Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 23.05.2005 - 1 MN 57/05
Fundstelle
openJur 2012, 42973
  • Rkr:

1. Der grundrechtlich geschützte Anliegergebrauch wird nicht unangemessen eingeschränkt, wenn der bislang T-förmig geformte Kreuzungsbereich vor einem (gewerblich genutzten) Grundstück zu einem Kreisverkehr umgestaltet wird.

2. Zu den straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen, die in diesem Zusammenhang zu beachten sind.

Gründe

Die Antragsteller wenden sich gegen den im Tenor genannten Bebauungsplan insbesondere mit der Begründung, auf der Grundlage seines Teilbereiches 2 solle unmittelbar vor ihren Grundstücken ein Kreisverkehr hergestellt werden können. Dieser werde die Zufahrtmöglichkeiten zu ihren Grundstücken in nicht mehr hinzunehmender Weise einschränken. Außerdem führe die Festsetzung eines Sondergebiets für großflächigen Einzelhandel (Teilbereich 1 dieses Bebauungsplans) zu Lärmimmissionen, welche benachbarter Wohnbebauung nicht mehr zuzumuten sei.

Den Antragstellern 1 und 2 gehört eine Wohnung in dem im Aktivrubrum genannten Zweifamilienwohnhaus. Östlich ihres an der Nordseite der B. Straße gelegenen Grundstücks schließt das Grundstück des Antragstellers zu 3 an. Darauf steht ein Komplex, dem drei Hausnummern zugeordnet sind und in dem er nach seinen Angaben einen Großhandelsbetrieb für Textilien und Modestoffe betreibt. An der Ostseite seines Gebäudekomplexes ist eine Gebäudedurchfahrt angeordnet. Ein Bebauungsplan für diese Grundstückszeile, welche östlich des C.-Kanals beginnt, besteht nicht. Nördlich und nordöstlich davon befinden sich unter anderem Tennisplätze und die Eisporthalle. Das Zentrum der Antragsgegnerin liegt westlich des Kanals.

Direkt gegenüber dieser Grundstücke geht die A. straße nach Süden ab. Diese wurde als Planstraße H auf der Grundlage des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. ...2 „H Weg/Am N“ angelegt, welcher am 3.1.1997 rechtsverbindlich geworden ist. Anlass für seine Aufstellung war der Niedergang der D. -AG. Diese hatte in dem rd. 270 x 175 m großen, im Westen 4 - 5 m, im Norden rund 8 - 9 m hohen Gebäude, das im Westen hart an den C. -Kanal heranreicht und im Zentrum dieses Planes steht, eine Weberei mit über 160 Webstühlen unterhalten. Weitere Betriebsteile hatten sich nördlich der B. Straße befunden. Ziel des Planes war es, diese nunmehr leerstehende Bausubstanz noch nicht näher bestimmter gewerblicher Nutzung zu öffnen und östlich davon zum Teil den als zunehmend dringend eingestuften Bedarf an Wohnraum zu stillen. Zum Schutze des dazu östlich der Planstraße H (=A. -straße) festgesetzten allgemeinen Wohngebiets vor Gewerbe- und Straßenlärm enthält der Bebauungsplan Nr. ...2 in seiner Ursprungsfassung zahlreiche textliche Bestimmungen, welche unter anderem die Lage der Wohn-Aufenthaltsräume sowie den Einbau von Schallschutzfenstern betreffen, soweit Räume zu diesen Lärmquellen weisen. Außerdem enthält § 15 der textlichen Festsetzungen dieses Planes gestaffelt flächenbezogene Schalleistungspegel für die drei im Plan bestimmten Teilbereiche des Gewerbegebietes.

Von der Planstraße H gehen nach Westen die Planstraßen J und K ab. Die nördlichere von beiden, die Planstraße J sollte ursprünglich eine rund 8 m breite, spitz zulaufende Stichstraße darstellen, welche auf die Ostecke der ehemaligen D. -Weberei zielte.

Mit der ersten, seit dem 6. Juni 1997 verbindlichen Änderung des Bebauungsplanes Nr. ...2 veränderte die Antragsgegnerin den Verlauf der Planstraße J. Diese wird nunmehr leicht nach Norden verschwenkt und um 40 m verlängert. Sie endet jetzt in einem Wendekreis, dessen Durchmesser deshalb mit 24 m bestimmt wurde, damit gewerblicher Lastkraftverkehr dort wenden könne. Im übrigen wurden in dem Gebiet der ersten Planänderung Nr. ...2, welches den Bereich nordöstlich der Halle bis zur B. Straße erfasst, die schalleistungsbezogenen Werte für die Gewerbegebiete 1 und 2 in der Nachtzeit auf 45 bzw. 42,5 dB(A) festgesetzt. Ziel dieser Änderungen war, die gewerbliche Ausnutzbarkeit der ehemaligen D. -Weberei zu verbessern.

