Saarländisches OLG, Beschluss vom 26.01.2010 - 6 UF 124/09
Fundstelle
openJur 2010, 355
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 30 F 7/09
Familien- und Betreuungsrecht Zivilrecht
§§ 1587k, 1587l BGB; § 12 FGG; §§ 3b Abs. 2, 3b Abs. 1 VersorgAusglHG
Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Ziffer 2. des Urteils des Amtsgerichts – Familiengericht – in Merzig vom 21. Oktober 2009 – 30 F 7/09 S – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der letzte Satz von Ziffer 2. der Entscheidungsformel durch folgenden Satz ersetzt wird: „Im Übrigen findet ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht statt.“

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Beschwerdewert: 2.000 EUR.

Gründe

I.

Die Parteien, beide Deutsche, schlossen am 17. Juni 1992 die Ehe. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 6. Januar 2009 – der Antragsgegnerin zugestellt am 9. Februar 2009 – auf Scheidung der Ehe angetragen.

Während der Ehezeit (1. Juni 1992 bis 31. Januar 2009; § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung erworben, der Antragsteller in Höhe von 259,01 EUR und die Antragsgegnerin in Höhe von 196,83 EUR. Der Antragsteller hat außerdem während der Ehezeit Plfichtversicherungszeiten beim Centre Commun de la Sécurité Sociale in L. zurückgelegt, deren Umfang das Familiengericht nicht ermittelt hat.

Mit dem nur in der Folgesache Versorgungsausgleich angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden (Ziffer 1 der Entscheidungsformel; insoweit rechtskräftig seit dem 21. Oktober 2009) und – in Ziffer 2 der Urteilsformel – den Versorgungsausgleich dahingehend geregelt, dass es – bezogen auf den 31. Januar 2009 – von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von monatlich 31,09 EUR übertragen und die Umrechnung der Anwartschaften in Entgeltpunkte angeordnet hat.

Gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Der Antragsteller verteidigt die angegriffene Entscheidung. Die weitere Beteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Senatsentscheidung richtet sich gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 bis 5 FGG-RG nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 S. 1, 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Beschwerdeangriff der Antragsgegnerin nicht durchdringt.

Ohne Erfolg rügt die Antragsgegnerin, dass das Familiengericht seine Verpflichtung zu amtswegiger Ermittlung des Sachverhalts (§ 12 FGG) verletzt habe, indem es den Wert der vom Antragsteller in L. erworbenen Anwartschaften nicht ermittelt habe. Sie beabsichtige, statt des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs, dem diese Versorgungsanwartschaften des Antragstellers unterlägen, eine Abfindung nach § 1587 l BGB zu verlangen, was ohne Kenntnis der Höhe dieser ausländischen Anwartschaften nicht möglich sei. Der Antragsgegnerin sei mithin die Möglichkeit genommen worden, im Scheidungsverbund die Abfindung geltend zu machen, zumal ihr zur Vorbereitung des Abfindungsanspruchs nach § 1587 k Abs. 1 BGB ein Auskunftsanspruch zustehe.

Damit kann die Antragsgegnerin nicht gehört werden. Denn zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht davon abgesehen, die Höhe der luxemburgischen Anwartschaften des Antragstellers von Amts wegen zu ermitteln. Der Amtsermittlungsgrundsatz reicht nur so weit, wie die durch weitere Ermittlungen hervortretenden Tatsachen zumindest möglicherweise Einfluss auf die Entscheidung haben können. Bestehen aber die ausländischen Anwartschaften auf Seiten des Ausgleichsverpflichteten und kommt ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht in Betracht, so besteht keine Pflicht zur Amtsermittlung (BGH FamRZ 2007, 996; Senatsbeschluss vom 4. November 1991 – 6 UF 73/91 –, juris; vgl. auch Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 a, Rz. 243). Ein öffentlich-rechtlicher Ausgleich der luxemburgischen Anwartschaften des Antragstellers kann hier – was auch die Antragsgegnerin nicht anzweifelt – nicht vorgenommen werden, und zwar auch nicht im Wege des erweiterten Splittings oder der Anordnung der Beitragszahlung nach § 3 b Abs. 1 VAHRG, weil § 3 b Abs. 2 VAHRG dies hinsichtlich ausländischer Anwartschaften ausdrücklich ausschließt (BGH FamRZ 2008, 2263), was zu beanstanden sich das Bundesverfassungsgericht nicht veranlasst gesehen hat (BVerfG FamRZ 1992, 1036).

Die Rechte der Antragsgegnerin sind durch die Verfahrensweise des Familiengerichts auch nicht verkürzt worden. Das Familiengericht hat – seiner Hinweispflicht entsprechend – in der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2009 zutreffend darauf hingewiesen, dass die ausländischen Anwartschaften des Antragstellers im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich seien und daher eine Klärung durch das Gericht nicht erfolgen werde. Der Antragsgegnerin hätte es freigestanden, hierauf zu reagieren und in dieser Folgesache einen Auskunftsanspruch nach § 1587 k BGB oder unmittelbar einen Abfindungsanspruch nach § 1587 l BGB anhängig zu machen, was beides statthaft gewesen wäre (vgl. BGH FamRZ 1984, 668; AnwK-BGB/Friederici, 1. Aufl., § 1587 k, Rz. 5; HK-FamR/Bergmann, 1. Aufl., § 1587 l, Rz. 15).

Es kann dahinstehen, ob das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin – ggf. nach entsprechendem Hinweis des Senats – als ein Antrag nach § 1587 k oder § 1587 l BGB ausgelegt werden könnte; denn es ist unzulässig, diesen erstmals in der Beschwerdeinstanz zu stellen (BGH FamRZ 1990, 606).

Dies hindert die Antragsgegnerin nicht daran, ihren Auskunfts- und Abfindungsanspruch gegen den Antragsgegner nachfolgend in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen (BGH FamRZ 1984, 668).

Nachdem gegen die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs bezüglich der beiderseitigen Anwartschaften der Parteien bei der Deutschen Rentenversicherung von den Beteiligten weder Einwendungen erhoben wurden noch solche ersichtlich sind, ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen, wobei der den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich betreffende Teil der erstinstanzlichen Entscheidungsformel zum Versorgungsausgleich klarstellend dahin zu berichtigen ist, dass im Übrigen ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet (vgl. BGH FamRZ 2008, 2263).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 S. 1, 49 Nr. 3 GKG, weil die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsmittel die Einbeziehung der ausländischen Anwartschaften in das vorliegende Verfahren erstrebt hat.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 621 e Abs. 2 i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO).