Niedersächsisches FG, Beschluss vom 05.12.2005 - 11 V 280/04
Fundstelle
openJur 2012, 43862
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Tatbestand

I. Streitig ist die Haftung des Antragstellers nach §§ 34,35 i.V.m. § 69 Abgabenordnung - AO - bzw. § 71 AO.

Nachdem der verheiratete Antragsteller 1992 und 1993 mit einem Dritten einen Gebrauchtwarenhandel in ... betrieben hatte, übernahm die Ehefrau des Antragstellers zum 1. Oktober 1993 diesen Gebrauchtwagenhandel und führte das Unternehmen am gleichen Betriebsort unter der Firma ... fort. Der Antragsteller war zunächst unentgeltlich im Unternehmen der Ehefrau beschäftigt. Ab 1996 war er als Angestellter gegen Gehalt tätig. Der Betrieb wurde zum 31. Mai 1999 stillgelegt. Das Anlagevermögen wurde verkauft. Seit 1. Januar 2001 betreibt der Antragsteller in der Gemeinde ... einen Kfz-Handel.

Der Antragsgegner führte im Jahr 2000 eine Betriebsprüfung für die Jahre 1994 bis 1998 bei der Ehefrau des Antragstellers durch. Während der Betriebsprüfung wurde das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen eingeschaltet. Es führte in den Jahren 2000 bis 2003 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Ehefrau des Antragstellers. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurde festgestellt, dass getätigte An- und Verkäufe von Kraftfahrzeugen - Kfz - nicht bzw. nicht zutreffend in der Buchführung berücksichtigt worden sind. Entsprechend wurden auch fehlerhafte Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen hielt den Antragsteller für einen faktischen Geschäftsführer i.S.v. § 35 AO.

Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung und des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen wurden am 7. Dezember 2000 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1994 bis 1998 erlassen. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsbescheid vom 11. Juni 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Klage wurde gegen diesen Bescheid nicht erhoben.

Nach Androhung wurde weiterhin am 1. August 2001 ein Zwangsgeld wegen einzureichender Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung für 1999 festgesetzt. Dieser Festsetzungsbescheid wurde nicht mit Einspruch angefochten. Am 17. September 2001 erging auf Grund einer Schätzung der Umsatzsteuerbescheid für 1999. Mit ihm wurde ein Verspätungszuschlag festgesetzt. Einspruch wurde gegen diesen Bescheid ebenfalls nicht eingelegt. Die (Mehr)Abgaben auf Grund dieser Bescheide wurden nicht entrichtet.

Der Antragsgegner erließ daraufhin einen Haftungsbescheid am 25. Februar 2004 gegen den Antragsteller. Der Bescheid wurde auf §§ 34, 35 i.V.m. § 69 AO und § 71 AO gestützt. Der Antragsgegner nahm den Antragsteller in Höhe von 172.719,86 EUR in Haftung. Im Einzelnen wurde der Antragsteller für folgende Beträge in Haftung genommen:

AbgabenartHöhe der AbgabeUmsatzsteuer 199418.431,00 EURUmsatzsteuer 1994 Zinsen nach § 233a AO 5.969,84 EURUmsatzsteuer 1994 Säumniszuschläge7.451,77 EURUmsatzsteuer 199518.675,96 EURUmsatzsteuer 1995 Zinsen nach § 233a AO 4.105,67 EURUmsatzsteuer 1995 Säumniszuschläge7.088,46 EURUmsatzsteuer 199619.164,24 EURUmsatzsteuer 1996 Zinsen nach § 233a AO 3.059,57 EURUmsatzsteuer 1996 Säumniszuschläge7.273,68 EURUmsatzsteuer 199719.890,28 EURUmsatzsteuer 1997 Zinsen nach § 233a AO 1.988,93 EURUmsatzsteuer 1997 Säumniszuschläge7.547,71 EURUmsatzsteuer 199825.015,06 EURUmsatzsteuer 1998 Zinsen nach § 233a AO 1.000,09 EURUmsatzsteuer 1998 Säumniszuschläge9.500,26 EURUmsatzsteuer 199912.288,39 EURUmsatzsteuer 1999 Zinsen306,78 EURUmsatzsteuer 1999 Säumniszuschläge3.553,13 EURUmsatzsteuer 1999 Verspätungszuschlag102,26 EURZwangsgeld306,78 EURSumme172.719,86 EURGegen den Haftungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 21. April 2004 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob der Antragsteller Klage (Az. 11 K 279/04), über die noch nicht entschieden ist.

Nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 3. März 2004 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat und auch der Einspruch dagegen als unbegründet zurückgewiesen wurde, beantragt der Antragsteller sinngemäß,

die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 25. Februar 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 21. April 2004 auszusetzen.

Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf die Klagebegründung vor, eine Haftung nach § 69 AO käme nicht in Betracht, da es sich bei dem Unternehmen der Ehefrau nicht um eine Gesellschaft handele, so dass der Antragsteller auch nicht faktischer Geschäftsführer sein könne. Die inhaltliche Bezugnahme im Haftungsbescheid auf andere Bescheide sei rechtswidrig. Auch seien als Grundlage des Haftungsbescheides keine eigenen Erkenntnisse des Antragsgegners herangezogen worden. Es fehle weiterhin an einer konkreten Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Haftung nach § 71 AO, sowie der Betriebsabläufe und Verwaltung des Betriebes. Ebenso fehle eine Darstellung der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Ehefrau.

Gründe

II. Der Antrag ist nur teilweise begründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz Finanzgerichtsordnung - FGO - erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466).

aa) Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nur hinsichtlich der Haftung für Zinsen nach § 233a AO und für Säumniszuschläge zu der Umsatzsteuer 1994 bis 1998 gegeben. Insoweit ist für die Haftung Festsetzungsverjährung nach § 191 Abs. 3 AO eingetreten. Nach § 191 Abs. 3 S. 2 AO beträgt die Frist für den Erlass eines Haftungsbescheides vier Jahre. "In den Fällen" der Steuerhinterziehung nach § 71 AO beträgt sie 10 Jahre. Nach § 191 Abs. 3 S. 3 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft.

Dem Antragsteller wird vorliegend vorgeworfen, als Verfügungsberechtigter die Umsatzsteuer nicht im vollen Umfang erklärt zu haben. Soweit der Antragsteller nach § 69 AO in Anspruch genommen wurde, lagen die Voraussetzungen für eine Haftung nach dieser Vorschrift für die Umsatzsteuer 1999 daher im Jahr 2000 vor - der Antragsteller hätte die Umsatzsteuer gem. § 18 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz bis zum 31. Mai 2000 erklären müssen, was nicht geschehen ist. Mit Ablauf des Jahres 2000 begann somit die Festsetzungsfrist, die mit Ablauf des Jahres 2004 endete. Der Haftungsbescheid erging am 25. Februar 2004, sodass für die Umsatzsteuer 1999 die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten war.

Für die Umsatzsteuer 1994 bis 1998 war dagegen die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides abgelaufen. Eine Ablaufhemmung nach § 191 Abs. 3 S. 4 AO greift im Streitfall nicht. Die Änderungsbescheide zur Umsatzsteuer 1994 bis 1998 sind am 7. Dezember 2000 erlassen worden, sodass entsprechend § 171 Abs. 10 AO der Haftungsbescheid vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe der Änderungsbescheide hätte ergehen müssen. Tatsächlich wurde der Haftungsbescheid aber erst am 25. Februar 2004 erlassen.

Soweit von einer Steuerhinterziehung auszugehen ist (s. Erläuterungen unten zu bb. bbb.), liegen die streitigen Umsatzsteuerbeträge zwar noch in der zehnjährigen Festsetzungsfrist für den Erlass des Haftungsbescheides; jedoch kommt für diese Zeiträume keine Haftung für die Zinsen nach § 233a AO und für die Säumniszuschläge nach § 240 AO in Betracht. Die Haftung nach § 71 AO umfasst ausdrücklich nur die Haftung für verkürzte Steuern, Steuervorteile und Hinterziehungszinsen nach § 235 AO. Die Vorschrift sieht keine Haftung für Säumniszuschläge und Zinsen nach § 233a AO vor (FG Hamburg Urt. v. 9. November 1993 VII 26/88, EFG 1994, 687, 688; Sächsisches FG Urt. v. 21. Januar 2004 7 K 1712/99, nv; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung (Loseblatt), § 71 AO Rz 12).

Auch verlängert sich im Fall der Haftung für die Zinsen nach § 233a AO und für die Säumniszuschläge nicht die reguläre Festsetzungsfrist für eine Haftung nach § 69 AO. Für die Festsetzungsfrist nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO ist maßgeblich die Haftungsvorschrift, nach der der Schuldner in Anspruch genommen wird. Wird jemand nach § 69 AO in Haftung genommen, so verlängert sich die Festsetzungsfrist auf zehn Jahre auch dann nicht, wenn die Steuern hinterzogen wurden. In diesem Sinne ist die Vorschrift des § 191 Abs. 3 Satz 2 AO auszulegen, wenn nur "in den Fällen des § 71" AO die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 10 Jahre bestimmt wird. Für den Streitfall, in dem eine Haftung für Säumniszuschläge und Zinsen nach § 233 a AO nur nach § 69 AO in Betracht kommt, verlängert sich die vierjährige Festsetzungsfrist daher nicht (allgemein ebenso BFH-Beschl. v. 4. September 2002 I B 145/01, BStBl II 2003, 223 unter 3.a.; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung (Loseblatt), § 191 AO Tz. 149; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 191 Tz. 68; Intemann in Pahlke/König, Abgabenordnung, 2004, § 191 Tz. 267; Nieland AO-StB 2002, 408; anders möglicherweise BFH-Beschl. v. 7. Februar 2002 V B 86/01, BFH/NV 2002, 755).

