VG Oldenburg, Urteil vom 26.09.2002 - 4 A 4195/00
Fundstelle
openJur 2012, 38592
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2000 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 7. November 2000 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 65 m und einer Leistung von 1800 kW auf dem Flurstück ../.. der Flur .. Gemarkung ... unter Ausklammerung der Frage einer Beeinträchtigung militärischer Belange zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides für eine Windenergieanlage.

Unter dem 19. November 1999 beantragte die Klägerin die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für die Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück ../.. der Flur .. der Gemarkung ... . Gegenstand des Antrags ist nach der am 14. Dezember 1999 vorgenommenen Antragsänderung eine Anlage des Typs Enercon 66 mit einer Nennleistung von 1800 kW, einer Nabenhöhe von 65 m und einem Rotordurchmesser von 70 m. Zeitgleich beantragte die Klägerin für die in der Nähe gelegenen Flurstücke ../.. und ../.. weitere Bauvorbescheide für zwei gleichartige Anlagen. Die von den Anträgen erfassten Standorte liegen außerhalb der in der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans der beigeladenen Stadt (Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999) dargestellten Sonderbaufläche für Windenergieanlagen „...“.

Ebenso wie die parallel gestellten Anträge lehnte der Beklagte den Antrag für das Flurstück ../.. durch Bescheid vom 11. Januar 2000 ab. Zur Begründung verwies er auf die Ausschlusswirkung des Flächennutzungsplans. Dem Vorhaben stünden öffentliche Belange entgegen, da es außerhalb der Konzentrationszone für Windenergieanlagen errichtet werden solle. Außerdem habe die beigeladene Stadt das erforderliche Einvernehmen versagt.

Gegen die ablehnenden Bescheide erhob die Klägerin jeweils Widerspruch. Sie machte geltend, der Standort des Vorhabens liege in dem ursprünglich von der beigeladenen Stadt ausgewiesenen bzw. zur Ausweisung vorgesehenen Sondergebiet für die Windenergienutzung „...“. Die Änderung des Flächennutzungsplans zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung sei unwirksam, insbesondere bezogen auf die Nichtausweisung der von ihr beantragten Standorte abwägungsfehlerhaft.

Die Bezirksregierung Weser-Ems wies die Widersprüche jeweils mit Bescheid vom 7. November 2000 als unbegründet zurück. Die Versagung des Einvernehmens durch die beigeladene Stadt sei rechtmäßig erfolgt. Mit den Festsetzungen des Flächennutzungsplans über Sonderbauflächen für Windenergieanlagen mit gleichzeitigem Ausschluss von Einzelanlagen für Windenergie im übrigen Gemeindegebiet stünden dem Vorhaben die Darstellungen im Flächennutzungsplan als öffentlicher Belang entgegen. Der Einwand, die Änderung des Flächennutzungsplans sei in der bekannt gemachten Fassung unwirksam, sei unzutreffend. Mit der öffentlichen Bekanntmachung der Ratsbeschlüsse seien die 1. und 15. Flächennutzungsplanänderung der beigeladenen Stadt wirksam geworden. Die Genehmigungsverfahren seien damit im Ganzen abgeschlossen worden; eines erneuten öffentlichen Verfahrens habe es nicht bedurft.

