VG Oldenburg, Urteil vom 13.09.2006 - 6 A 744/05
Fundstelle
openJur 2012, 44859
  • Rkr:

1. Zu den Anforderungen an die Prognose, ob sich ein Beamter in der Probezeit in gesundheitlicher Hinsicht bewährt hat.2. Steht die Nichtbewährung eines Beamten auf Probe in gesundheitlicher Hinsicht fest, bedarf es regelmäßig keiner besonderen Ermessenserwägungen, vielmehr ist das Ermessen dahingehend intendiert, dass der Beamte aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen ist.3. Dies gilt um so mehr, wenn vorab rechtskräftig entschieden worden war, dass der Probebeamte wegen Nichtbewährung in gesundheitlicher Hinsicht nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen werden kann.4. Allein der Umstand, dass eine Entlassung nicht innerhalb der (höchstens) 5-jährigen Probezeit verfügt wurde, begründet keinen Vertrauensschutz und keinen Anspruch auf Übernahme als Lebenszeit.5. Im Rahmen der Mitbestimmung nach § 65 I Nr. 13 NPersVG steht es dem Personalrat nicht zu, die Befähigung eines Probebeamten in gesundheitlicher Hinsicht zu beurteilen. Auf einer solchen Beurteilung beruhende Gründe für die Versagung seiner Zustimmung liegen gemäß § 68 II 6 NPersVG offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist dasUrteil vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 25.483,77 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die am … geborene Klägerin, die derzeit als angestellte Lehrerin an einem Gymnasium in D. unterrichtet, wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe infolge fehlender gesundheitlicher Bewährung (Hörschaden rechts).

Die Klägerin leidet an einer hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts. Diese kompensiert sie seit 1999 mit einem ärztlich verordneten Hörgerät, das 2005 durch ein neu angepasstes und aktuell getestetes Hörgerät (Siemens Triano ) ersetzt wurde. Linksseitig besteht bei ihr eine reguläre periphere Hörfähigkeit.

Die Klägerin bestand im Dezember 1987 die zweite Staatsprüfung für das Lehramt am Gymnasium. Von 1994 bis 1999 war sie freiberufliche Dozentin an einer Volkshochschule und unterrichtete vom 1. Februar bis 21. Juli 1999 als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis an einem Gymnasium.

Vor ihrer Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum 1. September 1999 stellte die Amtsärztin Dr. H. unter dem 6. August 1999 eine leichte Verminderung des Hörvermögens des rechten Ohres, eine leichtgradige Verminderung des Sehvermögens links und ein leises Herzgeräusch ohne Krankheitswert fest, äußerte keine Bedenken gegen eine Berufung der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe und empfahl vor der Übernahme der Klägerin in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit eine erneute Untersuchung zur fachärztlichen Abklärung im kardiologischen, im augenärztlichen und im HNO-Bereich. Die Klägerin wurde als Studienassessorin (Besoldungsgruppe A 13 BBesO) am H. -Gymnasium in S. eingesetzt.

Auf der Grundlage eines Gutachtens des Oberarztes der HNO-Klinik des Zentralkrankenhauses in B., Dr. F., vom 25. Januar 2001 riet die Amtsärztin Dr. H. mit Zeugnis vom 7. Februar 2001 von einer Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ab. Dr. F. kam zu folgender Beurteilung:

„Bei Frau H. liegt eine rechtsseitige hochgradige Schwerhörigkeit vor, deren Ursache unbekannt ist, eine klinisch häufige Situation. Oft spielen hierfür frühkindliche abgelaufene Infektionen eine Rolle.

Sie ist entsprechend schon lange an diesen Zustand adaptiert und empfindet subjektiv kein kommunikatives Defizit. Auch objektiv zeigen sich Kommunikationsdefizite bei frühkindlicher einseitiger Schwerhörigkeit nur in akustisch sehr belastenden Situationen und dies dann auch noch abhängig von der individuellen Kompensationsfähigkeit und vielen anderen Begleitumständen.

Auf Grund der durchgeführten Hörtestungen und der oben aufgeführten Erörterungen sollen die eingangs gestellten Fragen wie folgt beantwortet werden:

1) Obwohl das rechtsseitige Hörvermögen auch mit dem getragenen Hörgerät nicht voll rehabilitierbar ist, scheint insgesamt die Kommunikationsfähigkeit zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingeschränkt. Entsprechend bestehen zur Zeit keine Bedenken einer beruflichen Tätigkeit als Lehrerin.

2) Prognostisch ist von keiner weiteren Verschlechterung des Hörvermögens auf Grund der Ursache, die zum jetzigen Hörschaden geführt hat, auszugehen. Für eine Erkrankung mit fortschreitender Hörverschlechterung hat sich kein Anhaltspunkt ergeben. Ob die zum jetzigen Zeitpunkt gegebene gute Kompensation des auditiven Defizits bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze erhalten bleibt, lässt sich nicht sicher prognostizieren, da hier wie oben aufgeführt viele weitere individuelle und nicht vorhersehbare Faktoren eine Rolle spielen können. Technische Neuerungen andererseits könnten sogar theoretisch das eindeutig bestehende Defizit noch besser als derzeit ausgleichen, so dass insgesamt zeitlich weit vorgreifende Prognosen spekulativ bleiben müssen.

