Niedersächsisches OVG, Urteil vom 07.02.2006 - 8 LA 118/05
Fundstelle
openJur 2012, 44099
  • Rkr:

Zur Rechtmäßigkeit des Beschlusses der Zahnärztekammer Niedersachsen, das Renteneintrittsalter für Altmitglieder von 60 Jahren gestaffelt auf 63 Jahre heraufzusetzen.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil die Voraussetzungen für die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO nicht gegeben sind.

Aus den vom Kläger dargelegten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Kammerversammlung der Zahnärztekammer Niedersachsen am 29. Oktober 2004 mit Rückwirkung zum 1. Januar 2000 beschlossene, in den Zahnärztlichen Nachrichten Niedersachsen 2004, Heft 12, Seite 36 veröffentlichte Änderung des § 12 Abs. 2 Satz 3 der Alterssicherungsordnung des Beklagten (ASO 2000) auch für den im Jahr 1950 geborenen Kläger gilt, dadurch sein Renteneintrittsalter von vormals 60 Jahre um 18 Monate auf 61 Jahre und sechs Monate heraufgesetzt worden ist und diese Änderung der ASO auch mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Der Kläger wendet vorrangig ein, dass § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 für ihn unanwendbar sei. Denn § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 gelte nur “für Mitgliedschaften, die am 31.12.1999 bestanden haben.“ Zu diesem Personenkreis gehöre er jedoch nicht (mehr), da er wegen des Wechsels seines Wohnortes nach Hessen bereits 1985 aus der Zahnärztekammer Niedersachsen und damit gemäß § 10 Nr. 2 ASO 2000 zugleich auch aus deren Altersversorgungswerk ausgeschieden sei. Dieser Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden.

Zwar endet gemäß § 10 Nr. 2 ASO 2000 die Mitgliedschaft im Altersversorgungswerk grundsätzlich mit dem Ausscheiden aus der Zahnärztekammer Niedersachsen. Diese Vorschrift darf jedoch nicht isoliert, sondern muss im Zusammenhang mit der ergänzenden Regelung in § 25 ASO 2000 über die sog. “Beitragserstattung“ gesehen werden. § 25 Abs. 1 ASO 2000 bestimmt als regelmäßige Folge des Ausscheidens aus dem Altersversorgungswerk, dass dem ausscheidenden Mitglied auf Antrag Beiträge in dem dort im Einzelnen bestimmten Umfang zu erstatten sind. Wird hingegen - wie vom Kläger beim Ausscheiden aus der Zahnärztekammer Niedersachsen im Jahr 1985 - ein solcher Antrag auf Beitragserstattung nicht gestellt, so "behält das bisherige Mitglied“ nach § 25 Abs. 2 Satz 1 ASO 2000 einen herabgesetzten, als “Rentenanwartschaft“ bezeichneten Anspruch, dessen Höhe sich durch entsprechende Anwendung des § 22 ASO 2000 ergibt. Die ASO 2000 beschreibt die Rechtsstellung des nach § 25 Abs. 2 ASO 2000 Anspruchsberechtigten allerdings nicht näher. Nähme man mit dem Kläger an, der Betroffene sei aus dem Versorgungswerk ausgeschieden, so bliebe unklar, wann und unter welchen Voraussetzungen der Betroffene die Rentenanwartschaft gelten machen kann. Ausgehend von der Annahme, es handele sich bei dem Anspruch nach § 25 Abs. 2 ASO 2000 um einen sonstigen Anspruch eines ehemaligen Mitglieds auf Altersrente, stünde einem Berechtigten nach § 25 Abs. 2 ASO 2000 bzw. dessen Hinterbliebenen außerdem keine der weiteren Pflichtleistungen des Altersversorgungswerkes gemäß § 11 Nr. 2 bis 6 ASO 2000 zu. Alle diese Leistungen setzen nämlich jeweils eine Mitgliedschaft voraus. Diese systematischen Überlegungen sprechen dafür, den Anspruchsberechtigten gemäß § 25 Abs. 2 ASO 2000 weiterhin als Mitglied des Altersversorgungswerkes mit ruhender Beitragsverpflichtung anzusehen.

