LAG Niedersachsen, Urteil vom 14.06.2010 - 8 Sa 717/09
Fundstelle
openJur 2012, 50636
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 28. April 2009 – 2 Ca 499/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung des Leistungsentgelts gemäß § 18 TVöD-VKA für das Jahr 2008 und von Tariflohnerhöhungen ab dem 1. Januar 2008 im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der zum 1. Oktober 2005 für den öffentlichen Dienst abgeschlossenen Tarifverträge (TVöD).

Die Klägerin ist bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 29. April 2003, auf dessen genauen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 6 bis 8 der Akte), als Pflegehelferin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden in einem Alten- und Pflegeheim beschäftigt. Der Arbeitsvertrag lautet, soweit vorliegend von Belang, auszugsweise:

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich in Anlehnung nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung, soweit in den §§ 3 und 4 nichts anderes geregelt ist.

§ 3

Die tarifliche Weihnachtszuwendung wird der Höhe nach auf 50 % der Bruttovergütung gem. § 4 dieses Anstellungsvertrages begrenzt.

Beihilfen und Unterstützungen gem. § 40 BAT werden nicht gewährt.

Die Arbeiterin erhält im Krankheitsfall eine Entgeltfortzahlung von sechs Wochen. Ein hierüber hinausgehender Krankengeldzuschuss wird nicht gewährt.

Arbeitsbefreiung gem. § 29 Abs. 1 - 3 BMT-G und § 616 BGB wird abbedungen. Die Urlaubsvergütung wird nach den gesetzlichen Bestimmungen gezahlt. Die Regelung des § 67 Abs. 1 - 4 BMT-G findet keine Anwendung.

Der Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit gem. § 52 BMT-G entfällt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses richtet sich vielmehr nur nach den gesetzlichen Bestimmungen.

Die Dauer des Erholungsurlaubes beträgt 26 Arbeitstage pro Kalenderjahr bei einer 5-Tage-Woche. Ein Zusatzurlaub gem. § 42 BMT-G wird nicht gewährt.

§ 4

Die Arbeiterin erhält einen Stundenlohn in Höhe on 8,90 €.

Ein Sozialzuschlag gem. § 33 BMT-G wird nicht gewährt.

Die Mitarbeiterin wird bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) nach Maßgabe der Satzung zusätzlich versichert. Sie ist verpflichtet, den auf sie entfallenden Beitrag zu zahlen.

Daneben gibt es diverse Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag. Auf diese wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 128, 129 d. Akte).

Die Beklagte ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. In der Vergangenheit gab sie der Klägerin stets die Vergütungserhöhungen zum BMT-G in der jeweils gültigen Fassung weiter. Seit dem 1. April 2004 beträgt der Stundenlohn der Klägerin 9,08 Euro brutto.

Die Klauseln im Arbeitsvertrag verwendet die Beklagte in zahlreichen Arbeitsverträgen, so dass die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrundeliegende Frage von mehreren anderen bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmern verfolgt wird.

Mit der am 21. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage macht die Klägerin die Zahlung der streitigen Entgelte geltend. Den Antrag auf Zahlung des Leistungsentgelts für das Jahr 2007 hat sie mit Schriftsatz vom 18. März 2009 zurückgenommen und die Klage in rechnerisch unstreitiger Höhe von 784, 92 Euro auf die Tariflohnerhöhungen für die Monate Januar bis Dezember 2008 begrenzt, auf das Leistungsentgelt 2008 erweitert.

Die Klägerin hat darauf verwiesen, dass nach ihrer Auffassung der im Arbeitsvertrag in Bezug genommene BMT-G durch den TVöD ersetzt worden sei. Die Tariflohnerhöhungen seien daher an sie weiterzugeben; das Leistungsentgelt 2008 zu zahlen.

Sie hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 404,10 Euro nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegenden Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 380,82 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegenden Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ihrer Auffassung nach sei auf das Arbeitsverhältnis der TVöD nicht anwendbar, sondern immer noch das Tarifwerk des BMT-G. Die Bezugnahmeklausel ergebe nichts anderes.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. April 2009 der Klage stattgegeben, weil die Auslegung des Arbeitsvertrages eine Bezugnahme nicht nur des BMT-G, sondern auch des TVöD erfasse. Der TVöD habe den BMT-G ersetzt. Auf die weiteren Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen (Bl. 70 bis 77 d. A).

Gegen dieses ihr am 11. Mai 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 26. Mai 2009 eingegangenen Berufung, die sie innerhalb der verlängerten Frist am 7. August 2009 begründet hat.

