VG Osnabrück, Urteil vom 01.03.2005 - 1 A 67/04
Fundstelle
openJur 2012, 42708
  • Rkr:

Der Betrieb einer Veterinär-Infothek über das Internet, die Informationen über verschreibungsplfichtige Medikamente und deren Anwendung anbietet, verstößt gegen das heilmittelrechtliche Werbeverbot, wenn sie den Zugang nicht auf den durch § 10 Abs. 1 HWG priviligierten Personenkreis berschränkt.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt seit 2001 unter der Adresse „www. C..de“ ein Informationssystem für Nutztierhalter. Unter dem 07.05.2002 machte die Regierung von Mittelfranken bei der Bezirksregierung Weser-Ems geltend, die Klägerin verstoße gegen das Heilmittelwerbegesetz, indem sie insbesondere die Werbeverbote und Werbebeschränkungen der §§ 10 und 12 Heilmittelwerbegesetz missachte. Dazu übersandte die Regierung von Mittelfranken ein Informationsblatt der Klägerin, mit dem diese dafür wirbt, gegen einen Jahresbeitrag von 48,00 DM (inzwischen 24,00 €) - über eine persönliche Codenummer - eine Berechtigung für den Zugang zu ihrem Informationsdienst erhalten zu können. Durch den Informationsdienst soll der Nutzer „alles Wissenswerte über die Gesunderhaltung der Tiere inkl. aller Informationen über Medikamente“ erfahren können. Dazu wird ausgeführt, dass der Informationsdienst eine Beschreibung der wichtigsten Krankheiten im Nutztierbereich einschließlich der Beschreibungen von etwa 600 Medikamenten führender Hersteller sowie weitere Informationen anbiete. Informiert werde auch über die Tierarzthöchstabgabepreise für alle Medikamente bis zum Dosispreis. Über die Suchkriterien Tierart, Krankheit, Medikamentenname und Hersteller könne sich der Nutzer schnell, umfassend und preiswert über Medikamente, deren Anwendung und Preise informieren. Unter diesen Suchkriterien würden dem Nutzer nach dem Zugang über die Codenummer zu den einzelnen Krankheiten unter der Rubrik „Medikamente für die erfolgreiche Bekämpfung von ...“ die einschlägigen Medikamente aufgelistet werden und zu den einzelnen Medikamenten könne der Nutzer Informationen über den Anwendungsbereich, die Anwendungen, die Eigenschaften und den Preis der Medikamente einholen.

