VG Stade, Urteil vom 28.04.2005 - 6 A 1090/03
Fundstelle
openJur 2012, 42753
  • Rkr:
Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, als Großhändlerin das von der Fa. E. in F. hergestellte Produkt „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ in Deutschland in Verkehr zu bringen, sowie gegen die Aufforderung, bereits ausgelieferte Chargen dieses Produkts zurückzurufen.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2002 informierte die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker die Bezirksregierung G. darüber, dass die Klägerin angekündigt habe, ab dem 01. September 2002 ein Produkt mit dem Namen "R. Kapseln" in den Handel zu bringen, das den Wirkstoff Monacolin K enthalte, der mit dem in Deutschland verschreibungspflichtigen Arzneimittel Lovastatin als Cholesterol - Synthesehemmer identisch sei. Die Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit habe mit Schreiben vom 26. August 2002 erklärt, "R. Kapseln" seien kein in Deutschland verkehrsfähiges Nahrungsergänzungsmittel. Es werde deshalb darum gebeten, der Klägerin gegebenenfalls das Inverkehrbringen von "R. Kapseln" zu untersagen.

Am 31. Oktober 2002 entnahm die Bezirksregierung G. bei der Klägerin eine Probe der "R. Kapseln" und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Probe.

Mit Schreiben vom 14. November 2002 wandte sich die Bezirksregierung G. an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in H. und bat um Entscheidung über die Zulassungspflicht des Präparats als Arzneimittel.

Unter dem 4. Dezember 2002 warnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in einer Pressemitteilung vor dem Verzehr von Red Rice - Produkten, die im Internet und in verschiedenen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel zur Senkung des Cholesterins vertrieben würden. Durch die gleichzeitige Einnahme von Rotem Reis und Arzneimitteln zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte sei das gehäufte Auftreten von Nebenwirkungen befürchten. Der Vertrieb von Produkten, die Red Rice enthielten, stelle in Deutschland einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz dar.

Unter dem 5. Dezember 2002 teilte die Bezirksregierung G. der Klägerin mit, sie beabsichtige, der Klägerin das weitere Inverkehrbringen der "R. Kapseln" im Hinblick darauf zu untersagen, dass es sich bei diesem Produkt um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 AMG handele. Zugleich sei beabsichtigt, die sofortige Vollziehung für die Untersagung und den Rückruf der Kapseln anzuordnen. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - Lebensmittelinstitut I. - teilte der Bezirksregierung G. mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 mit, die Einstufung des Produkts als Nahrungsergänzungsmittel und damit als Lebensmittel sei nicht gerechtfertigt, obwohl die Probe soweit erkennbar die Vitamine C, B 1, B 6 in einer ernährungsphysiologisch günstigen Menge enthalte. Der Hinweis auf der Verpackung lenke insbesondere auf den therapeutischen Wirkstoff Monacolin K hin.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2002 teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der Bezirksregierung G. mit, dass es sich bei den "R. Kapseln" aufgrund seiner überwiegenden Zweckbestimmung um ein Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG handele, das als Fertigarzneimittel gemäß § 4 Abs. 1 AMG vor dem Inverkehrbringen in der Bundesrepublik der Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bedürfe. Die in dem Produkt enthaltenen Stoffe seien geeignet, den Körper oder dessen Zustand zu beeinflussen. Es handele sich bei dem Produkt nicht um ein Lebensmittel im Sinne von § 1 Abs. 1 LMBG.

Die Klägerin erklärte gegenüber der Bezirksregierung G. am 11. Dezember 2002, dass es sich bei dem Produkt "R. Kapseln" um ein Lebensmittel und nicht um ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel handele. In F. sei das Produkt als Verzehrprodukt und nicht als Arzneimittel eingeordnet worden. Die Prüfung in der Republik F. spreche dagegen, dass von diesem Produkt gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgingen, da dort eine eingehende Prüfung erfolgt sei. Es bestehe keine erhebliche Gefahr im Sinne des Gefahrenabwehrgesetzes.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2002, zugestellt am 2. Januar 2003, untersagte die Bezirksregierung G. der Klägerin mit Wirkung des auf den Tag der Bekanntgabe des Bescheides folgenden Tages das Inverkehrbringen von "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung" in Deutschland und ordnete den unmittelbaren Rückruf aller derzeit noch im Einzelhandel befindlichen Chargen des von der Klägerin ausgelieferten Arzneimittels an. Insoweit ordnete die Bezirksregierung G. die sofortige Vollziehung an. Ferner wurde der Klägerin aufgegeben, den Rückruf beim Einzelhandel zu dokumentieren und ihn mit den dazugehörigen Auslieferungs- und Rücksendungsdaten bis zum 15. Januar 2003 in geeigneter Form nachzuweisen. Zur Begründung führte die Bezirksregierung aus, dass sie sich zur Einstufung des Präparates als Fertigarzneimittel vollinhaltlich auf die fachlichen Aussagen und Begründungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 9. Dezember 2002 sowie auf die unabhängige Stellungnahme des Lebensmittelinstitutes I. vom 6. Dezember 2002 stütze. Aufgrund dieser Einstufung könne sie gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 AMG als zuständige Aufsichtsbehörde das Inverkehrbringen des Arzneimittels untersagen und einen Rückruf anordnen. In der Ermessensentscheidung seien die Interessen der Klägerin an einem ungehinderten Großhandel mit den "R. Kapseln" gegenüber dem öffentlichen Interesse abzuwägen. Durch die Entscheidung werde die Existenzgrundlage der Klägerin als pharmazeutischer Großhändler nicht berührt. Neben der für die Entscheidung ausreichenden abstrakten Gefahr würden Anhaltspunkte für ganz konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen durch "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung" als typisches Red - Rice - Produkt gesehen. Für die Abgrenzung, ob es sich um ein Lebensmittel oder ein Arzneimittel handele, sei es ohne Bedeutung, wie das Produkt in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft eingeordnet werde. Die Abgrenzung habe allein nach den im Inland geltenden Bestimmungen zu erfolgen.

Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ergebe sich aus der abstrakten Gesundheitsgefahr, die durch die Verletzung des Erlaubnisvorbehaltes des nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehenen Zulassungsverfahrens eintrete. Es sei gerade der Sinn eines Zulassungsverfahrens, durch gründliche vorherige Überprüfung mögliche Gesundheitsrisiken zu ermitteln. Allein diese abstrakte Gefahr reiche für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus.

Daraufhin gab die Klägerin bei ihr vorhandene Ware an den Hersteller zurück und übersandte ein Rückruf - Schreiben an ihre Kunden.

Gegen die Untersagungsverfügung vom 19. Dezember 2002 legte die Klägerin am 3. Februar 2003 - einem Montag - Widerspruch ein, den die Bezirksregierung G. mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 zurückwies.

Dagegen hat die Klägerin mit einem am 11. Juli 2003 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Mit Beschluss vom 26. August 2003 - 6 B 1091/03 - lehnte die Kammer den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter Hinweis darauf ab, dass die Bezirksregierung G. den Sofortvollzug ausreichend begründet habe. Bei summarischer Prüfung handele es sich bei den "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung" um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG. Bei Nahrungsergänzungsmitteln stehe der Zweck im Vordergrund, dem Körper Nährstoffe (etwa Vitamine, Spurenelemente etc.) zuzuführen. Danach seien „Nahrungsergänzungsmittel“ Lebensmittel, die dazu bestimmt seien, die normale Ernährung zu ergänzen, und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestünden und in dosierter Form in den Verkehr gebracht würden.

Dazu zählten die „R. Kapseln“ nicht, denn bei den „Red Rice“ Kapseln stehe nicht im Vordergrund, dem Körper Nährstoffe zuzuführen. Nach dem Etikett der Verpackung stehe der Inhalt einer Kapsel mit 1,33 mg Monacolin K im Vordergrund, ohne dass die Verpackung erkennen lasse, inwieweit Monacolin K die Ernährung ergänzen könne und solle. Da die Verpackung weitere Aussagen zur Wirkungsweise bzw. zum Anwendungsgebiet von Monacolin K vermissen lasse, sei maßgeblich auf die Produktkonzeption des Herstellers abzustellen. Denn die Antragstellerin müsse sich als bundesweite

Alleinvertreiberin der „R. Kapseln“ die Platzierung des Produkts durch den Hersteller am Markt zurechnen lassen. Die Produktwerbung ziele ganz offenkundig auf die cholesterinsenkende Wirkung von Rotschimmelreis ab und spreche insbesondere Kunden an, die über einen krankhaft erhöhten Cholesterinspiegel verfügten.

Ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht sei nicht festzustellen.

Die dagegen von der Klägerin erhobene Beschwerde wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. September 2004 - 11 ME 303/03 - im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass ganz überwiegende Gründe dafür sprächen, dass das Produkt „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ in Wirklichkeit ein zulassungspflichtiges Arzneimittel sei. Es fänden sich keine überzeugenden Gründe dafür, die streitigen „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ als Lebensmittel in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzustufen.

Des Weiteren sprächen ganz überwiegende Gründe dafür, dass das Produkt ein nach nationalem Recht zulassungsbedürftiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel sei. Dass in Kapselform verzehrter fermentierter roter Reis der objektiven Zweckbestimmung nach der Nahrungsergänzung diene, habe die Klägerin selbst substantiiert nicht dargetan. Das Oberverwaltungsgericht NRW habe zu rot fermentiertem Reis (Angkak) im Gegenteil sogar ausdrücklich festgestellt, er werde nach allgemeiner Verkehrsauffassung gerade nicht überwiegend wegen eines Nähr-, Geruchs- oder Geschmackwertes oder als Genussmittel verwendet (vgl. Urteil vom 26. August 1999, LRE 36, 297 = ZLR 2000, 74 zu Angkak als Lebensmittelzusatzstoff). Das Lebensmittelinstitut I. habe in seiner Stellungnahme vom 2. Mai 2003 diesbezüglich noch eindeutiger hervorgehoben, die Vitaminbeifügungen dienten bei dem Produkt nur als „Zweitnutzen“; ein „Ernährungszweck des Produkts“ lasse sich auch im Hinblick auf vorhandene Hauptnährstoffe wie Eiweiß und Kohlenhydrate nicht feststellen, da sie bei der empfohlenen Verzehrmenge pro Tag (3 Kapseln) keinen „nennenswerten Beitrag zur Ernährung“ lieferten. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gehe in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2002 davon aus, Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung seien allenfalls in nicht relevanten Anteilen beigefügt.

Zwar sei nach den Untersuchungen ein potenziell toxisches Produkt in ihnen nicht enthalten. Auch bleibe der Wirkstoff Monacolin K bei Beachtung der Verzehrempfehlungen weit hinter den Tagesdosen zurück, die üblicherweise für Lovastatin verschrieben werden (für das verschreibungspflichtige Mevincar beträgt die tägliche Dosis 10 bis 80 mg). Da den Kapseln aber keine Warnhinweise zum gemeinsamen Gebrauch beigefügt seien, wie sie bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln üblich seien, könnten die tolerablen Dosen weit überschritten werden. Das gelte vor allem, wenn die Verzehrhinweise auf den Kapseln nicht beachtet würden. Es könnten dann insbesondere schwere Muskelschädigungen auftreten. Das ergebe sich aus der Warnmeldung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 4. Dezember 2002 und aus der Stellungnahme speziell zum Produkt der Klägerin vom 9. Dezember 2002.