3) Die bestehende Schwerhörigkeit ist mit einem GdB von 20 zu bewerten (siehe Tabellen in Feldmann akt. Aufl.)“.

Daran anknüpfend führte Frau Dr. H. unter anderem Folgendes aus:

„In Anbetracht der großen Bedeutung, die eine ungestörte Kommunikationsfähigkeit bei Lehrkräften hat, kann amtsärztlicherseits schon nicht festgestellt werden, dass die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach dem derzeitigen Kenntnisstand mit einem hohem Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Wir empfehlen somit eine Beschäftigung im Angestelltenverhältnis.“

Mit Schreiben vom 26. Februar 2001 hörte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Klägerin zu der Absicht an, sie wegen fehlender gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen und sie im Angestelltenverhältnis weiter zu beschäftigen. Die Klägerin erhob Einwendungen und beantragte, sie in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen. Mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Antrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 3. April 2002 zurück. Das Verwaltungsgericht Osnabrück wies die dagegen gerichtete Klage durch Urteil vom 18. Dezember 2003 - 3 A 77/02 - mit der Begründung ab, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu, weil sie sich in gesundheitlicher Hinsicht nicht bewährt (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG) habe. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - Nds. OVG - lehnte den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung durch Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 LA 105/04 - ab. Zur Begründung führte es aus, die Sache habe weder grundsätzliche Bedeutung noch gebe es Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung.

Mit Schreiben vom 8. November 2004 hörte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die mittlerweile an das Gymnasium an der W. in D. versetzte Klägerin zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe an und bot ihr an, sie im Angestelltenverhältnis weiter zu beschäftigen. Nach Beteiligung des Schulbezirkspersonalrats, dessen versagte Zustimmung sie als offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung wertete, und des Bezirksvertrauensmanns der schwerbehinderten Lehrkräfte verfügte die Beklagte durch Bescheid vom 2. Februar 2005 unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung die Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung zum 31. März 2005. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus:

Die Klägerin sei wegen gesundheitlicher Nichtbewährung gem. § 39 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 4 NBG zu entlassen. Auf Grund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen stehe rechtskräftig fest, dass sie keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit habe. Auf den Umstand, dass die Klägerin während ihrer bisherigen Dienstzeit nur selten aus gesundheitlichen Gründen gefehlt habe, komme es nicht an. Denn es fehle eine positive Prognose zum dauerhaften Erhalt der Dienstfähigkeit der Klägerin im Hinblick auf Ihre Tätigkeit als Lehrkraft. Gemäß amtsärztlichen Zeugnis vom 7. Februar 2001 könne die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, weshalb auch ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit scheitere. Selbst im Falle der beantragten Anerkennung einer Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt O. ergäbe sich nichts anderes, weil die Klägerin auch nach den Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe Schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen im Berufsleben im öffentlichen Dienst (Beschluss der Landesregierung vom 9. November 2004, Nds. MBl. 2004 S. 783) nicht in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übernehmen wäre. Ein entsprechender Anspruch sei bereits rechtskräftig bestätigt versagt worden. Ein Wiederaufgreifensgrund liege nicht vor, da sich an dem Gesundheitszustand der Klägerin im Nachhinein nichts geändert habe. Folglich liege eine besondere Situation vor, von den genannten Richtlinien abzuweichen, soweit diese unter Nr. 3. 4 allgemein annähmen, dass bei Schwerbehinderten die gesundheitliche Eignung vorliege, wenn sie nicht vor Ablauf der Probezeit vorzeitig dienstunfähig würden. Die Weiterbeschäftigung der Klägerin im Beamtenverhältnis auf Probe über das Ende der regulären Probezeit hinaus begründe ebenso wenig einen Anspruch auf Verbeamtung auf Lebenszeit. Sie sei lediglich wegen der schwebenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgt. Anders als im vom Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 - entschiedenen Fall sei die Klägerin nicht ausdrücklich im Probebeamtenverhältnis belassen worden. Sie - die Beklagte - habe sich weder widersprüchlich verhalten noch die Entscheidung über die Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Probe in eines auf Lebenszeit unangemessen hinausgezögert. Nach Anhörung zur beabsichtigten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe vom 26. Februar 2001 habe sie bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 2001 die Verbeamtung auf Lebenszeit abgelehnt. Auch während der gerichtlichen Verfahren habe sie niemals Zweifel an der beabsichtigten Entlassung aufkommen lassen.

