Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15.04.2010 - 5 LA 213/08
Fundstelle
openJur 2012, 50418
  • Rkr:
Gründe

Der auf den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2009 beschränkte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses einen Anspruch der Klägerin auf Übertragung des Amtes einer Realschulkonrektorin ab dem 1. Februar 2007 und auf Gewährung einer Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 und dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 verneint hat, hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe überwiegend nicht hinreichend gemäß § 124a Abs.4 Satz 4 VwGO dargelegt. Die Zulassung der Berufung erfordert, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO bezeichneten Zulassungsgründe eindeutig geltend gemacht und innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. Im Falle der Geltendmachung mehrerer Zulassungsgründe müssen alle diese Gründe jeweils selbständig dargelegt werden. Es reicht nicht aus, wenn ein Zulassungsantragsteller in seiner Begründungsschrift vorab einzelne Zulassungsgründe benennt und sodann eine Begründung ohne Unterscheidung der einzelnen Zulassungsgründe anfügt, in der er nach Art einer Berufungsbegründung Kritik an dem angefochtenen Urteil übt. Es ist auch nicht ausreichend, mit einer Begründung, die nicht zwischen einzelnen Zulassungsgründen differenziert, zu beginnen und dieser eine Bezeichnung der Zulassungsgründe anzuschließen, der ihrerseits keine hinreichend substantiierte Darlegung jedes einzelnen Zulassungsgrundes mehr nachfolgt. Denn es ist nicht Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts, sich anstelle des darlegungsbelasteten Zulassungsantragstellers aus dem "Darlegungs-Gemenge" dasjenige herauszusuchen, was sich bei wohlwollender Auslegung den einzelnen Zulassungsgründen zuordnen ließe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 07.04.2009 - 5 LA 2/09 - und Beschl. v. 18.09.2008 - 6 AD 4/06 -).

Gemessen hieran genügt es nicht, dass die Klägerin eingangs ihres Zulassungsbegründungsschriftsatzes vom 20. Juni 2008 geltend gemacht hat, es lägen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO vor. Das im Stile einer Berufungsbegründung geführte Vorbringen der Klägerin unter Ziffern III und V sowie weitestgehend auch unter Ziffer IV dieses Schriftsatzes lässt die gebotene Differenzierung zwischen den drei Zulassungsgründen vermissen und überlässt es in unzulässiger Weise dem Senat, sich aus diesem Vorbringen dasjenige herauszusuchen, was sich einem der eingangs genannten Zulassungsgründe zuordnen ließe.

Lediglich auf Seite 5 des Schriftsatzes werden kurz den einzelnen Zulassungsgründen zugeordnete Ausführungen gemacht. Diese Ausführungen vermögen jedoch keine Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.

Soweit die Klägerin meint, es handele sich bei der Auslegung des maßgeblichen Begriffs der "Anstellung" im Sinne von § 44 Abs. 5 Satz 3 NSchG in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung - NSchG a.F. - in Verknüpfung mit § 7 Abs. 1 Nr. 3 NBG in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung - NBG a.F. - um eine rechtlich schwierige Frage, fehlt es an der Darlegung überdurchschnittlicher, das normale Maß nicht unerheblich überschreitender Schwierigkeiten (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht dargetan. Es fehlt bereits an der Formulierung der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Frage und an den Ausführungen zur Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit im vorliegenden Rechtsstreit. Darüber hinaus ist ausgelaufenes Recht maßgeblich. § 44 Abs. 5 Satz 3 NSchG und § 7 Abs. 1 Nr. 3 NBG sind mit Wirkung zum 1. April 2009 geändert worden und enthalten das Tatbestandsmerkmal der Anstellung nicht mehr. § 46 Abs. 1 Satz 2 BBesG ist mit Wirkung zum 12. Februar 2009 gestrichen worden. Die Grundsatzrüge ist in Fällen des ausgelaufenen Rechts grundsätzlich ausgeschlossen. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die Auslegung der §§ 44 Abs. 5 Satz 3 NSchG a.F., 7 Abs. 1 Nr. 3 NBG a.F. und des § 46 Abs. 1 Satz 4 BBesG a.F. gleichwohl noch eine Bedeutung für eine erhebliche Zahl offener Fälle hat oder dass sich das als klärungsbedürftig behauptete Rechtsproblem auch zu einer nachfolgenden Norm in gleicher Weise stellt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 03.12.2004 - BVerwG 5 B 57.04 -, NVwZ-RR 2005, 419).