Mit der vorliegenden Klage hält die Klägerin weiter an ihrem Vorbringen fest, dass es sich bei den „R. Kapseln" um ein Nahrungsergänzungsmittel handele. Ein Produkt, das - wie hier - Vitamine enthalte, sei automatisch als Lebensmittel einzustufen, insbesondere dann, wenn eine gutachterliche Stellungnahme einer staatlichen Stelle ausführe, dass die Inhaltsstoffe in einer ernährungsphysiologisch günstigen Menge enthalten seien. Besonders wichtig sei die Angabe, dass das Produkt als toxikologisch unbedenklich angesehen worden sei. Damit gebe es keine Hinweise, dass das Produkt gesundheitsschädliche Wirkungen haben könnte. Das Produkt habe wegen der Inhaltsstoffe einen besonderen Nährwert. Eine Einstufung als Arzneimittel komme nur dann infrage, wenn das Produkt aufgrund seiner Dosierung und täglichen Verzehrempfehlung eine pharmakologische Wirkung entfalte, die zwingend von der Behörde nachgewiesen werden müsse, was nicht geschehen sei. In dem Produkt sei lediglich eine ernährungsphysiologisch günstige Menge von Vitaminen enthalten, dagegen sei eine pharmakologische Wirkung nicht gegeben.

Wenn das Produkt keine pharmakologische Wirkung habe und die Inhaltsstoffe und Dosierung ernährungsphysiologisch die eines Lebensmittels seien, sei das Produkt auch in der Bundesrepublik zunächst einmal so einzuordnen, wie es im Herkunftsland eingestuft worden sei, wo es als Lebensmittel rechtmäßig im Verkehr sei. Im vorliegenden Verfahren sei die Situation völlig anders als bei sonstigen Produkten, die eine pharmakologische Wirkung hätten und nicht als Arzneimittel zugelassen seien und nicht rechtmäßig in einem EU-Mitgliedstaat im Verkehr seien.

Weiter sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem im Streit befindlichen Produkt um ein sogenanntes Altprodukt handele, dessen Ausstattung und Deklaration gemäß Artikel 6 der Richtlinie 46/2002 EG vom 10. Juni 2002 gemäß Artikel 15 b) dieser Richtlinie erst bis zum 1. August 2005 angepasst werden müsse. Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ausführe, dass aufgrund fehlender Warnhinweise das klägerische Produkt in zu hohen Dosen eingesetzt werden könne, hätte hier der Weg des geringsten Eingriffs darin bestanden, die Klägerin zu verpflichten, die Hinweise gemäß Artikel 6 der Richtlinie 46/2002 EG bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 1. August 2005 auf der Packung anzubringen und nicht den Vertrieb zu untersagen. Sie sei selbstverständlich bereit, die in Artikel 6 der Richtlinie 46/2002 EG genannten Hinweise auf ihrem Produkt anzubringen. Es sei entgegen der Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht richtig, dass sie nicht dargelegt habe, dass Ihrem Produkt ein objektiver Ernährungszweck zukomme. Sie habe bereits mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 der Bezirksregierung G. gegenüber mitgeteilt, dass ihr Produkt eine positive Wirkung auf den Cholesterinspiegel habe. Schließlich seien in dem klägerischen Produkt als weitere Bestandteile Vitamine enthalten, deren Ernährungszweck außer Frage stehe. Damit reihe sich ihr Produkt nahtlos in die Reihe anderer Lebensmittel ein, die ebenfalls eine positive Wirkung auf den Cholesterinspiegel hätten, wie etwa diverse Fette (Margarinen) oder Lachsölkapseln.

Es sei also nicht richtig, wenn das Oberverwaltungsgericht unterstelle, dass sie keinen Ernährungszweck bzw. keine ernährungsphysiologische Bedeutung ihres Produkts angegeben habe.

Im Hinblick auf die bisherige Gesetzgebung und Rechtsprechung sei es ihr nicht möglich gewesen, die ernährungsphysiologischen Wirkungen ihres Produkts auf der Packung anzugeben. Unter Berücksichtigung neuer Rechtsprechung und von Artikel 2 a) der Richtlinie 46/2002 EG sei es ihr jetzt möglich, auf dem Produkt anzugeben, dass ihr Produkt sich positiv auf den Cholesterinspiegel auswirke. Ihr könne deshalb nicht angelastet werden, dass sie sich bisher an die alte Rechtsprechung gehalten habe.

Das Vorgehen der Bezirksregierung G. sei im Hinblick darauf unverhältnismäßig, dass beanstandet wird, dass auf dem klägerischen Produkt kein ernährungsphysiologischer Zweck angegeben sei. Dies ließe sich durch eine Änderung der Verpackung abstellen, ohne dass ein Vertriebsverbot erforderlich sei.

Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 29. April 2004 darauf hingewiesen, dass Verbote, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen nur dann zulässig seien, wenn dies zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung erforderlich sei. Das bedeute, dass die Behörden und Gerichte im Einzelfall eine Gefährdung nachweisen, d.h. beweisen müssten. Dies sei im vorliegenden Fall nicht möglich, da das Produkt unstreitig in der empfohlenen Dosierung unbedenklich sei.

Der Beklagte müsse im vorliegenden Fall nachweisen, dass das klägerische Produkt gesundheitlich bedenklich sei.

Sie weise noch einmal darauf hin, dass die Inhaltsstoffe des klägerischen Produkts unstreitig weit unterhalb der Dosierung eines Arzneimittels lägen und unstreitig eine pharmakologische Wirkung ausgeschlossen sei. Ein- und derselbe Stoff könne einmal Lebensmittel sein und einmal ein Arzneimittel.

