe ein solches Gewicht, dass es die Annahme eines Dienstvergehens rechtfertige, weil es auf den dienstlichen Tätigkeitsbereich ausstrahle. Dieses Dienstvergehen sei mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden. Eine Milderung der Disziplinarmaßnahme komme nicht in Betracht. Bei schweren Dienstvergehen stelle sich die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar sei. Entscheidend sei, dass die durch das Fehlverhalten des Beklagten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gut zu machen sei. Der Beklagte könne sich nicht auf eine verminderte Schuldfähigkeit berufen. Sie könne dann nicht zu seinen Gunsten wirken, wenn der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig zerstört habe. Hiervon sei auszugehen. Der Beklagte habe nicht nur ältere Jugendliche unterrichtet. Sein Verhalten sei durch die Berichterstattung in der Presse auch überregional bekannt geworden und habe zu einem Ansehensverlust des Beamtentums beigetragen. Er habe zudem große Mengen kinderpornografischen Materials mit Vorsatz besessen. Seine vorherige ordnungsgemäße Diensterfüllung sei selbstverständlich und daher kein entlastender Umstand. Auch das ehrenamtliche Engagement sei nicht so gewichtig, dass noch ein Restvertrauen des Dienstherrn bestehe.

Gegen dieses ihm am 17. November 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 17. Dezember 2008 Berufung eingelegt. Es sei zu beachten, dass zum Zeitpunkt des strafgerichtlichen Urteils genauere Erkenntnisse über seine Erkrankung noch nicht vorgelegen hätten. Daher habe sich das Strafgericht damit nicht befassen können. Der Vorhalt des Verwaltungsgerichts, er habe sein Suchtverhalten nicht durch die Vorlage eines ärztlichen Attestes belegt, verstoße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz. Er verweise auf die Berichte von Prof. Dr. Z. vom ... 2009 und ... 2009, woraus hervorgehe, dass er an X. im Erwachsenenalter leide. Es handele sich hierbei um eine Verhaltensstörung mit Krankheitswert, die als seelische Behinderung eingeordnet werde und bei Erwachsenen relativ häufig zu einem Suchtverhalten führe und mit psychischen Erkrankungen einhergehe. Er sei nur sehr schwer in der Lage, Spannungen abzubauen. Dies habe er bis Mitte 50 durch Selbstbefriedigung erreicht. Danach habe er die gewünschte Entspannung nicht mehr hierdurch, sondern nur durch das Ausschütten von Adrenalin erreicht, was er durch das Betrachten von Bildern mit kinderpornografischem Inhalt realisiert habe. Eine sexuelle Erregung sei dabei nicht erfolgt. Er habe keine pädophilen Neigungen. Aufgrund der bestehenden Erkrankung sei seine Steuerungsfähigkeit stark eingeschränkt gewesen. Dies sei vor dem Hintergrund der Entwicklung seiner Krankheitsgeschichte und der steigenden beruflichen Belastungen insbesondere nach Auflösung der Orientierungsstufe und durch die trotz seiner Schwerbehinderung erfolgte Teilabordnung an eine Hauptschule nachvollziehbar. Die Bindung des Strafurteils könne diesen Sachverhalt nicht umfassen. Gehe man jedenfalls von einer verminderten Schuldfähigkeit aus, könne sie bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nicht unberücksichtigt bleiben. Die Minderung der Schuldfähigkeit sei erheblich, da ohne die Erkrankung die Hemmschwelle für ihn so hoch gewesen sei, dass er nie auf die Idee gekommen wäre, seine Dienstpflichten zu verletzen. Eine Herabsetzung seines Widerstandes gegen die Tatanreize sei gegeben gewesen. Er habe sich zwanghaft an seinen Computer gesetzt, ohne dass er hiergegen Mittel gefunden habe. Hierbei habe er die Grenze zum strafbaren Handeln überschritten. Wären die Ursachen früher erkannt worden, hätte ein Bedarf für den Konsum der Bilder nicht bestanden. Eine Gefährdung Dritter sei zu jeder Zeit ausgeschlossen gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe seine Rechtsprechung zur Unbeachtlichkeit der verminderten Schuldfähigkeit bei bestimmten Delikten aufgegeben. Von der Verhängung der Höchstmaßnahme müsse angesichts der nachvollziehbaren medizinischen Gründe für sein Verhalten und wegen der zu berücksichtigenden ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Dienstpflichten, seinem nach wie vor ausgeübten ehrenamtlichen Engagement sowie der Aufnahme einer therapeutischen Behandlung, die bis heute andauere, abgesehen werden, zumal er sein Leben völlig umgestellt habe.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise,

ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob er im Tatzeitraum vermindert schuldfähig im Sinne des § 21 StGB war.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht habe nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Es habe den endgültigen Vertrauensverlust zutreffend mit der durch das Fehlverhalten des Beklagten hervorgerufenen Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der fehlenden Möglichkeit der Wiedergutmachung bei Fortsetzung des Beamtenverhältnisses begründet. Selbst bei Vorliegen einer verminderten Schuldfähigkeit sei die disziplinare Höchstmaßnahme gerechtfertigt. Ungeachtet dessen enthielten die von dem Beklagten vorgelegten Atteste keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die X. bei ihm zu einer verminderten Schuldfähigkeit im Tatzeitraum hätte führen können. X. könne nur bei Affekttaten Bedeutung erlangen. Demgegenüber sei bei der vorliegenden Dauer des Tatzeitraums an die Frage der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB ein besonders hoher Maßstab anzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten rechtsfehlerfrei eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen begangen, das mit seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden ist.

Durch sein außerdienstliches Verhalten hat der Beklagte ein Dienstvergehen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 2 NBG a. F. (jetzt § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) begangen, indem er sich den Besitz von kinderpornografischen Dateien verschafft, diese auf seinem privaten Computer beziehungsweise seinen Festplatten, CDs und DVDs gespeichert und damit besessen hat. Der Beklagte hat schuldhaft die ihm nach § 62 Satz 3 NBG a. F. (jetzt § 34 Satz 3 BeamtStG) obliegende Dienstpflicht verletzt. Danach muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert.

Hinsichtlich der gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe ist mit dem Verwaltungsgericht von denjenigen tatsächlichen Feststellungen auszugehen, die das Amtsgericht I. in seinem rechtskräftigen Strafurteil vom ... 2007 getroffen hat. Die von dem Verwaltungsgericht festgestellte Dienstpflichtverletzung wird vollumfänglich von dem strafgerichtlichen Urteil erfasst und ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 NDiszG für die Disziplinarbehörde und gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 1 NDiszG für die gerichtliche Entscheidungsfindung bindend. Dies gilt für sämtliche von dem Strafgerichtsurteil erfassten Vorwürfe, unabhängig davon, ob der Beklagte insoweit verurteilt oder freigesprochen worden ist (vgl. Bieler/Lukat, NDiszG, Stand: Januar 2010, § 24, Rn. 5).

Demnach hat sich der Beklagte ausweislich der Akten seit ... 2005 bis zum ... 2006 Dateien (150 Video- und 300 Bilddateien) mit kinderpornografischem Inhalt verschafft und diese besessen, indem er sich diese Dateien unter anderem mittels einer Tauschbörse "Emule" oder durch Zusenden über das Internet heruntergeladen hat. Diese Dateien haben in grob anreißerischer Weise die Vornahme von sexuellen Handlungen an oder von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) an Erwachsenen beziehungsweise den tatsächlichen sexuellen und schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (unter 14 Jahre alten Mädchen und Jungen) durch Erwachsene im Sinne von § 176 und § 176 a StGB zum Gegenstand. So hatten die Dateien etwa zum Inhalt, dass eine erwachsene Person mit einer Person unter 14 Jahren den Beischlaf vollzogen oder ähnliche sexuelle Handlungen wie das Einführen von Fingern oder anderen Gegenständen in den Körper von Kindern im Vaginal- und Analbereich vorgenommen hat oder ein Kind hat vornehmen lassen, dass es z. B. einen männlichen Penis in den Mund nimmt.

Damit hat der Beklagte sich des Sich-Verschaffens und des Besitzes kinderpornografischer Schriften gemäß §§ 184 b Abs. 4 und 4, 11 Abs. 3 StGB schuldig gemacht. Hierbei hat er - wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - vorsätzlich und schuldhaft gehandelt.

Die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils erstreckt sich auch auf die Feststellung der Schuldfähigkeit des Beklagten, denn bindend sind sämtliche tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, also diejenigen inneren und äußeren Tatsachen, die das erkennende Strafgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Unerheblich ist dabei, ob das Strafgericht die tatsächlichen Feststellungen ausdrücklich oder nur stillschweigend getroffen hat, weil ein Eingehen hierauf nicht erforderlich schien (vgl. Bieler/Lukat, a. a. O., § 24, Rn. 6 m. w. N. aus der Rechtsprechung sowie Nds. OVG, Urt. v. 4.9.2007 - 20 LD 14/06 -). Bereits aus der Tatsache der Verurteilung ist zwingend auf die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortung des Beklagten und dessen Schuldfähigkeit zu schließen, weil anderenfalls eine Verurteilung nicht zulässig wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.1989 - BVerwG 1 D 71.88 -, DokBer B 1990, 96 <97>).