Der nunmehr angegriffene, im Tenor genannte Plan umfasst zwei Teilbereiche. Sein Teilbereich 1 erfasst den östlichen Teil des D. -Webereigebäudes und setzt hierfür Sondergebiet „großflächiger Einzelhandel“ fest. Das Sortiment ist in § 1 der textlichen Festsetzungen genannt. Es umfasst zum einen einen schon vorhandenen Elektronikfachmarkt („red zac“). Dieser soll sich erweitern dürfen. Ihm werden quadratmeterbezogen für eine Fläche von nunmehr insgesamt 2.208 m² verschiedene Sortimente zugeordnet. Zum anderen schafft der angegriffene Plan in seinem Teilbereich 1 die planerische Grundlage für einen Lebensmittelfachmarkt. Der soll insgesamt 2.600m² umfassen. Auch hier sind bestimmten Sortimenten Quadratmetermaximalzahlen zugeordnet. Die Festsetzung eines Sondergebietes für einen großflächigen Lebensmittelmarkt bietet sich nach Auffassung der Antragsgegnerin sowohl wegen ihres nahen Zentrums als auch wegen der umstehenden Wohnbebauung an. Teile des D. -Webereigebäudes stehen danach noch immer für gewerbliche Nutzung offen. § 2 der textlichen Festsetzungen bestimmt, dass in dem Sondergebiet der flächenbezogene Schallleistungspegel tags 57,5 und nachts 42,5 dB(A)/m² nicht überschreiten darf. § 3 setzt für das Gewerbegebiet 1 den flächenbezogenen Nachtwert auf 45, für das GE 2 auf 42,5 dB(A) fest.

Teilbereich 2 des hier angegriffenen, im Tenor genannten Planes erweitert zu Lasten gewerblicher, im Eigentum der Antragsgegnerin stehender Bereiche die Verkehrsflächen im Bereich der bislang T-förmig gestalteten, südlich der Grundstücke der Antragsteller vorhandenen Straßenkreuzung zu eine Art Trichter. Ziel ist es, dort einen (in der Planzeichnung allerdings nicht benannten) Kreisverkehr herstellen zu können. Hintergrund dieser Festsetzung ist eine verkehrliche Expertise für eine Sondergebietsnutzung im Bereich „H Weg“Am N“ der Ingenieurgemeinschaft E. und Partner (Hannover) vom Juni 2002. Diese hatte gezeigt, dass das Sondergebiet zusätzlichen Verkehr anziehen werde, dessen Bewältigung die T-förmige Kreuzung in ihrer gegenwärtigen Form voraussichtlich überfordern werde. Der Elektronikfachmarkt in seiner erweiterten Form und der Lebensmittelmarkt würden zusätzlichen Ziel- und Quellverkehr in der Stärke von 1.500 PKWs/Werktag anziehen. Daraus ergäben sich für die A. straße Ziel- und Quellverkehre von insgesamt 2.100 PKW/d. In der Spitzenstunde (17.00 bis 18.00 h) werde die A. straße mit zusätzlich 520 Fahrzeugen belastet.

Die Antragsgegnerin schloss sich nicht der Empfehlung der Ingenieurgemeinschaft E. und Partner an, den rund 40 m östlich dieses Kreuzungsbereiches vorhandenen verampelten Fußgängerüberweg zu schließen und so die Grundlage für eine Verampelung der unverändert T-förmig zu belassenen Kreuzung vor dem Grundstück der Antragsteller zu ermöglichen. Vielmehr eröffnet ihr Plan die Möglichkeit, dort einen Kreisverkehr zu schaffen.

Zur Begründung ihres am 31. Dezember 2004 gestellten Normenkontrollantrages machen die Antragsteller insbesondere geltend:

Sie seien wegen der planbedingten Zunahme des Straßenverkehrs sowie wegen der Erschwernisse, welche die Herstellung des Kreisverkehrs für die Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten ihrer Grundstücke mit sich bringen werde, antragsbefugt. Ihr Antrag sei auch begründet. In die Beurteilung sei auch die erste Änderung des Planes Nr. ...2 einzubeziehen. Schon diese habe in abwägungswidriger Weise zu Lasten der benachbarten Wohnbevölkerung die Möglichkeit eröffnet, das ehemalige Webereigebäude (lärm-)intensiver zu nutzen. Das ergebe sich unter anderem aus der nunmehr durch die Herstellung des Wendekreises an der Planstraße J ausdrücklich eröffneten Möglichkeit, gewerblichen Schwerlastverkehr dorthin zu lotsen. Schon die seinerzeit vollzogene Planänderung habe die berechtigten Interessen der Wohnbevölkerung an Wohnruhe nicht ausreichend berücksichtigt. Die Verkehrsführung sei zudem deshalb abwägungswidrig, weil die Antragsgegnerin nicht, wie erforderlich, erwogen habe, den Zu- und Abgangsverkehr zum neuen Sondergebiet wohngebietsabgewandt, nämlich am Kanal entlang in das Gewerbe-/Sondergebiet zu führen. Zudem würde das schon bisher unverträgliche Nebeneinander von Gewerbe- und Wohnnutzung in unerträglicher, mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht zu vereinbarenden Weise verschärft. Selbst wenn das Wohngebiet planbedingt vorbelastet wäre, entbände dies die Antragsgegnerin nicht der Pflicht, das Interesse an Wohnruhe in die Abwägung einzustellen. Überhaupt nicht (ausreichend) in die Abwägung eingestellt habe die Antragsgegnerin ihr Interesse an unveränderter Beibehaltung der bisherigen Grundstückszufahrtsituation. Der Gewerbebetrieb des Antragstellers zu 3 werde täglich von zahlreichen Kunden und Lieferanten angefahren. Deren Schwertransporter könnten sich zum Teil nicht, zum Teil nur mit Mühe in den Kreisverkehr einfädeln. Zudem mache die mit dem angegriffenen Plan vorbereitete Verkehrsführung die Nutzung der bestandsgeschützten Parkflächen vor dem Grundstück unmöglich. Das stelle einen kaum zu verkraftenden Eingriff in den grundrechtlich geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers zu 3 dar. § 20 Abs. 5 NStrG greife erst auf der Vollzugsebene ein und entbinde die Antragsgegnerin nicht davon, bereits auf der Planungsebene den Konflikt zutreffend zu erkennen und ggf. zu vermeiden. Die Planung sei zudem nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich. Denn sie verfolge allein das Ziel, privatwirtschaftliche Investitionsinteressen zu stützen. Sie entbehre daher der geforderten städtebaulichen Situation.