Selbst wenn man dem jedoch nicht folgt, ergibt sich hinsichtlich der hier streitigen Anwendbarkeit von § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 nichts anderes. In diesem Fall wäre die ASO 2000 lückenhaft. Sie enthielte keine Regelungen darüber, wann ein früheres Mitglied mit einem Anspruch nach § 25 Abs. 2 ASO 2000 eine Altersrente beziehen kann. Ebenso wenig stünde dem Betroffenen im Falle der Berufsunfähigkeit eine Berufsunfähigkeitsrente nach § 13 ASO 2000 zu. Im Todesfalle entfielen Hinterbliebenenansprüche nach §§ 14 ff. ASO 2000. Da dieses Ergebnis nicht beabsichtigt ist, wäre die Lücke folglich durch entsprechende Anwendung der genannten, jeweils die Mitgliedschaft des Betroffenen voraussetzenden Bestimmungen der ASO 2000 zu schließen. Damit gilt - entweder unmittelbar oder in entsprechender Anwendung - § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 auch für Anspruchsberechtigte gemäß § 25 Abs. 2 ASO 2000 wie den Kläger. Auch sein Renteneintrittsalter ist somit aufgrund des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 von vormals 60 Jahren auf 61 Jahre und sechs Monate heraufgesetzt worden.

Dass der Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 1991 das Renteneintrittsalter des Klägers gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ASO a. F. mit 60 Jahren festgestellt hatte, steht dem nicht entgegen. Bereits dem Wortlaut nach findet die rückwirkend zum 1. Januar 2000 in Kraft getretene Heraufsetzung des Renteneintrittsalters gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 nämlich auf alle Betroffenen Anwendung, unabhängig davon, ob zuvor ein anderes Renteneintritts- bzw. Pensionierungsalter durch Verwaltungsakt festgesetzt worden ist. Die Vorschrift kann auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht anders verstanden werden. Da nach dem Kenntnisstand des Senats allen Betroffenen ihr sog. Pensionierungsalter mit Bescheid mitgeteilt worden ist, bliebe die Rechtsänderung wirkungslos, wenn sie unter dem Vorbehalt einer abweichenden Festsetzung durch einen zuvor ergangenen Verwaltungsakt stünde. Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Beklagten war vielmehr die sofortige, umfassende und uneingeschränkte Wirksamkeit des Beschlusses über die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters erforderlich.

Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass sich das Renteneintrittsalter des Klägers ab dem 1. Januar 2005 nicht nochmals geändert hat. Zwar ist der Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 erneut geändert worden. Nach der von der Kammerversammlung ebenfalls am 29. Oktober 2004 beschlossenen und mit Wirkung zum Jahresbeginn 2005 in Kraft getretenen neuen Fassung des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO (= ASO 2005, veröffentlicht in den Zahnärztlichen Nachrichten Niedersachsen 2004, Heft 12, Seite 38, 40 f.) “gelten für Mitgliedschaften, die am 31.12.2004 bestanden haben, die bisherigen individuell festgelegten Pensionierungsalter.“ Für die hier betroffenen Mitglieder der Geburtsjahre 1941 bis 1961 hat sich dadurch das “Pensionierungsalter“ nicht geändert. § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2005 ist - seine Wirksamkeit unterstellt - vielmehr nach seinem Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte so zu verstehen, dass mit dem fortgeltenden “bisherigen individuell festgelegten Pensionierungsalter“ das Renteneintrittsalter gemeint ist, das sich aus der ASO 2000, insbesondere § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 ergibt. Dass die Übergangsregelung in § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2005 nicht unmittelbar auf § 12 Abs. 2 ASO 2000, sondern auf “individuell festgelegte Pensionierungsalter“ verweist, dürfte darauf beruhen, dass sich das aus § 12 Abs. 2 ASO 3 ASO 2000 ergebende Renteneintrittsalter durch Ausübung verschiedener Optionen, u.a. durch Verzicht auf Rentenanpassungen nach § 12c ASO 2000, individuell verändern ließ, und an das so “individuell festgelegte“ Renteneintrittsalter angeknüpft werden sollte. Da der Kläger keine der ihm eröffneten Möglichkeiten zur individuellen Änderung des sich aus § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 für ihn ergebenden “Pensionierungsalters“ von 61 Jahren und 6 Monaten wahrgenommen hat, gilt dieses Renteneintrittsalter für ihn auch über den 1. Januar 2005 hinaus nach § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2005 fort. Eine abweichende Auslegung des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2005 macht auch der Kläger selbst in seinem Zulassungsantrag nicht geltend.

