Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10
Fundstelle
openJur 2012, 51236
  • Rkr:
Gründe

Die Antragstellerin und der Beigeladene bewarben sich neben weiteren Bewerbern auf die im Schulverwaltungsblatt 08/2009 ausgeschriebene Stelle „2. Realschulkonrektorin/Realschulkonrektor“ (Besoldungsgruppe A 14) an der Realschule C..

Die Antragstellerin absolvierte die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen im Juli 1994 mit der Note gut (2,1) und die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen im April 1996 mit der Note sehr gut (1,2). Sie trat am 5. August 1996 in den niedersächsischen Schuldienst ein und wurde mit Wirkung vom 1. Februar 1999 zur Realschullehrerin (Besoldungsgruppe A 13) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt. Zuletzt war sie seit dem 1. August 2001 bei der Realschule C. als Realschullehrerin tätig.

Der Beigeladene bestand die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen - Schwerpunkt Hauptschule und Realschule - im Juni 2004 mit der Note sehr gut (1,3) und die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt und Realschulen im März 2006 ebenfalls mit der Note sehr gut (1,2). Er trat mit Wirkung vom 1. Mai 2006 in den niedersächsischen Schuldienst ein und erteilt seitdem an der Haupt- und Realschule D. in E. Unterricht. Mit Wirkung vom 1. August 2007 wurde er zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt.

Im Laufe des Auswahlverfahrens besuchte die Antragsgegnerin zum Zwecke der Beurteilungserstellung den Unterricht der Antragstellerin und eine von ihr geleitete Dienstbesprechung am 30. Oktober 2009 und den Unterricht des Beigeladenen und eine von ihm geleitete Dienstbesprechung am 22. September 2009. Zudem holte sie die Berichte der Schulleitung ein und führte jeweils ein stellenbezogenes Gespräch durch.

Daraufhin beurteilte die Antragsgegnerin die Leistungen der Antragstellerin nach der Beurteilung vom 30. November 2009 als „Entspricht in Teilen voll den Anforderungen“ und die Leistungen des Beigeladenen als „trotz leichter Einschränkungen voll den Anforderungen entsprechend“. In einem Vermerk vom 1. Dezember 2009 äußerte sich die Antragsgegnerin dahingehend, dass der Antragsteller bessere Leistungen gezeigt habe. Der Schulvorstand habe sich nicht für eine der Bewerbungen entschieden. Der Schulträger habe mitgeteilt, dass er sich für den Beigeladenen ausspreche. Es werde vorgeschlagen, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Gegen ihre Beurteilung vom 30. November 2009 legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Die Frauenbeauftragte bat mit Schreiben vom 11. Dezember 2009 um Überprüfung der Auswahlentscheidung und Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens auf die Antragstellerin, da beide Beurteilungen mit einen eingeschränkten „voll den Anforderungen entsprechend“ abschlössen und die Antragstellerin anders als der Beigeladene in der Schule weitere besondere Aufgaben wahrnehme. Die Antragsgegnerin blieb jedoch nach ihrem an die Frauenbeauftragte gerichteten Schreiben vom 16. April 2010 bei ihrer Einschätzung, da die Antragstellerin in den Teilen „Eigener Unterricht“ und „Leitung einer Dienstbesprechung“ deutliche Schwächen gezeigt habe, ihre Leistungen überwiegend im Allgemeinen den Anforderungen entsprächen und ihre besonderen Qualifikationen hierbei in die Bewertung eingeflossen seien. Demgegenüber sei die Beurteilung des Beigeladenen besser.

Da die Bewertungen der Leistungen der Antragstellerin und des Beigeladenen nicht den Vorgaben der Niedersächsischen Laufbahnverordnung entsprachen, wurden die bisherigen Beurteilungen durch neue Beurteilungen vom 28. April 2010 ersetzt, wobei diejenige für die Antragstellerin auf das Gesamturteil „Entspricht im Allgemeinen den Anforderungen“ lautete und diejenige für den Beigeladenen mit der Feststellung endete, dass seine Leistungen „den Anforderungen voll entsprechen“. Die Antragstellerin legte auch gegen diese Beurteilung Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie aufgrund des Notenvorsprungs beabsichtige, dem Beigeladenen den ausgeschriebenen Dienstposten zu übertragen.

