VG Oldenburg, Urteil vom 12.03.2003 - 6 A 3255/01
Fundstelle
openJur 2012, 39412
  • Rkr:

Der Dienstherr ist nicht unter Fürsorge- und Gleichbehandlungsgesichtspunkten gehindert, die eingeführte Pflichtstundenermäßigung für ältere Lehrkräfte wieder rückgängig zu machen, auch wenn er sich als Motiv von haushaltsmäßigen Erwägungen leiten lässt.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine erhöhte wöchentliche Pflichtstundenzahl, die durch den vorübergehenden Wegfall der sog. Altersermäßigungsstunden für die Gruppe der zwischen 55 und 60 Jahre alten Lehrer eingetreten ist.

Der im ... geborene Kläger ist verheiratet und trat nach einer breit angelegten Berufsausbildung im September 1978 zunächst als Angestellter in den Dienst der Beklagten. Er war zunächst an den Berufsbildenden Schulen in ...... tätig und wurde am 16. Januar 1979 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat ernannt. Im September 1981 erfolgte die Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit. Im August 1984 wurde er an die Berufsbildenden Schulen ...... versetzt, wo er am 25. Juni 1992 zum Oberstudienrat befördert wurde.

Wegen Erreichung des 55. Lebensjahres wurde dem Kläger ab dem Beginn des 2. Schulhalbjahres 1998/1999 - hier vom 1. Februar 1999 an - im Hinblick auf die von ihm zu leistenden Pflichtwochenstunden eine Entlastungsstunde aus Altersgründen gewährt. Dies geschah auf der Grundlage der Arbeitszeitverordnung für Lehrer in der Fassung vom 24. Februar 1999.

Nachdem mit einer Änderungsverordnung vom 5. Mai 2000 die betreffende Regelung in der Arbeitszeitverordnung für Lehrer geändert worden war, wurde der Kläger ab dem 1. August 2000 an seiner Schule wieder mit den regelmäßig vorgesehenen 24,5 wöchentlichen Unterrichtsstunden eingeplant, ohne dass ihm eine Altersermäßigung gewährt wurde. Nachdem der Kläger schon mit Schreiben vom 29. September 2000 bei der Beklagten geltend gemacht hatte, seine Unterrichtsstunden um die früher ihm gewährte eine Wochenstunde Altersermäßigung zu reduzieren, beantragte er erneut mit Schreiben vom 5. Juli 2001, die eine Unterrichtsstunde der wöchentlichen Altersermäßigung ihm ab dem 1. August 2000 und ab dem 1. Februar 2004 - nach Erreichen des 60. Lebensjahres - zwei Unterrichtsstunden zu gewähren. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 2001 mit der Begründung ab, dass sie an die Neuregelung der Arbeitszeitverordnung für Lehrer gebunden sei. Der dagegen vom Kläger am 21. August 2001 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 11. September 2001 - zugestellt am 13. September 2001 - als unbegründet zurückgewiesen.

Am 2. Oktober 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend: Die Abschaffung der Altersermäßigung für die Gruppe der über 55 Jahre alten Lehrer sei fürsorgepflichtwidrig. Denn es bestehe ein allgemeiner Erfahrungssatz, den der Gesetz- und Verordnungsgeber auch in der Arbeitszeitverordnung für Lehrer grundsätzlich anerkannt habe, dass mit zunehmendem Alter eine nachlassende Leistungsfähigkeit einhergehe, der durch die Altersermäßigung im Grundsatz Rechnung getragen werde. Wenn nun der Verordnungsgeber von dem früheren Bestand der Altersermäßigung für Lehrer abgehe, obwohl die tatsächlichen Belastungen im Lehrberuf eher zugenommen hätten, so verstoße er damit gegen die den Lehrern obliegende Fürsorgepflicht. Durch die Zunahme an psychotischen Schülern habe sich eine extreme Mehrbelastung auch im berufsbildenden Bereich der Schulen ergeben, was sich für ihn auch durch zunehmende gesundheitliche Beeinträchtigungen deutlich mache. Bei der Veränderung der Pflichtstundenzahlen handele es sich mithin um einen unzulässigen Eingriff in eine Rechtsposition der über 55 Jahre alten Lehrer. Darüber hinaus verstoße die Neuregelung gegen das Gleichbehandlungsgebot. Denn offensichtlich sei der Wegfall dieser Altersermäßigung dazu gedacht, wenigstens teilweise die zusätzlichen Belastungen in der Unterrichtsversorgung auszugleichen, die auch die Einführung der Altersteilzeit im Schulbereich herrührten. Dann sei es aber grob gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßend, wenn nur eine relativ kleine Gruppe von Lehrern - nämlich diejenigen, die das 55. Lebensjahr vollendet hätten - zum Ausgleich durch Ableistung von Mehrstunden herangezogen würden, ohne dass für diese besondere Belastung ein sachlicher Grund bestehe. Hinzu komme, dass gerade diese Gruppe von Lehrern wegen des Alters besonders schutzbedürftig sei, so dass unter keinem Gesichtspunkt die zusätzliche Belastung dieser Gruppe von Lehrern gerechtfertigt sein könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm ab dem 1. August 2000 eine Pflichtwochenstunde als Altersermäßigung zu gewähren und ab dem 1. Februar 2004 eine weitere Pflichtwochenstunde als Altersermäßigung zu gewähren und