Der Zahnärztekammer Niedersachsen mangelte es für den Erlass des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 auch gegenüber dem Kläger nicht an der Rechtsetzungskompetenz. Dies folgt aus der gesetzlichen Ermächtigung des § 12 HKG. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HKG kann die Kammer durch Satzung eine Versorgungseinrichtung zur Sicherung der Kammermitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit sowie zur Sicherung der Hinterbliebenen schaffen. § 12 Abs. 1 HKG enthält weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck die vom Kläger geltend gemachte Einschränkung, dass die Zähnärztekammer ausnahmslos auf eine Rechtsetzung gegenüber ihren aktuellen Kammermitgliedern beschränkt sei und deshalb ein Ausscheiden aus der Kammer zwingend zum Erlöschen ihrer Normsetzungskompetenz führe. Schon § 12 Abs. 4 Nrn. 3 und 4 HKG spricht vielmehr dafür, dass die Kammer in der Satzung Versorgungsansprüche auch anknüpfend an eine frühere Kammermitgliedschaft regeln darf. Die gemäß § 12 Abs. 4 Nrn. 3 und 4 HKG zur Sicherung der Hinterbliebenen zu gewährenden Witwen- und Waisenrenten knüpfen nämlich an die vormalige Kammermitgliedschaft des Verstorbenen an. § 12 Abs. 6 Nr. 4 HKG bestimmt zudem ausdrücklich, dass die Zahnärztekammer selbst durch Satzung regelt, wann die Mitgliedschaft bei dem nach § 12 Abs. 2 Satz 1 HKG teilrechtsfähigen Altersversorgungswerk endet. Es besteht also kein Zwang, mit einem Ausscheiden eines Mitglieds aus der Kammer auch dessen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung enden zu lassen. Diese Mitgliedschaft kann darüber hinaus fortbestehen. Damit liegt es auch in der Rechtssetzungsmacht der Kammer, die genaue Rechtsstellung derjenigen, denen - wie dem Kläger - trotz Ausscheidens aus der Kammer weiterhin Ansprüche gegenüber dem Versorgungswerk zustehen, zu regeln und bei Bedarf zu ändern.

Die so verstandene Satzungsermächtigung des § 12 HKG ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber kann nämlich Selbstverwaltungsträger - zu denen die Zahnärztekammer Niedersachsen als Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts gehört - zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter ermächtigen und zwar im begrenzten Umfang auch für ein Handeln gegenüber Dritten, also Nichtmitgliedern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.12.2002 - 2 BvL 5, 6/98 -, BVerfGE 107, 59, 94). Der damit eröffnete Spielraum zur Rechtsetzungskompetenz auch gegenüber Nichtmitgliedern ist vorliegend nicht überschritten worden. Die streitige Rechtsänderung durch § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 betrifft die vom Kläger aufgrund seiner vormaligen Kammermitgliedschaft erworbene Rentenanwartschaft gegenüber dem Beklagten. Dass das Renteneintrittsalter damit auch für Berechtigte nach § 25 Abs. 2 ASO 2000 heraufgesetzt worden ist, war zur Gleichbehandlung aller Rentenanwartschaftsberechtigten zumindest sachlich gerechtfertigt, wenn nicht gar geboten. Nicht nachvollziehbar ist der diesbezügliche Einwand des Klägers, er habe mit den aktuellen Mitgliedern des Beklagten nichts mehr zu tun und bilde mit ihnen insbesondere keine Solidargemeinschaft mehr. Der Kläger ist nämlich wie alle gegenwärtigen und zukünftigen Versorgungsempfänger darauf angewiesen, dass der Beklagte mit den Beiträgen der Mitglieder, die nach § 12 Abs. 2 und 5 HKG seine alleinige Finanzierungsgrundlage darstellen, einen möglichst hohen Ertrag erzielt, um so seine Pflichtleistungen gemäß § 11 ASO und die darüber hinausgehende, von der Leistungsfähigkeit des Beklagten in besonderer Weise abhängige Rentenanpassung nach § 12 c ASO gewähren zu können.

Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters mit Art. 14 Abs. 1 GG zu vereinbaren ist. Dies folgt aus den Gründen des Urteils der Kammer vom 16. März 2005 (- 5 A 8/05 -), die im angefochtenen Urteil wörtlich wiedergegeben worden sind und vom Kläger in seinem Zulassungsantrag nicht substantiiert in Frage gestellt werden.

Die Neuregelung genügt ferner dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, wobei mit dem Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschl. v. 4.2.2004 - 1 BvR 2491/97 - NVwZ 2004, 604 ff.) offen bleiben kann, ob sich dieser Grundsatz bei Rentenanwartschaften aus Art. 14 Abs. 1 GG ergibt oder aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG.

Die Anhebung der Regelaltersgrenze durch § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 greift hinsichtlich der Rechtsfolge - Renteneintritt erst nach Vollendung des 61. Lebensjahres und sechs Monaten - nicht im Sinne einer echten Rückwirkung zu Ungunsten des Klägers und vergleichbar “junger“ Mitglieder rückwirkend in eine Rechtsposition ein. Echte Rückwirkung entfaltet eine Anordnung, nach der eine Rechtsfolge schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten soll (vgl. BVerfG, Urt. v. 5.2.2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 133, 181). Eine solche Wirkung kommt der streitigen Rechtsänderung für den Kläger nicht zu. Die im Oktober 2004 (erneut) beschlossene Änderung des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO ist zwar bereits zum Jahresbeginn 2000 in Kraft getreten. Der 1950 geborene Kläger hatte aber zu diesem Zeitpunkt das 60. Lebensjahr noch längst nicht vollendet, in dem er nach der bis dahin geltenden, alten Fassung des § 12 ASO i. V. m. § 25 Abs. 2 ASO altersrentenbezugsberechtigt gewesen wäre. § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 wirkt sich für den Kläger also nicht rückwirkend, sondern erst zukünftig, nämlich im Jahr 2010 aus, in dem er nach § 12 Abs. 2 ASO a.F. altersrentenberechtigt gewesen wäre, nunmehr jedoch gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 i. V. m. § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2005 noch 1 Jahr und 6 Monate länger auf seinen regulären Renteneintritt warten muss.

Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalter greift jedoch in die den Kläger und vergleichbare Anspruchsberechtigte begünstigende Rechtslage nach § 12 Abs. 2 ASO a.F. ein und stellt daher eine sog. unechte Rückwirkung dar. Die ausschließlich aus den Beiträgen des Klägers finanzierte Altersrentenanwartschaft ist nämlich in der Vergangenheit nach §§ 12 Abs. 2, 12 a Abs. 1, 22 und 25 Abs. 2 ASO a. F. bezogen auf ein “Pensionierungsalter“ von 60 Jahren berechnet worden. Nunmehr hat der Kläger jedoch zum Erhalt dieses Renteneintrittsalters weitergehende Leistungen zu erbringen oder aber eine Kürzung der in Aussicht gestellten Altersrente hinzunehmen. Es handelt sich für den Kläger also bei der angegriffenen Neuregelung des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 um eine Bestimmung, die mit Wirkung für die Zukunft in bestehende Rechtspositionen eingreift und damit eine unechte Rückwirkung entfaltet. Eine solche unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und genügt dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.3.1998 - 1 BvL 6/92 -, BVerfGE 97, 378, 389, Urt. v. 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 -, BVerfGE 101, 239, 263, und Beschl. v. 24.5.2001 - 1 BvL 4/96 - BVerfGE 103, 392, 403).