Die Voraussetzungen für eine Lösung von den bindenden strafgerichtlichen Feststellungen sind nicht gegeben. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 NDiszG hat die Disziplinarbehörde eine erneute Prüfung solcher Feststellungen vorzunehmen, die offenkundig unrichtig sind. Dies ist auch im gerichtlichen (Berufungs-)Verfahren gemäß §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 2 NDiszG zu beachten. Eine Lösung von bindenden strafgerichtlichen Feststellungen ist nach dieser Vorschrift nur ausnahmsweise und nur unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich. Das Disziplinargericht darf die eigene Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen des Strafgerichts setzen. Strafgerichtliche Feststellungen sind daher auch dann für die Disziplinargerichte bindend, wenn diese aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten. Eine Lösung kommt nur dann in Betracht, wenn das Disziplinargericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden, wenn etwa Feststellungen im Widerspruch zu den Denkgesetzen oder jeder Lebenserfahrung stehen oder aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig sind. Nur dies soll durch die Lösungsmöglichkeit verhindert werden; die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen auch anders gewesen sein könnte, reicht für einen Lösungsbeschluss nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.05.1993 - BVerwG 1 D 52.91 -, DokBer B 1993, 206, m. w. N.; NDH, Urt. v. 13.01.2005 - 2 NDH L 10/03 -; Nds. OVG, Urt. v. 6.3.2008 - 20 LD 11/06 -; Urt. v. 12.1.2010 - 20 LD 13/07 -). Eine Lösung kommt zudem nur in Betracht, wenn ohne weitere Beweisaufnahme zweifelsfrei erkennbar ist, dass eine entscheidungserhebliche Feststellung im Strafurteil falsch ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.1982 - BVerwG 1 D 80.80 -, ZBR 1983, 208; Bieler/Lukat, a. a. O., § 24, Rn. 8). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch mit Blick auf die Neuregelungen in §§ 24 Abs. 1 Satz 2, 52 Abs. 1 Satz 2, 60 Abs. 1 Satz 1 NDiszG fest. Denn der Landesgesetzgeber hat mit dem Begriff der „Offenkundigkeit“ an die bisherige Rechtsprechung anknüpfen und die bisherigen Voraussetzungen für eine Lösung von der Bindungswirkung nicht ändern, sondern lediglich präzisieren wollen (vgl. LT-Drs. 15/2243, S. 23 und 15/2260, S. 9).

Gemessen hieran ist die Feststellung der Schuldfähigkeit des Beklagten nicht offenkundig unrichtig im Sinne der §§ 60 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Satz 2 NDiszG. Die von dem Beklagten vorgelegten Atteste enthalten keine Anhaltspunkte, die die Annahme einer Schuldunfähigkeit im gesamten Tatzeitraum rechtfertigen könnten. So hat Prof. Dr. Z. zwar eine X. -Erkrankung bei dem Beklagten diagnostiziert (Attest vom ... 2009 - GA Bl. 119). Es ist davon auszugehen, dass diese Erkrankung, die in einer übermäßigen Anspannung des Beklagten zum Ausdruck gekommen ist, als - wie der Dipl.-Psychologe P. es in seinem Attest vom ... 2008 vermutet - Beweggrund für das Verhalten des Beklagten anzusehen ist. Hieraus lassen sich indes Anhaltspunkte für eine offensichtliche Schuldunfähigkeit im Sinne von § 20 StGB nicht herleiten, da der Dipl.-Psychologe P. zugleich in seinem Attest ausgeführt hat, dass das von dem Bedürfnis nach Entspannung geprägte Verhalten des Beklagten durch Gewohnheit zu einer verfestigten Verhaltenstendenz geworden ist, die durch den Kontakt mit Darstellungen pubertierender Mädchen ihren Anfang genommen hat.

Die stillschweigend getroffene Feststellung der Schuldfähigkeit nimmt mithin an der Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils teil. Das Verwaltungsgericht hat seine  Amtsermittlungspflicht nicht verletzt, wenn es diese Bindungswirkung seiner Entscheidung zugrunde gelegt und die Voraussetzungen für eine Lösung von den strafgerichtlichen Feststellungen als nicht gegeben angesehen hat.

