Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 18.05.2005 - 1 MN 52/05
Fundstelle
openJur 2012, 42972
  • Rkr:

1. Überdeckt ein Bebauungsplan, den die Gemeinde aufstellen will, zum Teil den Geltungsbereich eines älteren Planes, ist es nicht erforderlich, den älteren Plan insoweit förmlich aufzuheben, bevor der neue beschlossen oder in Kraft gesetzt werden darf.

2. Regelungen in einem Regionalen Raumordnungsprogramm, welche "grundsätzlich" etwas vorschreiben, werden in aller Regel nicht als "Ziel" der Raumordnung anzusehen sein.

3. Zur Berücksichtigung des Vertrauensschutzes bei der Änderung eines Bebauungsplanes, der früher eine größere Wohnruhe gewährleistete.

4. Die künftige Belastung mit Erschließungsbeiträgen führt in aller Regel nicht zur Abwägungswidrigkeit eines Bebauungsplanes.

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich unter anderem wegen der Nachteile, welche ihr Herstellung und Gebrauch der im angegriffenen Plan festgesetzten Straße verursachen würden, sowie aus Gründen des Raumordnungsrechts gegen den im Tenor genannten Bebauungsplan der Antragsgegnerin. Der Bebauungsplan setzt südlich und südwestlich ihres Grundstücks in einem Viertelkreisbogen neue Bauflächen fest, die über den an ihrer Grundstücksostseite verlaufenden, bislang nur mit Schotter befestigten Ast der E.straße erschlossen werden sollen.

Der Antragstellerin gehört das im Aktivrubrum genannte Grundstück (Flurstück 43/1, Flur 7 der Gemarkung F.). Das Grundstück ist in seinem Ostteil mit einem Gebäude bestanden, für das der Fabrikant G. H. 1961 die Genehmigung erhalten hatte. Ein Bebauungsplan existierte seinerzeit noch nicht. Zunächst hatte der Landkreis Hameln-Pyrmont die Erteilung des Bauscheins mit der Begründung versagt, das Gebäude wirke vom (Weser-)Tal aus betrachtet zweigeschossig und sei daher dem Landschaftsbild unangemessen. Auf Widerspruch des Fabrikanten H. bat der Regierungspräsident in Hannover, dem Baugesuch vollen Umfangs stattzugeben. Am 31. Januar 1991 erhielt die Antragstellerin vom Landkreis Hameln-Pyrmont als unterer Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung, die Nutzung der Gebäudes vom Ein- in ein Dreifamilienhaus zu ändern.

Das Grundstück der Antragstellerin liegt (leicht vereinfacht) an der Westseite der E.straße, deren Hauptzug gleichen Namens an der Nordostecke des Grundstücks nach Osten abzweigt. Die südliche Verlängerung dieser Straße stellt einen Weg dar, der ca. einen halben Meter höher als das Grundstück der Antragstellerin liegt. Dieses fällt wegen des hängigen Geländes vergleichsweise stark nach Westen, d.h. zur Weser hin ab.

Das Grundstück der Antragstellerin liegt seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 2 „Südhang E.“, den die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, die einst selbständige Gemeinde I. aufgestellt hatte. Dessen langgestreckter, sich in der Mitte etwas weitender Geltungsbereich erstreckt sich entlang der E.straße. Er setzt als reines Wohngebiet bei zweigeschossiger Bauweise zu nutzende Bauflächen fest. Diese endeten im Süden mit dem Grundstück der Antragstellerin. Die südlich daran anschließenden Flächen lagen ebenfalls im Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes Nr. 2 und waren darin als Flächen, die nur land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden dürfen, festgesetzt. Während des Planaufstellungsverfahrens hatte der Architekt J. K., dem eines der dort liegenden Grundstücke (Flurstück 58/7) gehörte, mit Eingaben vom 5. Mai und 4. Dezember 1967 versucht, die Gemeinde I. zu bewegen, auch diesen Geländestreifen zur Bebauung zu überplanen. Er verwies darauf, dass hierdurch die Bebauung infolge des Waldrandes harmonisch abgeschlossen würde und zudem mit der Villa des Fabrikanten L. (E.straße 46) noch deutlich weiter südlich schon Bebauung in diesen Bereich vorgedrungen sei. Die vom Landkreis Hameln-Pyrmont im Planaufstellungsverfahren betreute Gemeinde I. lehnte dies durch Schreiben vom 3. Oktober 1967 (ähnlich Schreiben des Landkreises Hameln-Pyrmont vom 12. Januar 1968) mit der Begründung ab, bei einer Ortsbesichtigung habe ein Vertreter des Regierungspräsidenten Hannover mit Rücksicht auf die starke Hängigkeit des Geländes (Standsicherheit!) erhebliche Bedenken gegen die in Aussicht genommene Bebauung geäußert; diese habe jener nur um den Preis zurückgestellt, dass über das jetzige Grundstück der Antragstellerin hinaus Bebauung nicht nach Süden vordringen solle.