Damit war wegen der Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1994 bis 1998 sowie der Zinsen nach § 233 a AO für die Umsatzsteuer 1994 bis 1998 der Haftungsbescheid in Höhe von insgesamt 54.985,98 EUR von der Vollziehung auszusetzen.

bb) Im Übrigen ist der Antrag unbegründet. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller für die Umsatzsteuer 1994 bis 1999 und die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1999 sowie dem Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 1999 und dem Zwangsgeld haftet.

aaa) Nach § 69 AO i.V.m. §§ 34, 35 AO kann ein Verfügungsberechtigter wegen rückständiger Steuern durch Haftungsbescheid nach § 191 AO in Anspruch genommen werden, wenn infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten steuerlichen Verpflichtungen Ansprüche aus dem Steuerverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Verfügungsberechtigter i.S.v. § 35 AO ist, wer nach außen hin auftritt, als könne er umfassend über fremdes Vermögen verfügen und er faktisch die Aufgaben des Rechtsinhabers wahrnimmt (vgl. BFH-Beschl. v. 10. Oktober 1994 I B 228/93, BFH/NV 1995, 662). Die Verfügungsmacht i.S.v. § 35 AO kann auf Gesetz, behördlicher oder gerichtlicher Anordnung oder Rechtsgeschäft beruhen. Sie kann auch durch die zivilrechtlich anerkannten Institute der Duldungs- und Anscheinsvollmacht begründet werden (Niedersächsisches FG Urt. v. 9. Juli 1991 XI 508/90, EFG 1992, 239; Kruse/Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 35 Tz. 6; Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 8. Aufl. 2003, § 35 Tz. 3). Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läßt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses nach Treu und Glauben so verstehen darf, dass der Handelnde bevollmächtigt ist (BGH-Urt. v. 14. Mai 2002 XI ZR 155/01, NJW 2002, 2325; Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, § 173 Tz. 11). Maßgebend ist das Auftreten nach außen, und zwar im Rechtsverkehr. Ein Auftreten gegenüber den Finanzbehörden ist nicht erforderlich. Es genügt schon, dass der Bevollmächtigte irgend jemandem gegenüber nach außen als solcher auftritt (BFH-Urt. v. 29. Oktober 1985 VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192; Niedersächsisches FG Urt. v. 9. Juli 1991 XI 508/90, EFG 1992, 239).

Der Verfügungsberechtigte i.S.v. § 35 AO haftet für die Steuern des Steuerpflichtigen und für die steuerlichen Nebenabgaben. Zu den Nebenabgaben i. S. v. § 3 Abs. 3 AO gehören auch das Zwangsgeld und Verspätungszuschläge (s. Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 1999, Tz. 95).

Der Antragsteller war Verfügungsberechtigter i.S.v. § 35 AO. Er handelte mit Duldungsvollmacht der Ehefrau. Dies ergibt sich insbesondere aus den Aussagen der Ehefrau und des Antragstellers im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Die Ehefrau gab zu Beginn der Ermittlungshandlungen an, dass sie mit dem Kfz-Handel nichts zu tun habe, sondern seit etlichen Jahren nur den Namen für das Geschäft hergegeben habe. Federführend sei stets der Antragsteller gewesen. Auch die Steuerberaterin der Ehefrau des Antragstellers hat ihn als faktischen Geschäftsführer bezeichnet. Der Antragsteller hat auch die Vorbereitung, Erstellung und Abgabe von Steuervoranmeldungen und Steuererklärungen vorgenommen. Weiterhin wurden vom Antragsteller auch Erklärungspflichten grob fahrlässig verletzt, indem er getätigte Umsätze unstreitig nicht verbucht und nicht in den Umsatzsteuererklärungen aufgenommen wurden (s. hinsichtlich der einzelnen Handlungen des Antragstellers das Urteil des AG Emden vom 6. September 2005 (Az. 6 Ls 121 Js 15750/03). Auch hat er nicht als Verfügungsberechtigter die Umsätze für 1999 erklärt, so dass die Voraussetzungen für die Haftung nach § 69 AO gegeben sind.