den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2001 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. September 2001 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft die Begründung der angefochtenen Bescheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Gerichtsakte gleichen Rubrums zum Aktenzeichen 6 A 482/01 ergänzend Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

II.

Die zulässige Klage, für die das nach § 126 Abs. 3 BRRG erforderliche Vorverfahren durchgeführt wurde, hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm ab dem 1. August 2000 von seiner wöchentlichen Regelstundenzahl eine Unterrichtsstunde als Altersermäßigung und ab Vollendung des 60. Lebensjahres eine weitere Unterrichtsstunde als Altersermäßigung abgezogen wird. Dazu im Einzelnen:

Die angefochtenen Bescheide entsprechen der Regelung der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen - ArbZVO-Lehr - wie sie in der Änderungsverordnung vom 5. Mai 2000 (Nieders. GVBl. S. 114) ihren Ausdruck gefunden hat. Das wird letztlich auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

Auch entspricht diese Verordnung der Ermächtigungsgrundlage in § 80 Abs. 9 NBG.

Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die Neufassung der Regelung der Arbeitszeit der Lehrkräfte auch nicht gegen höherrangiges Recht - insbesondere die aus Art. 33 Abs. 5 GG herzuleitende Fürsorgepflicht des Dienstherrn für den Beamten und das auf Art. 3 Abs. 1 GG beruhende Gleichbehandlungsgebot.

