LG Oldenburg, Urteil vom 19.12.2007 - 1 O 2231/07
Fundstelle
openJur 2012, 46738
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegenSicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zuvollstreckenden Betrages.

4. Der Gebührenstreitwert beträgt 10.000,- Euro.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Gesellschaftsvertrages einer Jagdgemeinschaft und die Gültigkeit von dessen Regelungen für die Beklagten zu 1) und 2).

Auf Grund eines Jagdpachtvertrages vom 16.03.2003 sind der Kläger, der Beklagte zu 1) und der Zeuge … Jagdpächter des Jagdreviers St. I / B.. Der Pachtvertrag Bl.10 bis 12 d.A. wird wegen seiner Einzelheiten in Bezug genommen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die aus den drei Pächtern bestehende Jagdgesellschaft sei durch die Einbindung weiterer Mitglieder erweitert worden und alle Mitglieder seien an die Mehrheitsbeschlüsse der erweiterten Gesellschaft gebunden. Er behauptet dazu, es bestünde im Innenverhältnis eine bereits vor 20 Jahren gegründete BGB-Jagdgesellschaft, zu deren Mitgliedern nach einigen Wechseln im Bestand neben den eigentlichen Jagdpächtern heute der Beklagte zu 2) sowie die Herren … und … gehören würden. Gesellschaftszweck sei die gemeinsame Pachtung sowie die gemeinschaftliche Hege und Jagdausübung. Alle Mitglieder hätten die gleichen Rechte und Pflichten. Die aus dem eigentlichen Pachtvertrag resultierende Pachtschuld sei von ihnen stets zu gleichen Teilen entrichtet worden. Überdies meint der Kläger, die von ihm eingereichten Unterlagen ließen auf einen schriftlichen Vertrag betreffend die erweiterte Gesellschaft schließen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Herren …, … sowie … ein Gesellschaftsvertrag nach bürgerlichem Recht betreffend das Jagdgebiet St. I / B. besteht und auch für die Beklagten zu 1) und 2) gilt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie wenden ein, dass einer materiellen Entscheidung bereits die entgegenstehende Rechtskraft aus dem Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg vom 12,01.2006 (21 C 1556/04 (I)) entgegen stünde. Zudem bestreiten sie das Bestehen der von dem Kläger behaupteten Gesellschaft.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Zunächst ist die Klage zulässig. Das Landgericht Oldenburg ist sachlich zuständig. Dabei kann es dahin stehen, ob der Zuständigkeitsstreitwert nach § 8 ZPO zu bemessen ist, weil das Gesellschaftsverhältnis als Unterpachtvertrag auszulegen ist, oder er unter Anwendung des § 3 ZPO zu bestimmen ist, weil ein Gesellschaftsvertrag Streitgegenstand ist. In beiden Fällen überstiege der Zuständigkeitsstreitwert 5.000,- Euro, weil die Pachtzeit bis ins Jahr 2015 mit der an den Verpächter zu entrichtenden Pacht in Höhe von 3.600,- Euro zu multiplizieren wäre und nur ein geringfügiger Abschlag entnommen wird, weil lediglich Feststellung beantragt ist.

Der Klage steht auch nicht die materielle Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Cloppenburg (AZ 21 C 1556/04 (I)) vom 12.01.2006 entgegen, weil Streitgegenstand dort lediglich die Erteilung eines Jagderlaubnisscheins auf Grund einer mündlichen Zusage des Beklagten zu 1) war. Zu einem Gesellschaftsverhältnis, wie es hier festgestellt werden soll, traf das Urteil keinerlei Feststellungen

Im Übrigen besteht für den Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 256 Abs.1 ZPO an der Feststellung, ob ein Gesellschaftsverhältnis nicht nur zwischen den drei Jagdpächtern, also dem Kläger, dem Beklagten zu 1) und dem als Zeugen benannten … besteht, sondern darüber hinaus gehend eine Erweiterung dieser Gesellschaft um weitere Mitjäger erfolgt ist, an deren Mehrheitsbeschlüsse auch die Beklagten zu 1) und 2) gebunden sind. Schließlich hat eine entsprechende Feststellung erhebliche Auswirkungen auf die Rechte der Parteien in Bezug auf die Jagd in dem gepachteten Gebiet.

Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der von dem Kläger behauptete Gesellschaftsvertrag der Jagdgemeinschaft B., die derzeit aus dem Kläger, den Beklagten zu 1) und 2) sowie den Herren … bestehen soll, jedenfalls wegen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 11 Abs.4 S.1 BJagdG gemäß § 11 Abs.6 S.1 BJagdG nichtig ist und damit keinerlei Rechtswirkungen entfalten kann.

Es ist allgemeine Auffassung und wird von den Parteien auch nicht in Abrede gestellt, dass zwischen mehreren Jagdpächtern als Jagdausübungsberechtigten im Sinne des § 1 Abs.2 Ziffer 2 NJagdG ein Gesellschaftsverhältnis besteht. Das Gericht hat auch keine rechtlichen Bedenken an der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Jagdgesellschaft, in der weitere Jagdinteressierte mit einem oder mehreren Jagdpächtern zusammenkommen, um eine Gesellschaft zu gründen, die allen Beteiligten die gleichen - und damit jagdpächtergleichen - Rechte und Pflichten einräumt.

Nach dem Vortrag des Klägers handelt es sich hier um eine solche Jagdgemeinschaft in der alle Beteiligten - also die Pächter und die weiteren Mitglieder - identische Rechte haben, die sich letztlich aus dem Pachtvertrag des Klägers, des Beklagten zu 1) und des … ableiten. Die drei Jagdpächter haben ihre Jagdausübungsrechte zu einem Stückteil den weiteren Mitjägern in der Form überlassen, dass im Innenverhältnis der von dem Kläger behaupteten Gesellschaft den Nichtpächtern eine in Bezug auf das Jagdausübungsrecht und die Wahrnehmung der sonstigen Pächterrechte in jeder Hinsicht gleichberechtigte Stellung eingeräumt wird. Gesellschaftszweck sei die gemeinsame Pacht sowie die gemeinschaftliche Hege und Jagdausübung. Beispielsweise brächten sie die Pacht gemeinsam und zu gleichen Teilen auf, kämen ihrer Hegepflicht zu gleichen Teilen nach, stellten Abschusspläne auf, nähmen gleichmäßig an der Jagdnutzung teil und besprächen die Einladung von Jagdplänen miteinander.

16Eine derartige Überlassung stellt eine Unterverpachtung dar (vgl. BGH NJW-RR 2000, 717 - 719; Staudinger - Sonnenschein, 13. Bearbeitung 1996, § 581 Rn.60; RGZ 63,, 293; OLG Sachsen Anhalt, Urteil vom 26.05.1998, AZ 1 U 2030/97). Diese Unterverpachtung bedarf der Schriftform des § 11 Abs.4 S.1 BJagdG. Sie gilt für die Unterverpachtung nicht nur generell (vgl. LG Verden, Urteil vom 09.06.1983, AZ: 8 O 349/82; Mitschke / Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, § 11 Rn.94). Vielmehr folgt aus dem Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses, der in der Absicherung des Rechtsverkehrs und der Beweiserleichterung liegt, dass er im Fall der Unterverpachtung besonders relevant ist (vgl. Lorz / Metzger / Stöckel, Jagdrecht - Fischereirecht, 3. Auflage, § 11 BJagdG Rn.7). Je weiter die Pachtrechte in die Breite gestreut werden, desto wesentlicher ist es für den Rechtsverkehr und im Hinblick auf die Beweissituation, dass sie nachvollziehbar bleiben. Gerade die in dem Vortrag des Klägers offenbar werdende Fluktuation in der behaupteten Gesellschaft macht anschaulich, wie notwendig die Schriftform ist. Letztlich ist es nämlich nur noch schwer nachvollziehbar, wer wann Mitglied der behaupteten Gesellschaft gewesen ist und Pachtrechte inne hatte. Das will § 11 Abs.4 S.1 BJagdG verhindern.