bbb) Nach § 71 AO haftet, wer eine Steuerhinterziehung begeht. Nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO wird wegen Steuerhinterziehung bestraft, wer u. a. den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Durch die im Rahmen der Fahndungsprüfung festgestellten Handlungen des Antragstellers hat dieser den Tatbestand der Steuerhinterziehung vorsätzlich und schuldhaft erfüllt. Er hat als Verfügungsberechtigter Schwarzgeschäfte nicht in der Buchführung aufgenommen und hat entsprechend unrichtige und unvollständige Steuererklärungen abgegeben bzw. erstellt (zu den einzelnen Handlungen des Antragstellers s.o. Hinweis auf Strafurteil des AG Emden).

ccc) Der Haftungsbescheid ist auch ermessensfehlerfrei. Der Antragsgegner hat den Antragsteller zu Recht als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Der Antragsgegner hat sowohl im Haftungsbescheid als auch im Einspruchsbescheid dargelegt, dass er den primären Schuldner, die Ehefrau des Antragstellers, wegen fehlender Vollstreckungsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen konnte.

cc) Entsprechend des summarischen Charakters des Aussetzungsverfahrens ist der Mitwirkungspflicht des Antragstellers bereits durch die Glaubhaftmachung von Tatsachen genügt. Eine Glaubhaftmachung verlangt aber Beweise, die das Gericht sofort erheben kann. Daher sind nicht präsente Beweismittel im Rahmen des Aussetzungsverfahrens ausgeschlossen. In diesem gerichtlichen Aussetzungsverfahren ist der Antragsteller schon der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht - wegen fehlender präsenter Beweismittel - nicht nachgekommen. Dies hat zur Folge, dass der Nachteil der verbleibenden Ungewissheit wegen der bei ihm liegenden objektiven Beweislast zu seinen Lasten geht. So hat der Antragsteller nicht mit präsenten Beweismitteln glaubhaft gemacht, dass er nicht Verfügungsberechtigter im Unternehmen seiner Ehefrau war. Es ist Sache des Antragstellers im Streitfall darzulegen und mit präsenten Beweismitteln glaubhaft zu machen, dass die Aussage der Ehefrau, der Antragsteller habe das Unternehmen geführt, nicht der Wahrheit entspreche.

Ebenso ist vom Antragsteller nicht dargelegt und glaubhaft gemacht worden, dass die Haftung für Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer 1999 und für das Zwangsgeld deshalb rechtswidrig sei, weil eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners bestand. Zwar führt eine solche Situation regelmäßig zur Reduzierung der Haftung um die Hälfte (BFH-Urt. v. 19. Dezember 2000 VII R 63/99, BStBl II 2001, 217) und es könnte wegen des Regresses von Kunden im Jahr 1999 zu einer solchen Situation gekommen sein; jedoch hat dies der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen und mit präsenten Beweismitteln glaubhaft gemacht.

dd) Soweit der Antragsteller vorträgt, der Antragsgegner könne nicht auf Erkenntnisse und Feststellungen, die im Rahmen eines Strafverfahrens getroffen wurden, zurückgreifen, ist dies unbeachtlich. Es reicht aus, wenn der Antragsgegner im Haftungsbescheid bzw. im Einspruchsbescheid auf Ermittlungsergebnisse Bezug nimmt. Diese Ergebnisse standen dem Antragsteller zur Verfügung. Durch Akteneinsicht hat sich der Antragsteller bzw. sein Bevollmächtigter auch Kenntnis davon verschafft.

Auch der Vortrag des Antragstellers, es seien die erfolgten Vollstreckungsmaßnahmen nicht im Haftungs- bzw. Einspruchsbescheid dokumentiert worden, führen zu keinen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. Der Hinweis auf die erfolglosen Vollstreckungsversuche bei der Ehefrau diente allein dazu, die Ermessensentscheidung des Antragsgegners in bezug auf das Auswahlermessen zu begründen. Weiterer Ausführungen bedurfte es im Rahmen der Haftungs- oder Einspruchsentscheidung nicht (BFH-Urt. v. 29. September 1987 VII R 54/84, BStBl II 1988, 176).

b) Ebensowenig ist die Aussetzung geboten, weil die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Vollziehung eines - noch nicht bestandskräftigen Haftungsbescheides ist für den Steuerpflichtigen unbillig hart, wenn ihm dadurch wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur sehr schwer wiedergutzumachen wären, oder wenn sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre (vgl. Beschluss des BFH vom 24. März 1994 IV S 1/94, BStBl II 1994, 398). Solche Gründe sind weder aus den Akten ersichtlich, noch hat sie der Antragsteller substantiiert vorgetragen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

3. Die Beschwerde wird nach § 128 Abs. 3 FGO wegen möglicher Divergenzentscheidungen zugelassen. Die Entscheidung des BFH vom 4. September 2002 I B 145/01, BStBl II 2003, 223, weicht möglicherweise von dem Beschluss des BFH vom 7. Februar 2002 V B 86/01, BFH/NV 2002, 755, ab.