Die Klägerin hat am 24. Februar 2005 Klage erhoben. Nach Annahme des entsprechenden Angebots der Beklagten unter Vorbehalt ist sie seit dem 1. April 2005 als Lehrerin im Angestelltenverhältnis am Gymnasium an der W. in D. tätig.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen vor: Ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe sei rechtswidrig. Die versagte Zustimmung des Schulbezirkspersonalrats werde nicht gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes - NPersVG - fingiert, weil jedenfalls die unter Nr. 1 und 2 genannten Versagungsgründe nicht offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung lägen. In der Sache könne sie - die Klägerin - sich mit Erfolg auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 - und des VGH BW vom 21. Februar 1995 - 4 S 66/94 - berufen. Entsprechend den dortigen Grundsätzen sei ihre gesundheitliche Bewährung zu fingieren bzw. die Beklagte dürfe ihr eine Nichtbewährung, die sie nicht bis spätestens zum Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit gerügt habe, nicht entgegenhalten. Der Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 3. Dezember 2001 und die gerichtlichen Verfahren beträfen lediglich die beantragte frühzeitige Lebenszeitverbeamtung. Jedenfalls sei die angefochtene Entlassung ermessensfehlerhaft. Es sei ungenügend berücksichtigt worden, dass sie ihre Lehrtätigkeit ohne fachliche und gesundheitliche Beanstandungen ausgeführt habe (Stellungnahmen des ehemaligen Schulleiters des H. -Gymnasiums S., Oberstudiendirektor i.R. G. vom 5. Januar 2001 und 28. März 2006 sowie seines Stellvertreters, Studiendirektor i.R. H. vom 6. April 2005). Die Beklagte habe die verfassungsrechtliche Dimension ihrer Entlassungsentscheidung (Art. 33 und Art. 12 GG) verkannt. Die Beklagte habe auch unzureichend berücksichtigt, dass ihr bereits bei Einstellung das gesundheitliche Risiko betreffend das eingeschränkte Hörvermögen rechts grundsätzlich und - jedenfalls am 7. Februar 2001 - auch das genaue Ausmaß des Hörschadens bekannt gewesen seien.

Ferner sei das amtsärztliche Zeugnis vom 7. Februar 2001 keine fundierte Grundlage für die negative Prognose der künftigen Dienstfähigkeit. Es stehe nämlich im Widerspruch zu den Aussagen des zugrunde liegenden Zusatzgutachtens von Dr. F. vom 25. Januar 2001. Fehlerhaft habe die Beklagte im Entscheidungszeitpunkt versäumt, aktuelle ärztliche Stellungnahmen zum Ausmaß des Hörschadens und zu den Möglichkeiten einer Kompensation durch moderne technische Hilfsmittel einzuholen. Ihr Hörvermögen rechts habe sich in den letzten 10 Jahren nicht verschlechtert und die Hörverluste könnten weitgehend durch das seit 1999 benutzte Hörgerät, insbesondere aber durch das seit 2005 verordnete moderne Hörgerät kompensiert werden (vgl. Bescheinigung des Facharztes für Phoniatrie und Pädaudiologie Dr. L. vom 21. Oktober 2005; Bescheinigung des Chefarztes Dr. S. und des Facharztes für Phoniatrie und Pädaudiologie Dr. P. - Hörzentrum O. - vom 21. Oktober 2005; Anpassbericht des Hörgeräte-Akustikers vom 19. Oktober 2005; einzuholende Aussagen der sachverständigen Zeugen Dr. L., Dr. S. und Dr. P.; einzuholendes Sachverständigengutachten). Insbesondere die durch technische Weiterentwicklung immer bessere Kompensation von Hörschäden sei nicht berücksichtigt worden.

Die negative Prognose der Beklagten hinsichtlich der künftigen Dienstfähigkeit werde auch nicht durch die zwischenzeitlich eingeholte Stellungnahme des Amtsarztes Dr. H. vom Gesundheitsamt des Landkreises O. vom 23. Februar 2006 gestützt. Diese sei in sich widersprüchlich und berücksichtige die technischen Kompensationsmöglichkeiten der Hörbeeinträchtigungen durch technische Hilfemittel nicht ausreichen (Beweis: einzuholendes Sachverständigengutachten). Folglich komme ihr gegenüber den privatärztlichen Feststellungen kein größerer Aussage- und Beweiswert zu. Vielmehr bedürfe es wegen der Widersprüche zu den neueren privatärztlichen Befunden einer neutralen Sachverständigeneinschätzung zur künftigen Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit und der Kompensationsmöglichkeiten durch technische Hilfsmittel.

Im Übrigen könne sie sich auf Gleichbehandlung mit Frau A. aus H. berufen, die trotz beiderseitiger Schwerhörigkeit und deren Kompensation durch ein Multifocusgerät (vgl. Ärztliches Attest der HNO-Ärzte M. -N. und Dr. K. aus B.; Amtsärztliches Zeugnis von PD Dr. S. und Dr. L. vom Gesundheitsamt des Landkreises R. vom 9. Dezember 2002) zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt worden sei. Auch in ihrem - die Klägerin betreffenden - Fall müsse die Kompensationsmöglichkeit wohlwollend berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 aufzuheben,

hilfsweise

1) zum Nachweis, dass die gute Kompensation des auditiven Defizits bei ihr gegenwärtig besteht und bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze erhalten bleibt, mithin eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit bis zur Altersgrenze besteht, ein Sachverständigengutachten einzuholen, und