Nunmehr verfolgt die Antragsgegnerin mit dem hier angegriffenen Plan andere Bebauungsabsichten. Nach paralleler (13.) Änderung ihres Flächennutzungsplanes soll nunmehr das oben beschriebene Baugebiet geschaffen werden. Der an der Grundstücksostseite der Antragstellerin verlaufende, bislang nur mit Schotter befestigte Teil der E.straße wird im angegriffenen Plan als Verkehrsfläche mit besonderer Zweckbestimmung (verkehrsberuhigter Bereich) festgesetzt. Südlich des Grundstücks der Antragstellerin soll er in gleicher Weise in einer Art Halbkreis nach Westen und damit bergab geführt werden, um die an seinen Seiten sowie an der Stirn (Wendehammer) liegenden drei Bauteppiche zu erschließen. Für diese ist allgemeines Wohngebiet mit der Maßgabe festgesetzt, dass die in § 4 Abs. 3 BauNVO 1990 genannten Ausnahmenutzungen nicht zulässig sind. Der Planbereich wird mit Ausnahme eines Großteils des Bereiches, an dem er im Norden und Osten an das Grundstück der Antragstellerin stößt, von einer öffentlichen Grünfläche gesäumt, die nach den textlichen Festsetzungen Nr. 1.8 als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft dient. Westlich des Grundstücks der Antragstellerin beginnt eine tütenförmig nach Südwesten weisende Grünzunge, in der nach Nr. 1.8.1 der textlichen Festsetzungen jegliche anthropogene Nutzung ausgeschlossen ist.

Zur Begründung ihres Normenkontrollantrages, den die Antragstellerin zeitgleich mit dem Eilantrag gestellt hat, macht diese geltend:

Sie sei antragsbefugt. Die Antragsgegnerin habe bei der Aufstellung des angegriffenen Planes unter anderem ihr Vertrauen in die Fortgeltung der ihr günstigen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 einstellen müssen, von einer Bebauung süd- und südwestlich ihres Grundstücks verschont zu bleiben. Das sei nicht (ausreichend) geschehen. Nunmehr solle ihr Grundstück von drei Seiten von Bebauung umgeben sein. Zudem habe die Antragsgegnerin die Belästigungen, welche die planbedingte Befestigung der E.straße und deren Nutzung (Fahrzeuglärm) mit sich bringe, ebenso wenig ausreichend in die Betrachtung einbezogen wie die Nachteile, welche sich unter anderen im Hinblick auf den geländeprofilbedingten Abfluss des Niederschlagwassers zu Lasten ihres Grundstücks ergäben. Sie müsse befürchten, für die Herstellung einer Erschließungsanlage, auf die ihr Grundstück nicht angewiesen sei, zu erheblichen Erschließungsbeiträgen herangezogen zu werden. Auch das habe die Antragsgegnerin bei zutreffender Betrachtung in die Abwägung einbeziehen müssen. Der Bebauungsplan missachte Ziele der Raumordnung. Denn das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Hameln-Pyrmont bestimme, dass Baugebiete einen Abstand von 100 m zum Wald zu halten hätten. Das habe die Antragsgegnerin noch nicht einmal erkannt, geschweige denn seiner Bindungswirkung entsprechend bei der Dimensionierung des Planes berücksichtigt. Selbst wenn es sich hierbei nicht um ein Ziel, sondern nur um einen raumordnerischen Grundsatz halte, hätte die Abwägung nicht wie geschehen ausfallen dürfen. Zureichende städtebauliche Gründe habe die Antragsgegnerin nicht anführen können. Deren Planung sei ohne jede Rücksicht auf die Belange des Waldes einzig von dem Bestreben geleitet, dort Bauflächen zu schaffen.

Die Antragstellerin beantragt,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2004 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 71 „Auf dem E.“ einstweilen, d.h. bis zu einer Entscheidung über ihren Normenkontrollantrag einstweilen außer Vollzug zu setzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie tritt dem Antrag entgegen.

Die Beigeladene pflichtet ihr ohne nähere Begründung bei.

Der Eilantrag hat keinen Erfolg.

Er ist zwar statthaft. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Das folgt schon daraus, dass die Antragsgegnerin ihr Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Planungszustandes ebenso in die Abwägung einzustellen hatte wie deren Interesse, von Fahrzeuglärm an der Ostseite ihres Grundstücks verschont zu bleiben.

Der Antrag ist indes nicht begründet.

17Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, welche die Aussetzung eines Bebauungsplanes regelmäßig hat, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung ein strenger Maßstab anzulegen. Ein schwerer Nachteil in dem oben genannten Sinn liegt nur vor, wenn rechtlich geschützte Interesse in ganz besonderem Maße beeinträchtigt und dem Betroffenen außergewöhnliche Opfer abverlangt werden (vgl. Erichsen/Schertzberg, DVBl. 1997, 168, 174).

