Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 28.01.2005 - 13 ME 526/04
Fundstelle
openJur 2012, 42433
  • Rkr:

Das Einspielergebnis ist als Grundlage für die Bemessung der "Spielautomatensteuer" ungeeignet.

Gründe

Die Beschwerde bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage 1 A 4305/04 gegen die Steuerbescheide der Antragsgegnerin für die Monate April bis Juli 2004 anzuordnen. Das umfangreiche Beschwerdevorbringen vermag das nicht infrage zu stellen. Auch nach Auffassung des Senats bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Heranziehung der Antragstellerin zu Vergnügungssteuern wegen ihres „Betriebes von Spiel...-automaten“ in Hannover (§ 1 Nr. 5 und § 9 Abs. 1 der Satzung vom 21.11.1985 i. d. F. vom 28.6.01) nicht.

2Zu Unrecht bestreitet die Antragstellerin der Antragsgegnerin schon die „Normsetzungskompetenz für die ausschließlich in pauschalierter Form erhobene Gerätesteuer“, bei der der „Charakter der örtlichen Aufwandsteuer i. S. d. Art. 105 II a GG ... bereits insoweit nicht mehr gewahrt (sei), als gar nicht der tatsächliche Aufwand des einzelnen Spielers, sondern vielmehr das einzelne Gerät besteuert wird“. Dieses Vorbringen, wonach zu Recht eine „Geräte-Besteuerung“ als unzulässig angesehen wird, verkennt indessen, dass es dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer entspricht, diese von dem Veranstalter des Vergnügens zu erheben, obwohl eigentlich es Steuerobjekt der sich Vergnügende (Spieler) ist, auf den die Steuer letztlich nur „abwälzbar“ sein muss (BVerfGE 14, 76/91 ff.; 31, 8/18 ff.). Insofern ist die Bezeichnung „Gerätesteuer" oder „Spielautomatensteuer“ durchaus irreführend; denn nicht das Gerät als solches wird besteuert, sondern der ein solches bedienende Spieler. Dass die Antragstellerin die bei ihr erhobene Steuer nicht auf die Spieler abwälzen kann, hat sie nicht dargelegt. Die dazu vorgelegte, Automaten mit Gewinnmöglichkeit betreffende Aufstellung für die Monate Januar bis Mai 2004 zeigt vielmehr, dass die Einspielergebnisse in der Regel erheblich über der entsprechenden Monatssteuer liegen.

3Soweit die Antragstellerin, auch unter Berufung insbesondere auf das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 21.1.04, 2 LB 53/03, KStZ 2004, 95, gegen das das Bundesverwaltungsgericht die Revision zugelassen habe, Aktenzeichen: 10 C 5.04), aber auch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Beschl. v. 12.8.04, 5 N 4228/98, KStZ 2004, 192), meint, der von der Antragsgegnerin verwendete sog. (pauschale) „Stückzahlmaßstab“ sei angesichts der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Einspielergebnisse der einzelnen Spielautomaten ein „unzulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab“, vielmehr müsse das seit dem 1. Januar 1997 elektronisch erfassbare Einspielergebnis („Zählwerksausdruck“) des einzelnen Automaten als „Wirklichkeitsmaßstab“ der Steuererhebung zugrundegelegt werden, entspricht das nicht der Rechtsprechung des Senats, an der dieser auch angesichts des Vorbringens der Antragstellerin festhält. Entscheidend ist danach nämlich, dass es für die Bemessung der Spieler-Vergnügungssteuer eben nicht auf den Umsatz des einzelnen Gerätes ankommt, sondern auf den des (einzelnen) Spielers. Ob der (zu besteuernde) Aufwand des Spielers groß oder klein ist, zeigt sich nicht am Einspielergebnis des Spielapparates, der insoweit nicht unterscheiden kann, vielmehr (innerhalb des bestimmten Zeitraumes) sämtliche Spieler erfasst: Ein hoher Umsatz zeigt lediglich die Beliebtheit eines Geldspielautomaten. Das wiederum kann zwar auch in der Häufigkeit der von einem einzelnen Spieler getätigten Spiele zum Ausdruck kommen, ebenso aber auch auf einer entsprechenden Vielzahl von Spielern beruhen, ist zur Ermittlung des (zu besteuernden) Aufwandes des einzelnen Spielers damit ungeeignet.