Schließlich rechtfertigen die Ausführungen der Klägerin zu dem Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

8Dabei kann dahinstehen, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass Anstellung i.S.v. § 44 Abs. 5 S. 3 NSchG a.F. und § 7 Abs. 1 Ziff. 3 NBG a.F. die erste Verleihung eines Amtes der konkreten Laufbahn sei und dass die Klägerin vor Übertragung des höherwertigen Amtes in die Laufbahn des Lehramtes an Realschulen hätte angestellt werden müssen, die Anstellung aber bislang nicht vorgenommen worden sei, oder ob die Klägerin - wie sie meint - bereits seit ihrer Berufung als Lehrerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im September 1978 ihre Anstellung i.S.v. § 7 Abs. 1 Ziff. 3 NBG a.F. erfahren hat. Denn jedenfalls ist die Übertragung eines höherwertigen Amtes auf Zeit nach § 44 Abs. 5 Satz 1 NSchG a. F. nicht rückwirkend für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Januar 2009 zulässig. Dies ergibt sich aus dem Verbot rückwirkender Statusbegründungen oder -änderungen als allgemeinem beamtenrechtlichen Grundsatz. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Ernennung, sondern auch für den die Ernennung durch Konkretisierung der Besoldungsgruppe ergänzenden Verwaltungsakt und für ernennungsähnliche Verwaltungsakte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2003 - 2 BvL 7/02 -, m.w.N., juris; BVerwG, Urt. v. 24.04.1980 - BVerwG 2 C 9.78 -, juris). Hierunter fällt z. B. auch die beförderungsgleiche Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt ohne Änderung der Amtsbezeichnung (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12.06.1979 - BVerwG II C 19.75 -, juris). Die Übertragung eines höherwertigen Amtes auf Zeit nach § 44 Abs. 5 Satz 1 NSchG a. F. ist ebenfalls der Kategorie der ernennungsähnlichen Verwaltungsakte zuzuordnen (vgl. hierzu auch Schwegmann/Summer, BBesG, Komm., Stand: November 2009 § 46 BBesG B II/1, Rn. 8 zum Verhältnis der Übertragung eines höherwertigen Amtes mit zeitlicher Begrenzung zum Statusrecht). Die in der Ausnahmevorschrift des § 44 Abs. 5 Satz 1 NSchG a.F. geregelte, zeitlich begrenzte Verleihung eines höherwertigen Amtes berührt zwar nicht das statusrechtliche Amt des Beamten, sondern nur sein Amt im funktionellen Sinne. Das Amt im funktionellen Sinne und das höherwertige Amt im statusrechtlichen Sinne fallen hier ausnahmsweise auseinander (vgl. auch Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: März 2009, § 44 Ziff. 12.6). Gleichwohl ist dem von der Klägerin begehrten Amt nach Sinn und Zweck des § 44 Abs. 5 Satz 1 NSchG a.F. eine befristete Stabilität eigen. Es soll sich nämlich vom Amt im statusrechtlichen Sinne nur durch die Befristung unterscheiden. Damit ist das Amt im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 1 NSchG a.F. ein „Mehr" gegenüber dem Amt im konkret-funktionellen Sinne und ein „Weniger" gegenüber dem Amt im statusrechtlichen Sinne und eine im Verhältnis zu diesen angeführten Rechtsstellungen eigenständige Rechtsstellung (so auch Schwegmann/Summer, a.a.O., § 46 BBesG B II/1 Rnrn. 5 und 6 zu dem Begriff des Amtes in § 46 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F.; vgl. zu § 46 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F. auch VG Saarland, Urt. v. 23.03.2010 - 3 K 236/09 -, juris). Die Übertragung des höherwertigen Amtes auf Zeit geht damit über den Charakter einer Organisationsmaßnahme hinaus und begründet eine besondere Rechtsstellung des Beamten. Der rückwirkende Erlass dieses ernennungsähnlichen Verwaltungsaktes ist unzulässig.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).