Unter dem 21.05.2002 teilte die Bezirksregierung Weser-Ems der Klägerin die Beanstandung der Regierung von Mittelfranken mit und führte aus, dass die Klägerin mit ihren Informationen über Tierarzneimittel Werbung für Arzneimittel im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes betreibe. Nach dem Heilmittelwerbegesetz dürfe für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel trieben, geworben werden. Sie - die Klägerin - werbe jedoch direkt bei den Tierhaltern für verschreibungspflichtige Tierarzneimittel; mit der Beschreibung der Wirkung von bestimmten Medikamenten bei bestimmten Krankheiten werbe die Klägerin nicht nur in Fachkreisen, sondern bei jeder, den Jahresbeitrag zahlenden Person. Außerdem dürfe sich die Werbung für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise nicht auf die Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung der in der Anlage zum Heilmittelwerbegesetz im Abschnitt B aufgeführten Krankheiten oder Leiden bei Tieren beziehen. Die hier gegebenen Zuwiderhandlungen gegen die §§ 10 und 12 Heilmittelwerbegesetz stellten Ordnungswidrigkeiten dar. Die Klägerin erhalte Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Klägerin machte dazu in mehreren Besprechungen mit Vertretern der Bezirksregierung Weser-Ems geltend: Sie verlege seit Jahrzehnten unter anderem Handbücher für Nutztierkrankheiten. Als diese Bücher seinerzeit erstmals verlegt worden seien, sei bereits die Problematik der Werbung mit der damals zuständigen Behörde erörtert worden. Seinerzeit seien diese Produkte bzw. deren Vertrieb nicht als Werbung eingestuft worden, so dass man auch keine Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz angenommen habe. Im Jahre 2001 sei die Internetdarstellung von etwa 600 Arzneimitteln übernommen und es seien etwa 3.000 Zugangsberechtigungen verkauft worden. Ihre Bücher und auch ihre Internetdarstellungen stellten eine reine Information für den Tierhalter dar. Der Verlag habe keinerlei Eigeninteresse am Verkauf von Arzneimitteln. Demgegenüber setze Werbung für Arzneimittel ein Interesse am Verkauf der Arzneimittel voraus. Auch gebe es im Bereich der Humanmedizin vergleichbare Internetangebote wie z.B. „D..de“ und „E..de“, für deren Zugang ebenfalls keine besondere Qualifikation als Arzt, Apotheker etc. nachzuweisen sei. Das gleiche gelte für die im Buchhandel erhältlichen Produkte der „Delta-Liste“ bzw. „Lila Liste“ für die Tiermedizin und der „Roten Liste“ für die Humanmedizin. Wenn aber eine Darstellung in Buchform zulässig sei, müsse dies auch für die entsprechende Darstellung im Internet gelten. Soweit ihr - der Klägerin - ein Verstoß gegen § 12 Heilmittelwerbegesetz vorgeworfen werde, gehe dieser Vorwurf ins Leere, weil Tierhalter Arzneimittel in Ausübung ihres Berufes anwenden dürften, soweit es sich nicht um Arzneimittel handele, die gemäß Rechtsverordnung nur durch den Tierarzt selbst angewendet werden dürften. Die von der Bezirksregierung Weser-Ems bezeichneten Arzneimittel gegen Eutererkrankungen und Aufzuchtkrankheiten, durch deren Darstellung sie - die Klägerin - gegen § 12 Heilmittelwerbegesetz verstoßen solle, gehörten jedoch nicht zu denjenigen Arzneimitteln, die nur durch den Tierarzt selbst angewendet werden dürften. Demgemäß sei das Verfahren insgesamt einzustellen.

Durch Bescheid vom 14.02.2003 untersagte die Bezirksregierung Weser-Ems der Klägerin mit sofortiger Wirkung den weiteren Betrieb ihres Internetangebots „F.“ in der derzeitigen (bzw. seinerzeitigen) Form. Dazu führte sie aus: Die über die Internetseite der Klägerin erhältlichen Informationen über Arzneimittel seien als Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes anzusehen. Ein Weiterbetrieb der Infothek sei daher nur unter den Bedingungen gestattet, dass sichergestellt werde, dass in dem Bereich, in dem für verschreibungspflichtige Arzneimittel geworben werde, nur der in § 10 Abs. 1 HWG genannte Personenkreis (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel trieben) Zugriff habe und eine inhaltliche Überarbeitung des Angebots auf Fehler hin erfolge. (Letzteres hat die Klägerin akzeptiert und befolgt.) Das mit der Anhörung vom 21.02.2002 eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren werde eingestellt. Unzulässige Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes sei das Internetangebot der „F.“ mit der Zugangsmöglichkeit nicht nur für den in § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz genannten Personenkreis, weil Werbung im Sinne dieses Gesetzes jede Handlung sei, die den Kaufentschluss und damit den Absatz der unter das Heilmittelwerbegesetz fallenden Waren und Dienstleitungen fördern solle. Besondere Anpreisungen seien dazu nicht erforderlich. Zur Werbung gehörten auch objektive und sachliche Informationen über einzelne Arzneimittel einschließlich der gesetzlich vorgeschriebenen Informationen wie Gegenanzeigen. Auch wenn die Klägerin kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Verkauf der in ihrer „F.“ dargestellten Tierarzneimittel habe, so dienten die dort von ihr angebotenen Informationen gleichwohl dazu, den Kaufentschluss für verschiedene Arzneimittel bei den Nutzern des Angebotes zu fördern. Das folge bereits daraus, dass es offenbar Zweck des Angebotes sei, Tierhalter und Tierärzte darüber zu informieren, welche Arzneimittel gegen bestimmte Erkrankungen erhältlich seien. Hierdurch würden Kaufentscheidungen ermöglicht. Hinzu komme, dass laut Verlagswerbung nur auf Medikamente „führender Hersteller“ verwiesen werde. Da somit aber nicht alle erhältlichen Arzneimittel benannt würden, werde der Kaufwille von Interessenten in bestimmte Richtungen gelenkt. Im Übrigen habe auch der BGH bereits festgestellt, dass es sich bei der „Roten Liste“ um ein für den Markt bestimmtes Werbemittel handele. Sei das Internetangebot der Klägerin mithin als Werbung anzusehen, verstoße die Klägerin gegen § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz, da sie für verschreibungspflichtige Arzneimittel auch Personen - insbesondere Tierhaltern - den Zugang eröffne, die nicht zu dem in § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz genannten Personenkreis gehörten. Durch den Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz sei eine Gefahr im Sinne des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes gegeben, und die angeordneten Maßnahmen seien geeignet und erforderlich, weitere Verstöße zu vermeiden. Weiterhin werde darauf hingewiesen, dass sich Werbung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gemäß § 12 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz außerhalb der Fachkreise nicht auf die Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung der in der Anlage zu diesem Gesetz aufgeführten Krankheiten oder Leiden beim Menschen oder Tier beziehen dürfe.