Nachdem die Antragsgegnerin begonnen hat, den Kreisverkehr baulich zu verwirklichen, haben die Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung verweisen sie auf die Ausführungen zur Hauptsache und machen geltend, die Herstellung sie unzumutbar belastender Maßnahmen müsse einstweilen verhindert werden.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 6. Februar 2003 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 102.3 „H Weg/A. straße“ einstweilen, d.h. bis zur Entscheidung über das Normenkontrollverfahren 1 KN 1/05 einstweilen außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt im Hauptsache- und Eilverfahren dem Antragsvorbringen entgegen. Sie hält den Normenkontrollantrag für unzulässig, weil die Verkehrszunahme kein Maß erreichen, welches die Antragsteller zur Abwehr des Planes berechtige. Dieser setze zudem den Kreisverkehr gar nicht fest. Baulich sei die Maßnahme zudem schon so weit durchgeführt worden, dass für den Eilantrag ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr bestehe. In der Sache seien die Angriffe unter anderem deshalb unbegründet, weil die planbedingte Verkehrszunahme gering sei und zudem durch die neuen textlichen Festsetzungen der §§ 2 und 3 sichergestellt sei, dass es nicht zu Lasten der Wohnbevölkerung zu unzumutbaren Belästigungen kommen könne. Deren Grundstücke seien durch den Bebauungsplan Nr. ...2 in seiner Ursprungsfassung und der Fassung seiner 1. Änderung vorbelastet. Gegen dessen Abwägungsergebnis könnten die Antragsteller keine Einwendungen mehr erheben, weil die für diesen Plan noch geltende siebenjährige Rügefrist abgelaufen sei, ohne dass der nunmehr behauptete Mangel geltend gemacht worden sei. Die behaupteten Abwägungsmängel griffen zudem nicht durch. Die vorliegenden Begutachtungen bewiesen, dass die Verkehre nicht zu Belästigungen führten, welche den Antragstellern oder der Wohnbevölkerung nicht mehr zuzumuten seien.

Wegen der Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Planaufstellungsvorgänge verwiesen.

II. Der Eilantrag hat keinen Erfolg.

Der Senat lässt hier ebenso unentschieden, ob die namentlich durch die Festsetzung des Sondergebietes „großflächiger Einzelhandel“ bewirkte Zunahme des Verkehrs oder die mit dem Plan vorbereitete Umgestaltung des Kreuzungsbereiches die Antragsbefugnis begründet, wie die Frage, ob angesichts des während des Eilverfahrens erreichten Baufortschritts für den Eilantrag noch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht. Der Normenkontrolleilantrag kann jedenfalls aus sachlichen Gründen keinen Erfolg haben.

20Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung eines Bebauungsplanes regelmäßig hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil in dem oben genannten Sinn liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interesse in ganz besonderem Maße beeinträchtigt und dem Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/Schertzberg, DVBl. 1997, 168, 174).

Bei Vollzug der angegriffenen Planänderung haben die Antragsteller derart schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht zu erwarten.

Für die Lärmbeeinträchtigungen, denen die Wohnbevölkerung östlich des Teilbereiches 1 des Planes Nr. 102.3 ausgesetzt sein wird, liegt dies auf der Hand. Zu diesem Personenkreis zählen die Antragsteller nicht.

Die Antragsteller selbst werden durch eine Ausnutzung der hier angegriffenen Planfestsetzungen keinem unzumutbaren Lärm ausgesetzt.

Das Grundstück des Antragstellers zu 3 wird nach seinem Vortrag im wesentlichen gewerblich genutzt. Besonderen Schutz vor Verkehrslärm kann er schon deshalb nicht beanspruchen.