Die Beklagte verbleibt bei ihrer bereits in erster Instanz vorgetragenen Auffassung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründung vom 7. August 2009 und des ergänzenden Schriftsatzes vom 4. Juni 2010, auf die Bezug genommen wird (Bl. 100 bis 102 d. Akte; Bl. 123 bis 129 d. Akte). Aus den zwischen den Parteien vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen könne die Anwendung des Tarifwerkes für die Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung des Bundes in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände seit dem 1. Oktober 2005 geltenden Fassung nicht abgeleitet werden. Es liege keine vollständige Bezugnahme auf den Tarifvertrag vor. Mit den §§ 3 und 4 des Arbeitsvertrages seien eigenständige und das tarifliche Niveau abändernde Regelungen getroffen worden. Der Stundenlohn sei genau festgelegt, auf eine Eingruppierung verzichtet worden. Mit Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag seien weitere Bedingungen auch zur Vergütung abgeändert worden. Die Vertragsparteien hätten damit hinsichtlich der Vergütung ein eigenständiges Regelwerk aufgestellt. Die in § 2 des Ausgangsarbeitsvertrages enthaltene Verweisungsklausel erfasse die tariflichen Vergütungsregelungen daher nicht.

Die Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stade vom 28. April 2009 – 2 Ca 499/08 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 11. September 2009, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 105 bis 108 d. A.).

Zu den Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

I.

Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG; §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO iVm § 66 Abs. 1 und 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die streitigen Ansprüche ergeben sich zwar nicht aus einer unmittelbaren Geltung des Tarifvertrages. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden (§§ 3, 4 TVG). Die Klägerin kann aber die tarifliche Entgelterhöhung für die Monate Januar bis Oktober 2008, für die Monate November und Dezember 2008, das Leistungsentgelt für das Jahr 2008 und die Entgelterhöhung 2009 in Höhe von unstreitig insgesamt 784,92 Euro brutto verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 2, 4 des Arbeitsvertrages iVm der ab 1. Januar 2008 vereinbarten Tariflohnerhöhung zum TVöD vom 31. Januar 2008. Die Anwendung des TVöD iVm dem TVÜ-VKA erfolgt kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auch zur Höhe der Vergütung auf der Grundlage des im Arbeitsvertrag vereinbarten Bruttostundenlohns mit den in den Zusatzverträgen vorgesehenen Änderungen und Beschränkungen.

1.

Die Anwendung des TVöD folgt nicht aus § 3 Abs. 1 TVG, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist. Sie folgt aber aus der Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 4. März 2003 unter Berücksichtigung des in § 4 individuell vereinbarten Stundenlohns. Die Verweisungsklausel des Arbeitsvertrages erstreckt sich auf die Nachfolgetarifverträge des BMT-G einschließlich der Bestimmungen zu den Tariflohnerhöhungen. Die in § 4 des Arbeitsvertrages vereinbarten Änderungen, wie auch die Festlegung eines Stundenlohns, berühren die Tariflohnerhöhung nicht und stehen ihr daher nicht entgegen. Die Höhe des Stundenlohns war festgelegt worden, weil die Tätigkeit der Klägerin keiner Vergütungsgruppe des BMT-G zugeordnet werden konnte. Die Tätigkeit der Klägerin lag zwischen zwei der in Betracht kommenden Vergütungsgruppen. Dies haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung erklärt. Hieraus folgt, dass die Parteien sich hinsichtlich der Vergütungshöhe an den Eingruppierungsgrundsätzen des Tarifvertrages orientiert haben und gerade keine eigenständige Regelung vereinbart haben. Jedenfalls haben sie kein eigenständiges Regelwerk aufgestellt, das die Annahme rechtfertigen könnte, die Weitergabe tariflicher Entgelterhöhungen sei ausgeschlossen.

2.

Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages, zumindest der Rückgriff auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB (vgl. dazu BAG vom 9. November 2005 – 5 AZR 128/05BAGE 116, 185 = AP Nr. 4 zu § 305 c BGB Rn. 16, vom 24. September 2008 – 6 AZR 76/07NZA 2009, 154 = ZDR 2009, 90).

a.

Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG vom 20. September 2006 – 10 AZR 715/05AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Anhaltspunkte für das wirklich Gewollte können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck des Vertrages und der bei Vertragsschluss vorliegenden Interessenlagen sowie den weiteren Ausführungen der Parteien im Zusammenhang mit der Erklärung ergeben (BAG vom 31. Juli 2002 – 10 AZR 513/01BAGE 102, 103 = AP HGB § 74 Nr. 74 = EzA HGB § 74 Nr. 63). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt (Hessisches LAG vom 30. Mai 2008 – 3 Sa 1208/07 – nv). Eine ergänzende Auslegung ist auch bei allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich (LAG Hamm vom 5. März 2009 – 17 Sa 193/08; Palandt/Heinrichs, BGB 68. Aufl., § 305 c BGB Rz. 17, § 306 BGB Rz. 6).

b.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass der Arbeitsvertrag nicht statisch auf den BMT-G verweist, sondern auch die neuen Tarifverträge erfasst. Die Anwendung der Grundsätze ergibt, dass die von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Tariflohnerhöhungen unter Berücksichtigung der eigenständigen Festlegung zur Höhe des Stundenlohns weiterzugeben sind.

aa.