Mit ihrer am 13. November 2000 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Antrag für den Standort auf dem Flurstück ../.. weiter. Die beiden anderen Anträge sind Gegenstand von Parallelverfahren. Den die geplante Anlage auf dem Flurstück ../.. betreffenden Rechtsstreit (4 A 4196/00) haben die Hauptbeteiligten für erledigt erklärt; über die Klage, die sich auf die geplante Anlage auf dem Flurstück ../.. bezieht (4 A 4197/00), wird zeitgleich entschieden.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Öffentliche Belange stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Der Flächennutzungsplan sei insbesondere bezogen auf die Nichtausweisung des von der Klägerin gewählten Standortes abwägungsfehlerhaft. Er leide darüber hinaus an erheblichen Form- und Verfahrensmängeln, die fristgerecht gerügt worden seien. Die Bekanntmachung der Genehmigung der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes sei unzutreffend. Dort werde ausgeführt, dass der Rat der Beigeladenen in seiner Sitzung am 24. März 1998 den Maßgaben der Genehmigungsverfügung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 zur ersten Änderung des Flächennutzungsplans beigetreten sei. Tatsächlich habe der Rat am 24. März 1998 aber nur sinngemäß die Rücknahme der gegen die Genehmigungsverfügung erhobenen Klage beschlossen. Soweit er weiter beschlossen habe, „auch in Kenntnis des abweichenden Planungsergebnisses an seiner Abwägung für den genehmigten Bereich des Windparks „...““ festzuhalten, sei dies weder inhaltlich bzw. nach dem Wortlaut ein Beitrittsbeschluss noch sei die Erklärung so gemeint gewesen. Der Verwaltungsausschuss habe am 15. Oktober 1998 auch noch beschlossen, dem Rat zu empfehlen, das Genehmigungsverfahren für den Windpark ... durch die Bezirksregierung nunmehr fortzusetzen. Der Rat habe in seiner Sitzung am 17. November 1998 entgegen dieser Empfehlung jedoch einen Sinneswandel vollzogen. Zu dem gebotenen Verfahren gemäß § 3 Abs. 3, 4 Abs. 4 BauGB und den anschließenden Verfahrensschritten sei es nicht gekommen. Damit sei auch den Eigentümern der Flächen innerhalb der in der ursprünglichen Entwurfsbekanntmachung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans vom 6. Juni 1997 vorgesehenen Sondergebiete jede Möglichkeit genommen worden, zu deren wesentlichen Änderung des Planentwurfs Stellung zu nehmen. Beschlossen habe der Rat am 15. Dezember 1998 erstens die 15. Änderung des Flächennutzungsplans für das südliche Stadtgebiet und zweitens eine erneute Änderung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans insoweit, als die vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen werde. Dieser „erneuten Änderung“ sei überhaupt kein ordnungsgemäßes Verfahren vorausgegangen. Der Rat der Beigeladenen habe drittens am 15. Dezember 1998 die redaktionelle Zusammenfassung der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans und diese als 26. Änderung beschlossen. Auch dieser 26. Änderung liege kein Verfahrensschritt iSd. §§ 3 Abs. 1, 3 Abs. 2 BauGB oder ggf. § 3 Abs. 3 BauGB zugrunde. Die Bekanntmachung vom 22.02.1999 berücksichtige mithin nicht, dass der Windpark „...“ von der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 nicht erfasst und dieser Planbereich nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen sei. Daneben sei die getroffene Aussage zum Beitrittsbeschluss unzutreffend. Schließlich sei das Verfahren unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 3 BauGB insgesamt fehlerhaft. Bei der wesentlichen Änderung der Planung – Entfall von 2/3 bis 1/2 der vorgesehenen Flächen für Sondergebiete – hätte ein Maßgabenbeitrittsbeschluss ohnehin nicht gereicht, sondern wäre zumindest das Verfahren gem. §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 4 BauGB durchzuführen gewesen. Unrichtig sei schließlich der in der Bekanntmachung dargestellte Inhalt der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans. Auf die daneben noch gegebenen Abwägungsfehler und die daraus resultierende relative Unwirksamkeit des Flächennutzungsplans bezogen auf den fraglichen Standort komme es daher nicht mehr an.