Den daraufhin gestellten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. August 2010 ab, da die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht habe. Die formell rechtmäßige Auswahlentscheidung verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene habe einen Leistungsvorsprung in der aktuellen Beurteilung von einer Rangstufe. Soweit die Antragstellerin aufgrund der in den ursprünglichen Beurteilungen zunächst gemachten Einschränkungen nicht von einem Leistungsvorsprung des Beigeladenen ausgehe, folge die Kammer dem nicht. Denn auch diese Beurteilungen zeigten zunächst einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen sowohl hinsichtlich des Gesamturteils als auch hinsichtlich der Ausführungen im Einzelnen. So seien die Leistungen der Antragstellerin überwiegend mit den Anforderungen im Allgemeinen entsprechend bewertet gewesen, während die Leistungen des Beigeladenen voll den Anforderungen entsprächen, es in dieser Hinsicht aber noch leichtere Einschränkungen gebe. Die zusammenfassende gute Bewertung in der Beurteilung des Beigeladenen zeuge von einem Leistungsvorsprung in den Bereichen Unterricht, Fachliche Kompetenz und Soziale Kompetenz im Vergleich zur Beurteilung der Antragstellerin, in der ihr methodisches Vorgehen als verbesserungsfähig angesehen werde. Entsprechendes gelte für die Bewertungen der Dienstbesprechungen. Die Antragsgegnerin habe durch die zuständigen Beurteiler die dienstlichen Beurteilungen nachträglich abändern dürfen, zumal lediglich fehlerhafte oder missverständliche Formulierungen im Gesamturteil den vorgeschriebenen Formulierungen des § 44 Abs. 3 Satz 4 NLVO angepasst worden seien, ohne den Inhalt der jeweiligen dienstlichen Beurteilung zu verändern. Der Auswahlentscheidung lägen aussagekräftige, also hinreichend differenzierte und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhende dienstliche Beurteilungen zugrunde. Zwar seien an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes. Als Realschullehrerin in der niedrigeren Besoldungsgruppe A 13 habe die Antragstellerin jedoch nicht ein höheres statusrechtliches Amt als der Beigeladene als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 12 inne, da sich beide im Eingangsamt ihrer Laufbahnen befänden und daher gleichwertig seien. Insoweit sei § 6 Abs. 2 Bes. NLVO i. d. F. vom 27. Januar 2003 zu beachten. Eine Sprungbeförderung liege im Übrigen nicht vor, da der Beigeladene erst nach der gesetzlich vorgesehenen Erprobungszeit und unter Berücksichtigung des Durchlaufens der Ämter befördert werden solle.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen damit begründet, dass das Verwaltungsgericht das Gewicht des von ihr innegehabten höheren Statusamtes verkenne. An den Inhaber eines höheren Statusamtes würden von vornherein höhere Erwartungen gestellt als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes. Dabei hänge das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalles ab. § 6 Abs. 2 Bes. NLVO betreffe allein die Laufbahnbefähigung und berühre das von dem Beamten inngehabte Statusamt nicht. Es sei erforderlich, sich die jeweiligen Tätigkeitsbereiche anzusehen und auf ihre Funktion in Bezug auf die innegehabten Statusämter zu überprüfen. Dabei falle auf, dass sie bereits seit vielen Jahren vielfältige Aufgaben in der erweiterten Schulleitung beziehungsweise Schulverwaltung wahrnehme. Dies habe in der Beurteilung im Teilbereich „Leitungstätigkeit“ zu einer Bewertung mit eine „voll den Anforderungen entsprechende Leistung“ geführt. Insoweit komme daher der Beurteilung gerade mit Blick auf die höherwertigen Tätigkeiten auch aufgrund des von ihr innegehabten höheren Statusamtes eine höhere Aussagekraft zu. Selbst wenn die statusrechtliche Besserstellung auf dem Gebiet des Unterrichtens keinen Ansatzpunkt für eine Differenzierung zwischen dem Beigeladenen und ihr biete, so dürfte diesem Teilbereich im Hinblick auf den zu besetzenden Dienstposten nur eine untergeordnete oder geringere Bedeutung zukommen als dem Teilbereich der Schulverwaltung. Sie sei daher als besser geeignete Bewerberin anzusehen. Hinsichtlich der Problematik der Sprungbeförderung sei auf die Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts hinzuweisen, wonach bei der Besetzung eines Beförderungsdienstpostens in der Regel demjenigen Bewerber der Vorzug zu geben sei, der die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für seine Beförderung bereits erfülle gegenüber dem Bewerber, der diese Voraussetzungen nicht erfülle. Derart würde der Laufbahngrundsatz auch im Rahmen des Leistungsgrundsatzes Wirksamkeit entfalten.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, dem Beigeladenen den Dienstposten des Zweiten Realschulkonrektors an der Realschule C. vor Rechtskraft einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren über den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. Juni 2010 zu übertragen.