Die Eigentumswohnung der Antragsteller zu 1 und 2 liegt auf einem Grundstück, das schon immer erheblichem Lärm ausgesetzt war. Das angegriffene Planvorhaben führt nicht zu Lärmeinbußen, welche ihnen nicht mehr zugemutet werden könnten. Die Annahme der Antragsgegnerin, dieses Grundstück werde angesichts seiner Lage und der Vorbelastung allenfalls die Einhaltung mischgebietstypischer Lärmwerte reklamieren können, wird sich im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als richtig, wenn nicht sogar den Antragstellern zu 1 und 2 recht günstig erweisen. Das ergibt sich schon aus seiner Lage zwischen Tennishalle, Schwimmbad und Eissportstadion im Rücken und dem Umstand, dass es in Ermangelung einer Überplanung als Teil einer zeilenartigen Bebauung eher dem Außen- denn dem Innenbereich zuzuordnen ist. Es kommt hinzu, dass das Grundstück durch gewerbliche Nutzung im Süden vorbelastet ist. Die Betriebsaufgabe der D. -AG schloss die Aufnahme einer anderen gewerblichen, d.h. Lärm verursachenden und Kraftfahrzeugverkehr anziehenden neuen Nutzung keineswegs aus. Soweit derzeit abzusehen ist, mussten die Antragsteller vielmehr damit rechnen, dass die Antragsgegnerin bestrebt sein werde, diesen Komplex nicht verfallen zu lassen, sondern zu seinem Erhalt eine neue, andersartige gewerbliche Nutzung dorthin zu führen (vgl. zu einem ähnlichen Fall Nds. OVG, Urt. v. 23.9.1999 - 1 K 4666/97 -, BauR 2000, 528). Dabei ist/wäre es unschädlich, wenn zwischen Betriebsaufgabe der D. -AG und der Neuplanung ein längerer Zeitraum liegt. Denn Objekte dieser Größenordnung lassen sich nicht leicht vermarkten. Dementsprechend sind auch längere Zeiträume der Vakanz in derartigen Fällen nicht geeignet, bei den Anliegern ein Vertrauen dahin aufzubauen, das derzeit brach liegende Gelände werde einer gewerblichen Nutzung nicht mehr zugeführt werden.

Nach der Verkehrlichen Expertise der Ingenieurgemeinschaft E. und Partner vom Juni 2002, deren Ergebnisse die Antragsteller substantiiert nicht entgegengetreten sind, ist selbst in der stärksten Nachmittagsstunde (17.00 - 18.00 h) nur mit einer dem Plan (Sondergebiet) zuzurechnenden Zunahme der vorhandenen Verkehrsbelastung der B. Straße (vor dem Grundstück der Antragsteller) von (972 + 965 =) 1.937 in beiden Richtungen auf (1.065 + 1.082 =) 2.147 Kraftfahrzeugbewegungen zu rechnen. Das entspricht einer Zunahme von etwa 10,5 v.H. Bedenkt man, dass erst eine Verdoppelung der Verkehrsfrequenz eine Erhöhung der Lärmbelastung von 3 dB(A) bewirkt, wird deutlich, dass die Planung des Sondergebiets zu Lasten der Grundstücke der Antragsteller keine Erhöhung bewirkt, welche unzumutbar wäre. Die Erhöhung wird sich - überschlägig beurteilt - allenfalls im Bereich von 0,5 dB(A) bewegen und damit die Hörbarkeitsschwelle deutlich unterschreiten. Dies erlegt den Antragstellern keine schwerwiegenden Nachteile im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO auf und durfte die Antragsgegnerin bei ihrer Abwägungsentscheidung zugleich als eine Einbuße betrachten, welche den Antragstellern angesichts des städtebaulichen Gewichts ihres Vorhabens, eine auskömmliche Nachnutzung der D. -Weberei sicherzustellen, zuzumuten ist. Bei einer derartigen Verkehrsfrequenz sind Lärmsanierungswerte nicht erreicht. Derlei machen die Antragsteller auch nicht geltend.

Entgegen ihrer Annahme führt die Herstellung des Kreisels nicht zu Einbußen, welche als schwerwiegende Nachteile im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO anzusehen sind und welche den Antragstellern nicht (mehr) zuzumuten sind.

Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin, die sich hier in gewissem Umfang auf die Entscheidung des 6. Senats des Gerichts vom 17. Juni 1993 (- 6 K 4489/92 -, BauR 1993, 699 = BRS 55 Nr. 14) stützen kann, dürften diese Folgen hier allerdings in Blick zu nehmen sein. Denn erst die trichterartige Erweiterung der öffentlichen Verkehrsfläche eröffnet die ausweislich der Planbegründung allein damit bezweckte Möglichkeit, die bislang herkömmlich, d. h. T-förmig ausgestaltete Kreuzung zu einem Kreisverkehr umzubauen. Zudem ist es widersprüchlich, wenn die Antragsgegnerin einerseits darauf besteht, der Kreisverkehr sei gar nicht Gegenstand der planerischen Festsetzungen, um dann aber geltend zu machen, mit der weitgehenden Herstellung des Kreisels sei der Plan so weit vollzogen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für das Eilverfahren nicht mehr bestünde. Auch wenn es zur Herstellung des Kreisels auch noch verkehrsregelnder Anordnungen bedarf, besteht doch zwischen den Planfestsetzungen (Teilbereich 2) und der Herstellung des Kreisels ein so enger Zusammenhang, dass dessen Herstellung nicht aus der Betrachtung ausgeschieden werden kann.