49Der Beklagte hat durch das festgestellte Verhalten ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 2 NBG a. F. (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) begangen und schuldhaft die ihm obliegende Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten außerhalb des Dienstes (§ 62 Satz 3 NBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt. Zu den Dienstpflichten der Lehrer, die den umfassenden Bildungsauftrag der Schule (§ 2 NSchG) zu erfüllen haben, gehören der Unterricht und die Erziehung der ihnen anvertrauten Schüler unter Beachtung der Elternrechte. Die Lehrer sollen die Schüler mit dem geltenden Wertesystem und den Moralvorstellungen der Gesellschaft bekannt machen und sie zu deren Einhaltung anhalten. Damit der Erziehungsauftrag mit der notwendigen Überzeugung und Glaubwürdigkeit erfüllt werden kann, ist von einem Lehrer besondere Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit auf sittlichem Gebiet zu verlangen. Diesen Anforderungen wird ein Lehrer nicht gerecht, wenn er gravierend gegen geltende Moralvorstellungen verstößt und Straftatbestände erfüllt. Hierdurch macht er sich als Erzieher und Vorbild der ihm anvertrauten Schüler untragbar (vgl. auch NDH, Beschl. v. 21.2.2005 - 1 NDH M 10/04 -, NJW 2005, 1387 f.; Nds. OVG, Urt. v. 17.7.2007 - 19 LD 13/06 -). Angesichts dessen begegnet die Einstufung des außerdienstlichen Fehlverhaltens des Beklagten als Dienstvergehen keinen Bedenken (ebenso im Falle eines Lehrers BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - BVerwG 2 C 5.10 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 9 ff.). Diese Einschätzung rechtfertigt sich daraus, dass es sich bei dem Sich-Verschaffen und dem Besitz kinderpornografischer Darstellungen um eine Rechtsverletzung von hohem Gewicht handelt, die wegen des spezifischen Unrechtsgehalts solcher Taten ein großes Maß an Missbilligung in den Augen der Allgemeinheit wie auch aus der - objektiviert zu verstehenden - Sicht des Dienstherrn nach sich zieht. Bilder, die das tatsächliche Geschehen sexueller Handlungen an oder von Kindern oder eines (schweren) sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Erwachsene wiedergeben und die Kinder für die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter ausnutzen, stehen - auch unter Berücksichtigung der in den letzten Jahrzehnten liberaler gewordenen Anschauungen über geschlechtsbezogene Handlungen und deren Darstellung - mit den allgemeinen Wertvorstellungen nicht in Einklang. Kinderpornografische Darstellungen degradieren die Missbrauchsopfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde. Sie verstoßen daher gegen die unantastbare Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG). Zugleich ist der sexuelle Missbrauch eines Kindes, wie er bei der Herstellung derartigen Materials stattfindet, in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich (BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - BVerwG 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173, zitiert nach juris Rn. 19). Als verabscheuungswürdig sind auch die Beschaffung und der Besitz kinderpornografischer Darstellungen anzusehen. Denn auch der Konsument derartiger Darstellungen trägt dazu bei, dass Kinder sexuell missbraucht werden. Gerade die Nachfrage nach derartigem Material schafft nämlich einen Anreiz, kinderpornografische Bilder herzustellen und die betroffenen Kinder zu missbrauchen. Daraus erwächst eine Verantwortlichkeit des Konsumenten solcher Darstellungen für die Existenz eines entsprechenden Marktes und den mit seiner Versorgung verbundenen Kindesmissbrauch. Ein Beamter, der wie der Beklagte sich den Besitz kinderpornografischen Mate-rials verschafft und es besitzt, offenbart damit erhebliche Persönlichkeitsmängel, die eine nachhaltige Ansehensschädigung oder gar einen völligen Ansehensverlust nach sich ziehen, weil er das Vertrauen des Dienstherrn, das dieser in seine Selbstbeherrschung, seine Zuverlässigkeit und seine moralische Integrität setzt, von Grund auf erschüttert oder zerstört hat (vgl. zum Vorstehenden nur BayVGH, Urt. v. 2.12.2009 - 16a D 087.509 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 72 ff. m. w. N.). Ein solches Verhalten ist mit dem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - BVerwG 2 C 5.10 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 17). Vor diesem Hintergrund ist auch ein entsprechendes, ausschließlich außerdienstliches Fehlverhalten des Beamten als Dienstvergehen zu qualifizieren.

50Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen ist mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden.

Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 NDiszG). Sie ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG), wobei nach § 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich seines bisherigen dienstlichen Verhaltens angemessen zu berücksichtigen ist und ferner berücksichtigt werden soll, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach den objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen der Verfehlung, den besonderen Umständen der Tatbegehung und den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 <259>; Urt. v. 30.11.2006 - BVerwG 1 D 6.05 -, zitiert nach juris Langtext; Nds. OVG, Urt. v. 17.7.2007 - 19 LD 13/06 -). Bei der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme ist eine disziplinarische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände vorzunehmen (vgl. nur Nds. OVG, Urt. v. 6.3.2008 - 20 LD 10/06 -, m. w. N.).