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 11. Januar 2000 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 7. November 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin einen Bauvorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 65 m und einer Leistung von 1800 kW auf dem Flurstück ../.. der Flur .. der Gemarkung ... entsprechend dem Antrag vom 19. November/14. Dezember 1999 unter Ausklammerung der Frage einer Beeinträchtigung militärischer Belange zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus: Für das Bauvorhaben sei zunächst ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, da die Planung als raumbedeutsame Maßnahme einzustufen sei. Die vorgesehene Anlage solle in einer offenen Marschenlandschaft verwirklicht werden, die eine geringe Erschließung und nur wenige Vertikalelemente aufweise. Durch die beachtliche Höhe (Gesamthöhe 99,80 m) sei die Anlage in der flachen und offenen Landschaft von weither wahrzunehmen. Ferner gehe von der Anlage die realistische Gefahr einer Vorbildwirkung aus, denn der gleiche Betreiber plane in unmittelbarer Nachbarschaft insgesamt 7 weitere ähnliche Anlagen. Hierfür könnte eine Genehmigung nicht versagt werden. Das Bauvorhaben könne außerdem nicht zugelassen werden, weil ihm die öffentlichen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenstünden. Der Standort befinde sich innerhalb des Planungsraumes für den nicht realisierten Windpark ... und inmitten des offenen Marschenraumes nordwestlich der Ortschaft .... Dieser Bereich sei in einem 1995 erarbeiteten ökologischen Gutachten als lokal bedeutsames Brut- und Rastareal für Vogelarten der Marschen bewertet worden. Im Landschaftsrahmenplan des Beklagten befinde sich der Standort innerhalb eines „Marschenraumes mit besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit“. Der nördliche Bereich der beigeladenen Stadt sei im Vergleich zu den übrigen Marschenlandschaften im Kreisgebiet am dichtesten mit Einzelwindkraftanlagen bebaut. Der Windenergiepark ... solle nach Nordosten erweitert werden. Außerdem sei im östlichen Randbereich des Gewerbegebietes Ost der beigeladenen Stadt die Errichtung eines neuen Windparks beabsichtigt. Diese Planungen würden dazu beitragen, dass das großräumige Erscheinungsbild der Wittmunder Marschen noch stärker überprägt und ein noch größerer Bereich als Lebensraum für Wiesen- und Watvögel erheblich beeinträchtigt werde. Bei einer Realisierung trotz grundsätzlicher Bedenken sei eine detaillierte Bilanzierung des Eingriffs in Natur und Landschaft vorzulegen, der durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden müsse. Erschwerend komme hinzu, dass mit der Genehmigung der Anlage auch insoweit eine Vorbildwirkung verbunden sei. Müssen auch die weiteren 7 Windkraftanlagen in unmittelbarer Nachbarschaft zugelassen werden, würde dies das großräumige Erscheinungsbild der offenen Wittmunder Marschen unwiederbringlich zerstören.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie trägt vor, sie habe beschlossen, den Flächennutzungsplan erneut zu ändern. Über einen ersten Vorentwurf sei kürzlich in den Gremien beraten worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens und der auf die benachbarten Standorte bezogenen Parallelverfahren (4 A 4197/00 und 4 A 4196/99) und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge einschließlich der in den weiteren Parallelverfahren 4 A 2222/00 und 4 A 4408/00 beigezogenen Verfahrensakten der Beigeladenen zur Änderung des Flächennutzungsplans ergänzend Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in deren Rahmen eine Ortsbesichtigung durchgeführt wurde.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Nach der Erledigung des Antrags für das benachbarte Flurstück ../.. (Verfahren 4 A 4196/00) ist das in diesem Rechtsstreit verfolgte Vorhaben nicht mehr Teil einer auf die Errichtung einer Windfarm bezogenen Planung, für die nur eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung in Betracht käme.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Erteilung eines Bauvorbescheides (§ 74 NBauO) für die Errichtung einer Windenergieanlagen auf dem im Klageantrag bestimmten Standort. Die Baumaßnahme ist mit dem zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Antrag in bauplanungsrechtlicher Hinsicht mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich gem. § 29 BauGB nach § 35 BauGB, da der vorgesehene Standort weder im Bereich eines qualifizierten oder eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 und 2 BauGB) noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB), sondern im Außenbereich liegt. Dort ist das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bevorrechtigt zulässig, da es der Nutzung der Windenergie dient. Ihm stehen auch keine öffentlichen Belange iSd. § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.