Diese Prüfung führt indes nicht zu einem den Antragstellern günstigen Ergebnis.

30Den Antragstellern steht keine Rechtsposition zu, dass die gegenwärtig vorhandene Zufahrtssituation auf alle Zeiten erhalten bleibt. Art. 14 Abs. 1 GG und die Landesstraßengesetze garantieren vielmehr lediglich, dass eine angemessene Zufahrt zum Grundstück, d.h. die Straße als Verkehrsvermittler erhalten bleibt (vgl. zum folgenden Nds. OVG, Urt. v. 17.6.1993 - 6 K 4489/92 -, BauR 1993, 699 = BRS 55 Nr. 14; Kodal/Krämer-Grote, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 25 Rdnrn. 16 ff.). Das hindert den Straßenbaulastträger jedenfalls so lange nicht, die Straße umzugestalten und dabei den Anliegern Erschwernisse aufzuerlegen, wie die Straße diese Funktion noch - und sei es räumlich oder zeitlich begrenzt - zu erfüllen vermag. Zum Grundeigentum gehört lediglich der Kontakt nach außen und „eine“ ausreichende Verbindung zur öffentlichen Straße, nicht jedoch der Fortbestand einer jetzt vorhandenen, besonders vorteilhaften Ausgestaltung. Einen Vertrauensschutz dahin, die gegenwärtige Lage werde sich nicht verändern, gibt es nicht. Der Anlieger muss insbesondere hinnehmen, dass der Straßenbaulastträger die Maßnahmen durchführt, welche er zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs für erforderlich halten darf oder die sich aus der städtebaulichen Situation ergeben, in die das Grundstück gestellt ist. Dabei hat dieser allerdings den Grundsatz des geringstmög-lichen Eingriffs sowie zu beachten, welchen Umfangs ein eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb Zufahrtsmöglichkeiten braucht.

Nach diesen Maßstäben beurteilt, erlegt der Plan den Antragstellern schwere Nachteile im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO nicht auf und sind die Planfestsetzungen auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

32Es trifft nicht zu, dass die Antragsteller aus verkehrsrechtlichen Gründen ihre Grundstücke nicht mehr ausreichend anfahren dürften. § 9a StVO enthält ein solches Verbot nicht. Danach ist es lediglich verboten, auf der Fahrbahn im Rechtssinne zu halten (§ 9a Abs. 1 Satz 3 StVO). „Halten“ im Rechtssinne ist jede gewollte, nicht durch die Verkehrslage oder eine Anordnung veranlasste Fahrtunterbrechung (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2005, § 12 Rdnr. 19). Verbotenes Halten ist danach das Anhalten des Fahrzeuges, um einer Person das Ein- oder Aussteigen bzw. das Be- oder Entladen des Kraftfahrzeuges zu ermöglichen oder auf der Fahrbahn zu warten, bis sich das Einfahrtstor geöffnet hat.

Ein solcher verbotener Vorgang würde selbst dann nicht vollzogen, wenn die Antragsteller aus ihren Grundstücken rückwärts in den Kreisverkehr einbiegen müssten. Das würde wegen der Verkehrssicherheit zwar unter Umständen die Einschaltung eines Einweisers erfordern - was den Antragstellern nach Lage der Dinge keine unzumutbaren Erschwernisse auferlegte -, aber keinen Vorgang darstellen, der als „Halten“ im Rechtssinne aufzufassen wäre. Zwar müsste dann gebremst und vom Rück- in den Vorwärtsgang gewechselt werden. Dabei mag zwar eine tatsächliche, nicht aber eine juristische Sekunde lang im Rechtssinne gehalten werden. Fährt jemand rückwärts aus seinem Grundstück auf eine Halteverbotszone heraus, stellt dieser Vorgang wegen des damit bezweckten Einfädelns in den Verkehr keinen Verstoß gegen das Halteverbot dar (Hentschel, aaO, § 9 Rdnr. 51 unter Hinweis auf BGH DAR 63, 250 und OLG Celle VRS 20, 158).

Dasselbe Ergebnis ergibt sich aus § 10 StVO. Der Vorgang, aus einem Grundstück rückwärts auf die Fahrbahn zu fahren, um sich in den fließenden Verkehr einzuordnen, ist - ohne dass im Rechtssinne „gehalten“ wird - erst beendet, wenn man sich (unter Umständen mit Hilfe eines Einweisers) in den Straßenraum getastet, den Vorwärtsgang eingelegt und losgefahren ist, sobald es die Verkehrssituation gestattet.

Es kommt hinzu, dass nach Lage der Dinge kein zwingender Anlass besteht, rückwärts in den Kreisverkehr einzufahren. Die Antragsteller zu 1 und 2 werden ihren Personenkraftwagen nach den Einzeichnungen auf den vorhandenen Plänen geurteilt auf ihrem Grundstück oder zumindest auf dem Gehweg wenden und sich daraufhin vorwärts in den Kreisverkehr einfädeln können.