2) zum Nachweis, dass die gute Kompensation des auditiven Defizits bei ihr gegenwärtig besteht und bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze erhalten bliebt, mithin eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit bis zur Altersgrenze besteht, das sachverständige Zeugnis des Chefarztes Dr. S. und des Facharztes für Phoniatrie und Pädaudiologie Dr. P., zu laden über das Hörzentrum O., M. Str. 2, O. und des Facharztes für Phoniatrie und Pädaudiologie Dr. L. einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den angefochtenen Bescheid sowie die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Osnabrück und des Nds. OVG und erwidert ergänzend: Die versagte Zustimmung des Schulbezirkspersonalrats werde gemäß § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG fingiert, da sämtliche genannten Versagungsgründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung lägen. Die Entlassungsverfügung sei auch in der Sache rechtmäßig. In den vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren sei rechtskräftig geklärt worden, dass sich die Klägerin nicht in gesundheitlicher Hinsicht bewährt habe und damit die besonderen Entlassungsgründe für Beamte auf Probe gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG vorlägen. Unbeachtlich sei, dass die Klägerin ihre Tätigkeit zurzeit beanstandungsfrei ausübe. Entscheidend sei allein, dass bei ihr die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach derzeitigem Kenntnisstand nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Anders als in den vom Bundesverwaltungsgericht und vom VGH BW entschiedenen Fällen könne die gesundheitliche Bewährung weder fingiert werden noch könne sich die Klägerin erfolgreich auf einen Verbrauch des schon früher bekannten Nichtbewährungs-Grundes berufen. Allein wegen der schwebenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die eine für die Entlassungsentscheidung maßgebliche Frage betroffen hätten, sei die Klägerin über die gesetzlich höchstens zulässige Probezeit hinaus beschäftigt worden. Die Entlassung sei ohne schuldhaftes Zögern im zeitlichen Zusammenhang zum Ablauf der Probezeit und nach außen hin erkennbar vorbereitet erfolgt. Zu keinem Zeitpunkt habe sie sich widersprüchlich verhalten und der Klägerin Anlass dazu gegeben, auf eine Lebenszeitverbeamtung zu vertrauen. Auch das Nds. OVG habe in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2004 bestätigt, dass der Fall des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg anders liege. Zu berücksichtigen sei, dass das Verwaltungsgericht Osnabrück vor Ablauf der dreijährigen Probezeit und das Nieders. OVG vor Ablauf einer - allerdings niemals verfügten - fünfjährigen Probezeit entschieden hätten. Die negative Prognose zum dauerhaften Erhalt der Dienstfähigkeit der Klägerin finde schon in der amtsärztlichen Bescheinigung vom 7. Februar 2001 eine tragfähige Grundlage (vgl. Nds. OVG aa0 S. 6). Dies sei in sich schlüssig, ohne Widersprüche zum fachärztlichen Zusatzgutachten und gut nachvollziehbar. Im Übrigen werde sie durch die aktuelle Stellungnahme des Amtsarztes Dr. H. vom 23. Februar 2006 bestätigt, der die von der Klägerin vorgelegten privatärztlichen Befunde gewürdigt habe. Den amtsärztlichen Zeugnissen komme ein höherer Aussage- und Beweiswert zu, so dass sich eine weitere Beweiserhebung erübrige. Ermessensfehler lägen nicht vor. Auf eine Gleichbehandlung mit Frau A. könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Entlassungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

32Rechtsgrundlage der Verfügung vom 2. Februar 2005 ist § 39 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 41 Abs. 4 Nr. 2 Niedersächsisches Beamtengesetz - NBG -. Danach kann der Beamte auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt. Hat das Beamtenverhältnis im Bereich des selben Dienstherrn mindestens ein Jahr gedauert, ist die Entlassung mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres auszusprechen.

Formelle Rechtmäßigkeitsbedenken sind nicht ersichtlich. Die der Klägerin am 7. Februar 2005 zugegangene Entlassungsverfügung ist mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres, nämlich mit Ablauf des Monats März 2005 verfügt worden. Die Klägerin ist vor Erlass der Verfügung angehört und die Frauenbeauftragte sowie der Bezirksvertrauensmanns der Schwerbehinderten (Bitte um Kenntnisnahme nach § 95 Abs. 2 SGB IX) sind unter dem 28. Oktober 2004 bzw. dem 10. Januar 2005 beteiligt worden. Der unter dem 28. Oktober 2004 beteiligte Schulbezirkspersonalrat hat zwar mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 seine Zustimmung versagt. Nach § 68 Abs. 2 Satz 6 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes NPersVG gilt die Zustimmung aber (ohne Einigungsverfahren) als erteilt, weil die vom ihm aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG liegen.

Ob eine Begründung außerhalb der Mitbestimmung liegt, ist durch Auslegung nach den anerkannten Methoden der Rechtsanwendung im Einzelfall orientiert an dem jeweiligen Mitbestimmungstatbestand zu bestimmen (VG Oldenburg, Urteile vom 25. August 2004 - 9 A 2287/04 - und vom 4. November 2004 - 9 A 4225/04 -). Die Grenzen der Mitbestimmung, die bei § 68 Abs. 2 NPersVG zu beachten sind, ergeben sich aus dem Mitbestimmungstatbestand und aus dem Aufgabenbereich der Personalvertretung, der im Wesentlichen vom Schutzzweck der jeweiligen Mitbestimmung begrenzt und ausgefüllt wird. Die Ablehnung kann sich auf jeden sachlichen Grund stützen, der in dem Pflichtenkreis des Personalrats eine Grundlage findet. Deshalb liegen Ablehnungsgründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung, wenn der Personalrat seine Ablehnung mit allgemeinen gesellschafts-, schul- oder beschäftigungspolitischen Erwägungen begründet. Der Personalrat hat kein politisches Mandat, sondern ist der kollektiven Interessenvertretung der Beschäftigten verpflichtet. Ablehnungsgründe müssen sich aus den Aufgaben der Personalvertretung ergeben. Wenn diese Verbindung nicht herzustellen ist, dann ist die Begründung nicht mehr der Mitbestimmung zuzuordnen, weil diese nur innerhalb der der Personalvertretung zugewiesenen Grenzen ausgeübt werden kann (VG Oldenburg, Urteil vom 25. August 2004 - 9 A 2287/04 - m.w.N.).

35Hiervon ausgehend liegen die im Schreiben des Schulbezirkspersonalrats vom 21. Dezember 2004 aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb seiner Mitbestimmung nach § 65 Abs. 1 Nr. 13 NPersVG. Denn sie beziehen sich allesamt nur auf die (von ihm wegen verschiedener genannter Umstände abweichend angenommene) Eignung der Klägerin in gesundheitlicher Hinsicht, die zu beurteilen nicht (auch) der Personalvertretung, sondern allein dem Dienstherrn zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04. Juni 1993 - 6 P 31.91 - PersV 1994, 414; VG Oldenburg, Urteil vom 25. August 2004 - 9 A 2287/04 -; Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 68 Anm. 44 und 49; Bieler/Müller-Fritsche, NPersVG, 12. Auflage 2005, § 65 Rn. 39; Fricke/Dierßen/-Ohnesorg/Otte/Sommer/Sommer, Basiskommentar zum NPersVG, 2. Aufl. 2005, § 65 Rn. 55 und § 68 Rn. 10 u.a. unter Hinweis auf die amtliche Begründung). Anhaltspunkte für die hier ohnehin sehr eingeschränkte Ermessensausübung der Beklagten (vgl. unten) werden hingegen nicht gegeben. Dies ist aus Sicht eines verständigen objektiven Betrachters auch evident.

Nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG kann der Beamte auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt. Der Entlassungsgrund der mangelnden Bewährung liegt vor, weil der Klägerin die gesundheitliche Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit fehlt.

Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob der Beamte sich in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat, ist ein Akt wertender Erkenntnis seines für die Beurteilung zuständigen Organs. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die für die Bewährung - und damit für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit - erforderliche gesundheitliche Eignung schon dann nicht festgestellt werden kann, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dabei ist dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, so dass die Prognose wie andere Akte wertender Erkenntnis verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147; Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 LA 105/04 -; OVG NW, Beschluss vom 7. September 2005 - 6 B 1254/05 - RiA 2006, 178). Entscheidungserheblich ist hier also allein, ob die von der Beklagten auf der Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens getroffene prognostische Einschätzung, eine vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit der Klägerin - also in deren Einzelfall - sei aufgrund ihrer Hörschädigung nicht mit dem erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit auszuschließen, an gerichtlich nachprüfbaren Mängeln leidet. Abzustellen ist dabei auf die im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage.

Hiervon ausgehend leidet die getroffene Prognose nach der Auffassung der Kammer nicht an Mängeln. Zu dieser Einschätzung gelangt sie, ohne dass es einer weiteren Beweiserhebung in Gestalt der Vernehmung sachverständiger Zeugen oder der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedurfte. Die insoweit gestellten Beweisanträge waren abzulehnen, da die unter Beweis gestellten Tatsachen bzw. Umstände - soweit sie nicht wie etwa die derzeitige gute Kompensation des auditiven Defizits bei der Klägerin ohnehin unstreitig sind - für die gerichtliche Entscheidung unbeachtlich sind bzw. die Kammer bereits auf Grund vorliegender fachlicher Einschätzungen hinreichend sachkundig beraten ist.

Entgegen der Einschätzung der Klägerin beruht die im angefochtenen Bescheid getroffene negative Prognose auf einer hinreichend fundierten fachlichen Grundlage. Sie orientiert sich nämlich an dem Zeugnis der Amtsärztin Dr. H. vom 7. Februar 2001, das seinerseits auf der Grundlage eines Gutachtens des Oberarztes der HNO-Klinik des Zentralkrankenhauses in Bremen, Dr. F., vom 25. Januar 2001 erstellt wurde. Darin hat die Amtsärztin eindeutig erklärt, dass sie in Anbetracht der großen Bedeutung, die eine ungestörte Kommunikationsfähigkeit bei Lehrkräften hat, die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nach ihrem Kenntnisstand mit einem hohem Grad an Wahrscheinlichkeit nicht ausschließen könne. Diese Einschätzung ist aus Sicht der Kammer in sich schlüssig, ohne Widersprüche zum zugrundeliegenden fachärztlichen Zusatzgutachten und - bezogen auf die hier bedeutsame Lehrertätigkeit - gut nachvollziehbar.