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Da der Konsument von kinderpornografischen Darstellungen wie denjenigen, die bei dem Beklagten gefunden wurden, dazu beiträgt, dass Kinder (schwer) sexuell missbraucht werden, weil er gerade die Nachfrage nach derartigem Material und damit einen Anreiz schafft, kinderpornografische Bilder herzustellen und die betroffenen Kinder zu missbrauchen, handelt es sich angesichts des mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern verbundenen Eingriffs in deren Menschenwürde sowie den Folgen für die Missbrauchsopfer um ein derart schweres Dienstvergehen, das nach Auffassung des Senats jedenfalls dann in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hat, wenn der Beamte einer Gruppe angehört, die - allgemein oder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der sexuellen Integrität von Kindern und Jugendlichen - besonders in die Pflicht genommen und zu vorbildlichem Verhalten aufgerufen ist. Hierzu zählt die Gruppe der Lehrer, die wegen der Begehung eines solchen Dienstvergehens regelmäßig untragbar für den Dienstherrn werden (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 22.6.2010 - 20 LD 3/08 -; ebenso BayVGH, Urt. v. v. 2.12.2009 - 16a D 08.509 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 79 m. w. N.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 3.7.2002 - DL 17 S 24/01 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 19). Dieser Auffassung hat sich jedenfalls im Ergebnis das Bundesverwaltungsgericht nach Erhöhung des Strafrahmens des § 184 b StGB für das Sich-Verschaffen und den Besitz kinderpornografischer Schriften angeschlossen. Danach ist bei einem Dienstvergehen der vorliegenden Art der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen für die Bestimmung des Orientierungsrahmens für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme maßgeblich. Nach der Verschärfung des Strafrahmens durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe ist angesichts der Dienstpflichten der Lehrer die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der Orientierungsrahmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.8.2010 - BVerwG 2 C 5.10 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 23 f.)

Die Schwere des Dienstvergehens, die eine Entfernung des Beklagten aus dem Dienstverhältnis als angemessen indiziert, wird nicht nur durch den Strafrahmen bestimmt, sondern durch sämtliche be- und entlastenden Umstände des Einzelfalles.

Als besonders erschwerend wirkt hier vor allem, dass die Dateien mit kinderpornografischem Inhalt nicht nur den sexuellen Missbrauch im Sinne von § 176 StGB, sondern auch den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176 a StGB) zum Gegenstand haben. Dieser Umstand ist, wenn es um die Strafbarkeit eines sexuellen Missbrauchs von Kindern geht, für die Strafandrohung von Bedeutung und kann insoweit auch bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme relevant sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - BVerwG 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173, zitiert nach juris Rn. 23). Er ist aber auch nach Auffassung des Senats bei dem Sich-Verschaffen des Besitzes und dem Besitz kinderpornografischer Schriften beachtlich, obwohl sich durch die Unterscheidung von sexuellem Missbrauch oder schwerem sexuellen Missbrauch als Inhalte kinderpornografischer Schriften nicht der Strafrahmen ändert. Denn dieser Umstand wirkt sich auf den Unrechtsgehalt der Tat aus. So hat das Amtsgericht I. in seinem Strafurteil (S. 11 des Urteilsabdrucks) im Rahmen der konkreten Strafzumessung ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Dateien "überwiegend sogar den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen" und das Gewicht der Tat aus strafrechtlicher Sicht im "mittleren Schwerebereich" anzusiedeln ist. Das Amtsgericht hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich von harter Pornografie gesprochen. Derartige Abbildungen schließen die Annahme eines minder schweren Falles unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten aus (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 6.7.2000 - BVerwG 2 WD 9.00 -, BVerwGE 111, 291 ff.; VGH B-W, Urt. 3.7.2002 - DL 17 S 24/01, zitiert nach juris). Das Amtsgericht hat, auch wenn es einige zu Gunsten des Beklagten sprechende Umstände wie dessen vorläufige Dienstenthebung, seine voraussichtliche endgültige Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und seine begonnene Therapie berücksichtigt hat, auf eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten erkannt und diese wegen der günstigen Prognose zur Bewährung ausgesetzt, weil es eine solche Strafe zur Einwirkung auf den Beklagten für geboten sowie tat- und schuldangemessen erachtet hat. Hierbei hat es unter anderem deshalb nicht auf eine höhere Freiheitsstrafe erkannt, weil es zu Gunsten des Beklagten in die Strafzumessungserwägungen eingestellt hat, dass der Beklagte aufgrund des Tatvorwurfs bereits vorläufig seines Dienstes enthoben worden sei, 50 vom Hundert seiner Dienstbezüge einbehalten worden seien und nicht auszuschließen sei, dass er aufgrund der vorgeworfenen Geschehnisse endgültig seines Dienstes enthoben werde. Die Strafzumessungserwägungen haben zwar für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme keine ausschlaggebende Bedeutung. Denn die mit dem Strafverfahren einerseits und mit dem Disziplinarverfahren andererseits verfolgten Zwecke unterscheiden sich in deutlichem Maße. Während die Kriminalstrafe neben Abschreckung und Besserung der Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, die Funktionsfähigkeit und das Ansehen des öffentlichen Dienstes aufrecht zu erhalten (vgl.: BayVGH. Urt. v. 1.6.2005 - 16a D 04.3502 -, BayVBl. 2006, 187 ff., zitiert nach juris Langtext, Rn.59 m. w. N.; Nds. OVG, Urt. v. 22.3.2007 - 19 LD 4/06 -). Jedoch ist angesichts dieser Ausführungen für den Senat entscheidend, dass sich das Gewicht der Tat aus strafrechtlicher Sicht im "mittleren Schwerebereich" und damit grundsätzlich im Bereich der einjährigen Freiheitsstrafe bewegt, die - wenn sie ausgesprochen worden wäre - nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NBG a. F. (nunmehr § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG) bereits kraft Gesetzes zum Verlust der Beamtenrechte geführt hätte.

