VG Oldenburg, Urteil vom 30.01.2007 - 1 A 2186/05
Fundstelle
openJur 2012, 45355
  • Rkr:

Nur wesentlich unterschiedliche Eingriffslagen und Ausgleichsmaßnahmen machen eine grundstücksgenaue Zuordnung der Eingriffs- zu den Kompensationsflächen notwendig.Bei einer gleichmäßigen Eingriffslage ist es nicht erforderlich, diese Grundstücke bei der Zuordnungsfestsetzung einzeln aufzuführen. Eine flächenmäßige Zuordnung, differenzierend etwa nach Wohnbauflächen, Verkehrsflächen und Gemeinbedarfsflächen, reicht dann aus.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten denRechtsstreit hinsichtlich eines Teilbetrages von 18,10 Euro in derHauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist dasUrteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung eines Kostenerstattungsbetrages gemäß §§ 135 a bis c BauGB.

Die Kläger sind Eigentümer des Flurstücks, Grundbuch Blatt in O.. Das 580 qm große Grundstück liegt im Geltungsbereich des mit Bekanntmachung vom 29. März 1996 rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplans „P.“. Für den Bereich des Grundstücks ist ein reines Wohngebiet festgesetzt. Der Bebauungsplan diente vornehmlich dem Neubau einer berufsbildenden Schule und der Schaffung von Wohnbauflächen.

In dem Bebauungsplan wurden außerdem mehrere Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft zeichnerisch festgesetzt sowie folgende textliche Festsetzungen aufgenommen:

„§ 6 Auf den Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft sind Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft durchzuführen. Diese Maßnahmen sind im Grünordnungsplan (GOP) bestimmt.

§ 7 Die Festsetzungen für Ausgleich bzw. Ersatz für Eingriff in Natur und Landschaft

- Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft (Kompensationsflächen) und

- Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft gemäß § 6 (Kompensationsmaßnahmen)

werden zu 50 % den Bauflächen, 20 % den öffentlichen Verkehrsflächen, 30 % den Gemeinbedarfsflächen zugeordnet.“

In der Begründung zum Bebauungsplan wird u.a. ausgeführt:

„Die für die Wohnbebauung und den Berufsschulneubau vorgesehenen Flächenanteile werden zur Zeit landwirtschaftlich als Grünland genutzt. (...) Die Aufstellung des Bebauungsplanes N-676 bereitet erhebliche Eingriffe im Sinne des § 8 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Natur und Landschaft vor. Neben den Eingriffen durch Inanspruchnahme des Grünlandes für Wohnbauflächen, Flächen für Gemeinbedarf sowie Erschließungsstraßen und der Zerstörung bzw. Minderung der Bodenfunktion (Abbau und Umbauprozesse von eingetragenen Stoffen, die Produktionsfunktion, die Lebensraumfunktion sowie die Grundwasserneubildung) werden durch die geplante Bebauung des Bereiches auch erhebliche Eingriffe in das Landschaftsbild vorbereitet. (...) Die Kompensationsmaßnahmen können in der Regel nur einheitlich durch die Stadt durchgeführt werden. Die Kosten hierfür werden auf die Eingriffsflächen verteilt. Der Umfang der erstattungsfähigen Kosten und die Art der Verteilung sind in der Satzung der Stadt Oldenburg zur Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen nach § 8 a Bundesnaturschutzgesetz geregelt.“