Bei Vollzug der angegriffenen Planänderung hat die Antragstellerin derart schwerwiegende Beeinträchtigungen nicht zu erwarten. Der Baulärm ist nicht als schwerwiegende Beeinträchtigung anzusehen. Lärmbelästigungen, die durch den Vollzug des Bebauungsplanes auftreten ( Baulärm), sind grundsätzlich nicht in die Abwägung einzubeziehen (vgl. Nds. OVG, U. v. 26.3.2002 - 9 KN 27/02 -, Vnb. unter Hinweis auf OVG Bremen B v 30.10.1998 - 2 A 7.95 -, BRS 60 Nr. 48). Derartige Immissionen, die sich mit fortschreitendem Vollzug des Bebauungsplanes reduzieren und mit der Planverwirklichung enden, sind grundsätzlich keine durch den Bebauungsplan bewirkten dauerhaften Nachteile i.S.v. § 47 Abs. 2 VwGO (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 30.10.1998 - 2 A 7.95 - BRS 60 Nr. 48 = UPR 1999, 40). Planbedingt und daher mit einem Normenkontroll(eil)antrag abzuwehren sind nur solche Nachteile, welche der Bebauungsplan den Planunterworfenen oder Nachbarn auf Dauer auferlegt. Probleme, welche sich allein aus der Realisierung eines Bebauungsplanes ergeben, gehören wegen ihrer zeitlichen Begrenzung selbst dann regelmäßig nicht zu den Konflikten, welche der Bebauungsplan selbst lösen muss, wenn die vollständige Realisierung des Planes mehrere Jahre in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG, B. v. 12.3.1999 - 4 BN 6.99 -, ZfBR 1999, 225 = BRS 62 Nr. 49 = BauR 1999, 878). Hier wird der Antragstellerin lediglich auferlegt, die Herstellung der E.straße als befestigte Straße hinzunehmen. Wie sich selbst durch die zunehmend dringlichen Bitten, über den Eilantrag zu entscheiden, verdeutlicht, nehmen diese Arbeiten nur eine vergleichsweise kurze Zeit in Anspruch. Dabei mag es durchaus zutreffen, dass diese Arbeiten einen Geräuschpegel entfalten, den ihr Mieter, wie dieser schreibt, als „Höllenlärm“ empfindet. Das ist angesichts der bisher genossenen idyllischen Ruhe nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass nach einer vergleichsweise kurzen, aber heftigen Bauphase (übermäßig lang ist das herzustellende Straßenstück ja nicht) wieder Ruhe einkehrt.

Unzumutbare, der Antragstellerin nicht einmal vorübergehend zuzumutende Nachteile werden der Antragstellerin zudem weder entstehen durch die wenigen (9) Bauvorhaben, welche die Beigeladene verwirklichen will (vgl. Internetauszug, von der Antragstellerin als Anlage zum Schriftsatz vom 9.5.2005 überreicht), noch durch deren Nutzung. Die Antragsgegnerin hat durch Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen alle Nutzungen, welche gem. § 4 Abs. 3 BauNVO 1990 nur ausnahmsweise zulässig sind, ausgeschlossen. Die Regelnutzungen eines allgemeinen Wohngebietes können grundsätzlich neben reinen Wohngebieten positioniert werden. Bei den von der Beigeladenen angebotenen neun Objekten handelt es sich jedenfalls im Wesentlichen um Wohnbauvorhaben. Deren Aufstellungsort befindet sich überwiegend unterhalb des Wohnhauses der Antragstellerin und ihrer Außenwohnbereiche. Unzumutbare Lärmbelästigungen sind daher nicht zu erwarten. Deren Erstellung nimmt ebenfalls nur einen vorübergehenden Zeitraum in Anspruch.

20Der Erlass der erstrebten einstweiligen Anordnung ist auch nicht aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO geboten. Da das Gewicht dieser Gründe ungefähr dem des schweren Nachteils entsprechen muss, ist die Aussetzung des Vollzuges eine Bebauungsplanes aus diesem Anordnungsgrund zur Verhinderung vollendeter Tatsachen lediglich dann in Erwägung zu ziehen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird (vgl. insbes. Senatsbeschl. v. 21.3.1988 - 1 B 6.87 -, BRS 48 Nr. 30). Eine derart hohe Erfolgsaussicht hat der Normenkontrollantrag der Antragstellerin nicht. Deren Rügen werden voraussichtlich nicht durchgreifen. Zu ihnen sind die folgenden Ausführungen veranlasst:

Die Rüge, die Antragsgegnerin hätte den Bebauungsplan ihrer Rechtsvorgängerin Nr. 2 „Südhang E.“ aus dem Jahre 1968 erst förmlich aufheben müssen, bevor sie das Gebiet wie geschehen überplant, greift nicht durch. Ändert eine Gemeinde eine frühere Bauleitplanung, gilt der gewohnheitsrechtliche Satz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt. Dazu ist nicht erforderlich, dass die früher erlassene Norm förmlich aufgehoben wird. Eine solche förmliche Aufhebung ist zwar möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Sie darf mit der Folge unterbleiben, dass die alte Norm wieder auflebt, wenn und soweit die spätere für unwirksam erklärt wird (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urt. v. 10.8.1990 - 4 C 3.90 -, BVerwGE 85, 289 = BRS 50 Nr. 2 = DVBl. 1990, 1182). Den rechtsstaatlichen Erfordernissen der Erkennbarkeit wird schon dann genügt, wenn die Umrisse des neuen Planes parzellengenau bestimmt worden sind. Hier kommt hinzu, dass die Antragsgegnerin in der Planurkunde durch „hohle“ Planzeichen für die Begrenzung des Planbereiches auch optisch verdeutlicht hat, wo die Grenze des Bebauungsplanes Nr. 2 verläuft. Damit ist hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der hier angegriffene Plan Nr. 71 sich für seinen Geltungsbereich an die Stelle des Planes Nr. 2 setzen will. Dass sich die Antragsgegnerin bewusst war, für diesen Bereich die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 zu ändern, ergibt sich schließlich aus den Ausführungen in der Planbegründung zu Ziff. 2 am Ende (Seite 6). Danach soll mit dem hier angegriffenen Plan die seinerzeit verfolgte städtebauliche Konzeption für diesen Bereich bewusst aufgegeben und die Fläche doch einer Bebauung zugeführt werden.

22Der Plan verletzt voraussichtlich nicht § 1 Abs. 4 BauGB. Hiernach sind Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Als Ziele in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urt. v. 30.8.1995 - 1 L 894/94 -, BRS 57 Nr. 273 = BauR 1996, 348 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 20.91 -, DVBl 1992, 1438; vgl. a. B. v. 15.5.2002 - 1 MN 88/02 -, BauR 2003, 342 = NuR 2003, 242) nur landesplanerische Letztentscheidungen anzusehen. Das Raumordnungsrecht muss eine nicht mehr ergänzungsbedürftige und -fähige Aussage enthalten; eine bloße Abwägungsdirektive an die Gemeinde stellt kein Ziel i.S. des § 1 Abs. 4 BauGB dar.

Solche Ziele, welche der Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin und der Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplanes Nr. 9 als verbindliche Letztentscheidung entgegenstünden, sind dem Raumordnungsrecht nicht zu entnehmen. Das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Hameln-Pyrmont enthält hierzu zwei Regelungen:

D 1.5 01.6

Ökologisch wertvolle Bereiche und Waldränder sind - in einem Abstand von 100 m - grundsätzlich von Bebauung freizuhalten.

D 3.3 02.3

Dem Wald vorgelagert ist eine mindestens 100 m breite Schutz- und Pufferzone grundsätzlich von störenden Nutzungen und Bebauung freizuhalten. Eine Unterschreitung dieses Mindestabstandes ist mit der zuständigen Forstbehörde abzustimmen, wobei insbesondere die Aspekte der Gefahrenabwehr zu berücksichtigen sind.

Keine dieser beiden Regelungen stellt im Sinne der o. g. Grundsätze eine durch Abwägung nicht mehr zu überwindende, ihr vorgegebene Letztentscheidung des Raumordnungsträgers dar. Das ergibt sich schon aus dem in jeder von ihnen verwandten Begriff des „grundsätzlich“. Schon dieses Wort signalisiert, dass es der planenden Gemeinde möglich ist, mit entsprechenden Erwägungen diesen Grundsatz zu durchbrechen.

Dass dies so ist, ergibt sich auch aus den Erläuterungen zum Regionalen Raumordnungsprogramm 2001. Soweit ersichtlich, wird Sinn und Zweck der Regelung D 1.5 01.6 in den Erläuterungen überhaupt nicht näher dargelegt. Zu D 3.3 02.3 finden sich folgende Ausführungen:

Der Waldrand stellt eine breitgefächerte Übergangszone zwischen Wald und angrenzenden Flächen dar. Die natürliche Ausprägung der Waldränder zeigt einen großen Strukturreichtum mit einer Vielfalt heimischer Baum- und Straucharten und einem ausgeprägten Krautsaum. Eine dynamische Waldrandgestaltung ist für den Wald und die angrenzenden Flächen von großer Bedeutung. Strukturreiche Waldränder stellen einen besonders wertvollen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten dar, bieten Schutz z.B. vor Wind und Brand und tragen zur Sicherung und Förderung der Arten- und Strukturvielfalt der Wälder bei. Neben diesen ökologischen und wirtschaftlichen Funktionen steigern Waldränder auch den ästhetischen Wert der Landschaft und tragen somit zur Verbesserung der Erholungsqualität bei.

Zur Sicherung dieser Funktionen der Waldränder ist dem Wald vorgelagert eine mindestens 100 m breite Schutz- und Pufferzone grundsätzlich von jeglicher Bebauung und sonstigen störenden Nutzungen freizuhalten.