Erschwerend zu berücksichtigen hat der Senat bei der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme des Weiteren das Ausmaß der Gefährdung dienstlicher Belange. Da der Beklagte als Realschullehrer auch Kinder unter 14 Jahren unterrichtet hat und unterrichten würde, besteht ein nicht unerhebliches Ausmaß der Gefährdung dienstlicher Belange, wenn Eltern erfahren sollten, dass der Lehrer ihrer Kinder als Konsument und Anbieter kinderpornografischer Bilder in Erscheinung getreten ist (ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 3.7.2002 - DL 17 S 24/01 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 28). Die Gefährdung dienstlicher Belange erweist sich im vorliegenden Fall als besonders hoch, da nach den Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil im Rahmen der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung die Tat wegen der Persönlichkeit des Beklagten Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt hat.

Aufgrund dieser zusätzlichen, die besondere Schwere des Dienstvergehens kennzeichnenden Umstände können die zu Gunsten des Beklagten sprechenden Umstände ein Absehen von der Regelmaßnahme nicht rechtfertigen. Sie entfalten nicht ein solches Gewicht, als dass sie ein Verlassen des Orientierungsrahmens auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes gebieten. Stattdessen bleibt aus Sicht des Senats die Feststellung gerechtfertigt, dass der Beklagte sich durch sein Verhalten für einen Verbleib im Beamtenverhältnis untragbar gemacht hat.

Ein Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme kommt nur dann in Betracht, wenn besondere, anerkannte Milderungsgründe gegeben sind oder das Verhalten des Beklagten aufgrund entlastender sonstiger Gesichtspunkte in einem milderen Licht erscheint mit der Folge, dass noch die Annahme eines Restvertrauens des Dienstherrn in den Beamten gerechtfertigt ist. Vorliegend lassen sich zwar entlastende Umstände zu Gunsten des Beklagten anführen. Doch lassen diese Umstände in dem hier zu entscheidenden Fall ausnahmsweise nicht den Schluss zu, dass noch ein Restvertrauen des Dienstherrn in den Beamten angenommen werden kann.