Die daraus abgeleitete Nichtbewährung in gesundheitlicher Hinsicht haben - wenn auch formal zu § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG und zur Frage der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit - das Verwaltungsgericht Osnabrück (Urteil vom 18. Dezember 2003 - 3 A 77/02 -) und das Nds. OVG (Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 LA 105/04 -) rechtskräftig gebilligt. Dabei haben sich beide Gericht dezidiert mit der Kritik und den Einwendungen der Klägerin gegen die behördliche Einschätzung und die zugrunde liegenden medizinischen Stellungnahmen auseinander gesetzt. Sie haben unter anderem begründet, dass es nicht darauf ankommt, dass die Klägerin gegenwärtig dienstfähig ist sowie ihre Lehrtätigkeit bislang beanstandungsfrei und ohne größere krankheitsbedingte Ausfälle ausübt, weil auf eine bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze reichenden Prognose abzustellen ist. Ferner wurde bestätigt, dass bei der anzustellenden Prognose auch auf einen bei der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe dem Dienstherrn grundsätzlich bekannten, aber in seinem Ausmaß nicht geklärten Gehörschaden abgestellt werden darf (Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 LA 105/04 - Seite 4 f). Schließlich wurde - die Widerspruchsfreiheit der amtsärztlichen Einschätzung betreffend - bereits aufgeführt, dass das fachärztliche Gutachten des Dr. F. nicht so günstig ist, wie die Klägerin meint, und sich aus ihm keineswegs zwingend der Schluss darauf ergibt, mögliche Erkrankungen oder der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze seien mit dem geforderten hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen (Nds. OVG, aaO Seite 6).

Auf den Einwand der Klägerin, dass die gerichtlichen Entscheidungen lediglich ihre beantragte frühzeitige Lebenszeitverbeamtung betreffen, kommt es nicht an. Denn die gesundheitliche Eignung ist im Zeitpunkt der Entlassung ebenso zu beurteilen wie im Zeitpunkt des Ablaufs der regelmäßigen Probezeit im Februar 2002, des Ablaufs einer nach § 18 Abs. 1 Satz 2 NLVO verkürzten Probezeit im Februar 2001 oder des Ablaufs einer unter Anrechnung von Vordienstzeiten verkürzten Probezeit im September 2000, denn Fernziel ist jeweils die Verleihung der Lebenszeitverbeamtung. Dies wird hier auch dadurch belegt, dass die amtsärztliche Einschätzung vom 7. Februar 2001 sowohl im Entlassungsverfahren als auch im Verfahren der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Grundlage bildet.

Zwischen der letzten verwaltungsgerichtlichen Bestätigung dieser Nicht-Eignungs-Prognose (und der zugrundeliegenden amtsärztlichen Einschätzung) am 7. Oktober 2004 und der im angefochtenen Bescheid vom 2. Februar 2005 (daran anknüpfend getroffenen) Prognose haben sich weder der Gesundheitszustandes der Klägerin noch die Kompensationsmöglichkeiten ihrer Schwerhörigkeit durch technische Hilfsgeräte wesentlich verändert. Jedenfalls wurden solche Veränderungen - die sich an den Anforderungen für Wiederaufnahmegründe messen lassen müssten - nicht auf die erneute Anhörung vom 8. November 2004 hin bis zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses unterbreitet. Auf die erst später im gerichtlichen Verfahren unterbreiteten fachlichen Befunde und Einschätzungen kommt es schon formal nicht an. Denn sie sind der Beklagten zum Zeitpunkt der getroffenen Prognose am 2. Februar 2005 noch nicht bekannt gewesen und konnten daher keine Berücksichtigung finden. Nach dem Ausgang der erwähnten verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestand für sie im Verwaltungsverfahren auch kein Anlass, nochmals eine fach- oder amtsärztliche Einschätzung einzuholen. Entgegen der Auffassung der Klägerin war dies auch nicht im Hinblick auf neuere und möglicherweise bessere Hilfsmittel zur Kompensation von Hörschäden geboten. Denn der Zusatzgutachter Dr. F. hatte sich bereits unter dem 25. Januar 2001 mit derartigen technischen Kompensationsmitteln befasst. Insoweit verkennt die Klägerin zudem, dass die Möglichkeit, Hörschäden durch technische Hilfsmittel auszugleichen, nur einer von mehreren Aspekten der anzustellenden Prognoseentscheidung ist.