Die Einordnung als Arzneimittel, die von der Einstufung in F. als Lebensmittel abweiche, stelle ein Handelshemmnis dar. Aus diesem Grund sei die von der Republik F. getroffene Einordnung zu beachten. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass Artikel 2 der EG Verordnung Nr. 178/2002 bei der Zweckbestimmung eines Lebensmittels weiter gefasst sei als das LMBG. Schließlich sei in Art. 2 Absatz 3 d) dieser Verordnung geregelt, dass nur Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG nicht zu den Lebensmitteln gehörten. Dabei sei zu beachten, dass die Auslegung der Begriffsbestimmung für Lebensmittel ausschließlich gemeinschaftsrechtlich vorzunehmen sei. Die Entscheidungen deutscher Gerichte könnten nur noch ausnahmsweise Bedeutung haben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Bezirksregierung G. vom 19. Dezember 2002 und ihren Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass für die Abgrenzung zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln ausschlaggebend auf den Bestimmungszweck der "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung" abzustellen sei. Der Arzneimittelbegriff des geltenden Rechts gehe von der objektiven Zweckbestimmung aus. Maßgebend für die Einstufung sei nicht der Wille des Unternehmers, sondern nach der ständigen Rechtsprechung die an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung des Produkts, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstelle. Diese Frage habe das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinem Schreiben vom 9. Dezember 2002 ausführlich und überzeugend beantwortet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es auch ohne Bedeutung, wie das Produkt in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft eingeordnet werde. Eine einheitliche europäische Einstufung von Stoffen als Arzneimittel bzw. Lebensmittel gebe es nicht. Die staatlichen Behörden hätten bei der Einstufung, ob ein Produkt Arznei- oder Lebensmittel sei, einen Ermessensspielraum. Sie seien nicht an die Einstufung durch andere Staaten gebunden.

Das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Nachteilen für Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die als abstrakte Gefahr bei allen zulassungspflichtigen, aber nicht zugelassenen Arzneimitteln unterstellt werden müsse, überwiegen die rein wirtschaftlichen Interessen der Klägerin. Ein geringeres, gleich wirksames Mittel sei nicht ersichtlich.

Komme man zu dem Ergebnis, dass es sich um ein Arzneimittel handele, so bedürfe es keiner Beweisführung mehr, dass eine Gefahr von dem in den Verkehr gebrachten Produkt ausgehe. Ohne Erfolg verweise die Klägerin auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 29. April 2004, in der erklärt werde, Verbote, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, seien nur dann zulässig, wenn dies zum Schutze der Bevölkerung erforderlich sei. Denn es handele sich hier nicht um ein Lebensmittel. Die Entscheidung sei daher nicht einschlägig.

Wenn festgestellt worden sei, dass es sich hier um ein Arzneimittel handele, sei auch die Argumentation der Klägerin hinfällig, dass das Gericht gemäß der Richtlinie 46/2000 2/EG vom 10. Juni 2002 als milderes Mittel die Klägerin hätte verpflichten können, entsprechende Hinweise auf der Packung anzubringen. Denn die genannte Richtlinie beziehe sich ausschließlich auf Lebensmittel und sei daher vorliegend gar nicht anwendbar.

Weiter sei der Klägerin entgegenzuhalten, dass allein die positive Wirkung auf den Cholesterinspiegel keinen Ernährungszweck darstelle. Der Vergleich des klägerischen Produktes mit Lebensmitteln wie Margarinen und Shiitake - Pilzen sei nicht herstellbar, da Letztere in unverarbeiteter Form als Lebensmittel verzehrt werden und mit dem in Kapseln eingenommenen fermentierten roten Reis schon ansatzweise nichts gemeinsam hätten. Auch mit den von der Klägerin genannten Lachsölkapseln könne das klägerische Produkt nicht verglichen werden. Diese enthielten im Wesentlichen gesättigte und ungesättigte Fettsäuren, die nicht als Arznei-, sondern als Lebensmittel angesehen würden, weil diese Fettsäuren zur notwendigen menschlichen Ernährung gehörten. Dies sei bei dem cholesterinsenkenden Inhaltsstoff Monacolin K, der mit dem Cholesterin-Synthesehemmer Lovastatin identisch sei, der in Deutschland in dem verschreibungspflichtigen Arzneimittel Mevinacor enthalten sei, nicht der Fall.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten zu diesem Verfahren und zu den Verfahren 6 B 1091/03 und 11 ME 303/03 vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung G. Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Bezirksregierung G. vom 19. Dezember 2002 und ihr Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage erforderlich wäre (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der angefochtene Bescheid der Bezirksregierung G. vom 19. Dezember 2002 stützt sich zu Recht auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586; § 69 zuletzt geändert am 30. Juli 2004BGBl. I S. 2031).

Hiernach kann die zuständige Behörde das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen wurden oder wenn für sie eine Genehmigung einer EG-Behörde vorliegt. Für das klägerische Produkt liegt unstreitig weder eine Zulassung als Arzneimittel noch eine Genehmigung einer EG-Behörde vor.

47Das Produkt „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ ist ein Arzneimittel, nicht hingegen ein Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes - LMBG - (§ 2 Absatz 3 Nr. 1 AMG).

Zur Abgrenzung der Frage, ob die „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ Nahrungsergänzungsmittel oder Arzneimittel sind, hat das Nds. OVG in seinem Beschluss vom 29. September 2004 - 11 ME 303/03 -, dem die Kammer folgt, wie folgt ausgeführt:

"In der Sache sprechen in der Tat ganz überwiegende Gründe dafür, dass das Produkt „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ in Wirklichkeit ein zulassungspflichtiges Arzneimittel ist.

a) Zu den rechtlichen Ausgangspunkten ist im Einzelnen zu bemerken (vgl. dazu ausführlich den erwähnten Sen.Beschl. v. 08.07.2004 - 11 ME 12/04 - GesR 2004, 387):

Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper u. a. Krankheiten, Leiden, Schäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (Nr. 1), Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen (Nr. 4) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (Nr. 5). Diese Legaldefinition des Arzneimittels stimmt mit den Vorgaben der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. Nr. 22, S. 369) in der Fassung der Richtlinie 93/39/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. L 214, S. 22, im Folgenden: Richtlinie 65/65/EWG) überein. Nach Art. 1 Nr. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 65/65/EWG sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet werden (Arzneimittel „nach der Bezeichnung“). Nach Unterabs. 2 dieser Bestimmung gelten ebenfalls als Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktion verwandt zu werden (Arzneimittel „nach der Funktion“). Allerdings ist die Richtlinie 65/65/EWG abgelöst worden von der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Human-arzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. Nr. L 311, S. 67), doch hat dies zu keiner Änderung des gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittelbegriffes geführt. Denn der maßgebliche Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG ist inhaltsgleich mit Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 65/65/EWG.