17Bei der Festsetzung der wöchentlichen Regelstunden der Lehrer handelt es sich nicht um eine Bestimmung der regelmäßigen Arbeitszeit im Sinne von § 80 Abs. 1 NBG. Durch sie wird lediglich das Maß der Unterrichtsverpflichtung als Teil der im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zu erbringenden Dienstleistung bestimmt. Die Pflichtstundenregelung für Lehrer ist in die allgemeine beamtenrechtliche Arbeitszeitregelung eingebettet, wobei sie dem besonderen Umstand Rechnung trägt, dass der Aufgabenbereich der von ihr erfassten Lehrer nur zu einem Teil, nämlich hinsichtlich der eigentlichen Unterrichtsstunden, exakt zeitlich bestimmbar ist. Demgegenüber ist die Arbeitszeit der Lehrer im Übrigen entsprechend ihren pädagogischen Aufgaben durch zahlreiche weitere Tätigkeiten geprägt, die einen - durchaus erheblichen - Zeitaufwand erfordern. Dazu gehören die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, das Korrigieren von schriftlichen Übungen und Klausuren, die Teilnahme an Schulkonferenzen, Besprechungen mit anderen Lehrern zur Unterrichtsorganisation, Besprechungen mit Eltern und Schülern im Rahmen pädagogischer Problemstellungen und vieles andere mehr. Dabei tritt hinzu, dass diese weitergehenden Aufgabenstellungen durch zahlreiche Unterschiede geprägt sind. So bestehen durchaus im allgemeinbildenden Schulwesen Unterschiede zwischen Haupt- und Nebenfächern oder Grundkursen und Leistungskursen. Auch stellen sich die Anforderungen der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts je nach dem Alter der betreffenden Schüler und ihrer sozialen Zusammensetzung unterschiedlich dar. Neben der inhomogenen Zusammensetzung der Schülerschaft etwa im Hinblick auf Nationalität, Sprachkenntnisse der deutschen Sprache oder sozialer Kompetenz ergeben sich durchaus auch Unterschiede durch den sozialen Hintergrund des Wohnortes oder der Familie der betreffenden Schüler. Darüber hinaus ist das Fach- und Methodenwissen der jeweiligen Lehrer nach Begabung, Ausbildung und Unterrichtserfahrung verschieden geprägt. Die Bereitschaft zur Innovation im Unterricht, der Einsatz bewährter Mittel oder Unterrichtseinheiten sind bei den einzelnen Lehrern unterschiedlich vorhanden und mitunter werden gestiegene Anforderungen durch die fachliche und pädagogische Routine eines erfahrenen Lehrers ausgeglichen. All diese verschiedenen Aspekte sind wegen der Eigenart der pädagogischen Arbeit je nach Schule und einzelnem Lehrer verschieden ausgeprägt, so dass herkömmlicher Weise im lehrenden Bereich (von den Grundschulen bis zu den Universitäten) die Arbeitszeitverpflichtung der Lehrkräfte über die Bestimmung von Pflichtstundenzahlen definiert wird. Zudem besteht bei der Lehrtätigkeit - im Gegensatz zu anderen Beamtentätigkeiten - die Absonderheit, dass die zuvor beschriebenen „weiteren“ Arbeitsstunden nicht in einer Dienststelle in leichter kontrollierbarer Weise (z.B. durch Stechuhr oder Fallzahlen), sondern überwiegend zu Hause erbracht werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser notwendige Einsatz im Einzelnen nicht für jede einzelnen Lehrer bestimmt werden kann. Daher kann nur - grob pauschalierend - vom Gesetz- und Verordnungsgeber der Aufwand geschätzt werden, der im Einzelnen über die festgesetzten Unterrichtspflichtstunden hinaus von den einzelnen Gruppen von Lehrerinnen und Lehrern geleistet werden soll. Durch die Festsetzung des Regelstundenmaßes wird danach die für die Lehrkräfte wegen der Besonderheiten des Lehrbereichs ausfüllungsbedürftige allgemeine Arbeitszeitregelung der Landesbeamten eigenständig ergänzt und konkretisiert. Anknüpfend an die in den unterschiedlichen Schulformen und Fachbereichen jeweils unterschiedlichen Anforderungen ist es Sache des Dienstherrn, die Leistungspflichten der Lehrer zu konkretisieren. Im Rahmen des besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses (vgl. Art. 33 Absätze 4 und 5 GG), das die Pflicht des Beamten begründet, grundsätzlich seine volle Arbeitskraft für den Dienstherrn einzusetzen, hat der Verordnungsgeber ein weites Ermessen bei der Ausübung der ihm zugewiesenen Organisationsrechte hinsichtlich der Festsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit. Dabei ist die Verlängerung der Wochenarbeitszeit - hier durch den Wegfall der Altersermäßigung - eine Maßnahme des Organisationsrechts und keine Besoldungsregelung (vgl. dazu: BVerfGE 34, 9). Zwar ist anerkannt, dass ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Alimentation und Dienstleistung des Beamten besteht, wie er auch darin zum Ausdruck kommt, dass der Beamte den Anspruch auf Bezüge verliert, wenn er schuldhaft dem Dienst fernbleibt. Auch aus wirtschaftlicher Sicht hat die Besoldung Lohnfunktion in Form der Alimentation für die Beamten. Für das Verhältnis der Arbeitszeitverlängerung und Besoldung ist jedoch maßgebend, dass die Alimentation keine Entlohnung im Sinne eines bei Arbeitnehmern üblichen Entgelts für konkrete Dienste ist (vgl. BVerfGE 39, 196, 200). Leistung und Gegenleistung stehen sich vielmehr als Gesamtleistung des Dienstherrn und der Gegenleistung des Beamten durch seine besondere Treuepflicht und die grundlegende Pflicht, seine ganze Arbeitskraft für den Dienstherrn einzusetzen, gegenüber (vgl. BVerfGE 41, 316, 321). Diese Strukturprinzipien gelten für das Beamtenverhältnis auch heute noch und führen dazu, dass die Verlängerung der durchschnittlichen Arbeitszeit der Beamten z.B. um 1 1/2 Stunden auf 40 Wochenstunden nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 1994, ZBR 1995, 146; Beschluss vom 29. Januar 1992, RiA 1993, 95; Urteil vom 28. Oktober 1992, ZBR 1993, 187). Daher ist wegen dieser wesentlichen Strukturunterschiede zwischen dem allgemeinen (zivilrechtlichen) Arbeitsrecht und dem besonderen (öffentlich-rechtlichen) Beamtenrecht eine Verlängerung der Arbeitszeit für Beamte grundsätzlich auch dann zulässig, wenn keine entsprechende Erhöhung der Bezüge erfolgt (vgl. VGH Koblenz, Urteil vom 10. März 1997, DVBl. 1997, 997; VGH Kassel, Beschluss vom 8. August 2000 - 1 N 4694/96 - zitiert nach juris).

Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die hier in Rede stehende Änderung der Arbeitszeitverordnung der Lehrer von der alten Fassung vom 24. Februar 1999 (Nieders. GVBl. S. 62) in die Neufassung durch die Änderungsverordnung vom 5. Mai 2000 (Nieders. GVBl. S. 114) gegen die Ermächtigungsgrundlage in § 80 Abs. 9 NBG verstößt.

Sie ist auch nicht fürsorgepflichtwidrig und stellt damit keinen Verstoß gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums dar, wie sie in Art. 33 Abs. 5 GG bestimmt sind.

Bei der Altersermäßigung der Pflichtstundenzahl in der Arbeitszeitregelung für die Lehrer handelt es sich um eine gesetzlich nicht vorgeschriebene freiwillige Fürsorgemaßnahme des Dienstherrn. Zwar spricht etwas für die allgemeine Annahme, dass mit zunehmendem Lebensalter ein Nachlassen der Leistungskraft des Beamten einhergeht. Andererseits wird häufig die nachlassende Kraft durch die größere Erfahrung und Routine ausgeglichen. Vielfach gewinnen gerade im pädagogischen Bereich dann Maßnahmen und der Unterricht größere Überzeugungskraft, wenn sie von lebensälteren und erfahreneren Pädagogen angebracht werden. Zwar stellt die Aufhebung der Altersermäßigung ab dem 1. August 2000 und die damit für den Kläger verbundene Erhöhung der Pflichtstundenzahl um eine Wochenstunde eine gewisse Belastung für den Kläger dar. Es ist aber nicht ersichtlich, dass damit dem Kläger - und den über 55 Jahre alten Lehrkräften im allgemeinen - eine Dienstpflicht abverlangt wird, die sie in den Randbereich ihrer persönlichen Leistungskraft führen würde. Es sind auch objektiv keine Gründe dafür ersichtlich, warum es einem 55 Jahre alten Lehrer nicht möglich sein sollte, die Unterrichtsstunden abzuleisten, wie sie ein 54 Jahre alter Lehrer erbringen kann und erbringt. Wenn demgegenüber der Kläger darauf hinweist, der Gesetz- und Verordnungsgeber habe durch § 8 in der Arbeitszeitverordnung der Lehrer zu erkennen gegeben, dass er grundsätzlich sich für verpflichtet halte, eine Altersermäßigung zu gewähren, so führt dies nach Ansicht des Gerichts nicht weiter. Denn es besteht unter Gesichtspunkten der Fürsorgepflicht kein Anspruch des Beamten darauf, einen einmal erreichten Sozialstandard stets beibehalten zu dürfen. Es liefe auf eine unzulässige Gängelung des Gesetz- und Verordnungsgebers durch die Rechtsprechung hinaus, wenn man ihm vorgeben wollte, wieviel Stunden und Minuten genau in der Woche von einem Lehrer nur als Arbeitszeit verlangt werden dürften. Insoweit ist es nämlich der Gestaltungsfreiheit und Einschätzungsprärogative eines Verordnungsgebers vorbehalten, normative Einschätzungen dazu vorzunehmen, wieviel Arbeitszeit bei Vorgabe einer bestimmten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von einem Beamten - insbesondere den Lehrern - verlangt werden kann. Hinzu kommt, dass die allgemeine Arbeitszeitregelung in § 80 Abs. 1 NBG und die auf ihrer Grundlage erlassene Arbeitszeitverordnung für die Beamten im Übrigen eine allmähliche Arbeitszeitverkürzung mit fortschreitendem Alter des Beamten nicht vorsieht. Es besteht also kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG, dass Altersermäßigungsstunden für Beamte oder Lehrer in Ansatz gebracht werden müssten.

Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die im Streit stehende Regelung auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, wie es in Art. 3 Abs. 1 GG festgehalten ist. Denn dieses Gebot, sachlich Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend unterschiedlich zu behandeln, ist nur dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 55, 114, 128). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Innerhalb dieser Grenzen ist der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei (vgl. BVerfGE 103, 242 und 310). Aus den obigen Ausführungen zu den völlig verschiedenartigen Aspekten bei der weiteren Diensttätigkeit der Lehrer über die Ableistung der Pflichtwochenstunden hinaus ergibt sich, dass es keinen zwingenden sachlichen Grund gibt, die lebensälteren Lehrer mit einer Altersermäßigung zu versehen. Zwar kann sich ein Verordnungsgeber dahin entscheiden, im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit eine derartige Altersermäßigung zu gewähren, zwingend ist dies jedoch nicht. Denn die Erfahrungen des Lebensalters und eine lang währende Routine im Beruf können durchaus auch entlastend wirken. Die Ausgestaltung der konkreten Arbeitszeit der Lehrer ist daher dem Dienstherrn überlassen, um durch die Pflichtstundenregelung die allgemein geltende Arbeitszeit zu konkretisieren. Es ist daher dem Verordnungsgeber durchaus möglich, von bisher gemachten Unterscheidungen - hier zwischen der Gruppe der Lehrer ohne Altersermäßigung und der mit Altersermäßigung - abzurücken, um die Verhältnisse neu zu regeln. Denn die Gewichtung und Zuordnung der verschiedenen sachlichen Aspekte bei der Ausgestaltung der Pflichtwochenstunden sind so unterschiedlich, dass in diesem Bereich dem Verordnungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum verbleibt.