Danach spricht Überwiegendes für die Annahme, es solle der planenden Gemeinde möglich sein, die Grenzen eines Bebauungsplanes näher als 100 m an den Waldrand heranrücken zu lassen, sofern hierdurch die oben genannten Zwecke - Sicherung der gerade im Waldrandbereich verschiedentlich anzutreffenden ökologischen Vielfalt sowie Abwehr von Gefahren durch Windbruch und Feuer - noch ausreichend gewahrt seien.

Das ist hier geschehen.

Die Antragsgegnerin hat den Planbereich - soweit er nicht an ohnedies schon bebaute und dementsprechend nicht mehr mit Wald bestandene Grundstücke angrenzte - mit öffentlichen Grünflächen gesäumt, denen sie in den textlichen Festsetzungen Nr. 1.8 bestimmte Funktionen zugeordnet hat. Deren Ziel wird wie folgt beschrieben (S. 12 der Planbegründung):

Entwicklungsziel ist ein standortheimisches Gehölz aus Bäumen und Sträuchern, das aufgrund seiner Lage in der Nähe des vorhandenen Waldes Saumfunktionen übernehmen soll und verlorengegangene Lebensräume für Vögel, Kleintiere und Insekten ersetzen soll.

Die in der Anpflanzung enthaltenen Bäume dienen der Eingliederung des Baugebietes in das Landschaftsbild.

Das sind Ziele, welche gerade mit dem Bestreben harmonieren, welches hinter den oben zitierten Regelungen des Regionalen Raumordnungsprogramms steht. Dies ist mit dem Träger der Regionalen Raumordnung, dem Landkreis Hameln-Pyrmont ausweislich der Ausführungen auf Seite 33 f. der Planbegründung auch so abgestimmt worden. Dieser hat seine aus naturschutzrechtlicher Sicht erhobenen Einwendungen zurückgezogen, nachdem der Planbereich entsprechend verkleinert und seine Einbettung durch die beschriebenen Festsetzungen sichergestellt worden war. Nach dem gegenwärtig absehbaren Stand der Dinge sprechen daher nicht so gewichtige Gründe des Raumordnungsrechts gegen den angegriffenen Bebauungsplan, dass dies die Aussetzung seines Vollzuges rechtfertigte. Die beschriebenen Passagen werden voraussichtlich nur als bei der Abwägung zu berücksichtigende Gesichtspunkte, nicht aber als echte, „harte“ Ziele des Raumordnungsrechts anzusehen sein.

Der Plan ist voraussichtlich auch abwägungsgerecht. Die hierbei zu beachtenden Anforderungen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309) wie folgt zusammengefasst: Das Gebot gerechter Abwägung verlangt, dass eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt stattfindet. In diese muss an Belangen eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Gemeinde die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkennen und muss den Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vornehmen, die zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens verletzt die Gemeinde das Abwägungsgebot nicht, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet.

39Ausreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit des Hauptangriffs der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe ihr Interesse an der Beibehaltung des gegenwärtigen Planungszustandes ebenso wenig ausreichend in die Abwägung eingestellt wie die Direktive des Raumordnungsrechts, sich vom Waldrand tunlichst, jedenfalls mehr als hier geschehen fern zu halten, sind nicht gegeben. Richtig ist zwar, dass eine Gemeinde bei der Änderung bestehender Planfestsetzungen nicht dieselbe planerische Freiheit genießt wie bei einer Erstplanung. Bei der Entscheidung über eine Planänderung hat sie vielmehr besonders zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich die Planunterworfenen (oder auch Nachbarn des Plangebietes/-änderungsbereiches) auf die Fortgeltung der Planfestsetzungen eingerichtet haben und welches Gewicht diesem Vertrauen in die Fortgeltung der bisherigen Festsetzungen zukommt (vgl. Senatsurteil v. 18.9.2001 - 1 L 3779/00 -, BauR 2002, 906 = DVBl. 2002, 713). Wird ein Bebauungsplan geändert, so ist das Interesse der Planbetroffenen an der Beibehaltung des gegenwärtigen Zustandes nicht nur/erst dann abwägungserheblich, wenn die Planänderung ein subjektives öffentliches Recht berührt oder beseitigt. Bei einer Planänderung abwägungsrelevant ist vielmehr jedes mehr als nur geringfügige private Interesse am Fortbestehen des Bebauungsplanes in seiner bisherigen Fassung, selbst wenn dieser den Planunterworfenen bislang nur tatsächlich, nicht jedoch in rechtlich gesicherter Weise begünstigt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.8.1992 - 4 NB 3.92 -, NVwZ 1993, 468 = DVBl. 1992, 1441 = BRS 54 Nr. 21; siehe auch Beschl. v. 3.12.1997 - 4 B 193.97 -, Buchholz 11, Art. 14 GG Nr. 317). Allerdings schließt all dies eine Änderung bestehender Festsetzungen nicht aus. Vielmehr kommt es sowohl hinsichtlich des Ob als auch hinsichtlich der Tragweite zulässiger Planänderungen auf das Gewicht der konkurrierenden Interessen an, welche in diesem Fall für eine Planänderung streiten.