Dagegen erhob die Klägerin unter dem 11.03.2003 Widerspruch, den sie im Wesentlichen wie folgt begründete: Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes setze Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs voraus. Die Handlungen müssten darauf gerichtet sein, den Absatz der einer Werbebeschränkung unterliegenden Waren zu fördern. Sie - die Klägerin - bezwecke nicht den Absatz der Medikamente, sondern nur die Bereitstellung von vielfältigen Informationen über den Veterinär-Heilmittelbedarf. Damit fehle es an dem finalen Kriterium der Werbung. Zu dem Vergleich mit der „Roten Liste“ sei zum einen darauf hinzuweisen, dass die „Rote Liste“ von der Deutschen Pharmaindustrie herausgegeben werde und von daher dort ein merkantiles Interesse näherliegend sei und somit eine Einstufung als Werbemittel eher in Betracht komme. Bei dem Vergleich mit der „Roten Liste“ müsse die Beklagte aber insbesondere entscheidend berücksichtigen, dass diese Liste im Handel frei und damit auch für Personen, die nicht dem Kreis des § 10 Abs. 1 HWG angehörten, erhältlich sei. Dass diese Liste seit langen Jahren unangefochten auf dem Markt erhältlich sei, zeige, dass eine solche informatorische Zusammenstellung von Arzneimitteln nicht als Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes angesehen werde. Dies müsse auch für ihre F. gelten, die eine ähnliche Zusammenfassung im neuen Medium des Internets für Online-Nutzer anbiete. Eine eingeschränkte Behandlung gegenüber dem alten Medium Buch sei nicht gerechtfertigt.

Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch durch Bescheid vom 21.07.2003 unter Vertiefung der Ausführungen des angefochtenen Bescheides zurück.

Die Klägerin hat am 14.08.2003 Klage erhoben. Dazu wiederholt und vertieft sie ihr vorprozessuales Vorbringen. Ergänzend macht sie im Wesentlichen Folgendes geltend: Aus den Verwaltungsvorgängen sei ersichtlich, dass sich die Beklagte bzw. die Bezirksregierung Weser-Ems ihrer Einschätzung, dass die von der F. angebotenen Informationen Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes seien, selbst nicht ganz sicher sei, da diese rechtliche Wertung dort nur als „vertretbar“ bezeichnet werde. Auch seien ihre - der Klägerin - Druckerzeugnisse, die dieselben Informationen enthielten, über Jahrzehnte nicht beanstandet worden. Auch würden im Internet Anbieter im Bereich der Humanmedizin in gleicher Form wie sie - die Klägerin - im Bereich der Tiermedizin auftreten („G.“; „H.“).

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 14.02.2003 in der Fassung deren Widerspruchsbescheides vom 21.07.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertieft die Ausführungen der angefochtenen Bescheide.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 24.01.2005 dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

Gründe

Die Kammer konnte den Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und auch keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs. 1 VwGO).

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 11 Nds. SOG i.V.m. § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz) vom 19.10.1994, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.07.2004, - HWG -. Nach § 11 Nds. SOG können die Verwaltungsbehörden notwendige Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht - die hier nicht eingreifenden - Vorschriften des Dritten Teils die Befugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei besonders regeln. Nach § 5 Abs. 1 Nds. SOG treffen die Verwaltungsbehörden und die Polizei ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei haben sie gemäß § 4 Nds. SOG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen in der Regel gegen sie zu richten (§ 6 Abs. 1 Nds. SOG).

Eine Gefahr, die die Verwaltungsbehörden und die Polizei aufgrund der Befugnisgeneralklausel des § 11 Nds. SOG zu abwehrenden Maßnahmen ermächtigen, ist nach § 2 Ziff. 1 lit. a) Nds. SOG eine konkrete Gefahr, d.h. eine Sachlage, bei der im einzelnen Falle die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Der in § 11 Nds. SOG für die Polizei und die Verwaltungsbehörden enthaltene Gefahrenabwehrauftrag erfasst nicht nur die Fälle, in denen - mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit - ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird, sondern auch diejenigen, in denen der Schaden infolge einer Verwirklichung der Gefahr in eine bereits eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung übergangen ist und in denen die Maßnahmen folglich auf die Beseitigung der eingetretenen Störung zu richten sind. Die Schutzrichtung der Generalklausel ist individual- und gemeinschaftsbezogen. Zu den gemeinschaftsbezogenen Schutzgütern zählt auch der Schutz der objektiven Rechtsordnung. Die bestehende Rechtsordnung als Ganzes ist Bestandteil der öffentlichen Sicherheit. Demgemäß stellt eine Verstoß gegen eine geltende Norm des öffentlichen Rechts eine Störung der öffentlichen Sicherheit dar. Eine Norm des öffentlichen Rechts in diesem Sinne ist auch die Regelung des § 10 Abs. 1 HWG, nach der für verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden darf. Das unterliegt keinen Zweifeln und wird durch den Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 15 Abs. 1 Ziff. 8 HWG offensichtlich. Ein Verstoß gegen § 10 Abs. 1 HWG stellt demgemäß eine Störung der öffentlichen Sicherheit und die hinreichende Wahrscheinlichkeit weiterer Verstöße stellt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar, die der zuständigen Verwaltungsbehörde jeweils das Ermessen eröffnen, abwehrende Maßnahmen zu treffen. Das stellt im Grundsatz auch die Klägerin nicht in Frage. Vielmehr hält sie der Rechtmäßigkeit der Verfügung entgegen, dass sie tatsächlich keine gegen § 10 Abs. 1 HWG verstoßende Werbung betreibe. Das ist indes unzutreffend. Die Klägerin verstößt mit ihrem Internetangebot - wie bereits die Bezirksregierung Weser-Ems in der angefochtenen Verfügung weitgehend zutreffend ausgeführt hat - gegen § 10 Abs. 1 HWG.