Die Antragsgegnerin hat den angefochtenen Beschluss und ihre Auswahlentscheidung verteidigt. Sie beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat von einer Stellungnahme in der Sache abgesehen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Antragstellerin hat unter Berücksichtigung ihres Beschwerdevorbringens einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch in Gestalt der Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Rechtsfehlerfrei hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Anordnungsgrundes angenommen. Insoweit macht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen zu Eigen und verweist auf sie (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO analog).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich indes die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin als rechtsfehlerhaft. Denn die Auswahlentscheidung trägt dem in Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG verankerten Leistungsprinzip nicht hinreichend Rechnung.

Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet hat, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, IÖD 2003, 170; Urt. v. 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, DVBl. 2004, 317; Nds. OVG, Beschluss vom 15.2.2005 - 5 ME 333/04 -, juris; Beschl. v. 9.5.2008 - 5 ME 50/08 -; Beschl. v. 12.3.2010 - 5 ME 292/09 -). Erweist sich anhand dieses Maßstabes die Auswahlentscheidung nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird (siehe dazu BVerfG, Beschl. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 <201>; Nds. OVG, Beschl. v. 24.2.2010 - 5 ME 16/10 -), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. So verhält es sich hier.

21Dem bei der Einweisung in eine höhere Planstelle zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, der sich unter anderem aus Art. 33 Abs. 2 GG ergibt, entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Befinden sich die Bewerber im selben statusrechtlichen Amt und enthalten deren Beurteilungen die gleiche Gesamtnote, ist aufgrund dieser Beurteilungen angesichts der gleichen Gesamtnote von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen. In einem solchen Fall ist für die Auswahlentscheidung auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, wobei der zuständigen Behörde bei der Auswahl der unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien ein weiter Ermessensspielraum zusteht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, IÖD 2003, 170; Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, DVBl. 2004, 317). Beziehen sich die Beurteilungen der konkurrierenden Bewerber demgegenüber auf unterschiedliche Statusämter, so ist anzunehmen, dass bei formal gleicher Bewertung die Beurteilung des Beamten oder Richters im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des in einem niedrigeren Statusamt befindlichen Konkurrenten. Dem liegt die mit Art 33 Abs. 2 GG vereinbare Überlegung zugrunde, dass an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen zu stellen sind als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.3.2007 - 2 BvR 2470/06 -, BVerfGK 10, 474 = NVwZ 2007, 691 = DVBl. 2007, 563). Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung des Senats ebenfalls angenommen werden, dass in den Fällen wie dem Vorliegenden der in einem niedrigeren Statusamt befindliche Konkurrent (hier der Beigeladene) als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen ist, wenn sein Konkurrent im höheren Statusamt (hier die Antragstellerin) eine um eine Wertungsstufe schlechtere Beurteilung erhalten hat. Denn nur auf diese Weise wird in diesen Konstellationen dem Grundsatz Rechnung getragen, dass an den Inhaber eines höheren statusrechtlichen Amtes von vornherein höhere Erwartungen als an den Inhaber eines niedrigeren statusrechtlichen Amtes gestellt werden.