Das Vertrauen von Mitgliedern des Beklagten auf den unveränderten Bestand von Altersrentenanwartschaften, die bei pauschalierter Betrachtungsweise die Grundlage ihrer Alterssicherung darstellen, ist zwar grundsätzlich nicht gering einzuschätzen. Dies gilt aber nicht in gleicher Weise für das hier maßgebliche Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Altersgrenze von 60 Jahren. Dieses Vertrauen ist nur eingeschränkt schutzwürdig gewesen, da die ihm zugrundeliegende Rechtslage nicht für die Zukunft gesichert erscheinen konnte. Ein Renteneintrittsalter von 60 Jahren ist nämlich im Verhältnis zu den Altersgrenzen in anderen Pflichtversorgungssystemen ungewöhnlich niedrig, obwohl nach den Angaben des Beklagten die Lebenserwartung seiner Mitglieder überdurchschnittlich hoch ist, der Beklagte Altersrentenzahlungen also für einen besonders langen Zeitraum zu erbringen hat. Zudem steht gemäß § 12a ASO 2000 i. V. m. der Anlage 1 auch die Höhe der Altersrente fest, d.h. dem Beklagten ist die bei anderen berufsständischen Versorgungswerken gegebene Möglichkeit verschlossen, eine höhere Lebenserwartung seiner Mitglieder durch eine Anpassung der laufenden Altersrentenbezüge auszugleichen. Ein Renteneintrittsalter von 60 Jahren galt außerdem selbst bei dem Beklagten nicht einheitlich, sondern nur für jüngere Mitglieder, während die Regelaltersgrenze für die älteren Mitglieder nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ASO a. F. 65 Jahre betrug. Deshalb und angesichts der allgemein bekannten Alterung der Bevölkerung konnten die begünstigten Mitglieder des Beklagten bzw. Anwartschaftsberechtigten einschließlich des Klägers nicht darauf vertrauen, dass eine solche Regelung unverändert beibehalten werden würde, insbesondere nicht bis zum Jahr 2010, in dem ursprünglich Mitglieder des Geburtsjahres 1950 abschlagsfrei altersrentenbezugsberechtigt sein sollten. Für die ab dem Jahresbeginn 2005 neu begründeten Mitgliedschaften ist folgerichtig das Renteneintrittsalter gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 ASO 2005 nochmals auf nunmehr 65 Jahre heraufgesetzt worden.

Diesem nur eingeschränkt schutzwürdigen Vertrauen des Klägers steht im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung der mit der Regelung verfolgte Zweck gegenüber, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten im Interesse aller Betroffenen einschließlich des Klägers sicherzustellen. Dieser Zweck überwiegt die entgegenstehenden Interessen am unveränderten Fortbestand der bisherigen Altersgrenze, zumal vorliegend eine sehr weitreichende Übergangsregelung getroffen worden ist. Hiervon profitiert auch der Kläger, da sein Renteneintrittsalter nicht auf 63 Jahre, sondern auf das unverändert günstige Alter von "nur" 61 Jahren und sechs Monaten heraufgesetzt worden ist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wiegt diese Heraufsetzung des Renteneintrittsalters für den Kläger umso weniger schwer, als er bis dahin - anders als andere Anwartschaftsberechtigte - keine weiteren laufenden Beiträge zahlen muss. Außerdem kann er auch zum ursprünglich vorgesehenen Termin in den Ruhestand treten, wenn er dafür Abschläge in Kauf nimmt oder einmalig 5.272, 44 EUR zahlt. Zudem stand ihm nach § 12 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 ASO 2000 die Möglichkeit offen, durch Verzicht auf Rentenanpassungsleistungen nach § 12c ASO eine ungekürzte laufende Altersrente ab dem 60. Lebensjahr zu beziehen. Schließlich ist der für den Kläger aktuell in Rede stehende Betrag von 490,84 EUR monatlich ohnehin zu gering, um die Grundlage seiner Alterssicherung zu bilden und somit seine Entscheidung über den Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand wesentlich zu bestimmen.