52Keine Arzneimittel sind dagegen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 1 LMBG, zu denen auch die sogenannten Nahrungsergänzungsmittel gehören. Damit sind Lebensmittel aus dem Arzneimittelbegriff ausgeklammert. Dies war notwendig, weil auch Lebensmittel dazu dienen, den Körperzustand zu beeinflussen. Lebensmittel sind nach § 1 Abs. 1 Halbs. 1 LMBG Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden; gemäß § 1 Abs. 1 Halbs. 2 LMBG sind davon jedoch Stoffe ausgenommen, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Nach der Definition in Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (Amtsbl. L 31, S. 1) sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden (Abs. 1). Nicht zu den Lebensmitteln gehören u. a. Arzneimittel im Sinne der Richtlinien 65/65/EWG und 92/73/EWG (Abs. 3 d)) und damit gemäß Art. 128 Abs. 2 der diese aufhebenden Richtlinie 2001/83 EG auch im Sinne der zuletzt genannten Richtlinie. Nach dieser Systematik des Regel-Ausnahme-Verhältnisses kommt die Qualifizierung eines Erzeugnisses als Arzneimittel dann nicht in Betracht, wenn seine Eigenschaft als Lebensmittel festgestellt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, NJW 1998, 3433; BGH, Urt. v. 11.07.2002 - 1 ZR 34/01 -, BGHZ 151, 286 = NJW 2002, 3469, u. Urt. v. 10.02.2000, NJW-RR 2000, 1284 = LRE 38, 157 - „L-Carnitin“). Der selbe Stoff kann nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a. a. O.; OLG Köln, Urt. v. 03.01.2003, LRE 45, 168; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.02.2003, LRE 45, 176).

53Eine allgemeingültige gesetzliche Definition des Begriffs „Nahrungsergänzungsmittel“ gibt es bisher nicht. Aus § 25 Nr. 6 ApBetrO und § 1 Abs. 3 der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung - NKV -, die beide den Begriff „Nahrungsergänzung“ verwenden, lässt sich jedoch schließen, dass diese Mittel die tägliche Nahrung ergänzen sollen und deshalb grundsätzlich den Lebensmitteln zuzuordnen sind (vgl. etwa Klein, NJW 1998, 791, 792; Kloesel/Cyran, a. a. O., § 2 Anm. 76 ff.; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 1 LMBG, Rdnrn. 37 b und 155). In der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 3 NKV wird ausgeführt, dass Nahrungsergänzungen der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von z. B. Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder bestimmten Eiweißstoffen oder Kohlehydraten dienen sollen (BR-Drs. 796/94 zu § 1 NKV Abs. 3). Inzwischen gibt es allerdings eine gemeinschaftsrechtliche Definition des Begriffs „Nahrungsergänzungsmittel“ in Art. 2 a der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183, S. 51). Danach sind Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentration von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, d. h. in Form von z. B. Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen.

54Es ist im Übrigen anerkannt, dass für die Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln die an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung des Produkts entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Dabei knüpft die Verkehrsauffassung regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produktes kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. zum Vorstehenden neben den oben zitierten Gerichtsentscheidungen Kloesel/Cyran, a. a. O., § 2 AMG Erl. 9 f; Rehmann, AMG, 2. Aufl., § 2 Rdnrn. 2 u. 25; Zipfel/Rathke, a. a. O., § 1 LMBG, Rdnrn. 34 ff. u. 129 ff.). Ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im allgemeinen nicht annehmen, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat (BGH, Urt. v. 11.07.2002, a.a.O.). Allerdings bewirkt - umgekehrt - die Bezeichnung eines Produkts als diätetisches Lebensmittel auf der Verpackung für sich genommen nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist; es kann bei falscher Bezeichnung durchaus als Arzneimittel zu qualifizieren sein (BVerwG, Urt. v. 22.11.1994, BVerwGE 97, 132; BGH, Urt. v. 11.07.2002 - I ZR 273/99 - <juris>, auf das sich - in anderem Zusammenhang - die Beschwerde beruft). Eine pharmakologische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittel kommt dann in Betracht, wenn durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet. So sind beispielsweise Vitaminpräparate als Arzneimittel einzustufen, wenn sie in starken Dosen zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitaminmangel ist (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - C-387/99 -, DVBl 2004, 1188 - LS). Dagegen ist eine Gesundheitsgefahr nicht Voraussetzung für die Bejahung der Arzneimitteleigenschaft (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 20.08.2003, a. a. O; KG, Urt. v. 06.02.2003, LRE 45, 326). Lässt sich nicht feststellen, welcher Verwendungszweck überwiegt, wird das Erzeugnis regelmäßig als Lebensmittel eingeordnet (vgl. etwa BGH, Urt. v. 11.07.2002, NJW a. a. O; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.02.2003, LRE 45, 176; OLG Köln, Urt. v. 03.01.2003, LRE 45, 168; BayVGH, Beschl. v. 13.05.1997, NJW 1998, 845 = LRE 34, 450; Kloesel/Cyran, a. a. O., § 2 AMG Erl. 73 und 77; Zipfel/Rathke, a. a. O., § 1 LMBG Rdnrn. 35 und 46; Rehmann, a. a. O., § 2 AMG Rdnr. 25; Behler/Schröder, Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz, 2002, S. 30; Sander, Arzneimittelrecht, § 2 AMG Anm. 34; a. A.: OVG NRW, Vorlagebeschl. v. 07.05.2003, ZLR 2003, 585, der aus der Definition des Begriffs „Lebensmittel“ in Art. 2 der VO (EG) Nr. 178/2002 folgert, dass es für die Abgrenzung von Lebens- und Arzneimitteln nicht mehr auf ein Überwiegen der (objektiven) Zweckbestimmung ankomme, sondern ein Produkt, das sowohl die Voraussetzung eines Lebens- als auch eines Arzneimittels erfülle, rechtlich immer - nur - ein Arzneimittel sei).