In dem der Begründung des Bebauungsplanes als Anhang beigefügten Grünordnungsplan wird eine Eingriffsbewertung und -bilanzierung auf der Basis von Wertfaktoren und Werteinheiten vorgenommen. Die durch die Wohnbauflächen, die Verkehrsflächen und die Gemeinbedarfsflächen in Anspruch genommenen Grünlandflächen werden dabei nach ihrer Größe und Wertigkeit im Einzelnen aufgeführt. Dem vorher vorhandenen Grünland wird dabei für 84.500 qm ein Wertfaktor von 1,0 und für 34.200 qm ein Wertfaktor von 1,5 zugeordnet. Bei der Wertigkeit nach dem Eingriff erfolgt eine Differenzierung nach dem Grad des Eingriffs, wobei den Erschließungsstraßen auf Grund der vollständigen Versiegelung der Wertfaktor 0, den Gemeinbedarfsflächen der Wertfaktor 0,3 und den Wohnbauflächen wegen der gärtnerischen Neugestaltung ein Wertfaktor von 0,5 zugeordnet wird. Insgesamt ergibt sich daraus ein Gesamtbiotopflächenwert von 94.250 Werteinheiten, dem eine Aufwertung durch Kompensationsmaßnahmen von 94.180 Werteinheiten gegenübersteht. Die zur Kompensation erforderlichen grünordnerischen Maßnahmen werden im Grünordnungsplan im Einzelnen aufgeführt.

Die Beklagte zog die Kläger mit Bescheid vom 28. April 2005 zu einem Kostenerstattungsbetrag in Höhe von 5.660,34 Euro heran. Der Berechnung des Abgabensatzes legte sie erstattungsfähige Kosten in Höhe von 638.720,77 Euro und eine zulässige Gesamtgrundfläche von 19.634,40 qm (unter Berücksichtigung einer im gesamten Baugebiet festgesetzten einheitlichen Grundflächenzahl von 0,3) zugrunde. Dabei wurden vier bereits vorher bebauten Grundstücke A. nicht berücksichtigt. Die in diese Berechnung eingestellten Kosten ergeben sich aus der Halbierung der Gesamtkosten von 2.182.461,49 DM und der Hinzurechnung von Darlehenszinsen in Höhe von 157.998,51 DM. Der sich daraus ergebende Betrag von 1.249.229,77 DM entspricht 638.720,77 Euro.

Die Kläger haben am 27. Mai 2005 Klage erhoben. Sie tragen vor: In dem Bebauungsplan fehle eine Verweisung auf die im angefochtenen Bescheid in Bezug genommenen Rechtsgrundlagen. Vielmehr werde dort ausschließlich auf die Vorschriften im Bundesnaturschutzgesetz verwiesen. Außerdem fehle im Bebauungsplan die aus Gründen der Planbestimmtheit erforderliche textliche Festsetzung der Zuordnung des Eingriffsgrundstücks zu den Ausgleichsmaßnahmen. In dieser Zuordnung seien die betroffenen Eingriffs- und Kompensationsflächen nach Flurstücken einzeln aufzuführen, allein der Umstand einer Festsetzung von Ausgleichs- und Eingriffsflächen genüge hierzu nicht. Hier sei eine solche textliche Zuordnung nicht erfolgt. Im Bebauungsplan würden lediglich in dem als Anlage beigefügten Grünordnungsplan die Ausgleichsflächen ausgewiesen. Die Eingriffsflächen seien dem Bebauungsplan bzw. seiner Begründung aber nicht zu entnehmen. Mangels der erforderlichen Zuordnung könne dem Bebauungsplan auch nicht die daraus möglicherweise resultierende Kostenbelastung für die jeweiligen Grundstückseigentümer entnommen werden. Dies sei aber Sinn und Zweck des hierzu vorgesehenen Planungsverfahrens. Hier komme noch hinzu, dass ausweislich des Bebauungsplanes im Zeitpunkt des Erlasses dieses Planes das beplante Gelände in eine vergleichsweise geringe Zahl von Flurstücken eingeteilt gewesen sei. Die später zu Bebauungszwecken erfolgte Parzellierung sei damals noch nicht erfolgt. Eine Zuordnung hätte seinerzeit zumindest zu den damals vorhandenen Grundstücken erfolgen können. Zu den heute vorhandenen Grundstücken sei sie unzweifelhaft nicht erfolgt und hätte damals auch nicht erfolgen können. Es möge sein, dass eine eindeutige Zuordnung trotz der vergleichsweise geringen Zahl von Flurstücken bei Erlass des Bebauungsplanes mit erheblichem Aufwand verbunden gewesen wäre, trotzdem wäre eine solche Zuordnung nicht unmöglich gewesen. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass nicht sämtliche im Bebauungsplan befindlichen Flächen auch Eingriffsflächen darstellten, weil diese teilweise nicht bebaubar seien. Dies gelte insbesondere für die heute vorhandenen Flurstücke, und, deren Fläche in dem ursprünglichen Plan noch als Eingriffsflächen ausgewiesen worden seien. Erst nach der später durchgeführten Parzellierung im Plangebiet seien diese Flächen, die keine Eingriffsflächen darstellten, in den Akten festgehalten worden. Dies bedeute, dass bereits bei Erlass des Bebauungsplanes die tatsächliche Eingriffsfläche unzutreffend ermittelt worden sei. Schließlich erschienen die Kostenerstattungsbeiträge auch extrem überhöht. In der Begründung zum Bebauungsplan sei ein Biotopflächenwert von 94.250,-- DM festgestellt worden. Dieser Betrag stehe in keinem Verhältnis zu den im angefochtenen Bescheid festgesetzten erstattungsfähigen Kosten in Höhe von insgesamt 683.720,77 Euro. Dies gelte erst recht, wenn man bedenke, dass es sich bei den erstattungsfähigen Kosten um solche handele, die bereits den bebaubaren Grundflächen zugeordnet worden seien, also noch nicht einmal die Kosten umfassten, die auf die öffentlichen Verkehrsflächen und die Gemeinbedarfsflächen entfielen.

Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2005 reduzierte die Beklagte den Kostenerstattungsbetrag um 18,10 Euro auf 5.642,24 Euro, weil die zulässige Gesamtgrundfläche auf 19.697,40 qm zu erhöhen sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Flurstücke, und in die Gesamtgrundfläche mit einzubeziehen seien. Diese Flurstücke lägen innerhalb des Bebauungsplanes und seien insgesamt als nicht überbaubare Fläche festgesetzt worden. Sie seien von Grundstückseigentümern erworben worden, die ihre angrenzenden Grundstücke außerhalb des Bebauungsplangebietes hätten. In Anbetracht der geringen Größe dieser Grundstücke, der eingeschränkten Nutzung und wegen einzuhaltender Grenzabstandsregelungen sei für diese Grundstücke zunächst keine eigenständige Vorteilslage angenommen worden. Allerdings wirkten sie sich grundsätzlich auf die Ausnutzbarkeit mit ihnen verbundener Flächen aus, so dass ihnen vorteilsbegründende Qualität zukäme und sie nicht zu Lasten anderer Grundstücke unberücksichtigt bleiben dürften. Die Beteiligten haben hinsichtlich des Betrages von 18,10 Euro den Rechtsstreit im Termin zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 28. April 2005 aufzuheben, soweit der Betrag nach Reduzierung noch streitig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet: Der Bebauungsplan sei seit dem 29. März 1996 rechtsverbindlich. Zum 1. Januar 1998 sei das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Regelung des Rechts der Raumordnung vom 18. August 1997 in Kraft getreten, in dem unter anderem die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung aus den §§ 8 a bis c Bundesnaturschutzgesetz in die Vorschriften der §§ 135 a bis c BauGB überführt worden sei, auf die sie nunmehr die Heranziehung zu Kostenerstattungsbeträgen stütze. Ein Erfordernis oder gar eine Verpflichtung zur Anpassung der im Bebauungsplan genannten Rechtsgrundlagen bestehe nicht. Eine Zuordnung der Ausgleichsmaßnahmen zu den Bauflächen sowohl für Wohngebiete, Gemeinbedarfsflächen und Verkehrsflächen sei in § 7 der Satzung zum Bebauungsplan für die Eingriffsflächen benannt und im Zusammenhang mit den betreffenden Bebauungsplanfestsetzungen, der Begründung und dem Erläuterungsbericht des Grünordnungsplanes, der als Anlage Bestandteil der Begründung im Bebauungsplan sowie der seinerzeit geltenden Gesetzesgrundlage Bundesnaturschutzgesetz sei, auch flächenmäßig konkret bestimmt erfolgt. Der Bebauungsplan setze explizit Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft fest und regele die Zuordnung ausdrücklich wie dargestellt. Eine grundstücksbezogene Zuordnung sei nicht möglich gewesen, weil die Flächenparzellierung erst nach der Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans durchgeführt worden sei. Eine vorherige grundstücksbezogene Zuordnung wäre danach nicht mehr nachvollziehbar gewesen, weil Grundstücks- bzw. Flurstücksbezeichnungen infolge von Teilungen untergegangen bzw. aufgrund von Flurstücksneubildungen geändert worden seien. Eine Zuordnung müsse deshalb bereits dann als ausreichend eindeutig angesehen werden, wenn sie, wie hier in § 7 des Bebauungsplanes, bezogen auf die öffentlichen Verkehrsflächen, die Gemeinbedarfsflächen und die Bauflächen zwar nicht grundstücks-, aber flächenscharf erfolge. Gegen derartige Sammelzuordnungen könnten keine Bedenken geltend gemacht werden. Darüber hinaus sei der Umfang der erstattungsfähigen Kosten und die Art der Verteilung in einer eigenständigen Satzung geregelt, auf die in der Begründung des Bebauungsplanes hingewiesen worden sei. Soweit die Kläger auf den in der Begründung zum Bebauungsplan angeführten Biotopflächenwert von 94.250,-- DM verwiesen, handele es sich um einen offensichtlichen redaktionellen Fehler. Richtig müsse es dort heißen: 94.250,00 WE (Werteinheiten). Bei der Bilanzierung zur Bewertung der Eingriffe würden die Biotopflächenwerte immer in Werteinheiten und nicht in finanziellen Währungswerten bemessen. In der Eingriffsbewertung und -bilanzierung im Grünordnungsplan werde dies auch zutreffend aufgeführt. Die sich aus dem Bebauungsplan bzw. aus den Anlagen zum Bebauungsplan, insbesondere dem Grünordnungsplan ergebenden und durchzuführenden Kompensationsmaßnahmen müssten das Defizit an ermittelten Werteinheiten, das sich durch den Eingriff in Natur und Landschaft ergebe, ausgleichen. Die hierzu erforderlichen Maßnahmen seien im Einzelnen aufgeführt und hinsichtlich der Kosten im Einzelnen durch die betreffenden Kostenaufstellungen belegbar. Entsprechend der Flächenanteile seien diese Kosten gemäß der errechneten Aufteilungsquote auf die Bauflächen, die Gemeinbedarfsflächen und die Verkehrsflächen zu verteilen gewesen und verteilt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Teilbetrages von 18,10 Euro übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist im noch aufrecht erhaltenen Umfang rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Beklagte ist berechtigt, für das Grundstück der Kläger einen Kostenerstattungsbetrag nach den §§ 135 a bis 135 c BauGB zu erheben.

Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Kostenerstattungsbetrages nach §§ 135 a bis 135 c BauGB ist § 135 c Nr. 5 BauGB i.V.m. § 1 der Satzung zur Erhebung von Kostenerstattungsbeiträgen nach § 135 a bis c BauGB der Beklagten vom 2. Mai 1995 (Amtsblatt Weser-Ems Seite 652) geändert durch Satzung vom 17. Februar 1998 (Amtsblatt Weser-Ems Seite 343). Mit den §§ 135 a bis 135 c BauGB wurden die bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Regelungen des § 8 a Abs. 3 bis 5 Bundesnaturschutzgesetz 1993 in leicht modifizierter Form (vgl. hierzu die Synopse von Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Kommentar Band 3, Stand April 2005, Vorbemerkung zu §§ 135 a bis 135 c, Rdnr. 3) in das Baugesetzbuch übernommen.

Gemäß § 135 a Abs. 2 Satz 1 BauGB soll die Gemeinde Maßnahmen zum Ausgleich anstelle und auf Kosten der Vorhabenträger oder der Eigentümer der Grundstücke durchführen und auch die hierfür erforderlichen Flächen bereitstellen, soweit Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle den Grundstücken nach § 9 Abs. 1 a BauGB zugeordnet sind und dies nicht auf andere Weise gesichert ist. Gemäß § 135 a Abs. 3 Satz 1 BauGB können die Kosten geltend gemacht werden, sobald die Grundstücke, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen. Nach § 135 a Abs. 3 Satz 2 BauGB erhebt die Gemeinde zur Deckung ihres Aufwandes für Maßnahmen zum Ausgleich einschließlich der Bereitstellung der hierfür benötigten Flächen einen Kostenerstattungsbeitrag. Die Erstattungspflicht entsteht mit der Herstellung der Maßnahmen zum Ausgleich durch die Gemeinde (§ 135 a Abs. 3 Satz 3 BauGB).

Entgegen der Ansicht der Kläger ist hier mit der textlichen Festsetzung in § 7 des Bebauungsplanes eine den Anforderungen der Planbestimmtheit genügende Zuordnung im Sinne von § 135 a Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 a BauGB erfolgt.

Nach § 9 Abs. 1 a BauGB können Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts im Sinne von § 1 a Abs. 3 BauGB auch an anderer Stelle als auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, festgesetzt werden, und zwar sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan. Letzteres, die Festsetzung in einem anderen Bebauungsplan, war vor der Neuregelung zum 1. Januar 1998 mit dem Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Regelung des Rechts der Raumordnung vom 18. August 1997 nach den vorher geltenden Vorschriften des § 8 Abs. 1 Satz 2, 4 Bundesnaturschutzgesetz 1993 noch nicht möglich, auch diese Vorschriften ermöglichten aber bereits die Zuordnung von Eingriffs- und Ausgleichsflächen innerhalb eines Bebauungsplanes. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht allein deshalb, weil bei dem 1996 in Kraft getretenen Bebauungsplan noch die damals geltenden Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes in Bezug genommen worden sind, liegt nicht vor, weil mit der Neufassung nur die genannte weitergehende Regelung erfolgt ist, die Vorschriften in ihrem Regelungsgehalt im Übrigen aber identisch geblieben sind.