Zu diesem Ergebnis kommt der Senat, obwohl er von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB des Beklagten während des Tatzeitraums überzeugt ist. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt nach der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.10.2008 - BVerwG 2 B 48/08 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 7) voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten (vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 21 Rn. 2 m.w.N.). Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.5.2008 - BVerwG 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, zitiert nach juris Langtext, Rn. 30).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weshalb dem diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag nicht nachgegangen werden muss. Vielmehr kann der Senat von einer Beweisaufnahme absehen, weil er die verminderte Schuldfähigkeit - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens als wahr unterstellen kann. Ausweislich der Stellungnahmen des Prof. Dr. Z. vom ... 2009 und ... 2009 litt der Beklagte an einer ... Störung im Erwachsenenalter (X.). Prof. Dr. Z. konnte bei dem Beklagten die typischen Symptome hierfür und in geringerem Umfang auch für Hyperaktivität feststellen, woraufhin er eine testpsychologische Untersuchung durchführte, die die X. bestätigte. Zudem erkrankte der Beklagte 199 ... (ein Jahr nach seiner Ehescheidung) schwer, wobei es sich hierbei um einen multiplen AA. handelte, der sich dann seit 200 ... in ein ausgeprägtes schweres psychosomatisches Krankheitsbild entwickelte (vgl. auch hinsichtlich der Einzelheiten die Stellungnahme der Praktischen Ärztin Q. vom ... 2008). Die den Beklagten in den Jahren 200 ... und 200 ... behandelnde Dipl.-Psychologin R. diagnostizierte bei ihm laut ihrem Schreiben vom ... 2003 unter anderem eine mittelgradige depressive Episode mit somatischen Symptomen (F 32.11 nach ICD-10) sowie eine generalisierte Angststörung (F 41.1 nach ICD-10). Sie beschreibt die wachsende innere Unruhe bei dem Beklagten, seine zunehmenden Angstgefühle nach seiner Scheidung, das Geraten in depressive Episoden in akuten Belastungssituationen, denen er sich hilflos ausgeliefert fühlte sowie die Beunruhigung und die Verschlimmerung seines Beschwerdebildes durch die massiven psychischen und physischen Beeinträchtigungen. Dr. med AB. diagnostizierte bei dem Beklagten nach seiner Stellungnahme vom ... 2003 eine AC. unklarer Ätiologie (hepatogen). In Anbetracht dieses Beschwerdebildes geht der Senat davon aus, dass der Beklagte zur Bekämpfung seiner Anspannungen durch seine Erkrankungen in seiner Fähigkeit eingeschränkt war, anders zu handeln und sich nicht die Dateien kinderpornografischen Inhalts zu verschaffen und zu besitzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sein Verhalten mit dem Ziel der Entspannung bei ihm zur Gewohnheit geworden ist und er einen zusätzlichen Reiz zur Entspannung in den Inhalten der Dateien fand, nachdem er allein mit Selbstbefriedigung eine Entspannung nicht mehr hatte erreichen können. Hierbei geht der Senat auch davon aus, dass das Hemmungsvermögen bei dem Beklagten so stark herabgesetzt war, dass er den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die aus dem psychischen Zustand des Beklagten und seiner Erkrankung an X. folgende verminderte Schuldfähigkeit auch erheblich gewesen ist. Hierfür spricht zunächst die damalige Persönlichkeitsstruktur des Beklagten. Er war nicht in der Lage, "gesunde" Bewältigungsreaktionen (Trauer) zu zeigen. Er hat sämtliche derartigen Reaktionen vermieden, was ein depressives Interaktionsverhalten (Rückzug, Passivität) ausgelöst hat. Aus seinem krankheitsbedingten Beschwerdebild haben sich massive Probleme ergeben. Eine positive Selbstwahrnehmung und -bewertung konnte bei ihm trotz der früheren psychotherapeutischen Behandlung nicht etabliert werden. Das Problemverhalten des Beklagten hat sich auf kognitiver Ebene durch Selbstvorwürfe, Selbstabwertungen und Resigniertheit geäußert. Auf der emotionalen Ebene sind Ängste und Niedergeschlagenheit entstanden, während physiologisch innere Unruhe, Muskelanspannung, Magen- und Darmprobleme etc. aufgetreten sind. Auf der motorischen Verhaltensebene sind Antriebsstörungen und Vermeidungsverhalten entstanden. Bei erneuten Belastungssituationen ist der Beklagte in gewohnte Verhaltensmuster zurückgefallen (so die Beschreibung der Dipl.-Psychologin R. vom ... 2003). Darüber hinaus spricht das Verhalten des Beklagten vor, während und nach der Tat für die Erheblichkeit. Während der Beklagte vor der Tat seine Anspannungen noch allein durch Selbstbefriedigung hat erreichen können, genügte dieses im Tatzeitraum nicht mehr, sodass er sich einen neuen Reiz suchte, den er in den Dateien mit kinderpornografischem Inhalt gefunden hatte. Nachdem er sich in erneute psychotherapeutische Behandlung begeben sowie eine Paarsexualtherapie begonnen hatte und seine Erkrankung an X. erkannt und medikamentös behandelt worden ist, hat sich sein Zustand gebessert und ist nach den Angaben des Dipl.-Psychologen P. ein solches Verhalten von dem Beklagten nicht mehr zu erwarten.

Zu Gunsten des Beklagten ist neben der erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu beachten, dass er sich nach Aufdeckung der Tat in eine psychotherapeutische Behandlung begeben und eine Paarsexualtherapie begonnen hat, die zu einer Besserung seines Zustandes geführt hat und die Annahme rechtfertigt, dass er nicht wieder seine Dienstpflichten durch ein vergleichbares Verhalten verletzen wird. Ebenfalls mildernd ist das große ehrenamtliche Engagement auch für Kinder und Jugendliche zu berücksichtigen, dass der Beklagte beim V. und beim W. gezeigt hat.

Aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten und der weiteren milderen Umstände wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig die Höchstmaßnahme nicht mehr ausgesprochen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.2010 - BVerwG 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173, zitiert nach juris Rn. 34). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an, sieht aber eine Ausnahme von dieser Regel dann als gegeben an, wenn - wie hier - erhebliche Erschwerungsgründe hinzutreten, die das ohnehin schon grundsätzlich mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahndende Dienstvergehen nochmals in einem deutlich schwereren Licht erscheinen lassen und unumstößlich den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte - hier der Beklagte - sich für den Dienst im Beamtenverhältnis durch sein Verhalten auch im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller be- und entlastenden Umstände des Falles unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens untragbar gemacht hat.

Der Milderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit und die weiteren mildernden Umstände weisen nicht ein solches Gewicht auf, das zu einem Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme führt. Ausschlaggebend ist insoweit, dass die Dateien überwiegend die Darstellung tatsächlichen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zum Gegenstand haben. Dieser Umstand sowie das geplante und vorsätzliche Handeln des Beklagten in der Tauschbörse und im chat-room und die konkrete Gefährdung dienstlicher Belange geben dem Dienstvergehen ein besonders schweres Gewicht, das es rechtfertigt, auch in Ansehung einer verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten, seiner nach Tataufdeckung begonnenen Therapie und seines ehrenamtlichen Engagements nicht von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zwar geben die Ursachen für die verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten eine Erklärung für sein Verhalten. Doch genügt diese Erklärung angesichts des gleichzeitig planvollen Vorgehens des Beklagten bei dem Sich-Verschaffen des Besitzes und dem Besitz der Dateien nicht für die Schlussfolgerung, er könne in seinem Beruf als Lehrer noch als Vorbild dienen und daher noch ein Restvertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit in Anspruch nehmen. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der mit dem außerdienstlichen Fehlverhalten des Beklagten einhergehenden besonderen Gefährdung des Ansehens des Berufsbeamtentums, die sich vorliegend durch die Berichterstattung in der Presse realisiert hat. Eine mildere Maßnahme auf der Grundlage der genannten Entlastungsgründe scheidet schließlich auch deshalb aus, um nicht nur dem Beklagten selbst, sondern auch seiner Umgebung (generalpräventiv) nachhaltig die Schwere seines Dienstvergehens vor Augen zu führen (vgl. zur Zulässigkeit der Berücksichtigung von generalpräventiven Erwägungen BVerwG, Urt. v. 25.8.2009, - BVerwG 1 D 1.08 -, Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 = NVwZ 2010, 713, zitiert nach juris Langtext, Rn. 80).

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beklagten. Einerseits hat er sich vor der Begehung des Dienstvergehens als Lehrer und in der Öffentlichkeit untadelig verhalten; sein ehrenamtliches Engagement hat zu großem Ansehen geführt und zeugt von einer hohen Sozialkompetenz des Beklagten. Andererseits hat er sich einen Nicknamen gegeben, um die Dateien zu erhalten. Er hat unter anderem mit einem ausländischen Teilnehmer auf Englisch im chat-room kommuniziert, um an Dateien mit kinderpornografischen Bildern zu kommen. Dies zeigt, dass er trotz seiner verminderten Schuldfähigkeit zielgerichtet vorgegangen ist, um die Dateien zu erhalten. Seine Vorgehensweise stellt sich nach der Stellungnahme des Dipl.-Psychologen P. als durch Gewohnheit verfestigte Verhaltenstendenz dar, was darauf schließen lässt, dass er in dem gesamten Tatzeitraum sein Verhalten nicht kritisch reflektiert hat. Dies wird auch durch seine Bemerkungen deutlich, die er gegenüber der Polizei während der Hausdurchsuchung mehrmals wiederholt hat, nämlich dass es "irgendwann einen halt einholen würde" (s. den Durchsuchungsbericht vom 29.9.2006 - Beiakte D Bl. 71). Der Beklagte war sich seines Verhaltens und der sich daraus ergebenden Konsequenzen bewusst, hat aber hieraus nicht die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Dies tat er erst, als ihm nach Entdeckung der Tat und nach dem sich anschließenden Strafverfahren die Konsequenzen vor Augen geführt worden sind.

Angesichts dessen steht auch das vor der Begehung des Dienstvergehens gezeigte dienstliche Verhalten des Beklagten der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht entgegen. Die ordnungsgemäße Erfüllung der Dienstpflichten stellt das normale Verhalten eines Beamten dar und ist daher nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass bei einem Beamten, der sich untragbar gemacht hat, von einer Dienstentfernung abzusehen ist.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis verstößt schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beklagten an. Auch sind nicht die Auswirkungen auf die Familie des Beklagten in den Blick zu nehmen. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier der Beklagte - durch ein ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die allein darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbaren Verhalten (vgl.: Nds. OVG, Urt. v. 6.3.2008 - 20 LD 10/06 -, m. N.).