Diesen Anforderungen dürfte die angegriffene Planungsentscheidung - noch - gerecht werden. Die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin, die einst selbständige Gemeinde I. hatte sich zwar beim Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan Nr. 2 „Südhang E.“ gegen die Anregung des Architekten J. M. entschieden, auch die südlich des Grundstücks der Antragstellerin liegenden Flächen der Bebauung zuzuführen. Auch das war seinerzeit indes nicht ganz unumstritten. Immerhin hatte schon seinerzeit die Waldkulisse eine natürliche Grenze gebildet, welche es eigentlich gestattet haben würde, auch diesen Bereich zur Abrundung und endgültigem Abschluss in die Bebauung einzubeziehen. Nunmehr hat sich die Antragsgegnerin umentschieden. Dabei hat sie sich unter anderem von dem Umstand leiten lassen, dass die zu bebauenden Flächen ohnedies nur mit Büschen bestanden oder als Grünland genutzt sind und sowohl zuzugswillige Familien als auch solche, welche schon dort ansässig sind, aber umziehen möchten, einen gewissen Bedarf an Wohnbauflächen hervorgerufen haben (S. 6 der Planbegründung). Dabei durfte die Antragsgegnerin berücksichtigen, dass der fragliche Bereich - wie auch aus der überreichten Luftfotografie ersichtlich wird - durch die Bebauung, welche zunächst mehr oder minder ungeplant und unorganisch entstanden und erst durch den Bebauungsplan Nr. 2 einigermaßen geordnet worden war, schon eine gewisse Vorprägung erfahren hat. Da die Straßenführung durch den geschotterten Weg sowie die Geländeverhältnisse (Gefälle) einigermaßen vorgezeichnet war und die Waldkulisse einen natürlichen Abschluss bildet, konnte sich die Antragsgegnerin in der Tat die dann zu bejahende Frage vorlegen, was es auch künftig rechtfertigen sollte, diesen Flächen die Bebauung vorzuenthalten, wo „an sich“, d.h. seinerzeit geltendes Recht die vor Erlass des Bebauungsplanes Nr. 2 entstandene Bebauung auch nicht unbedingt und eindeutig gerechtfertigt hatte. Das gilt nicht nur für die weitab von vorhandener Bebauung entfernt stehende Villa des früheren Fabrikanten Lohmann, sondern auch und gerade für das Anwesen, das nunmehr der Antragstellerin gehört.

41Unzumutbaren Umfangs werden deren Interessen voraussichtlich nicht hintangestellt. Richtig ist zwar, dass nunmehr an ihren Grundstückswangen Bebauung entstehen kann, welche Einblicke in ihr Grundstück ermöglichen. Das ist aber städtebauliche nicht schlechthin ausgeschlossen. Einen einklagbaren Anspruch auf Schutz vor fremder Einsicht gibt es nicht (vgl. zum Nachbarschutzrecht BVerwG, B. v. 3.1.1983 - 4 B 224.82 -, BRS 40 Nr. 192; B. v. 24.4.1989 - 4 B 72.89 -, BRS 49 Nr. 85). Einen solchen hatte der Bebauungsplan Nr. 2 nicht vermitteln sollen. Nach den obigen Ausführungen waren es seinerzeit vielmehr ausschließlich landschaftsschutzrechtliche Betrachtungen, welche die Gemeinde I. auf Drängen des Regierungspräsidenten in Hannover abgehalten hatten, schon seinerzeit den hier in Rede stehenden Bereich einer Bebauung zuzuführen.

Es kommt mehreres hinzu. Die Antragstellerin bzw. ihr Rechtsvorgänger hatte sich seinerzeit gar nicht auf den Plan eingerichtet. Das Gebäude war vielmehr in dieser Form bereits errichtet gewesen, als der Plan aufgestellt wurde. Die Antragstellerin kann daher nicht geltend machen, das Gebäude so positioniert bzw. im Inneren aufgeteilt zu haben, weil der Plan ihr bestimmte Vorteile verhieß. Sie nutzt das Grundstück zudem nicht mehr allein, sondern hat es mit Bauschein des Landkreises Hameln-Pyrmont aus dem Jahre 1991 vom Einfamilien- zum Dreiparteienhaus umgenutzt. Jedenfalls eine Wohneinheit wird durch den Mieter genutzt, der sich unter Hinweis auf das darin betriebene Tonstudio gegen die mit dem Straßenbau verbundenen Lärmimmissionen gewandt hatte. Damit hat die Antragstellerin ihrerseits auf einen Anspruch „absoluten Schutzes“ des hangabwärts gelegenen Grundstücksbereiches verzichtet und kann einen Schutz vor fremder Einsicht nun auch nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg ins Feld führen. Schließlich ist anzuführen, dass die zu bebauenden Bereiche zum Teil deutlich hangabwärts liegen und von daher eine Einsichtnahme weniger wahrscheinlich ist.