Für den Antragsteller zu 3 steht wegen der am Ostrand seines Gebäudes vorhandenen Durchfahrt sogar die Möglichkeit offen, PKW und LKW westlich einfahren zu lassen, hinter seinem Gebäude herumzuführen und östlich wieder ausfahren zu lassen. Wie die zwischen den Beteiligten geführten Verhandlungen zeigen, ist es technisch möglich, die östlich bestehende Gebäudedurchfahrt nötigenfalls so weit zu vertiefen, dass auch höhere LKW diese Passage meisten könnten. § 20 Abs. 5 Satz 1 NStrG trifft hierfür eine ausreichende Kostenregelung. Der Umstand, dass sich die Beteiligten bislang nicht auf den danach „angemessenen“ Betrag haben einigen können, bedeutet nicht, dass eine solche Lösung rechtlich und tatsächlich nicht möglich wäre.

37Der Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung ist auch nicht aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Da das Gewicht dieser Gründe ungefähr dem des schweren Nachteils entsprechen muss, ist die Aussetzung des Vollzuges eine Bebauungsplanes aus diesem Anordnungsgrund zur Verhinderung vollendeter Tatsachen lediglich dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. insbes. Senatsbeschl. v. 21.3.1988 - 1 B 6.87 -, BRS 48 Nr. 30). Eine derart hohe Erfolgsaussicht hat der Normenkontrollantrag der Antragstellerin nicht. Deren Rügen werden voraussichtlich nicht durchgreifen. Zu ihnen sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

Entgegen der Andeutung der Antragsteller war die Antragsgegnerin nicht gehalten, das Planvorhaben durch eine als solche bezeichnete 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. ...2 zu erreichen. Es stand ihr vielmehr frei, die Planänderung in der geschehenen Weise zu beschließen. Beteiligungsrechte werden hierdurch nicht verkürzt. Gerade die Eingaben der Antragsteller zeigen die Richtigkeit dieser Annahme.

Die Antragsgegnerin musste den Bebauungsplan Nr. ...2/1. Änderung hierfür auch nicht förmlich aufheben. Ändert eine Gemeinde eine frühere Bauleitplanung, gilt der gewohnheitsrechtliche Satz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt. Dazu ist nicht erforderlich, dass die früher erlassene Norm förmlich aufgehoben wird. Eine solche förmliche Aufhebung ist zwar möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Sie darf mit der Folge unterbleiben, dass die alte Norm wieder auflebt, wenn und soweit die spätere für unwirksam erklärt wird (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urt. v. 10.8.1990 - 4 C 3.90 -, BVerwGE 85, 289 = BRS 50 Nr. 2 = DVBl. 1990, 1182). Den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Erkennbarkeit wird schon dann genügt, wenn die Umrisse des neuen Planes parzellengenau bestimmt worden sind. Das ist hier geschehen.

40Die Antragsteller ziehen die „Erforderlichkeit“ der angegriffenen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. 102.3 zu Unrecht in Zweifel. Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was im Sinne dieser Vorschrift erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. Unzulässig ist ein Bebauungsplan, der aus zwingenden rechtlichen Gründen nicht vollzogen werden kann oder der auf unabsehbare Zeit aus tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung hat (BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29). Nicht erforderlich im Rechtssinne ist ein Plan außerdem dann, wenn er jeder städtebaulichen Motivation entbehrt und einzig im privaten Interesse eines Dritten erlassen worden ist.

Daran gemessen entspricht die Planung der Antragsgegnerin der gesetzlichen Leitvorstellung. Es mag zwar sein, dass mit dieser Planung auch die kommerziellen Interessen des Elektrofachmarktes („red zac“) sowie des Betreibers des Lebensmittelmarktes gefördert werden. Darin erschöpft sich der Plan indes nicht. Das Planvorhaben ist Teil des Bestrebens, die durch den Niedergang der D. -AG entstandene Brache wieder mit baulichem Leben zu erfüllen und zu verhindern, dass derart nah zum Innenstadtbereich ein Bauwerk erheblicher Größe verfällt. Das geht nur „Arm in Arm“ mit einem Investor.

Es kommt hinzu, dass die Lage des Planvorhabens gerade im Hinblick auf den großflächigen Lebensmittelmarkt ausgesprochen günstig ist. Statt auf einer abseits der Stadt gelegenen, sprichwörtlichen „grünen Wiese“ ist es hier möglich, nicht nur in der Nähe ins Gewicht fallender Wohnquartiere, sondern zugleich in erheblicher Nähe zum Stadtkern einen Lebensmittelmarkt anzusiedeln, der nicht nur mit Kraftfahrzeugen erreicht werden kann und kraft seiner Verkaufsfläche die Möglichkeit für eine Angebotsbreite eröffnet, die andernorts häufig nur durch Bauten abseits der gewachsenen Wohnlagen erreicht werden kann. Auch dies ist eine städtebauliche Radizierung, welche die Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB begründet.