Selbst wenn entgegen der vorstehenden Einschätzung im Rahmen der Überprüfung der Prognoseentscheidung die von der Klägerin im gerichtlichem Verfahren unterbreiteten medizinischen Befunde und Stellungnahmen zu würdigen wären, ergäbe sich keine andere Einschätzung und auch kein Anlass, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Auch diesen Befunden und fachmedizinischen Stellungnahmen lässt sich - sofern sie überhaupt in die Zukunft gerichtet sind - nicht mit dem geforderten Grad an Wahrscheinlichkeit entnehmen, dass bei der Klägerin der Eintritt dauernder Dienstunfähigkeit vor Erreichung der Altersgrenze ausgeschlossen werden kann. Ebenfalls zu dieser Auffassung gelangt nach entsprechender Würdigung auch der Amtsarzt Dr. H. vom Gesundheitsamt des Landkreises O. in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2006. Seine Ausführungen, die das amtsärztliche Zeugnis vom 7. Februar 2001 stützen, hält die Kammer für plausibel und nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme ist die Kammer hinreichend sachkundig beraten, um die in den Beweisanträgen der Klägerin unter Beweis gestellten Tatsachen, Umstände und Zusammenhänge einschätzen zu können. Folglich hat sie das ihr zustehende Ermessen (§ 98 VwGO, 404, 412 ZPO) dahingehend ausgeübt, dass ein weiterer Sachverständigenbeweis nicht zu erheben war. In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, dass der amtsärztlichen Einschätzung eines Krankheitsbildes mit Blick auf die Dienstfähigkeit des Beamten grundsätzlich ein größerer Aussage- und Beweiswert zukommt als privatärztlichen Stellungnahmen, weil der Amtsarzt aus der Kenntnis der Verwaltung, der von dem Beamten zu verrichtenden Tätigkeit und dessen bisherigen dienstlichen Verhalten besser als ein Privatarzt den erhobenen medizinischen Befund zu der von ihm zu beantwortenden Frage der Dienstunfähigkeit in Beziehung setzten kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1976 - I DB 16.75 - BVerwGE 53, 118, 120 f).

44Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf Ermessensfehler berufen. Zwar deutet der Wortlaut von § 39 Abs. 1 Nr. 2 NBG („kann“) auf ein Ermessen der Behörde bei der Entlassungsentscheidung hin. Bei der hier streitigen Entscheidung über die Entlassung einer Beamtin auf Probe wegen Nichtbewährung in gesundheitlicher Hinsicht reduziert sich aber das Ermessen dahingehend, dass die Klägerin zu entlassen war. Denn das Ermessen und die darin zu berücksichtigende Fürsorgepflicht des Dienstherrn werden hier durch spezielle laufbahnrechtliche Bestimmungen gesteuert. Angesichts des Gebots in § 7 Abs. 5 Satz 1 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung - NLVO -, „Beamte, die sich nicht bewähren, werden entlassen“, brauchen für die Entlassung auf Grund festgestellter Nichtbewährung keine besonderen Ermessenserwägungen angeführt werden (Sommer/Kunert/Sommer § 39 NBG, Rn. 18 a E.; Kümmel, § 39 NBG Anm. 3.4), vielmehr ist das Ermessen intendiert. Dies gilt um so mehr, als die Höchstdauer der Probezeit erreicht bzw. überschritten worden ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 20. Juni 1989 - 1 R 1300/89 - ZBR 1990, 57). Im Fall der Klägerin kommt hinzu, dass das Nds. OVG durch Beschluss vom 7. Oktober 2004 kurz zuvor bestätigt hatte, dass die Klägerin wegen fehlender Befähigung in gesundheitlicher Hinsicht keinen Anspruch auf (vorzeitige) Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit hat. Wegen des inneren sachlichen Zusammenhangs zwischen Versagung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, welches ausschließlich der Vorbereitung und Anmahnung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dient, blieb für die Beklagte keine andere Entscheidung, als die Entlassung auszusprechen. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass in dem vorausgegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits geklärt worden ist, dass sich diese Fallkonstellation deutlich von denjenigen Fällen unterscheidet, die das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 - BVerwGE 92,147) und der VGH BW (Urteil vom 21. Februar 1995 - 4 S 66/04 - NVwZ-RR 1996, 454) entschieden haben (VG Osnabrück, aaO Seite 5; Nds. OVG aaO Seite 4 f). Folglich gab es auch insoweit keinerlei Anlass aus Gründen des Vertrauensschutzes über eine Fiktion der Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht oder einen Verbrauch der zuvor nicht gerügten Nichtbewährung zu entscheiden. Mit dem nachträglich gestellten Antrag der Klägerin auf Anerkennung als Schwerbehinderte (der im Übrigen später mangels hinreichender Beeinträchtigungen abgelehnt worden ist) hat sich die Beklagte im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt, so dass sich insoweit weder ein Ermessensausfall noch ein Ermessensfehler feststellen lässt. Schließlich hat die Beklagte Fürsorgegesichtspunkte und die gute fachliche Bewährung der Klägerin berücksichtigt, indem sie die Klägerin als Gymnasiallehrerin im Angestelltenverhältnis übernommen hat.