Es handelt es sich bei der Verweisung in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages auf den BMT-G um eine sogenannte kleine dynamische Bezugnahmeklausel. Nach ihr wird im Betrieb der nicht tarifgebundenen Beklagten Arbeitsentgelt "in Anlehnung nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung" gewährt. Die Klausel ist zeitlich dynamisch und nennt einen bestimmten Tarifvertrag, den BMT-G. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages enthaltene große dynamische Klausel kann hierbei vernachlässigt werden. Sie wird durch den mit der Klage geltend gemachten Anspruch nicht berührt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Bezugnahmen in Arbeitsverträgen auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen und zwar auch dann, wenn nur ein Teil des Tarifvertrages in Bezug genommen wurde (vgl. für viele BAG vom 13. November 2002 – 4 AZR 351/01BAGE 103, 338 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 24 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 23). So wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien auch gelebt; die Klägerin erhielt stets die durch Änderungen des BAT vorgesehenen Entgelterhöhungen.

bb.

Die Klausel verhält sich auch eindeutig dazu, wie sich die Ablösung des BMT-G durch die neuen Tarifverträge auswirkt. Eindeutig ist die Regelung, weil sie nicht nur auf die jeweils geltende Fassung, sondern auch auf die ersetzenden Bestimmungen Bezug nimmt (vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 5. Juni 2008 – 3 Sa 94/08 – EzA-SD 2008, Nr. 22, 11; LAG Hamm vom 5. März 2009 – 17 Sa 1093/08). Die Anwendung des TVöD einschließlich der vereinbarten tariflichen Entgelterhöhung entspricht der Interessenlage der Parteien, wie sie im Arbeitsvertrag und der bisherigen Handhabung des Arbeitsverhältnisses ihren Niederschlag gefunden hat.

Die Parteien wollten nach ihrem § 2 des Arbeitsvertrages mangels arbeitsvertraglicher Regelungen die Bestimmungen des BMT-G und die ihn ersetzenden, ändernden und ergänzenden Tarifverträge angewendet wissen. Hierzu gehört die Weitergabe der von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Tariflohnerhöhungen. Aus dem Inhalt der Ziffern des Arbeitsvertrages und aus der entsprechenden bisherigen Praxis der Beklagten, trotz der Beschränkungen zur Höhe der Vergütung auch Tariferhöhungen weiter zu geben, folgt, dass eine statische Verweisung auf den Tarifvertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gewollt war. Dieses wäre aber die unweigerliche Konsequenz aus der von der Beklagten reklamierten weiteren Anwendbarkeit des BMT-G auf die vereinbarte Vergütung. Die in der Bezugnahmeklausel angelegte Dynamik ginge verloren, bezöge man die Verweisung gerade im Bereich der Vergütung nicht auf den sich nicht mehr verändernden BMT-G. Das Arbeitsentgelt erführe keine Veränderung mehr.

Dies entspräche auch nicht dem Willen der Parteien, die eine dynamische Tarifverweisung im § 2 des Arbeitsvertrages vereinbart haben (vgl. LAG Niedersachsen vom 27. März 2009 – 10 Sa 1536/08 – nv; vom 24. August 2009 – 9 Sa 2001/08 – nv; vom 27. April 2009 – 8 Sa 1834/08 – nv; BAG vom 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 – zur Veröffentlichung vorgesehen, Pressemitteilung Nr. 38/10).

cc.

Auch die Abweichungen vom BMT-G, wie sie sich in §§ 3 und 4 des Arbeitsvertrages und in den Zusatzvereinbarungen widerspiegeln, insbesondere die Festlegung eines bestimmten Stundenlohns ohne Bezug zu einer Vergütungsgruppe, rechtfertigen keine andere Auslegung. Zum einen ergäbe sich selbst bei der Annahme, dass eine individualvertragliche Sondervereinbarung über die Vergütung und die Eingruppierung getroffen wurde, zumindest die Anwendung der ansonsten geltenden Vorschriften des TVöD. Es wären lediglich die Höhe des Stundenlohns, die Anzahl der Wochenstunden, zusätzliche Urlaubstage oder das Weihnachtsgeld, nicht aber die von den Tarifvertragsparteien vereinbarte Tariflohnerhöhung von der Veränderung des Tarifvertrages ausgenommen. Der Sachvortrag der Parteien rechtfertigt die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung nicht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die der Klägerin gezahlte Vergütung nicht der tatsächlich vorzunehmenden Eingruppierung entspräche. Im Gegenteil haben die Parteien erklärt, im Tarifvertrag keine passende Vergütungsgruppe gefunden zu haben; die Klägerin habe zwischen zwei Gruppen gelegen; dieses habe berücksichtigt werden sollen. Dies und die Begrenzungen im Bereich der anderen Ansprüche, wie beispielhaft oben aufgezeigt, sind nicht dermaßen ungewöhnlich, dass sie die Schlussfolgerung zuließen, es sei ein nunmehr statisches Gehalt vereinbart. Dieser Annahme steht unter anderem auch die tatsächliche Handhabung der Beklagten in der Vergangenheit entgegen. Daher ist weder die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass abweichend von den tarifvertraglichen Vorschriften keine Tariflohnerhöhung vereinbart ist, noch ist der Schluss zu ziehen, dass aus den Zusatzvereinbarungen folgt, es sei ausschließlich der BMT-G in Bezug genommen. Auch sonstige Umstände, die die statische Vereinbarung des BMT-G rechtfertigen würden und die Weitergabe einer von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Lohnerhöhung ausschließen, liegen nicht vor.