Der von dem Kläger gerügte Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn die Gleichbehandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt. Grundsätzlich obliegt es dem Gesetzgeber, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Ob die Auswahl sachgerecht ist, lässt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Konkretisierung jeweils im Blick auf die Eigenart des zu regelnden Sachverhalts (BVerwG, Urt. v. 28.4.2005 - 2 C 29/04 -, NVwZ 2005, 1078 ff., m. w. N.). Bei zulässiger Einbeziehung in ein Pflichtversorgungssystem, zu dem die berufsständische Versorgung zählt, steht dem Normgeber grundsätzlich ein besonders weiter Spielraum zu, dessen Grenzen erst bei willkürlicher Diskriminierung oder Privilegierung erreicht sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.1.2002 - 6 C 9/01 -, NJW 2002, 2193 ff., m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen liegt es in dem der Kammerversammlung der Zahnärztekammer Niedersachsen als Normgeber eröffneten Gestaltungsrahmen, das Renteneintrittsalter für den Kläger ebenso wie für die anderen Altersrentenanwartschaftsberechtigten gestaffelt nach dem Geburtsjahr um bis zu drei Jahre hinauszuschieben. Der Normgeber hat damit sachgerecht und nicht willkürlich der Tatsache Rechnung getragen, dass die Lebenserwartung der Rentenanwartschaftsberechtigten erheblich gestiegen ist. Diese Entwicklung kommt bei der allein möglichen typisierenden Betrachtung einem Mitglied um so stärker zugute, je jünger es ist. Folgerichtig ist das Renteneintrittsalter nach dem Geburtsjahr der Mitglieder gestaffelt heraufgesetzt worden. Diese Anhebung dient somit nicht - wie der Kläger geltend macht - der Sicherung eines vermeintlich höheren Rentenniveaus der gegenwärtig Versorgungsberechtigten. Der Berechnung der Altersrenten, die gemäß §§ 11 Nr. 1, 12a ASO 2000 an die Bestandsrentner gezahlt werden, und der daraus abgeleiteten weiteren Pflichtleistungen des Beklagten nach § 11 Nrn. 2 - 4 ASO 2000 liegt ebenso wie der Berechnung des Anwartschaftsrechts des Klägers ein einheitlicher Rechnungszins von 4 % zugrunde. Soweit der Beklagte über diesen Rechnungszins und den zur Deckung seiner Verwaltungskosten notwendigen Betrag hinaus laufende Erträge erzielt, dienen diese zur Finanzierung der Rentenanpassung gemäß § 12 c ASO, die dem Kläger bei einem späteren Rentenbezug in gleicher Weise wie allen anderen Versorgungsberechtigten des Beklagten zugute kommt. Über die Höhe einer solchen Anpassungsleistung ist allerdings nach § 12 c Abs. 2 ASO jährlich neu zu befinden.

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils sind danach nicht festzustellen.

Aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt sich auch nicht, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist. Die beiden von dem Kläger dazu aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres bereits im Zulassungsverfahren beantworten und bedürfen nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren. Nach den vorstehenden Ausführungen ist § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 auch auf den Kläger anwendbar und mit höherrangigem Recht vereinbar. Die weitere von dem Kläger aufgeworfene und von ihm als besonders schwierig eingestufte Frage der Vereinbarkeit des § 12 Abs. 2 Satz 3 ASO 2000 mit Art. 14 Abs. 1 GG hat das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausführlich erörtert und bejaht. Diese Ausführungen stimmen zudem mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Heraufsetzung des Renteneintrittsalters in der gesetzlichen Sozialversicherung überein (vgl. Urt. v. 25.2.2004 - B 5 RJ 44/02 R -, NZS 2005, 213 ff., m. w. N.). Welche rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten hiernach verbleiben und die Zulassung der Berufung rechtfertigen, ergibt sich aus dem Zulassungsantrag nicht und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Dass die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters für den 1950 geborenen Kläger von ursprünglich 2010 auf nun 2011 nicht die von ihm geltend gemachte echte Rückwirkung, sondern eine mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang stehende unechte Rückwirkung darstellt, ist zuvor eingehend dargestellt worden.

Der Rechtssache kommt daher auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.