Nach § 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB können die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden. Wie die entsprechende vormalige Regelung in § 8 a Abs. 1 Satz 4 Bundesnaturschutzgesetz 1993 wird damit eine Zuordnung nicht zwingend vorgeschrieben, sondern der Gemeinde nur die Möglichkeit eröffnet, eine Zuordnungsentscheidung zu treffen, stellt es ihr aber frei, ob und wieweit sie von dieser Ermächtigung Gebrauch macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. März 1999 - 4 BN 17/98 - BauR 2000, S. 242). Dies setzt voraus, dass die Gemeinden nicht nur eine sachgerechte Abwägung darüber zu treffen haben, ob und welche Ausgleichsmöglichkeiten erforderlich sind, sondern auch eine hiervon zu unterscheidende eigenständige Ermessensentscheidung, ob und ggfs. welchen Eingriffsgrundstücken diese zum Zwecke der späteren Kostenerstattung ganz oder teilweise zugeordnet werden. Beide Entscheidungen müssen aus entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan erkennbar sein.

28Entgegen der Ansicht der Kläger geht damit aber nicht einher, dass grundsätzlich nur dann eine den Erfordernissen der Planbestimmtheit genügende Zuordnungsfestsetzung angenommen werden kann, wenn die von der Zuordnung betroffenen Eingriffs- und Kompensationsflächen nach Flurstücken getrennt einzeln aufgeführt werden (so aber: Schrödter, BauGB, 7. Auflage, § 9 Rdnr. 170 j und unter Berufung darauf: VG Dresden, Beschluss vom 8. August 2000 - 4 K 972/00 - und VG Karlsruhe, Urteil vom 6. Juli 2004 - 4 K 3756/03 -, ähnlich auch VG Minden, Urteil vom 15. März 2005 - 1 K 2111/04 - alle nach juris). Vielmehr folgt die Kammer der differenzierten Ansicht in dem zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2004 ergangenen Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 31. März 2005 (- 5 S 2507/04 - NVwZ-RR 2005, 649 = BauR 2005, 1423). Denn danach ist es im Falle einer gleichmäßigen Eingriffslage auf allen Grundstücken im Plangebiet nicht erforderlich, diese Grundstücke bei der Zuordnungsfestsetzung einzeln aufzuführen. Nur wesentlich unterschiedliche Eingriffslagen und Ausgleichsmaßnahmen machen in der Regel eine grundstücksgenaue Zuordnung notwendig mit der Folge, dass das Fehlen einer solchen Zuordnung ein Indiz für die fehlende Zuordnungsfestsetzung ist. Entsprechend geht auch Schrödter (BauGB, a.a.O. § 9 Rdnr. 170 i) davon aus, dass im Regelfall die festgesetzten Sammelausgleichsmaßnahmen allen Eingriffsgrundstücken insgesamt zugeordnet werden und führt hierzu weiter aus:

„Mit dieser Zuordnung hat die Gemeinde entschieden, dass allein die Sammelausgleichsmaßnahme der Kompensation der Eingriffe dient und dass alle Eingriffsgrundstücke zur Erstattung der Kosten nach § 135 a Abs. 2 herangezogen werden. Die vom Gesetz ausdrücklich zugelassene teilweise Zuordnung kommt dagegen in Betracht, wenn die Gemeinde Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen hat, die sie nur teilweise als Kompensation der Eingriffe bewertet. Diese Voraussetzung ist zu bejahen, wenn die Gemeinde im Gebiet der Sammelausgleichsmaßnahme etwa Grünflächen festsetzt, die nicht mehr die Funktion einer Ausgleichsmaßnahme für die im B-Plan vorgesehenen Eingriffe haben. Die Gemeinde kann schließlich auch die Kompensationsmaßnahmen ganz oder teilweise nur einzelnen Baugrundstücken zuordnen, um dadurch eine unterschiedliche Schwere der Eingriffe zu berücksichtigen. Aus Gründen der Gleichbehandlung und der Verwaltungsvereinfachung sollte die Gemeinde aber bei Eingriffsflächen, deren ökologischer Wert sich nicht wesentlich unterscheidet, die einheitliche Zuordnung von Sammelausgleichsmaßnahmen zu allen Baugrundstücken favorisieren.“

Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, wenn Schrödter anschließend dennoch fordert, dass die Eingriffs- und Kompensationsflächen getrennt einzeln aufgeführt werden müssten und dies auf den Grundsatz der Planbestimmtheit stützt. Denn dieser Grundsatz steht vor dem geschilderten Hintergrund bei gleichmäßigen Eingriffslagen einer nur flächenbezogenen, aber nicht grundstücksscharfen Zuordnung nicht entgegen. Beachtlich ist dieser Grundsatz zwar auch hier, da die finanziellen Auswirkungen der Zuordnung für die Grundstückseigentümer erkennbar sein müssen. Die hier getroffene Zuordnung zu „den“, das heißt allen Bauflächen im Bebauungsplangebiet, macht jedem Eigentümer einer derartigen Baufläche diesen Zusammenhang aber hinreichend deutlich. Diese Möglichkeit der Zuordnung sieht auch der „Muster-Einführungserlass zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - Vorschriften mit Bezug zum allgemeinen Städtebaurecht“ vom 9. September 1997 vor. In Punkt 4.4.5 wird dort u.a. ausgeführt:

„Da die Festsetzungen in einem Bebauungsplan in der Regel flächenscharf, aber nicht grundstücksscharf sind und die Ermittlung und Bewertung des Zustandes von Natur und Landschaft der zu erwartenden Eingriffe und der für den Ausgleich zu treffenden Festsetzungen in der Regel nur anhand von Prognosen und Bewertungen getroffen werden, gilt dieser der Bauleitplanung immanente gröbere Maßstab entsprechend für die Gleichbehandlung bei der Zuordnung der Ausgleichsflächen zu den Eingriffsflächen. Eine Einzelfallgerechtigkeit für jedes einzelne spätere Baugrundstück ist weder gefordert, noch im Rahmen der Bebauungsplanung leistbar. Es kann sich daher empfehlen, alle einzubeziehenden Bauflächen allen Sammel-Ausgleichsmaßnahmen im Plangebiet zuzuordnen.“