43Die Planung wird voraussichtlich auch vor dem Abwägungsgebot Bestand haben. Die hierbei zu beachtenden Anforderungen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309) wie folgt zusammengefasst: Das Gebot gerechter Abwägung verlangt, dass eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt stattfindet. In diese muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Gemeinde die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkennen und muss den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vornehmen, die zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens verletzt die Gemeinde das Abwägungsgebot nicht, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Nach dem derzeit absehbaren Stand der Dinge werden die Rügen der Antragsteller gegen die getroffene Abwägung nicht durchgreifen.

Entgegen der Annahme der Antragsteller hat die Antragsgegnerin Planungsalternativen erwogen. Dazu bestand nicht zuletzt deshalb Anlass, weil die Verkehrliche Expertise der Ingenieursgemeinschaft E. und Partner vom Juni 2002 empfiehlt, zur Entschärfung der sich abzeichnenden Belastung den Verkehrsknotenpunkt B. Straße/A. straße mit einer Lichtzeichenanlage zu versehen und zu diesem Zweck (Verbot, in dichter Folge Ampelanlagen aneinander zu reihen) die rund 40 m weiter östlich bestehende Fußgängerampel aufzuheben. Diese Alternative hat die Antragsgegnerin ausweislich der Ausführungen auf Seite 5 der Planbegründung in Betracht gezogen. Ihre Erwägung, die Fußgängerampel aufrechtzuerhalten, um den Benutzern der Sportanlagen (u.a.: Freibad) keine größeren Umwege zuzumuten, die unter Umständen (zum Nachteil der Verkehrssicherheit) dann nicht akzeptiert würden, wird voraussichtlich nicht zu beanstanden sein. Dies trägt nicht nur dem Umstand Rechnung, dass der Mensch zuweilen nicht rational handelt und gerade Kinder aus den östlich der D. -Weberei angesiedelten Wohnquartieren, welche zum Schwimmbad eilen möchten, versucht sein würden, trotz beseitigter Fußgängerampel die B. Straße zu queren.

Es kommt vielmehr hinzu, dass die Aufrechterhaltung der Fußgängerampel und Bau eines Kreisels sich als Teil einer vorausschauenden Planung darstellen dürften. Es mag zwar sein, dass die Leistungskraft einer „verampelten“ Kreuzung B. Straße/A. straße ausreichen würde, den gegenwärtigen Verkehr sicher abzuleiten. Es ist indes zu beachten, dass noch immer wesentliche Teile des ehemaligen D. -Weberei-Gebäudes trotz Festsetzung als Gewerbegebiet ungenutzt sind. Die Antragsgegnerin darf anstreben, dieses insgesamt einer profitablen Nutzung zuzuführen. Damit wird ein Verkehr einhergehen, welcher zu einer weiteren Belastung dieses Kreuzungsbereiches führen wird.

Die Antragsteller werden voraussichtlich auch nicht mit Erfolg geltend machen können, die Antragsgegnerin hätte eine Erschließung des Geländes über die Straße „Am C. -Kanal“, dem „Treidelweg“, in Erwägung ziehen müssen. Das entspricht nicht der Konzeption, welche die Antragsgegnerin für diesen Bereich gefunden hat und den die Antragsteller voraussichtlich nicht mehr mit Erfolg werden angreifen können. Bereits in der Ursprungsfassung des Planes Nr. ...2 ist dieser Treidelweg als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden. Dieser Plan ist am 3. Januar 1997 rechtsverbindlich geworden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller oder Dritte mit Allgemeinwirkung die Abwägungswidrigkeit dieser Entscheidung innerhalb der Siebenjahresfrist des § 215 Abs. 1, Halbs. 1 Nr. 2 BauGB, welche gem. § 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der Fassung des EAG-Bau unverändert anzuwenden ist, gerügt haben. Erstmals in ihrer Eingabe vom 17. November 2004 haben die Antragsteller den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. ...2 - dort in der Fassung seiner 1. Änderung - attackiert. Seinerzeit war die Siebenjahresfrist sowohl hinsichtlich der Ursprungsfassung als auch hinsichtlich seiner am 6.6.1997 rechtsverbindlich gewordenen 1. Änderung abgelaufen gewesen.

Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zur Entscheidung des BVerwG vom 16. Dezember 1999 (4 CN 7.98 -, BVerwGE 110, 193 = BRS 62 Nr. 44 = DVBl. 2000, 804). Denn diese Entscheidung verhält sich nicht dazu, ob die Abwägungsgerechtigkeit einer vorangegangenen Änderung des später neuerlich geänderten Bebauungsplanes in wirksamer Weise angegriffen werden durfte.

Diese Entscheidung, den Verkehr zu führen, würde zudem aller Voraussicht nach auch inhaltlich nicht zu beanstanden gewesen sein. Die einstige Planstraße H (jetzt A. straße) musste nicht nur wegen der Nutzung der Gewerbeflächen, sondern auch als Haupterschließungsstraße für die östlich davon angesiedelten Wohnquartiere geschaffen werden. Angesichts dessen wäre es ein kaum zu vertretender Aufwand gewesen, diese Straße allein der Erschließung der Wohnquartiere vorzubehalten, statt sie zugleich zur Aufnahme des Gewerbeverkehrs und damit gleichzeitig zur Trennung der miteinander schwer zu vereinbarenden Baugebiete (GE und WA) entsprechend breit auszugestalten. Diese Konzeption wurde folgerichtig mit der Umgestaltung der Planstraße J verfeinert, welche die Antragsteller nach den obigen Ausführungen ebenfalls nicht mehr mit Erfolg werden angreifen können.