Mit diesem Maßstab ist die getroffene Auswahlentscheidung nicht vereinbar. Die Antragsgegnerin hat ausweislich ihrer in dem Auswahlvorgang enthaltenen Vermerke, E-Mails und Schreiben ausschließlich auf die ihrer Auffassung nach besseren Leistungen des Beigeladenen, wie sie in dessen Beurteilung zum Ausdruck gekommen sind, im Vergleich zur Beurteilung der Leistungen der Antragstellerin abgestellt, ohne auch nur ansatzweise den Unterschied zwischen den beiden Konkurrenten in ihren Statusämtern zu würdigen. Auch in ihrem Mitteilungsschreiben vom 3. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin als wesentliche Auswahlerwägung allein den Notenvorsprung des Beigeladenen mitgeteilt, ohne die unterschiedlichen Statusämter in den Blick zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes des höheren Statusamtes erweist sich diese Begründung als nicht tragfähig. Wegen des höheren Statusamtes der Antragstellerin ist ihre um eine Stufe schlechtere Beurteilung grundsätzlich als mit der Beurteilung des Beigeladenen im Wesentlichen gleich einzuschätzen.

Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt und durch die dem Beamten oder Richter verliehene Amtsbezeichnung verliehen (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 15.6.1995 - BVerwG 2 B 16.95 -, Buchholz 240.1 BBesO Nr. 14 = NVwZ-RR 1996, 161 = ZBR 1995, 373). Ob es sich bei dem innegehabten statusrechtlichen Amt um das Einstiegsamt einer Laufbahn handelt, ist demgegenüber für die Zuordnung nicht von Bedeutung. Anhand der aufgezeigten Kriterien ist von in ihrer Wertigkeit unterschiedlichen statusrechtlichen Ämtern auszugehen, die von der Antragstellerin einerseits und dem Beigeladenen andererseits bekleidet werden. So gehört das statusrechtliche Amt der Realschullehrerin der Laufbahn "Lehramt an Realschulen" an, während das statusrechtliche Amt des Lehrers der Laufbahn "Lehramt an Grund- Haupt- und Realschulen" zugeordnet ist. Die Laufbahn "Lehramt an Realschulen" gehörte zum Zeitpunkt der Ernennung der Antragstellerin noch zur Laufbahngruppe des höheren Dienstes; demgegenüber ist die Laufbahn "Lehramt an Grund- Haupt- und Realschulen" dem gehobenen Dienst zugeteilt. Zudem haben die Ämter der Besoldungsgruppe A 13 auf Seiten der Antragstellerin und der Besoldungsgruppe A 12 auf Seiten des Beigeladenen unterschiedliche Endgrundgehälter. Schließlich führen die beiden Konkurrenten voneinander abweichende Amtsbezeichnungen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das Statusamt der Antragstellerin sei im Vergleich zu demjenigen des Beigeladenen nicht höherwertig, weil sich beide in dem Einstiegsamt ihrer jeweiligen Laufbahn befänden, sind daher nicht zutreffend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die laufbahnrechtlichen Anforderungen für das frühere Einstiegsamt in den höheren Dienst (nunmehr Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt) nicht identisch gewesen sind mit denjenigen Anforderungen für die Laufbahngruppe des früheren gehobenen Dienstes (nunmehr Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt).

Kein anderes Ergebnis folgt aus dem Verweis des Verwaltungsgerichts auf § 6 Abs. 2 Bes. NLVO i. d. F. vom 27. Januar 2003 (Nds. GVBl. S. 42), geändert durch die Verordnung zur Änderung der Besonderen Niedersächsischen Laufbahnverordnung vom 20. Juli 2004 (Nds. GVBl. 254). Nach dieser Vorschrift gilt, dass derjenige, der die Befähigung für die Laufbahn des Lehramts an Grund- und Hauptschulen oder des Lehramts an Realschulen erworben hat, auch die Befähigung für die Laufbahn des Lehramts an Grund-, Haupt- und Realschulen besitzt. Soweit damit inhaltlich die Befähigungsvoraussetzungen der verschiedenen Laufbahnen gleichgesetzt werden, betrifft der Regelungsgegenstand nicht das Statusrecht als solches, sondern ausschließlich das Laufbahnrecht.