Eine Konkretisierung durch die getrennte einzelne Aufführung aller Grundstücke, die derartige Bauflächen darstellen, führt auch deshalb nicht zu einer besseren Erkennbarkeit im Sinne des Grundsatzes der Planbestimmtheit, weil es sich in der Regel um Flurstücksbezeichnungen handelt, die sich im Zuge der Verwirklichung des Plans ändern. So lag auch hier die bei der Erschließung neuer Baugebiete wohl typische Situation vor, dass das Bebauungsplangebiet zunächst aus relativ wenigen großflächigen Flurstücken bestand, die erst im Zuge der Verwirklichung des Planes den Wohnzwecken entsprechend parzelliert worden sind. Deswegen wäre es hier zudem wahrscheinlich auch gar nicht möglich gewesen, die vormals großen Flurstücke jeweils eindeutig den unterschiedlichen Maßstäben für Bauflächen, öffentliche Verkehrsflächen und Gemeinbedarfsflächen zuzuordnen. Eine entsprechende textliche Festsetzung hätte vielmehr wiederum nur unter Heranziehung abstrakter Kriterien, etwa einer prozentualen Aufschlüsselung hinsichtlich der einzelnen Maßstäbe für einzelne Grundstücke, erfolgen können. Bei ungleichmäßigen Eingriffssituationen lassen sich diese praktischen Schwierigkeiten allerdings nicht vermeiden. Auch dann könnte die von Schrödter und der angegebenen Rechtsprechung geforderte Voraussetzung, die von der Zuordnung betroffenen Eingriffs- und Kompensationsflächen nach Flurstücken getrennt einzeln aufzuführen, formal jedoch nicht mehr erfüllt werden. Im Falle einer gleichmäßigen Eingriffslage ist indessen nicht erkennbar, inwiefern durch die konkrete Benennung vormaliger Flurstücke oder Teile dieser Flurstücke, wenn dort unterschiedliche Zuordnungsqualitäten festgesetzt werden, im Unterschied zu der flächenmäßigen Zuordnung als Baufläche ein höherer Grad für die Erkennbarkeit der Folgen der Zuordnung erreicht werden könnte.

Eine wesentlich unterschiedliche Eingriffslage, die eine spezifischere Zuordnung erforderlich gemacht hätte, liegt hier nicht vor. Die hier in Anspruch genommenen Flächen wurden vorher einheitlich als Grünland genutzt, denen ein Wertfaktor von 1,0 oder 1,5 zugeordnet war. Diese geringe Differenzierung der Wertigkeit führt nicht zur Annahme einer wesentlich unterschiedlichen Eingriffslage. Eine spezifischere Zuordnung wäre demgegenüber dann erforderlich gewesen, wenn auch Eingriffe in Wallhecken (Wertfaktor 3,0) oder Biotope (Wertfaktor 3,5) mit dem Bebauungsplan vorbereitet worden wären. Bei einer derartigen Konstellation hätte unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips und des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine spezifische Zuordnung erfolgen müssen, um nicht alle Eigentümer von Wohngrundstücken mit den nur für die vormals weit höherwertigen Flächen erforderlichen aufwändigeren Kompensationsmaßnahmen zu belasten. Eine derartige differenzierte Zuordnung hätte auch mit entsprechenden Festsetzungen im Bebauungsplan erfolgen müssen, um für Kaufinteressenten die unterschiedliche Wertigkeit der Eingriffe und die daraus folgende unterschiedliche Belastung mit Kostenerstattungsbeträgen hinreichend deutlich und vorhersehbar zu machen. Im vorliegenden Fall, bei einer Wertigkeit der in Anspruch genommenen Flächen ausschließlich zwischen 1,0 und 1,5, war dies nicht erforderlich. Die insofern ausreichende flächenspezifische Zuordnung unterliegt auch hinsichtlich ihrer spezifischen Ausgestaltung rechtlichen Zweifeln nicht, insbesondere ist durch die differenzierte Betrachtung der Wohnbauflachen, der Verkehrsflächen und der Flächen für den Gemeinbedarf der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt. Bei der prozentualen Zuordnung zu diesen verschiedenen Flächen wird die hinsichtlich des Verdichtungsgrades unterschiedliche Eingriffsintensität dieser Nutzungen berücksichtigt. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, entsprechend des höheren Verdichtungsgrades der Verkehrsflächen diesen 20% der Kompensationsmaßnahmen zuzuordnen, obwohl der Flächenanteil weit geringer ist. Ebenso war die Höherbelastung der Gemeinbedarfflächen im Unterschied zur Wohnbebauung zu beachten, weil insbesondere mit dem Schulneubau eine höhere Versiegelung einhergeht als mit der Wohnbebauung, bei der durch gärtnerische Neugestaltung die Boden- und Lebensraumfunktion der Grünflächen teilweise wiederhergestellt wird. Die differenzierte Bewertung der unterschiedlichen Flächen im Grünordnungsplan wurde mit der prozentualen Flächenzuordnung in § 7 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes nachvollziehbar und dem Gleichheitsgrundsatz genügend umgesetzt. Mit der in § 7 des Bebauungsplans erfolgten Regelung liegt mithin insgesamt eine wirksame Zuordnungsfestsetzung gemäß § 9 Abs. 1 a Satz 2 BauGB vor.