Die Interessen der Antragstellerin am Fortbestand der früheren Planungssituation hat die Antragsgegnerin zudem dadurch in voraussichtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt, dass sie die Erschließungsstraße nicht in den Bereich zwischen dem Grundstück der Antragstellerin und den neuen Bauflächen, sondern zwischen die neuen Bauflächen geführt hat. Damit wenden die neuen Bauflächen nur die weniger emittierenden Rückseiten dem Grundstück der Antragstellerin zu. In Verbindung mit dem Ausschluss aller nur ausnahmsweise gem. § 4 Abs. 3 BauNVO 1990 zulässigen Nutzungen hat die Antragsgegnerin damit in einem Umfang auf die Nachbarinteressen Rücksicht genommen, dass die Entscheidung voraussichtlich nicht zu beanstanden sein wird.

Unzumutbare Belästigungen sind auch nicht bei Berücksichtigung des An- und Abfahrtsverkehrs zu erwarten. Aller Voraussicht nach werden es im wesentlichen Wohnhäuser sein, welche im Bereich des angegriffenen Planes errichtet werden. Nach dem Zuschnitt der Grundstücke ist es wahrscheinlich, dass dort, wie aus der von der Antragstellerin überreichten Internetseite ersichtlich, in der Tat nur neun Gebäude errichtet werden. Selbst wenn es sich allesamt um Doppelhäuser handelte, je Doppelhaus zwei Wohnungen (vgl. textliche Festsetzung Nr. 1.6) gebaut werden und jeder Haushalt zwei Kraftfahrzeuge nutzte, und zwar für je zwei Fahrten am Tag, wären innerhalb von 24 Stunden 144 Fahrzeugbewegungen zu erwarten. Das ist keine Belästigung, welche als unzumutbar anzusehen ist. Es kommt hinzu, dass die Straße nach den Festsetzungen des Planes Nr. 71 verkehrsberuhigt hergestellt werden soll und durch ihre Befestigung gerade die Staubemissionen vermindern wird, denen das Grundstück der Antragstellerin beim bisherigen Befestigungszustand durch die Fahrten zu den beiden Wochenendhäusern und der Villa Lohmann und durch Fahrzeuge des Forstbetriebes ausgesetzt war.

Die Dimensionierung des Planes nimmt auch ausreichenden Umfangs auf D 1.5 01.6 und D 3.3 02.3 des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises Hameln-Pyrmont Bedacht. Als Abwägungsbelang (und nicht als Ziel) gedeutet legte es der Antragsgegnerin immerhin auf, die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Bestreben, Bauflächen zu schaffen, abwägend zu bewältigen. Das dürfte ebenfalls in nicht zu beanstandender Weise gelungen sein. Wenn man dort schon neue Bauflächen schafft, dann „muss es sich (einerseits) auch lohnen“. Gerade das Gebot, mit dem Boden sparsam umzugehen, würde es kaum gerechtfertigt haben, hier ein Straßenbauvorhaben zu projektieren, das nur einer Handvoll Grundstücke dient. Dementsprechend mussten die Bauflächen einerseits eine gewisse Ausdehnung haben. Andererseits musste den oben beschriebenen Funktionen des Waldsaums Rechnung getragen werden. Das ist der Antragsgegnerin - erstens - mit der textlichen Festsetzung Nr. 1.5 gelungen, welche Grundstücksmindestgrößen festlegt und dadurch zu einer Auflockerung beiträgt, und ist zweitens mit den textlichen Festsetzungen 1.8 voraussichtlich ausreichenden Umfangs geschehen. Es ist jedenfalls derzeit nicht abzusehen, dass die darin in ihrer Nutzung näher festgelegtenplanumkränzendenGrün- und Schutzzonen zu klein dimensioniert worden sind, um Gefahren des Windbruchs ausreichend zu begegnen. Dabei ist die Hängigkeit des Geländes zu berücksichtigen. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin die Grünflächen an der Westseite der E.straße breiter dimensioniert, weil über diesen (dort weiterhin nur geschotterten) Weg hinweg Bäume im Falle des Windbruchs der Schwerkraft folgend voraussichtlich fallen würden. Dementsprechend schmaler durfte aus diesem Grund der Bereich an Süd- und Westrand ausfallen.

Weitergehende Anforderungen stellt das Recht an das Verhältnis von Bauflächen und Wald voraussichtlich nicht. In Niedersachsen gibt es keinen gesetzlichen vorgeschriebenen Abstand zwischen Bebauung und Wald wie in Mecklenburg-Vorpommern (vgl. § 20 LWaldG M.V. und OVG Greifswald, Beschl. vom 29.1.2003 - 2 M 179/02 -) oder Baden-Württemberg (§ 4 Abs. 3 Satz 1 LBOBW und Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 2.11.1989 - 3 S 1927/89 - NuR 1990, 273). Die Verordnung zum Schutze der Wälder, Moore und Heiden vom 25.6.1938 (RGBl I S. 700) ist außer Kraft getreten. Gefahren des Funkenfluges oder sonstige Gefahren, welchen der Bebauungsplan durch das Heranrücken der Bauflächen auf weniger als 100 m an den Wald heraufbeschwörte, sind nach dem gegenwärtig absehbaren Stand der Dinge nicht zu erkennen.