b) Nach diesen Kriterien lassen sich bei summarischer Prüfung, die hier allerdings - sollten sich im weiteren Verfahren keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte ergeben - der im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden Prüfung zumindest nahe kommt, keine überzeugenden Gründe dafür finden, die streitigen „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ seien als Lebensmittel in Form eines Nahrungsergänzungsmittels einzustufen (dazu aa). Des Weiteren sprechen ganz überwiegende Gründe dafür, dass das Produkt - wie von der Antragsgegnerin und dem Verwaltungsgericht angenommen - ein nach nationalem Recht zulassungsbedürftiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel ist (dazu bb).

aa) Als Hauptbestandteil der Kapseln, die in Flaschenform in Verkehr gebracht werden sollen, ist auf der Flaschenetikettierung angegeben: „Eine Kapsel enthält 330 mg rot fermentierten Reis entsprechend 1,33 mg Monacol in K; die Verwendungsempfehlung lautet: „Als Nahrungsergänzungsmittel 1 - 3 x täglich 1 Kapsel“ (vgl. zur Flaschenetikettierung die Ablichtung VV Bl. 15 BA A).

Dass in Kapselform verzehrter fermentierter roter Reis der objektiven Zweckbestimmung nach der Nahrungsergänzung dient, hat die Antragstellerin selbst substantiiert nicht dargetan. Das Oberverwaltungsgericht NRW hat zu rot fermentiertem Reis (Angkak) im Gegenteil sogar ausdrücklich festgestellt, er werde nach allgemeiner Verkehrsauffassung gerade nicht überwiegend wegen eines Nähr-, Geruchs- oder Geschmackwertes oder als Genussmittel verwendet (vgl. Urt. v. 26.08.1999, LRE 36, 297 = ZLR 2000, 74 zu Angkak als Lebensmittelzusatzstoff). Der weiterhin auf der Etikettierung angesprochene Wirkstoff Monacolin K ist ausweislich aller bei den Akten befindlichen Stellungnahmen identisch mit Lovastatin, einem Cholesterol-Synthese-Hemmer, der in Deutschland z.B. in dem verschreibungspflichtigen Arzneimittel Mevinacor enthalten ist (vgl. etwa die Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte - BfArM - vom 09.12.2002 an die Antragsgegnerin VV Bl. 42, 45 BA A). Dass der Wirkstoff - für sich gesehen - (auch) von ernährungsphysiologischer Bedeutung wäre, behauptete die Antragstellerin selbst nicht; dafür ist sonst ebenfalls nichts ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund vermögen die Argumente der Antragstellerin, die in Rede stehenden Kapseln seien gleichwohl Nahrungsergänzungsmittel, nicht zu überzeugen:

Nicht aussagekräftig ist zunächst der Hinweis der Beschwerde, roter Reis werde in Internet-Auftritten als unbehandelter Naturreis, der heute auch in der Carmargue (Frankreich) angebaut werde, zum Verzehr als Lebensmittel angeboten; ferner werde in Internet etwa auf Olivenöl, einem wichtigen Bestandteil insbesondere der mediterranen Ernährung, auch als Naturheilmittel hingewiesen (u.a. bei erhöhten Cholesterinwerten). Mit derartigen eingeführten Produkten, denen nach gefestigter Verkehrsauffassung Lebensmitteleigenschaft zukommt, hat fermentierter Reis, der - wie hier - in Kapselform eingenommen werden soll, schon ansatzweise nichts gemeinsam.

Der angefochtene Beschluss (Abdr. S. 8 f.) führt außerdem zu Recht an, es sei auffällig, dass über den auf der Flaschen-Verpackung aufgebrachten Hinweis „Nahrungsergänzung mit rot fermentiertem Reis“ hinaus nicht angegeben werde, welchen Effekt die Kapseln im Hinblick auf eine „Nahrungsergänzung“ bewirken sollten. Dem hält die Beschwerde im Schriftsatz vom 30. September 2003 (S. 6) - eher beiläufig - entgegen, die Kapseln enthielten auch Vitaminbestandteile, und bezieht sich insofern auf die Ausgangsstellungnahme des Nds. Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - Lebensmittelinstitut I. vom 6. Dezember 2002 (VV Bl. 69, 71 BA A). Das Lebensmittelinstitut I. hat in dieser Stellungnahme - einer nähere Analyse der Kapseln stand damals noch aus - in der Tat davon gesprochen, die Kapseln enthielten auch „ernährungsphysiologisch günstige Mengen der Vitamine C, B1, B6“; schon damals hat es jedoch wegen des Hauptinhaltstoffs Monacolin K eine Einstufung der Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel verneint. In Kenntnis des (späteren) Prüfberichts des Arzneimitteluntersuchungsinstituts - Nord GmbH (AMI-Nord GmbH) vom 21. März 2003 (VV Bl. 216 f. BA A) hat es in seiner weiteren Stellungnahme vom 2. Mai 2003 (VV Bl. 223, 224 f. BA A) diesbezüglich noch eindeutiger hervorgehoben, die Vitaminbeifügungen dienten bei dem Produkt nur als „Zweitnutzen“; ein „Ernährungszweck des Produkts“ lasse sich auch im Hinblick auf vorhandene Hauptnährstoffe wie Eiweiß und Kohlenhydrate nicht feststellen, da sie bei der empfohlenen Verzehrmenge pro Tag (3 Kapseln) keinen „nennenswerten Beitrag zur Ernährung“ lieferten. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geht in seiner Stellungnahme vom 9. Dezember 2002 an die Antragsgegnerin (VV Bl. 42 ff. BA A) davon aus, beigefügte Vitamine, Mineralstoffe und sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung seien allenfalls in nicht relevanten Anteilen beigefügt (vgl. Bl. 46 f. a.a.O.). Gegen diese Beurteilungen hat die Antragstellerin substantiierte Einwände nicht vorgebracht, so dass sie der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren (mit positiver Aussage) eine Gutachtliche Stellungnahme des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Chem. Reuss vom 22. August 2002 „zur Verkehrsfähigkeit einer Nahrungsergänzung mit Vitaminen und rotfermentiertem Reis der Firma Hecht“ vorgelegt hat (VV Bl. 152 BA A). Denn abgesehen davon, dass die Beschwerde diese Stellungnahme nicht (mehr) als ihren Rechtsstandpunkt unterstützend ausdrücklich anführt, ist festzustellen, dass die Stellungnahme sehr allgemein gehalten ist (die Inhaltsstoffe des beurteilten Produkts werden nicht näher bezeichnet) und angesichts der Hervorhebung der Vitaminbestandteile, die - wie zuvor dargelegt - von nur untergeordneter Bedeutung sind, mindestens fraglich ist, ob die Stellungnahme tatsächlich die streitgegenständlichen „R. Kapseln“ zum Gegenstand hatte.

