OLG Celle, Beschluss vom 30.11.2010 - 10 WF 375/10
Fundstelle
openJur 2012, 51219
  • Rkr:

Die gegen die - nicht allein auf das Fehlen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützte - Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein einstweiliges Anordnungsverfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Herausgabe eines minderjährigen Kindes gerichtete sofortige Beschwerde ist jedenfalls dann unzulässig, wenn eine erneute Entscheidung aufgrund - bereits durchgeführter - mündlicher Erörterung weder ergangen ist noch vom Beschwerdeführer überhaupt ersichtlich erstrebt wird.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Die weiteren Beteiligten sind die Eltern der beiden betroffenen Kinder und üben die elterliche Sorge für sie gemeinsam aus. Für die Dauer ihrer Abwesenheit hat die Kindesmutter (Antragstellerin), in deren Obhut beide Kinder bislang lebten, diese bei ihren Eltern untergebracht. Nachdem die Großeltern gegenüber dem Betroffenen zu 1. den Kindesvater laufend und in massivem Umfang verunglimpft haben, ist der Betroffene zu 1. - für die Dauer der Abwesenheit der Kindesmutter mit deren Einverständnis - in den Haushalt des Kindesvaters gewechselt, in dem er jedoch auch nach der Rückkehr der Kindesmutter ausdrücklich verbleiben will.

In einem gesonderten - bereits vor dem vorliegenden eingeleiteten - Verfahren streiten die Kindeseltern in der Hauptsache (nach teilweiser Antragsrücknahme durch die Kindesmutter betreffend die Betroffene zu 2.) noch über die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für den Betroffenen zu 1. und dessen Herausgabe; dort liegen bereits Stellungnahmen des Jugendamtes sowie eines bestellten Verfahrensbeistandes vor und ist ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben.

Nachträglich hat die Kindesmutter daneben auch das vorliegende Verfahren eingeleitet, in dem sie im Wege einstweiliger Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder vorläufig auf sich übertragen lassen und den Kindesvater zur Herausgabe des Betroffenen zu 1. verpflichten will; zugleich hat sie (auch) für dieses Verfahren um Verfahrenskostenhilfe (VKH) nachgesucht.

Das Amtsgericht hat mit Beschlüssen vom 28. September 2010 die Anordnungsanträge zurückgewiesen und die nachgesuchte VKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung versagt; diese Beschlüsse sind der Antragsgegnerin am 4. Oktober 2010 zugestellt worden. Daraufhin hat die Kindesmutter am 13. Oktober 2010 erneute Entscheidung aufgrund mündlicher Erörterung beantragt, die am 3. November 2010 8:30 Uhr erfolgte, sowie am 3. November 2010 12:45 per Fax gegen die VKH-Versagung sofortige Beschwerde eingelegt.

Im Erörterungstermin hat die Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter ausdrücklich erklärt, im Hinblick auf das parallele Hauptsacheverfahren, in dem bereits am 20. Oktober 2010 ein ausführlicher Anhörungstermin erfolgt war, im Anordnungsverfahren keine Anträge stellen zu wollen, so daß das Amtsgericht aufgrund der mündlichen Erörterung nicht erneut zu entscheiden brauchte.

Mit Beschluß vom 18. November 2010 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde gegen die VKH-Versagung nicht abgeholfen und dabei erneut (und ausschließlich) auf das Fehlen hinreichender Erfolgsaussicht abgestellt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 68 Abs. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, da sie unter den Umständen des Streitfalles bereits nicht statthaft ist.

§ 76 Abs. 2 FamFG verweist für die sofortige Beschwerde gegen Beschlüsse betreffend die VKH auf die §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 ZPO. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen Prozeßkostenhilfe versagende Beschlüsse nicht statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozeßkostenhilfe verneint; nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt dieser Ausschluß der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde entsprechend, soweit die Entscheidung zur Hauptsache selbst nicht anfechtbar ist (BGHZ, 162, 230 ff.).

Da das Amtsgericht die VKH-Versagung im Streitfall nicht (ausschließlich) auf das Fehlen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt hat, wäre die sofortige Beschwerde dagegen somit nur statthaft, wenn gegen die Hauptsacheentscheidung selbst die Beschwerde eröffnet wäre.

Gemäß § 57 FamFG sind Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung im Familiensachen nicht anfechtbar, soweit das erstinstanzliche Gericht nicht aufgrund mündlicher Erörterung über die elterliche Sorge für ein Kind (Nr. 1), die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil (Nr. 2), einen Antrag auf Verbleibensanordnung (Nr. 3), einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz (Nr. 4) oder über die Wohnungszuweisung in einer Ehewohnungssache (Nr. 5) entschieden hat.

11Im Streitfall waren Gegenstand des Verfahrens zwar Anträge über die elterliche Sorge sowie die Herausgabe eines Kindes und hat das Amtsgericht auch - wie von der Antragstellerin beantragt - nach Versagung der beantragten einstweiligen Anordnung eine mündliche Erörterung durchgeführt; da die Antragstellerin im Rahmen dieser Erörterung jedoch ausdrücklich ihren Antrag nicht weiter verfolgt hat, ist es zu einer erneuten Entscheidung nach der mündlichen Erörterung gerade nicht mehr gekommen. Damit liegen gegenwärtig auch die Voraussetzungen des § 57 Satz 2 FamFG nicht vor, um in der Hauptsache selbst eine Beschwerde einzulegen.

Im Streitfall bedarf es auch nicht einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob sich eine Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die VKH-Versagung etwa bereits daraus ergeben kann, daß in der Hauptsache eine Beschwerde noch zulässig werden könnte, namentlich also im Zeitraum zwischen dem Antrag auf mündliche Erörterung und einer darauf beruhenden erneuten Beschlußfassung, in dem insbesondere die Beschwerdefrist bereits ablaufend könnte; denn nach der ausdrücklichen Erklärung der Antragstellerin im Rahmen der erfolgten mündlichen Erörterung ist vorliegend überhaupt nicht mehr davon auszugehen, daß es noch zu einer Entscheidung des Amtsgerichtes aufgrund der mündlichen Erörterung kommen könnte. Jedenfalls in einer solchen Ausgangslage ist dann aber auch gegenüber der VKH-Entscheidung die sofortige Beschwerde nicht statthaft.

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