Die gegenteilige und durch das Oberlandesgericht Oldenburg im Jahre 1960 vertretene Auffassung, dass der Unterpachtvertrag keiner Schriftform bedürfe (Nds. Rechtspflege 1960, S.275), schließt das erkennende Gericht sich nicht an. Richtig ist, dass § 11 Abs.4 S.1 BJagdG die Unterverpachtung nicht direkt anspricht. Aus den vorgenannten Erwägungen muss sich das Schriftformerfordernis jedoch auch auf die Unterpacht erstrecken. Die dogmatische Argumentation, nach der sich aus dem Zusammenspiel des damaligen Landesjagdgesetztes und dem Bundesjagdgesetz ergab, dass die Unterverpachtung keiner Schriftform bedarf, findet in dem heutigen NJagdG keine Grundlage.

18Es kann darüber hinaus auch kein Zweifel bestehen, dass die Bezeichnung der Vereinbarung als Gesellschafts- und nicht als Pachtvertrag keine Befreiung vom Erfordernis der Schriftform zur Folge haben kann. Erstens muss allein der Inhalt der Vereinbarung entscheidend sein und nicht deren Bezeichnung. Zweitens muss das Schriftformerfordernis auch für die von dem Kläger behauptete Gesellschaft gelten, weil mit dem Gesellschaftsvertrag die abgestuften Regelungen des Jagdrechts durchbrochen beziehungsweise vermengt werden. So sind nach § 1 Abs.2 Ziffer 2 NJagdG die Pächter Jagdausübungsberechtigte. Demgegenüber sind die weiteren Personen lediglich zur Jagd befugte Jagdgäste nach § 1 Abs.3 Ziffer 4 NJagdG, die nach § 18 Abs.1 Ziffer 2 NJagdG Jagderlaubnisscheine von den jagdausübungsberechtigten Pächtern erhalten, welche sie wiederum als Jagdgäste nach § 19 NJagdG mit sich zu führen haben. Allein daraus erschließt sich, dass die drei Pächter nach außen hin grundsätzlich ein besseres Recht haben, als die weiteren in der behaupteten Gesellschaft zusammen geschlossenen Personen. Dementsprechend ist jedenfalls der Vortrag des Klägers, nach dem die Nichtpächter der behaupteten Gesellschaft immer als Jagdgäste eingeladen werden. In der Außenwirkung entsteht so der Eindruck, sie seien gerade keine Jagdpächter. Im Innenverhältnis wäre dies aber offensichtlich anders. Gerade und besonders in dieser Situation erfordert die Sicherheit des Rechtsverkehrs die Schriftform.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus auch den beigefügten Urteilen des Landgerichts Stralsund (Bl.86 - 88 d.A.), des OLG Naumburg (Bl.89 - 91 sowie Bl.106 bis 130) und des Bundesgerichtshofes (NJW-RR 2000, 717 - 719) keine andere Bewertung. Das Landgericht Stralsund hat sich mit der Frage befasst, ob ein Mitpächter von den anderen Pächtern gesellschaftsrechtlich ausgeschlossen und an der Jagd gehindert werden kann, weil die Mitpächter eine Jagdgesellschaft bilden. Auf die Einhaltung einer Schriftform kam es hier nicht an, weil alles schriftlich fixiert war.