Dass die über die Internet-Seite „www. C..de“ der Klägerin gegen ein Jahresentgelt von 24,00 € abrufbaren „Informationen“ verschreibungspflichtige Arzneimittel betreffen und dass der Zugang dazu nicht nur den in § 10 Abs. 1 HWG bezeichneten Personen möglich ist, steht außer Frage. Soweit die Klägerin dazu geltend macht bzw. geltend gemacht hatte, durch die Vergabe einer I. -Info-Card mit einer persönlichen Codenummer habe sie sich eine Zugangskontrolle eröffnet, zeigt sie nichts Gegenteiliges auf. Denn tatsächlich nutzt sie die Vergabe der Zugangsberechtigung nicht dazu, um nur dem in § 10 Abs. 1 HWG genannten Personenkreis den Zugang zu ermöglichen und andere Personen von der Inanspruchnahme ihres Internetangebotes auszuschließen. Die Klägerin bedient sich (gerade) nicht eines doc.check-Systems, wie es etwa Anbieter für den Humanmedizin-Bereich verwenden. Dies widerspräche auch der Zielrichtung der Klägerin. Deren Angebot richtet sich nicht an Tierärzte oder Personen, die mit tierärztlichen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, sondern an Nutztierhalter.

Entgegen der Auffassung der Klägerin wirbt sie bei diesem Personenkreis auch für die verschreibungspflichtigen Arzneimittel.

Unter Werbung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes sind alle der Förderung des Absatzes dienenden Anpreisungen und Angaben zu verstehen, die auf ein Mittel aufmerksam machen, den Bedarf wecken, zum Kauf anregen oder jedenfalls beim Adressaten den Wunsch wachrufen können, sich im Bedarfsfall des Mittels zu bedienen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.04.1994 - Az. 6 U 229/93 -). Die heilmittelwerberechtlich relevante Werbung zielt demgemäß auf die Förderung des Absatzes von Waren oder Leistungen und ist damit eine Absatzwerbung. Dazu kann sie mit informationsvermittelnden und meinungsbildenden Aussagen darauf abzielen, die Aufmerksamkeit der Adressaten und deren Bedarfsinteresse wecken. Sie kann eine Vorzüge nennende Anpreisung oder auch eine nüchterne, objektiv gehaltene Sachinformation sein. Eine heilmittelwerberechtlich beachtliche Trennung zwischen sachlicher Information bzw. sachbezogener Aufklärung einerseits und einer Wirtschaftswerbung andererseits ist nicht gerechtfertigt, weil auch die objektiv gehaltene Sachinformation Werbeintention und -charakter hat bzw. haben kann. Entscheidend ist, ob die Werbung bzw. „Information“ geeignet ist, ihre Adressaten in deren produkt- bzw. leistungsbezogenen wirtschaftlichen Entschlüssen zu beeinflussen. Die für die heilmittelwerberechtlich relevante Form der Wirtschaftswerbung in subjektiver Hinsicht erforderliche Absicht der eigenen oder fremden Absatzförderung muss sich allerdings eindeutig und erkennbar auf ein oder mehrere Arzneimittel beziehen. Wird in der Werbung auf ein ganz bestimmtes verschreibungspflichtiges Arzneimittel eindeutig und erkennbar Bezug genommen, wie dies insbesondere bei dessen ausdrücklicher namentlicher Erwähnung der Fall ist, akzentuiert dies die Absatzförderung und führt daher stets zur Anwendbarkeit von § 10 Abs. 1 HWG. Dabei schließt es den Werbecharakter keineswegs aus, wenn mehrere Arzneimittel gleichrangig nebeneinander gestellt werden.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die über die Internet-Seite der Beklagten abrufbaren „Informationen“ aus folgenden Erwägungen Werbung:

Über ihre F. bietet die Klägerin den Nutzern Informationen über Medikamente und deren Anwendung, ergänzt durch Fütterungskonzepte und Informationen über sonstige Maßnahmen. Damit will sie Kunden werben und fortan an sich binden. Dem Geschäftsinteresse der Klägerin korrespondiert ein Kundeninteresse, das darauf gerichtet ist, mit den von der Klägerin erworbenen Informationen unter Verwendung der in der F. dargestellten Medikamente nebst begleitenden Maßnahmen Nutztierbehandlungen durchzuführen. Für den Kunden bzw. Informationsadressaten der Klägerin stellt sich die Medikamentendarstellung und -beschreibung der Klägerin als diejenige Angabe dar, auf die er im Bedarfsfall für seine Entscheidung, welches Medikament er sich für die Behandlung verschreiben lassen oder welches Medikament seines Bestandes er verwenden will, zurückgreift bzw. zurückgreifen kann. Diese Kausalität ist für die Absicht der fremden Absatzförderung hinreichend. Unbeschadet dessen, dass die Klägerin eine Mehrzahl bzw. Vielzahl von Medikamenten für die Behandlung der Krankheiten nennt. Denn Werbung kann - wie bereits erwähnt - ohnehin gleichermaßen für mehrere Medikamente nebeneinander erfolgen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Darstellungen der Medikamente deren zum Teil unterschiedliche Inhaltsstoffe, Behandlungsformen, Preise und dergleichen aufzeigen und sich damit in quasi-konkurrierender Werbung dem Nutztierhalter darstellen. Des Weiteren ist zu beachten, dass die von der Klägerin für die Behandlung der jeweiligen Krankheiten dargestellten Medikamente nicht vollständig aufgelistet sind, und sich auch von daher durch die selektive Darstellung eine heilmittelrechtlich relevante Werbung ergibt. Außerdem preist die Klägerin die von ihr gelisteten und beschriebenen Medikamente mit der Überschrift „Medikamente für die erfolgreiche Bekämpfung von ...“ an.

Die sich daraus ergebende Beurteilung, dass die Klägerin heilmittelrechtlich relevante Werbung im Sinne von § 10 Abs. 1 HWG betreibt, kann diese auch nicht durch ihren Hinweise auf die „Rote Liste“, auf vergleichbare Internetangebote anderer Anbieter und auf eine etwaige unterschiedliche Behandlung bzw. Ahndung von Internet-Angeboten einerseits und Print-Angeboten andererseits erfolgreich in Frage stellen. Zur „Roten Liste“ hat der BGH Kartellsenat in seinem Urteil vom 07.10.1980 (- KZR 25/79 - BGHZ 78 S. 190) ausgeführt, dass es sich dabei um „ein für die Verbrauchsdisponenten, also für den Markt bestimmtes Werbemittel“ handelt. Ob vergleichbare Internet-Angebote anderer Anbieter vorhanden sind, kann dahinstehen, weil diese gegebenenfalls gleichermaßen rechtswidrig sind bzw. wären und die Klägerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht hat. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte hier willkürlich unterschiedlich handelte. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin gerügten Unterschiede zwischen der Ahndung von Verstößen im Internet-Bereich einerseits und im Print-Bereich andererseits.

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das zum Verfahren - 6 U 5565/04 - ergangene Urteil des OLG München vom 06.05.2004 geltend macht, die Regelung des § 10 Abs. 1 HWG müsse im Falle der hier vom Verwaltungsgericht dargelegten und vertretenen Auffassung, nach der die von der Klägerin angebotene Information Werbung im Sinne von § 10 Abs. 1 HWG sei, verfassungskonform ausgelegt werden, ist dem nicht zu folgen, weil der vom OLG München entschiedene Fall eine andere Sachlage betrifft. Gegenstand jener Entscheidung war die Darstellung der Gebrauchsanweisung eines verschreibungspflichtigen Medikaments auf der Homepage des pharmazeutischen Unternehmens. Davon weicht der hier gegebene Sachverhalt ersichtlich in entscheidungserheblicher Weise ab.

Zu einer verfassungskonformen Auslegung sieht sich das Gericht auch nicht aufgrund der hier konkret gegebenen Sach- und Rechtslage und der daraus folgenden Rechtsanwendung veranlasst. Nach Auffassung des Gerichts verstößt § 10 Abs. 1 HWG auch in der hier gegebenen Anwendung nicht gegen höherrangiges Recht und insbesondere auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

Die Maßnahme erweist sich auch als geeignet und erforderlich, um die Störung und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit abzuwehren. Da sie auch verhältnismäßig ist, ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.