OLG Celle, Beschluss vom 14.11.2002 - 12 UF 81/02
Fundstelle
openJur 2012, 38937
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Sorgerechtsentscheidung im Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wennigsen vom 16. April 2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 900 EUR festgesetzt.

II. Der Antragstellerin wird zur Verteidigung gegen die Beschwerde des Antragsgegners Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts ... in ... bewilligt.

Es wird eine Ratenzahlung von monatlich 30 EUR angeordnet.

Gründe

Die Eltern des Kindes ..., geboren am 17. Januar 1994, sind durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wennigsen vom 16. April 2002 geschieden worden.

Im Ehescheidungsverbund wurde das Sorgerecht für ... der Antragstellerin allein übertragen. Die Ehescheidung und der durchgeführte Versorgungsausgleich sind seit dem 30. Juli 2002 rechtskräftig geworden.

Mit seiner Beschwerde erstrebt der Antragsgegner die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet, weil die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung des Sorgerechts auf die Antragstellerin dem Wohle des Kindes am Besten entspricht (§ 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB). Zwar haben sich die Parteien bisher im Wesentlichen über die Belange des Kindes verständigen können. So ist der Aufenthalt des Kindes bei der Mutter und der Besuch der Waldorfschule in den ersten vier Schuljahren zwischen den Eltern unstrittig. Auch beim Umgangsrecht sind wesentliche Probleme nicht aufgetreten.

Dennoch entspricht die alleinige Sorgerechtsübertragung auf die Antragstellerin dem Wohl des Kindes. Denn für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist es erforderlich, dass die Parteien miteinander sprechen können und wollen, um die Kindesbelange einvernehmlich zu regeln. Die Mutter hat vorgetragen, dass bereits das Zusammenleben der Eltern von Kommunikationsproblemen geprägt gewesen sei. Der Antragsgegner habe diese Probleme ignoriert und habe Versuche der Antragstellerin, mit ihm auch unter Zuhilfenahme einer Partnerberatung über die bestehenden Kommunikationsprobleme zu sprechen, abgelehnt. Wenn es zu Auseinandersetzungen gekommen sei, habe der Antragsgegner oft wochenlang nicht mit der Antragstellerin gesprochen. Einmal habe dieser Zustand drei Monate angedauert.

Der Antragsgegner bestreitet Kommunikationsprobleme der Parteien.

Er sei bereits vor der Trennung der Parteien damit einverstanden gewesen, dass ... die Waldorfschule besuche. Er wolle auch keineswegs zwingend darauf hinaus, dass ... zur Orientierungsstufe tatsächlich die Schule wechseln solle.

Der Senat muss davon ausgehen, dass zwischen den Parteien nicht unerhebliche Schwierigkeiten der Kommunikation bestanden haben und weiter bestehen. Zwar bestreitet der Antragsgegner die von der Antragstellerin geschilderten Schwierigkeiten bei den Umgangskontakten weitgehend. Bei der Anhörung durch den Familienrichter hat er aber Schwierigkeiten der Kommunikation dadurch eingeräumt, dass er erklärt hat, es habe nicht allein an ihm gelegen, wenn es bereits während der Ehe eine Gesprächsbasis zwischen den Parteien nicht gegeben habe. Bereits in der ersten Instanz hat der Antragsgegner der Erklärung der Antragstellerin, der Antragsgegner halte sich nicht an Verabredungen, er höre ihr gar nicht zu und sie habe den Eindruck, gegen eine Wand zu reden, widersprochen und gemeint, es liege daran, dass die Parteien einfach nicht miteinander redeten. Die Antragstellerin unterrichte ihn nicht über das Kind. Er erhalte von ihr keine Informationen über Elternabende und Veranstaltungen in der Schule. Seine Informationen beruhten nur auf den Erzählungen der Tochter.

Damit bestehen nach der Auffassung des Senats keine durchgreifenden Zweifel, dass zwischen den Eltern des Kindes ... eine für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ausreichende Gesprächsgrundlage nicht vorhanden ist. Natürlich kann kein Streit zwischen Eltern über die Belange des Kindes entstehen, wenn die Eltern nicht miteinander sprechen. Die Kooperationsbereitschaft ist aber erforderlich, um gemeinsame Entscheidungen sachgerecht fällen zu können. Hier hat nicht nur die Antragstellerin, sondern nach seinen Erklärungen auch der Antragsgegner Defizite verspürt.

Offenbar sind die Parteien auch hinsichtlich der schulischen Belange des Kindes ... für die weitere Zukunft nicht einig. Während die Antragstellerin die Erklärungen des Antragsgegners dahin interpretiert, dass dieser mit dem weiteren Verbleib der Tochter auf der Waldorfschule einverstanden sei, sieht der Antragsgegner eine Bindung an seine Erklärung nur für die ersten vier Schuljahre des Kindes und will die Entscheidung für einen Wechsel in der Orientierungsstufe offen halten. Für die Antragstellerin hingegen ist die Entscheidung mit der Einschulung in die Waldorfschule bereits gefallen. Die fehlende Kooperationsbereitschaft bzw. -fähigkeit der Eltern führt dazu, dass die für Ausübung der gemeinsamen Sorge nötige Übereinstimmung in wesentlichen Fragen der Erziehung und Förderung des Kindes nicht zu erzielen ist. Die alleinige Sorgeberechtigung der Mutter, deren Kompetenz für die Betreuung und Erziehung der Tochter weder von den Beteiligten in Frage gestellt wird noch sonst in Zweifel zu ziehen ist, dient dem Wohle der Tochter ... am besten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

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