Das Oberlandesgericht Naumburg hat in seiner Entscheidung vom 11.09.2002 (AZ 1 U 107/01) darauf abgestellt, dass der Jagdpachtvertrag der Jagdpächter mit den Grundeigentümern als Inhabern des Jagdrechts (§ 3 Abs.1 BJagdG), der die Rechtsverhältnisse im Außenverhältnis (Jagdpächter - Verpächter) regelt, der Schriftform nach § 11 Abs.4 S.1 BJagdG bedarf, nicht aber der Gesellschaftsvertrag zwischen den Jagdpächtern untereinander, der deren Innenverhältnis bestimmt. Gerade so liegt es hier hingegen nicht. Es haben nicht Jagdpächter untereinander ein Innenverhältnis geschaffen, sondern Jagdpächter und solche, die im Sinne des NJagdG, nur als Jagdgäste bezeichnet werden können. Hier wurde - wie oben bereits ausgeführt - eine de facto Unterverpachtung vereinbart. Diese wiederum bedarf der Schriftform aus den oben erläuterten Gründen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungen des OLG Naumburg vom 26.05.1998 (AZ 1 U 2030/07 - Bl.106 bis 130) und der nachfolgenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (NJW - RR 717 - 719). In diesem Sachverhalt stand die Wirksamkeit des Pachtverhältnisses zwischen Verpächtern und Jagdpächtern im Streit. Insbesondere ging es um die Frage, ob es die Kündigung des Pachtvertrages rechtfertige, wenn die Jagdpächter weiteren Jagderlaubnisinhabern aus ihrem Pachtrecht abgeleitete pächtergleiche Rechte einräumen. Wohl auch das OLG Naumburg, ganz sicher aber der Bundesgerichtshof haben darin eine Unterverpachtung erblickt. Diese stellt jedenfalls dann einen Kündigungsgrund des Pachtvertrages dar, wenn die Unterverpachtung in dem Pachtvertrag zwischen Verpächtern und Pächtern ausgeschlossen ist.

In den beiden Entscheidungen ging es mithin nur mittelbar um das Verhältnis zwischen Jagdpächtern und weiteren Mitjägern. Es war die Frage, ob deren Verhältnis auf dasjenige zwischen Verpächter und Jagdpächter durchschlagen kann. In diesem Zusammenhang betrachtet wird die untergeordnete Bedeutung der Wirksamkeit der zwischen Jagdpächtern und weiteren Mitpächtern bestehenden Vereinbarung deutlich. Wenn die zwischen Jagdpächtern und weiteren Mitjäger bestehende (Unterverpachtungs-) Vereinbarung mangels Schriftform unwirksam wäre, könnte dies nicht zur Konsequenz haben, dass keine Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Pächter und Verpächter bestehen. Dann würde nämlich die bewußte Umgehung des Schriftformerfordernisses bei der faktischen Unterverpachtung den Verpächter rechtlos stellen. Es kam bei dem Unterpachtverhältnis, das der Bundesgerichtshof ausgemacht hat, dem entsprechend nicht in erster Linie auf dessen Wirksamkeit, sondern auf die von diesem Verhältnis faktisch ausgehende Beeinträchtigung an.

Eine ganz andere Situation liegt dem hier zu entscheidenden Fall zu Grunde. Hier sollen sich aus dem Unterpachtverhältnis konkrete Rechte der an diesem Verhältnis beteiligten Personen ergeben.

24Die Schriftform des von dem Kläger behaupteten Gesellschaftsvertrages ist hier nicht gegeben. Die vom Klägervertreter zuletzt im Schriftsatz vom 19.11.2007 geäußerte gegenteilige Auffassung teilt das Gericht nicht. Sie war schon deswegen einer kritischen Würdigung zu unterziehen, weil im Schriftsatz vom 09.11.2007 noch behauptet worden war, dass eine schriftliche Fixierung des Gesellschaftsvertrages nicht erfolgt sei. Aber auch im Übrigen lässt sich aus den durch den Kläger beigefügten Unterlagen der Schluss auf einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag nicht ziehen. Insbesondere spricht ein Besprechungsprotokoll vom 08.03.2004 auch deutlich dagegen (Bl.84 d.A.), wenn es darin heißt, „Die Anwesenden halten es für sinnvoll, das bestehende Rechtsverhältnis schriftlich in einem Gesellschaftsvertrag zusammen zu fassen.“ Das Erstellen von Protokollen ersetzt jedenfalls keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag.

Weil die Schriftform nicht gegeben ist, wäre der vom Kläger behauptete Gesellschaftervertrag zwischen den drei Pächtern und den weiteren Jägern, der eigentlich ein Unterpachtvertrag ist, gemäß § 11 Abs.6 S.1 BJagdG beziehungsweise auch § 125 BGB nichtig.

Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S.2 ZPO.