Die Beschwerde macht schließlich - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - geltend (Schriftsatz vom 30.09.2003, S. 6 f.), für eine Lebensmitteleigenschaft der Kapseln spreche, dass das Produkt „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ in F. bei Verneinung einer Arzneimitteleigenschaft durch an die Herstellerfirma E. gerichteten Bescheid des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen vom 9. Juli 2002 als „Verzehrprodukt“ i.S. des § 3 Österr. LMG eingestuft worden sei (vgl. zu diesem Bescheid VV Bl. 11 ff. BA A). Hierauf hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend erwidert (vgl. Beschl.-Abdr. S. 10), dass zum einen das deutsche Recht die Kategorie „Verzehrprodukt“ nicht kenne und zum anderen in der dem Bescheid beigefügten Stellungnahme der zuständigen Ministeriumsabteilung ausdrücklich gesagt werde, „das gegenständliche Produkt (sei) auf Grund der Zusammensetzung und in Verbindung mit der Einnahmeempfehlung nicht überwiegend zu Ernährungs- oder Genusszwecken bestimmt“, was nach deutschem Recht (§ 1 Abs. 1 Halbs. 2 LMBG) eine Einordnung als Lebensmittel gerade ausschließe. Aus den gesagten Gründen ist ebenso wenig ersichtlich, die Kapseln wären „Nahrungsergänzungsmittel“ i.S. des Art. 2 der Richtlinie 2002/46/EG vom 10. Juni 2002.

Als Zwischenergebnis ist hiernach festzuhalten, dass die Kennzeichnung der „R. Kapseln“ als Nahrungsergänzungsmittel mindestens irreführend ist und es sich bei dem Produkt um kein Lebensmittel handelt, das nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dem Arzneimittelgesetz nicht unterfällt.

bb) Auch für die Richtigkeit der positiven Feststellung der Antragsgegnerin, die Kapseln seien als zulassungspflichtige, aber nicht zugelassene Arzneimittel i.S. des § 2 Abs. 1 AMG einzuordnen, spricht nach dem Ergebnis des bisherigen Verfahrens ganz Überwiegendes.

Zweifel gegen diese Qualifizierung lassen sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht schon darauf stützen, dass eine Arzneimitteleigenschaft der Kapseln in F. in dem vorerwähnten Bescheid vom 9. Juli 2002 nach dortigem Recht verneint worden ist. Denn im Hinblick auf die noch ausstehende Harmonisierung der nationalen Regelungen für die Herstellung und den Vertreib von pharmazeutischen Erzeugnissen in den EU-Staaten kann ein Produkt im Einfuhrstaat als Arzneimittel eingeordnet werden, wenn es die entsprechenden Merkmale aufweist (vgl. zuletzt EuGH, Urt. v. 29.04.2004 - C-387/99 -, a.a.O., Rdnrn. 52 f.)

Hierzu genügt die Feststellung, dass die Kapseln Funktionsarzneimittel darstellen. Zwar ist nach den Untersuchungen ein potenziell toxisches Produkt in ihnen nicht enthalten. Auch bleibt der Wirkstoff Monacolin K bei Beachtung der Verzehrempfehlungen weit hinter den Tagesdosen zurück, die üblicherweise für Lovastatin verschrieben werden (für das verschreibungspflichtige Mevincar beträgt die tägliche Dosis 10 bis 80 mg). Da den Kapseln aber keine Warnhinweise zum gemeinsamen Gebrauch beigefügt sind, wie sie bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln üblich sind, können die tolerablen Dosen weit überschritten werden. Das gilt vor allem, wenn die Verzehrhinweise auf den Kapseln nicht beachtet werden. Es können dann insbesondere schwere Muskelschädigungen auftreten. Das ergibt sich aus der Warnmeldung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 4. Dezember 2002 und aus der Stellungnahme speziell zum Produkt der Antragstellerin vom 9. Dezember 2002."

Diese Argumentation des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat die Klägerin mit ihrem Vorbringen im Klageverfahren nicht mit Erfolg entkräften können. Den von ihr vorgebrachten Einwand, den „R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ käme ausschließlich eine ernährungsphysiologische Wirkung mit der Folge zu, dass es sich dabei um ein Lebensmittel handele, hält das Gericht nicht für stichhaltig. Die von der Klägerin als ernährungsphysiologische Wirkung bzw. als objektiven Ernährungszweck der "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ bezeichnete Senkung des Cholesterinspiegels stellt nach Auffassung des Gerichts keinen objektiven Ernährungszweck dar, denn es bleibt nach wie vor nicht ersichtlich, welchen Effekt die Kapseln im Hinblick auf eine „Nahrungsergänzung“ bewirken sollen.