Dass die mit dem Bau der Straße verbundenen Einbußen nicht abwägungsrelevant waren, ist oben bereits dargelegt worden.

Es sind auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte für die Auffassung ersichtlich, der Antragsgegnerin werde es nicht gelingen, die neue Straße mit einem Gefälle und versehen mit Regeneinlässen herzustellen, welche eine rechtswidrige Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragstellerin durch abfließendes Wasser ausschließt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der bislang vorhandene geschotterte Weg offenbar über gar keine Entwässerungsvorrichtung verfügte und daher bislang bei Starkregenfällen Wasser über die zwischen 0,35 und 0,65 m hohe Böschung auf das Grundstück der Antragstellerin geflossen sein dürfte.

Weitergehender Festsetzungen im angegriffenen Bebauungsplan bedurfte es nicht. Die Antragsgegnerin durfte sich insoweit vielmehr „planerisch zurückhalten“ und musste den behaupteten Konflikte nicht schon auf der Ebene des Plans abschließend behandeln und lösen. Das ist immer dann gerechtfertigt, wenn die berechtigte Aussicht besteht, ein bestimmtes Problem werde sich auf der Ebene der Planausführung befriedigend lösen lassen. Dies ist hier aller Voraussicht nach der Fall. Es ist ein rein technisches und lösbares Problem, die Fahrbahn mit einem Winkel und Einrichtungen zu versehen, welche es auch bei stärkerem Regen ausschließen, dass das Grundstück in stärkerem Umfang, als es bei der bislang nicht entwässerten Schotterstraße der Fall war, mit Oberflächenwasser überschwemmt wird.

50Soweit die Antragstellerin eine hohe Belastung durch die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen für die Herstellung der E.straße befürchtet, begründet dieser Gesichtspunkt nicht die Abwägungsfehlerhaftigkeit des angegriffenen Bebauungsplanes. Mit einer Vielzahl von Plänen ist die spätere Verpflichtung verbunden, Erschließungsbeiträge zahlen zu müssen. Dies führt im Regelfall nicht, sondern ausnahmsweise allenfalls dann zur Abwägungswidrigkeit der angegriffenen Planungsentscheidung, wenn die durch die Erschließung erwachsenden Vorteile in einem krassen Missverhältnis zu den Belastungen durch die anfallenden Erschließungsbeiträge stehen (Senatsurteil vom 25.9.2003 - 1 KN 320/02 -, Vnb, unter Hinweis auf VGH Bad-Württ., Urt. v. 18.12.1995 - 3 A 1403/93 -, VGH BW-Ls 1996, Beilage 3, B 8; OVG Münster, Urt. v. 12.5.1989 - 11 a NE 51/87 -, NVwZ 1990, 894; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.1991 - 3 N 779/85 -, veröffentlicht in Juris). Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Das Grundstück der Antragstellerin mag zwar bislang durch den „Weg“ erschlossen sein, welcher an der Nordwestseite ihres Grundstücks verläuft. Zu berücksichtigen ist aber, dass durch ihr Gebäude das Baufenster, welches der Bebauungsplan Nr. 2 „Südhang E.“ ihrem Grundstück (unverändert) zuschreibt, bislang nur unterwertig ausgenutzt wird. Sollte sie sich, was bauplanungsrechtlich zulässig wäre, zu Abriss und Neubau entschließen, könnte ein Komplex entstehen, der (wenn nicht schon eine Grundstücksteilung, so doch) es rechtfertigt, von dem nunmehr auf der Grundlage des hier angegriffenen Planes Nr. 71 herzustellenden Straßenstück Zufahrt zu nehmen. Damit vermittelt die angegriffene Planung der Antragstellerin einen so beachtenswerten Vorteil, dass eine Heranziehung zur Zahlung eines Erschließungsbeitrages nach den vorstehenden Grundsätzen keinen Abwägungsfehler begründete.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Diese hat durch die Beiladung gem. § 47 Abs. 2 letzter Satz VwGO nur die Stellung einer „einfachen“ Beigeladenen erhalten. Insoweit entspricht es der Rechtsprechung des Senats, die Erstattung solchen Beigeladenen entstandene Kosten nur dann für im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO billig anzusehen, wenn sich diese durch Stellung eines eigenen Antrags der Gefahr eigener Kostenbelastung ausgesetzt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO). Das ist hier nicht geschehen. Zudem hat sich die Beigeladene im Verfahren sehr „zurückgehalten“ und sich lediglich mit einem Schriftsatz (vom 12. Mai 2005) an die Seite der Antragsgegnerin gestellt.