Insofern ist das Wort vom „lockeren Bezug“ zwischen Spieler und Steuer (vgl. BVerfGE 14, 76/95; BVerwGE 110, 237/241), bzw. dessen Ausformung durch die aus dem Benutzungsgebührenrecht stammenden Begriffe „Wahrscheinlichkeits-“ und „Wirklichkeitsmaßstab“ (s. auch BVerfG, Beschl. v. 3.5.01, 1 BvR 624/00, NVwZ 2001, 1246), worauf sich die Verfechter der Bemessung der Steuer nach dem Einspielergebnis (als eines „Wirklichkeitsmaßstabes“) berufen (s. Schl.-Holst. OVG, a. a. O.), durchaus missverständlich. Denn dabei wird ein Zusammenhang zwischen Automat und Aufwand des Steuersubjekts „Spieler“ suggeriert, der in Wirklichkeit nicht besteht (s. Beschl. v. Senats v. 26.1.04, 13 LA 397/03, NVwZ-RR 2004, 781; Beschl. v. 19.8.03, 13 LA 243/03 im Anschluss an BVerwGE 110, 237/240). Vielmehr wird die Spiel(automaten)steuer bei Berücksichtigung des (Automaten-)Einspielergebnisses zu einer am Umsatz orientierten Steuer, was sie indessen gerade nicht sein darf, da dies die Verhältnisse des Aufstellers betrifft, nicht die des eigentlichen Steuersubjekts. Auf die Frage der Verwaltungspraktikabilität kommt es dabei nicht an. Als Differenzierungsgründe werden in der Rechtsprechung des Senats daher auch nur solche Umstände beim "Spiele-Betrieb" anerkannt, die sich als solche unmittelbar auf den Umfang der Betätigung des Spielers, insbesondere die Häufigkeit seiner Spielvorgänge, auswirken und insofern Rückschlüsse auf den Aufwand dieses Spielers zulassen. Dazu zählt der Senat die Art des Spielgerätes (mit oder ohne Gewinnmöglichkeit) und den Ort der Aufstellung (Gaststätte oder Spielhalle) (Beschl. v. 26.1.04, 13 LA 397/03, a. a. O.).

5Die Antragstellerin hat auch nicht dargetan, dass, wie sie behauptet, die von der Antragsgegnerin erhobene „Automatensteuer“ einen „verfassungswidrigen Verbotscharakter“ habe, indem ihre Erhebung unzulässigerweise in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) eingreife. Insofern trifft es keineswegs zu, dass die Antragstellerin „durch entsprechende betriebswirtschaftliche Auswirkungen“ belegt hätte, dass ihr „keinerlei Rentabilität“ verbleibe. Der Vortrag der Antragstellerin dazu und offenbar auch die insoweit vorgelegte „kurzfristige Erfolgsrechnung Mai 2004“ beziehen sich zum einen lediglich auf „Geldgewinnspielgeräte in Spielhallen“, zum anderen auf lediglich einen Monat. Unabhängig von der Aussage der betreffenden Aufstellung kann diese aber weder repräsentativ sein noch würde sie sonst ausreichen. Denn hinsichtlich der Frage der Berufsausübungsfreiheit wäre nicht auf den (nicht vorhandenen) Beruf des „Spielhallen-Gewinnspielautomaten-Aufstellers“ abzustellen, sondern auf den des Aufstellers von (Spiel)Automaten allgemein. Soweit sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Senats vom 30. April 2003 (13 LB 1450/01, KStZ 2003, 215) beruft, kann das schon deshalb nicht verfangen, weil dieser Entscheidung ein Sachverständigengutachten zugrunde lag, das die Wirtschaftlichkeit des Betriebes des betreffenden Klägers über mehrere Jahre betraf. Davon kann hier auch nicht im Entferntesten die Rede sein.

Noch weniger hat die Antragstellerin dargetan, dass die Vollziehung der fraglichen Steuerbescheide zu einer „unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte führen, nämlich ihre Existenz vernichten würde“ (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Dazu ist vielmehr nichts vorgetragen worden.