War damit ohnedies die Kreuzung B. Straße/A. straße herzustellen, wäre es aus Gründen des Verkehrsflusses kaum zu verantworten gewesen, in nur unwesentlicher Entfernung westlich davon direkt am Kanalrand eine weitere Straßeneinmündung herzustellen. Da der Kanal die B. Straße unterquert und der Treidelpfad „Am C. -Kanal“ auf Höhe des Kanals liegen dürfte, hätte dies zudem erhebliche Anstrengungen zur Überbrückung des Höhenunterschiedes erfordert. Das wäre städtebaurechtlich kaum zu rechtfertigen gewesen.

Die Planung dürfte auch im übrigen aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sein. Hinsichtlich der Lärmauswirkungen und der Herstellung des Kreisels wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

51Entgegen der Annahme der Antragsteller bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, das Planvorhaben werde sich zu Lasten der östlich der ehemaligen D. -Weberei stehenden Wohnquartiere in unzumutbarer Weise auswirken. Das ergibt sich aus dem Schalltechnischen Bericht Nr. LL1077.1/01 der Ingenieurgesellschaft F. vom 22.2.2002. Dessen Arbeitshypothese (vgl. u.a. S. 12 der Begutachtung) fußt auf Nr. 2.2 lit. a der TA Lärm (v. 26.8.1998, GMBl. S. 503). Danach kann die Vorbelastung durch andere Lärmquellen außer Betracht gelassen werden, wenn die hinzutretende Anlage nur Geräuschstärken verursacht, welche weniger als 10 dB(A) unter dem für die zu schützenden Bereiche geltenden Immissionsrichtwert liegen (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 20.2.2004 - 1 ME 331/03 -, Vnb). Die von den Antragstellern nicht angegriffene Begutachtung kommt zu dem Ergebnis, dass dies hier zum Teil sogar deutlich der Fall ist. Dabei bezieht das Gutachten gerade die umfangreichen Parkflächen ein, welche um die nördliche Hälfte der ehemaligen D. -Weberei herum angelegt werden sollen und deren nördliche und vor allem östliche Bereiche zu den im Bebauungsplan Nr. ...2 festgesetzten und schon ausgenutzten Wohnbauflächen hinweisen. Einbezogen wird auch der An- und Ablieferungsverkehr durch Lastkraftwagen (S. 18 des schalltechnischen Berichts). Es ist jedenfalls im Eilverfahren nichts für die Einschätzung ersichtlich, dieser Schalltechnische Bericht fuße auf realitätsfernen Annahmen und erfasse daher nicht mehr zutreffend die Lärmsituation, welche eine Verwirklichung der Festsetzungen des hier angegriffenen Planes der Antragsgegnerin Nr. 102.3 zu Lasten der benachbarten Wohnbebauung hervorrufen werde.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 letzte Alt., 159 Sätze 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG idF des Gesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718, iVm. Nrn. 9 lit. a und b sowie 18 lit. b der regelmäßigen Streitwertannahmen des 1. und 9. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts für Verfahren, die nach dem 1.1.2002 anhängig geworden sind (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197). Für die Antragsteller zu 1 und 2. wird im Hauptsacheverfahren nach Nr. 9 lit. b der zitierten regelmäßigen Streitwertannahmen der „untere Mittelwert“ von 10.000,-- € anzunehmen sein. Danach beträgt der Streitwertrahmen bei Normenkontrollen, mit denen der Wohnwert eines Einfamilienhauses verteidigt werden soll, zwischen 5.000 und 25.000,-- €. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Antragsteller zu 1 und 2 nicht nur Lärmbeeinträchtigungen, sondern auch Zufahrtsprobleme geltend machen. Wenngleich sie an dem Gebäude nur zu ½ berechtigt sind, rechtfertigt das für das Hauptsacheverfahren einen Wert von 10.000,-- €.

Daraus ergibt sich für das Grundstück des Antragstellers zu 3. ein deutlich höherer Streitwert, als er bei der vorläufigen Streitwertfestsetzung für das Hauptsacheverfahren (B. v. 6. Januar 2005 - 1 KN 1/05 -) angenommen worden war (15.000,-- €). Denn sein Grundstück ist nicht nur rund drei mal so groß wie dasjenige, an dem die Antragsteller zu 1 und 2 beteiligt sind. Es kommt vielmehr hinzu, dass er das Grundstück gewerblich nutzt und unter anderem mit Rücksicht auf den An- und Ablieferungsverkehr verstärkten Umfangs Nachteile geltend gemacht hat, welche ihm der angegriffene Plan auferlegt. Daher wird im Hauptsacheverfahren insoweit voraussichtlich ein Wert von 50.000,-- € anzusetzen sein.