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Entstehung der Kostenerstattungspflicht liegen vor. Gemäß § 135 a Abs. 3 Satz 3 BauGB entsteht die Erstattungspflicht mit der hier unstreitig erfolgten Herstellung der Maßnahmen zum Ausgleich durch die Gemeinde. Gemäß § 135 a Abs. 3 Satz 1 BauGB können die Kosten geltend gemacht werden, sobald die Grundstücke, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen. Dies ist hier der Fall, denn das Grundstück der Kläger liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans und ist darin als Baugrundstück ausgewiesen.

Der somit dem Grunde materiell rechtmäßige Kostenerstattungsbescheid verletzt die Kläger auch der Höhe nach nicht in ihren Rechten. Rechtsfehler bei der Aufwandsermittlung sind nicht erkennbar. Insbesondere kann aus dem in der Begründung zum Bebauungsplan angeführten Biotopflächenwert nicht auf die Verhältnismäßigkeit der Kosten geschlossen werden. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass hier ein redaktioneller Fehler hinsichtlich der Bezeichnung der Werteinheiten vorliegt. Auch die Verteilung des Aufwands begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat die Beklagte nunmehr auch die Bauflächen mit in die zulässige Gesamtgrundfläche einbezogen, die sie im Vorfeld der Berechnung der Kostenerstattungsbeträge wegen der mangelnden Bebaubarkeit dieser Grundstücke herausgerechnet hatte. Da hier grundsätzlich die Zuordnung flächenmäßig erfolgt ist, müssen diese Flächen auch dann in die zulässige Gesamtgrundfläche einbezogen werden, wenn für sie ggfs. ein Kostenerstattungsanspruch nicht erhoben werden kann, weil sie baulich oder gewerblich nicht genutzt werden dürfen. Die bereits vorher bebauten Grundstücke A. hat die Beklagte demgegenüber rechtmäßig nicht in die zulässige Gesamtgrundfläche einbezogen, weil die damit verbundenen Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung im Sinne von § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB zulässig waren und ein Ausgleich für erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts mithin nicht erforderlich ist.

Nach alledem konnte die Klage hinsichtlich des noch streitigen Betrages keinen Erfolg haben, so dass sie mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen war. Die Kostenlast für den Betrag des erledigten Teils hätte gem. § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen im Grunde die Beklagte zu tragen. Da dieser Betrag im Vergleich zu der noch streitigen Summe jedoch kaum ins Gewicht fällt, erachtet es die Kammer für angemessen, den Klägern unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO die Kosten ganz aufzuerlegen.

Die Berufung war gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.