dd.

Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Vereinbarung des TVöD um eine weitreichende Reform der tariflichen Normen und Umstrukturierungen gehandelt hat. Es liegt eine Tarifsukzession und kein Tarifwechsel vor. Ein Tarifwechsel kann nur angenommen werden, wenn z. B. Änderungen der Tarifvertragsparteien, ein Wechsel der Verbandszugehörigkeit, eine Änderung des Betriebszwecks, ein Betriebsübergang oder der Abschluss eines Firmentarifvertrages stattgefunden ha (Müller/Welkoborsky, NZA 2006, S. 1383 bis 1384). Es muss sich also insgesamt um Veränderungen handeln, die sich beim Arbeitgeber vollzogen haben (so bei einer durch Verbandswechsel geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers (vgl. BAG vom 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07AP Nr. 66 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2009, 151).

Das ist vorliegend nicht gegeben. Der Wechsel der Tarifnorm im TVöD in Folge des BAT ist durch Vereinbarungen derselben Tarifvertragsparteien zu Stande gekommen. Das zeigt auch der Abschluss der Überleitungstarifverträge, die überwiegend der Sicherung von Besitzständen sowie der Einstufung in die zutreffenden Entgeltgruppen dienen. Die Tarifzuständigkeit ist jedoch in räumlicher und fachlicher Hinsicht gleich geblieben. Es handelt sich um eine grundlegende Tarifreform. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine bloße Änderung in einem in sich geschlossenen Tarifsystem des öffentlichen Dienstes bei neuer Namensgebung (vgl. auch Wertebach NZA 2005 S. 1224 ff.; Fieberg NZA 2005, 1226 ff.; LAG Niedersachsen vom 27. April 2009 – 8 Sa 1834/08 – aaO; vom 27. März 2009 – 10 Sa 1536/08 – aaO).

3.

Aber auch unterstellt, es wäre eine Auslegung im Sinne der von der Beklagten vertretenen Auslegung ebenfalls denkbar, ergäbe sich nichts anderes. Die Klägerin könnte sich auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB berufen.

a.

Es handelt sich bei den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte verwendet die Klauseln im Arbeitsvertrag in zahlreichen weiteren Arbeitsverträgen.

b.

Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Regelung gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, der schon vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch im Arbeitsrecht Geltung. Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken (vgl. dazu BAG vom 9. November 2005 – 5 AZR 128/05BAGE 116, 185 = AP Nr. 4 zu § 305 c BGB Rn. 16, vom 24. September 2008 – 6 AZR 76/07NZA 2009, 154 = ZDR 2009, 90).

Danach kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die von ihr verwendeten Formularverträge verwiesen hinsichtlich der tariflichen Entgelterhöhung nicht auf den den BMT-G ersetzenden TVöD, es sei davon auszugehen, die Vergütung richte sich nach dem vor Tarifänderung geltenden Gehalt. Dieses Auslegungsergebnis wäre nur eine von mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten.

4.

Entsprechend der obigen Ausführungen hat die Klägerin gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Zahlung des Leistungsentgeltes 2008 in Höhe von 49,84 Euro brutto gemäß § 18 TVöD-VKA und der Entgelterhöhung 2009 in Höhe von 132,78 Euro brutto zuzüglich der Einmalzahlung in Höhe von 115,38 Euro brutto. Die besondere Vereinbarung des Stundenlohns steht nicht entgegen. Sie bezieht sich lediglich auf die Zahlung des Monatsentgeltes. Das Leistungsentgelt ist nicht Teil des Tabellenentgelts, sondern ein darüber hinaus vereinbartes zusätzliches Entgelt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

IV.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung war die Revision zuzulassen.

Stöcke-Muhlack

Herr Velten

Herr Abel