19§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, wonach einem Vorhaben nach Abs. 1 Nr. 6 öffentliche Belange in der Regel entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist, greift nicht ein. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Beklagten stellt zwar in dem von der Bezirksregierung Weser-Ems genehmigten und insoweit zusammen mit der 15. Änderung bekannt gemachten Umfang eine Sonderbaufläche für Windenergieanlagen (...) dar. Das Planänderungsverfahren leidet jedoch an Verfahrensfehlern, die zur Unwirksamkeit der Änderung führen.

Aus den von der Beigeladenen überlassenen Aufstellungsvorgängen ergibt sich insoweit folgender Verfahrensgang: Das gemeindliche Verfahren zur Darstellung von Sonderbauflächen für die Windenergienutzung im Flächennutzungsplan erfolgte nicht einheitlich, sondern in zwei getrennten Abschnitten. Das Verfahren zur 1. Änderung des Flächennutzungsplans bezog sich auf den nördlichen Teil und das Verfahren zur 15. Änderung auf den übrigen, den südlichen Teil des Stadtgebietes. Am 16. Oktober 1997 beschloss der Rat der Beigeladenen die 1. Änderung des Flächennutzungsplans. Der hierdurch geänderte Plan stellt 4 Sonderbauflächen für Windenergieanlagen an den Standorten ..., ..., ... und ... dar. Die Beigeladene beantragte daraufhin bei der Bezirksregierung Weser-Ems die Genehmigung dieser 1. Änderung. Anschließend kamen Zweifel auf, welche Auswirkungen ein Windenergiepark ... auf die Beurteilung des Antrags auf Anerkennung der Ortschaft ... als Nordseeheilbad haben könne. Aufgrund eines entsprechenden Ratsbeschlusses vom 29. Dezember 1997 zog die Beigeladene den Antrag auf Genehmigung deshalb hinsichtlich des Windenergieparks ... zurück. Durch Bescheid vom 6. Februar 1998 genehmigte die Bezirksregierung Weser-Ems den vom Rat der Beigeladenen am 16. Oktober 1997 als Sonderbaufläche beschlossenen Änderungsbereich „...“ teilweise. Für die ebenfalls beschlossenen Standorte „...“ und „...“ versagte sie die beantragte Genehmigung. Zugleich stellte sie fest, dass der Änderungsbereich „...“ entsprechend dem Rücknahmeantrag nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen ist. Die teilweise Genehmigung für den Änderungsbereich „...“ erfolgte mit der Maßgabe, dass der Rat der Beigeladenen dem durch die Genehmigungsversagungen erheblich von dem bisherigen Ratsbeschluss abweichenden Planungsergebnis durch Beschluss beizutreten habe. Die Beigeladene erhob daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg (4 A 925/98) mit dem Ziel der Erteilung einer uneingeschränkten Genehmigung. In seiner Sitzung vom 24. März 1998 beschloss der Rat den Verzicht auf die Durchführung der Klage gegen die Entscheidung der Bezirksregierung. Zugleich fasste er folgenden Beschluss: „Der Rat hält auch in Kenntnis des abweichenden Planungsergebnisses an seiner Abwägung für den genehmigten Bereich des Windparks ... fest.“ Die Klage gegen die Genehmigungsbehörde zog die Beigeladene daraufhin zurück. Am 17. November 1998 lehnte der Rat „den Vorschlag, das Genehmigungsverfahren für den Windpark ... durch die Bezirksregierung nunmehr fortzusetzen, ab“. Am 15. Dezember 1998 beschloss der Rat die 15. Änderung des Flächennutzungsplans für das südliche Stadtgebiet. Diese Änderung stellt ( - soweit erkennbar -, s. u.) keine Sonderbauflächen für Windenergie dar. Zugleich fasste der Rat folgende Beschlüsse:

„2. Die 1. Änderung des Flächennutzungsplanes Sonderbauflächen Windenergie nördliches Stadtgebiet wird erneut geändert, insoweit als die vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen wird.