Auch stellt es nicht eine unzulässige Ungleichbehandlung dar, wenn in den Beratungen zur Begründung der Änderungsverordnung deutlich wurde, dass das Motiv des Verordnungsgebers beim Wegfall der Altersermäßigung in der ersten Stufe war, einen gewissen Ausgleich für die Einführung der Altersteilzeit im Schulbereich zu schaffen. Das Motiv hätte durchaus auch eine allgemeine haushaltswirtschaftliche Erwägung sein können. Denn der durch die Einführung der Altersteilzeit sich ergebende (rechnerische) Fehlbedarf an Unterrichtsstunden kann von einem Schulorganisator durch verschiedene Maßnahmen ausgeglichen werden: Zum einen mag eine zusätzliche Belastung aller Lehrer durch zusätzliche Unterrichtsstunden gleichmäßig erfolgen. Zum anderen können neue Lehrkräfte eingestellt oder Stundentafeln verändert werden. Schließlich ist es auch möglich - wie im vorliegenden Fall -, bislang eingeräumte Vergünstigungen wieder zurückzufahren. Letztlich sind diese verschiedenen Motive des Verordnungsgebers bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit unerheblich. Denn bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise kann keineswegs davon ausgegangen werden, es stelle für die lebensälteren Lehrer eine nicht hinzunehmende Ungleichbehandlung dar, wenn sie dieselbe Anzahl von Unterrichtsstunden leisten müssten, wie ihre nur 54jährigen Kolleginnen und Kollegen. Die sich aus dem Lebensalter möglicherweise ergebenden sachlichen Unterschiede sind so gering, dass es der Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers überlassen bleibt, wie er - im Rahmen der allgemeinen Arbeitszeitregelung für alle Beamten - die Pflichtstundenzahl für Lehrer regeln will. Insoweit ist es nicht Aufgabe der Rechtsprechung, die nach außen bekannt gegebenen Motive für die Abfassung einer Verordnung - hier die Teilrefinanzierung der neu eingeführten Altersteilzeit - auf ihre logische Konsistenz und Folgerichtigkeit zu überprüfen. Der Dienstherr ist daher auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht gehindert, eine Pflichtstundenaltersermäßigung für Lehrkräfte wieder rückgängig zu machen (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 9. Juli 1980, DÖD 1981, 47; OVG Schleswig, Urteil vom 5. Mai 1995, RiA 1997, 48; VGH Mannheim Beschluss vom 19. Dezember 1996, NVwZ-RR 1998, 49; vergleiche auch zu den unterschiedlichen Altersgrenzen: BverfG ZBR 1986, 242).

Soweit demgegenüber in der Literatur (vgl. Heimlich ZBR 2001, 381) Kritik an dieser Rechtsprechung geübt wird, überzeugt das das Gericht nicht. Zwar mag es sein, dass durch wissenschaftlich einwandfreie soziologische Untersuchungen die tatsächliche Arbeitszeit der Lehrer empirisch erhoben werden kann. Es heißt aber die angeführte Rechtsprechung misszuverstehen, wenn man lediglich darauf abstellen wollte, ob die tatsächliche Arbeitszeit wissenschaftlich exakt messbar sei. Vielmehr kommt es darauf an, dass es dem Gestaltungsermessen eines Verordnungsgebers überlassen ist, auf der Grundlage von Schätzungen, Typisierungen und Pauschalierungen die gebotene Arbeitszeit von Lehrkräften zu bestimmen. Das ist die Aufgabe eines Gesetz- und Verordnungsgebers, normative Vorgaben zu machen, an denen sich der betreffende Beamte zu orientieren hat. Demgegenüber haben sich normative Vorgaben nicht daran messen zu lassen, ob sie stets und in allen Umständen der sozialen Wirklichkeit entsprechen. Denn der Verordnungsgeber soll gerade durch seine Vorgaben soziale Wirklichkeit gestalten. Dies folgt aus den Prinzipien der repräsentativen Demokratie.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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