Die Auswahlentscheidung ist auch nicht deshalb als rechtmäßig anzusehen, weil das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und der Grundsatz vom höheren Status-amt nicht schematisch angewandt werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.3.2007, - 2 BvR 2470/06 -, BVerfGK 10, 474 = NVwZ 2007, 691 = DVBl. 2007, 563; Nds. OVG, Beschl. v. 21.2.2007 - 5 LA 171/06 -, juris; Beschl. v. 24.7.2008 - 5 ME 70/08 -; Beschl. v. 30.12.2008 - 5 ME 350/08 -; Beschl. v. 12.3.2010 - 5 ME 292/09 -). Dies hat die Antragsgegnerin nicht erkannt. Sie hat eine solche Einzelfallprüfung im Rahmen ihres Auswahlverfahrens nicht vorgenommen. Erst im gerichtlichen Verfahren hat sie insoweit als Begründung nachgeschoben, dass sie auch in Ansehung des höheren Statusamtes der Antragstellerin ihrer Beurteilung kein höheres Gewicht als derjenigen des Beigeladenen zukommen lassen will, weil sie sich im Eingangsamt ihrer Laufbahn befinde, noch eine Realschullehrerin der "alten Art" sei und daher keine gesteigerten Anforderungen an sie gestellt würden. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich insoweit um eine nicht von § 114 Satz 2 VwGO gedeckte unzulässige Ergänzung der tragenden Ermessenserwägungen (vgl. hierzu nur Nds. OVG, Beschl. v. 12.3.2010 - 5 ME 292/09 -; zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise Nds. OVG, Beschl. v. 9.5.2008 - 5 ME 50/08 -; Beschl. v. 23.6.2008 - 5 ME 108/08 -). Denn die Möglichkeit der Ergänzung von Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO findet ihre Grenzen dort, wo das Wesen der ursprünglichen Auswahlentscheidung verändert wird, indem die auswählende Behörde sie gleichsam mit einem neuen argumentativen Unterbau versieht. So aber liegt es hier. Denn die Antragsgegnerin hat die gebotene Einzelfallprüfung überhaupt nicht vorgenommen. Sie gründet ihre Auswahlentscheidung auf einen neuen argumentativen Unterbau, wenn sie nunmehr eine Gewichtung der Beurteilungen anhand der statusrechtlichen Ämter vornimmt und erst dadurch einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen zu begründen vermag. In diesem Zusammenhang weist der Senat zu den Anforderungen an die Einzelfallprüfung darauf hin, dass zwar auch die Gründe für die statusrechtliche Besserstellung der Antragstellerin im Vergleich zu dem Beigeladenen für die Beurteilung des Gewichts der dienstlichen Beurteilungen von Bedeutung sind. Zu berücksichtigen ist aber, dass alle maßgeblichen Umstände in die Einzelfallprüfung einzubeziehen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.3.2007 - 2 BvR 2470/06 -, BVerfGK 10, 474 = NVwZ 2007, 691 = DVBl. 2007, 563), so etwa mit Blick auf die an das jeweilige Amt zu stellenden Anforderungen auch der Umstand, dass der Beigeladene zum Erwerb der Laufbahnbefähigung andere Voraussetzungen aufweisen musste als die Antragstellerin und er sich daher in einer anderen Laufbahngruppe befindet.

Da es dem Senat verwehrt ist, an Stelle der Antragsgegnerin die gebotene Einzelfallprüfung und eine Gewichtung der Beurteilungen vorzunehmen, lässt sich nicht ausschließen, dass die Antragstellerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird.

Auf die Frage, ob sich die Auswahlentscheidung auch deshalb als rechtswidrig erweist, weil der Beigeladene erst das Amt der Besoldungsgruppe A 13 durchlaufen müsste, kommt es nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil der Beigeladene weder sich zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 40, 47 Abs. 1 GKG. Der Streitwert beträgt die Hälfte desjenigen Betrages, der gemäß §§ 40, 47 Abs. 1, 52 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 GKG in einem Hauptsachverfahren zum Zeitpunkt der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens maßgeblich wäre. Er beläuft sich mithin auf 1/2 x 6,5 x 4.687,44 EUR (Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 NBesO) = 15.234,18 EUR.