3. Die Ergebnisse der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes weisen die Sonderbauflächen für die Windenergie in der Stadt Wittmund aus. Sie werden redaktionell zusammengefasst und als 26. Änderung beschlossen.“

Am 22. Februar 1999 machte die Beklagte die „1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes“ bekannt.

Die 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplans ist mit diesem Ablauf nicht in einem den Anforderungen der §§ 3 ff., 5 ff. BauGB genügenden Verfahren zustande gekommen. Vorausgeschickt sei, dass insoweit eine Gesamtbetrachtung angenommen werden muss. Sowohl die 1. als auch die 15. Änderung müssten den formellen (und materiellen) Anforderungen an das öffentliche Baurecht genügen, um die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hervorrufen zu können. Diese Norm geht von einer Planung nicht nur für Teile des Gemeindegebietes, sondern für die gesamte Gemeinde aus. In formeller Hinsicht mag hier dahingestellt bleiben, welche Bedeutung der Umstand beizumessen ist, das bei der Schlussbekanntmachung, die am 15. Dezember 1998 beschlossene „redaktionelle Zusammenfassung“ der 1. und 15. Änderung als 26. Änderung nicht berücksichtigt und die beiden Änderungen unter ihren ursprünglichen Bezeichnungen bekannt gemacht wurden. Offen bleiben mag auch, ob die Zusammenfassung ohne die von der Klägerin geforderte erneute Bürgerbeteiligung möglich war, wozu die erkennende Kammer allerdings neigt, da sich hierdurch keine inhaltlichen Änderungen ergaben. Weiter mag dahingestellt bleiben, ob der Inhalt des Beschlusses über die 15. Änderung hinreichend dokumentiert ist, was sich aus den dem Gericht auf entsprechende Anforderung überlassenen Verwaltungsvorgängen über die 15. Änderung (Beiakte K) nicht feststellen lässt. In diesem Ordner befindet sich zwar die Urschrift des Erläuterungsberichts zur 15. Änderung, nicht aber – auch nicht in Kopie – der insoweit geänderte Plan selbst. Sein Inhalt erschließt sich nur mittelbar aus den Unterlagen, insbesondere aus den Aussagen des Erläuterungsberichts, nach denen auf die Darstellung einer Sonderbaufläche im Südteil verzichtet wird und Windenergieanlagen außerhalb der dargestellten Sonderbaufläche Abens Nord nicht zulässig sein sollen.

Unabhängig hiervon leidet schon bei isolierter Betrachtung die 1. Änderung des Flächennutzungsplans an Verfahrensfehlern. Insoweit neigt das Gericht zwar entgegen der Bewertung der Klägerin zu der Auffassung, dass der Rat der Beklagten den erforderlichen (hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand: Januar 2002) und von der Bezirksregierung Weser-Ems verfügten Beitrittsbeschluss durch die oben wiedergegebene Erklärung in seiner Sitzung vom 24. März 1998 gefasst hat. Aus dem Wortlaut dieses Beschlusses wird zwar ein Beitrittswille nicht ohne weiteres deutlich. Er ergibt sich aber unter Berücksichtigung der Erläuterungen in der Beschlussvorlage für den Verwaltungsausschuss und den Rat vom 27. Februar 1998, dessen Vorschlag der Rat gefolgt ist. Darin heißt es: „Da durch die Versagungen und Teilversagung sowie den Rücknahmeantrag für ... das Planungsergebnis erheblich von dem beschlossenen Konzept abweicht, muss der Rat auch insofern durch Beschluss beitreten, als er auch weiterhin an seiner Abwägung für die genehmigten Teilbereiche festhält“. Danach wollte der Rat offenbar seinen Beitritt durch eine Bestätigung der Planung für den genehmigten Teilbereich erklären.