„Nahrungsergänzungsmittel“ sind dazu bestimmt, die normale Ernährung zu ergänzen. Sie bestehen aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung (vgl. Art. 2 a Richtlinie 2002/46/EG vom 10. Juni 2002, ABl. L 183/51). Die "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ zielen nicht auf objektive Ernährungszwecke wie etwa die Behebung von Mangelzuständen oder auch von diätetischen Lebensmitteln abgedeckte besondere Ernährungserfordernisse ab, sondern ihnen wird eine pharmakologische Wirkung in der Weise beigemessen, dass sie mit dem Wirkstoff Monacolin K die Cholesterinsynthese in der Leber hemmen und somit erhöhte Cholesterinwerte behandeln sollen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geht in seinem Schreiben an die Bezirksregierung G. vom 9. Dezember 2002 ohne weiteres davon aus, dass die von dem Produkt intendierte Wirkung, nämlich die Senkung eines erhöhten Cholesterinspiegels, als pharmakologische und nicht - wie die Klägerin meint - als ernährungsphysiologische Wirkung einzustufen ist. Die pharmakologische Wirkung eines Produktes ist ein Faktor, der bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen ist, ob ein Produkt wesentlichen Einfluss auf den Stoffwechsel hat und auf das eigentliche Funktionieren des Organismus einwirken kann und damit am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt werden kann (Schlussantrag des Generalanwalts L. A. Geelhoed vom 3. Februar 2005, - C - 211/03 -HLH Warenvertriebs GmbH / Bundesrepublik Deutschland - Vorabentscheidungsersuchen des OVG Münster). Diese Voraussetzungen werden von den "R. Kapseln zur Nahrungsergänzung“ erfüllt, denn der Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ist eindeutig zu entnehmen, dass der in den Kapseln enthaltene Wirkstoff Monacolin K in die Cholesterinsynthese eingreift und zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte und damit zur Besserung physiologischer Funktionen beitragen kann.

Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften nicht zur Einordnung der "R. Kapseln" als Nahrungsergänzungsmittel. Die geltende Definition des „Arzneimittels“ ist in Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2001/83 in der Fassung der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 (ABl. L 136/34) zu finden. Danach sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen Arzneimittel, wenn sie als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder wenn sie im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.

Wenn ein Produkt unter diese zweiteilige Definition subsumiert werden kann, ist es nach Gemeinschaftsrecht ein Arzneimittel (Schlussantrag des Generalanwalts L. A. Geelhoed vom 3. Februar 2005, - C - 211/03 - HLH Warenvertriebs GmbH / Bundesrepublik Deutschland - Vorabentscheidungsersuchen des OVG Münster).

Bei der Frage, ob ein Produkt als Lebensmittel bzw. als Nahrungsergänzungsmittel oder als Arzneimittel zu klassifizieren ist, ist nach der Rechtsprechung des EuGH auf die pharmakologischen Eigenschaften, die das betreffende Produkt nach den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufweist, auf die Art und Weise, in der es verwendet wird, auf den Umfang seiner Verbreitung, auf den Grad seiner Bekanntheit beim Verbraucher und auf die mit seiner Verwendung möglicherweise verbundenen Gefahren abzustellen (EuGH, Urteile vom Urteile vom 30. November 1983 in der Rechtssache 227/82 (Van Bennekom, Slg. 1983, 3883), vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-60/89 (Monteil und Samanni, Slg. 1991, I-1547, Randnr. 27). sowie vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-369/88 (Delattre, Slg. 1991, I-1487, Randnrn. 21 und 29) und vom 16. April 1991 in der Rechtssache C-112/89 (Upjohn I, Slg. 1991, I-1703, Randnr. 23)). Auf die pharmakologischen Eigenschaften der "R. Kapseln" wurde bereits hingewiesen. Weiter führt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner Stellungnahme aus, dass Hemmstoffe der Cholesterinsynthese, die zur Senkung erhöhter Blutfette eingesetzt werden, schwerwiegende Nebenwirkungen an den Muskeln und Nieren mit sich bringen. Dies gelte insbesondere für die Kombination von Hemmstoffen mit Fibraten und Nikotinsäure. Auf Risiken und Wechselwirkungen solcher Stoffe werde in den Packungsbeilagen von Arzneimitteln, die zur Senkung des Cholesterins auf dem Markt seien, ausdrücklich hingewiesen. Hinzu tritt nach den Ausführungen des Bundesinstituts das Risiko, dass als Nahrungsergänzungsmittel deklarierte Präparate in der Regel unkontrolliert und in höherer als der empfohlenen Menge eingenommen würden insbesondere dann, wenn - wie hier - in der Werbung für das Produkt darauf hingewiesen werde, dass die "R. Kapseln" keinerlei Nebenwirkungen hätten und auch in hohen Dosen problemlos konsumiert werden könnten, da es sich um ein natürliches Nahrungsergänzungsmittel handele. Die Risiken, die mit dem Gebrauch des Produktes verbunden sind, stellen einen der Gesichtspunkte dar, die bei der Feststellung, ob es sich um ein Arzneimittel handelt oder nicht, berücksichtigt werden können (EuGH, Urteile vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-60/89 (Monteil und Samanni, Slg. 1991, I-1547, RN. 29) sowie vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-369/88 (Delattre, Slg. 1991, I 1487, RN. 35).

Die Klägerin geht weiter fehl in ihrer Einschätzung, dass die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung G. gegen Gemeinschaftsrecht insbesondere gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit (Artikel 28 EG) verstoße. Die von ihr dafür angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteile vom 6. Mai 2004 - I ZR 275/01 -, GRUR 2004, S. 793) ist insoweit nicht einschlägig, denn es ging dabei allein um das Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln, die im vorliegenden Fall mit den "R. Kapseln" - wie ausgeführt - gerade nicht vorliegen.

73Die von der Bezirksregierung G. erlassene Untersagungsverfügung ist zudem durch die Befugnis gemäß Artikel 30 EG, die erforderlichen angemessenen Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen, gerechtfertigt. Im Hinblick auf die gebotene Risikobewertung, den Wahrscheinlichkeitsgrad schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Schwere dieser potentiellen Auswirkungen durch die Einnahme von "R. Kapseln" ist darauf hinzuweisen, dass von den "R. Kapseln" bei Einnahme in hoher Dosis entgegen der Einnahmeempfehlung und bei Kombination mit anderen Wirkstoffen nach der Stellungnahme des Bundesinstitutes Arzneimittel und Medizinprodukte nachweislich Gesundheitsgefahren drohen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.