45Die Entlassung der Klägerin kann auch nicht deshalb als ermessensfehlerhaft erachtet werden, weil die Beklagte die Entlassung erst mehr als fünf Monate nach Ablauf einer (allerdings formal nicht verlängerten) Probezeit von fünf Jahren ausgesprochen hat. Zwar ist der Dienstherr verpflichtet, innerhalb bzw. unverzüglich nach Ablauf der Probezeit eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das bisherige Beamtenverhältnis auf Probe in ein solches auf Lebenszeit umgewandelt werden kann, oder ob der betreffende Beamte wegen Nichtbewährung in der Probezeit zu entlassen ist. Es widerspricht der Fürsorgepflicht, den Beamten unangemessen lange über sein beamtenrechtliches Schicksal im Ungewissen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 1988 - 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7). Ein Beamter kann von seiner Bewährung ausgehen und darauf vertrauen, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden, wenn es ohne sachlichen Grund zu einer unangemessenen langen Verzögerung der Entscheidung des Dienstherrn über seine Bewährung kommt (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 1964 - 2 C 219.62 - BVerwGE 19, 344, 348). Dies gilt allerdings dann nicht, wenn entsprechende Erklärungen des Dienstherrn zu einer beabsichtigten Entlassung wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit ein Vertrauen des Beamten, er werde nicht entlassen, nicht entstehen lassen können (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 29. September 2005 - 5 ME 109/05 -; OVG RP, Beschluss vom 3. Juni 1986 - 2 B 20/86 - NVwZ 1988, 862). So liegt aber der Fall hier. Die Beklagte hat die Entlassung ohne schuldhaftes Zögern im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ablauf der regulären Probezeit begonnen und nach außen hin erkennbar weiter verfolgt. Ein widersprüchliches Verhalten, das der Klägerin Anlass gegeben hätte, auf eine Lebenszeitverbeamtung zu vertrauen, ist nicht ersichtlich. Vor Ablauf der (regelmäßigen dreijährigen und) hier wegen Verkürzung eineinhalbjährigen Probezeit hat die Beklagte die Klägerin unter dem 26. Februar 2001 zur beabsichtigten Entlassung angehört. In ihrem Bescheid vom 3. Dezember 2001 über die Versagung einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit kam die prognostizierte Nicht- Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht eindeutig zum Ausdruck. Die angekündigte Entlassung dürfte sie wegen der schwebenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die eine endgültige Klärung der auch im Entlassungsverfahren maßgeblichen Prognose versprachen, zurückstellen. Eine ebenfalls zulässige Verbindung der Entlassungsentscheidung mit der Versagung der Übernahme in das Lebenszeitbeamtenverhältnis hätte sich zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt. Nach Abschluss der Gerichtsverfahren betrieb sie das streitige Entlassungsverfahren ohne schuldhaftes Zögern weiter, indem sie unter dem 8. November 2004 die Klägerin anhörte, unter dem 28. Oktober 2004 den Schulbezirkspersonalrat und die Frauenbeauftragte sowie unter dem 10. Januar 2005 den Bezirksvertrauensmann der Schwerbehinderten beteiligte und schließlich die Entlassung verfügte. Folglich hat sie sich weder widersprüchlich verhalten noch einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin gesetzt.

Auch im Hinblick auf § 11 Abs. 2 NBG war es nicht geboten, von einer Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe abzusehen. Danach ist zwar ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, aber nur wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt. Zu den beamtenrechtlichen Voraussetzungen gehört insbesondere auch § 11 Abs. 1 Nr. 3 NBG, also dass sich der Beamte auf Probe in der Probezeit bewährt hat (Kümmel, § 11 NBG Rn. 8). Gerade an dieser Voraussetzung fehlt es nach den vorstehenden Erwägungen so dass allein die Überschreitung der fünfjährigen Probezeit kein Anspruch auf Lebenszeitverbeamtung auszulösen vermag. Im Übrigen stellt die Vorschrift lediglich klar, dass im Bereich des Dienstherrn liegende Umstände - etwa eine fehlende Planstelle oder fehlender Personalbedarf infolge Wegfalls von Aufgaben oder wegen Einführung einer neuen Organisationsstruktur - einem Anspruch auf Ernennung nicht entgegen stehen (Kümmel, § 11 NBG Rn. 8).

Bei dem derart reduzierten Ermessen der Beklagten verbleibt schließlich kein Raum für die begehrte Gleichbehandlung der Klägerin mit Frau A., die nach den Angaben der Klägerin trotz beiderseitiger Schwerhörigkeit und deren Kompensation durch ein Hörgerät zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt wurde. Die für die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht anzustellende Prognose erfolgt einzelfallbezogen, so dass allein schon die nicht zu beanstandende behördliche Einschätzung betreffend die Klägerin einen hinreichenden Differenzierungsgrund für die abweichende Entscheidung bietet, was eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ausschließt. Aus der Benennung eines Einzelfalles lässt sich im Übrigen keine gesicherte Verwaltungspraxis der Schulbehörden in Niedersachsen ableiten, nach denen generell in Fällen von durch Hörgeräte kompensierbarer Schwerhörigkeit eine positive Bewertung in gesundheitlicher Hinsicht anzunehmen ist.

Mithin war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG. In dem Verfahren, das die Beendigung des Probebeamtenverhältnisses der Klägerin betrifft, ist Streitwert der 6,5-fache Betrag des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 13 BBesO (3.920,58 Euro) x 6,5 = 25.483,77 Euro.

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