Dennoch ist aus zwei Gründen den formellen Anforderungen für den Abschluss einer den gesamten Nordbereich erfassenden Änderung des Flächennutzungsplans nicht genügt:

Zum einen fehlt es an der erforderlichen Genehmigung (§ 6 Abs. 1 BauGB) für das Gebiet, für das der Rat am 16. Oktober 1997 die Ausweisung des Windenergieparks ... beschlossen hatte. Dieser Teilbereich war nach dem Rücknahmeantrag nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahren, worauf die Bezirksregierung Weser-Ems in ihrem Bescheid vom 6. Februar 1998 ausdrücklich hinwies. Diese Erklärung kann auch nicht so verstanden werden, dass sich die Bezirksregierung Weser-Ems mit einer Nichtausweisung einverstanden erklärt hätte, denn ein gemeindlicher Beschluss hierüber war seinerzeit noch nicht erfolgt. Erst in seiner Sitzung vom 15. Dezember 1998 hat der Rat insoweit eine Festlegung getroffen, als er die zunächst „vorgesehene Fläche für den Windpark ... gestrichen“ hat. Auch dieser Beschluss stellt insoweit keinen Beitritt zu der Maßgabe der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems dar, sondern – wie im Beschluss selbst ausdrücklich hervorgehoben – eine erneute Änderung gegenüber der insoweit noch nicht abschließend zur Genehmigung gestellten Beschlusslage vom 16. Oktober 1997. Es hätte deshalb auch insoweit einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurft. Diese war nicht deshalb entbehrlich, weil es sich „nur“ um die Feststellung einer Nichtausweisung handelte, denn auch eine Negativentscheidung unterliegt der Genehmigungsprüfung. Dies galt hier umso mehr, als wegen des ursprünglich positiven Beschlusses die fehlende Eignung als Sonderbaufläche nicht ohne weiteres auf der Hand lag.

Unabhängig davon und vor allem waren die durch den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 6. Februar 1998 vorgegebenen und durch den Ratsbeschluss vom 15. Dezember 1998 vorgenommenen Änderungen der 1. Änderung des Flächennutzungsplans derart gravierend, dass eine erneute Bürgerbeteiligung hätte durchgeführt werden müssen, § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Über den Beitrittsbeschluss hinaus ist bei inhaltlichen Änderungen aufgrund von Maßgaben regelmäßig eine erneute Beteiligung nach den Grundsätzen des § 3 Abs. 2 und 3 BauGB erforderlich; auch den von Änderungen und Ergänzungen berührten Trägern öffentlicher Belange muss Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Abgesehen werden hiervon kann nur bei Änderungen, die im Umfang geringfügig oder von geringer Bedeutung sind; dann würde eine Anhörung der Eigentümer der von der Änderung oder Ergänzung betroffenen Grundstücke genügen (zum Erfordernis einer erneuten Beteiligung BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – 4 C 31/85 -, BVerwGE 75, 262: dort als selbstverständlich vorausgesetzt; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO, § 6 RdNr. 38 m.w.N.; Berliner Kommentar zum BauGB, § 6 RdNr. 12; Brügelmann, BauGB, Stand: November 2001, § 6 RdNr. 104 a; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 6, RdNr. 19). Hier überschreiten die nach der Beschlussfassung vom 16. Oktober 1997 und damit auch nach der vorangegangenen Bürgerbeteiligung vorgenommenen Änderungen die Bagatellgrenze erheblich. Drei von zunächst vorgesehenen 4 Sondergebieten für Windenergie wurden ersatzlos gestrichen; zudem wurde das verbleibende Gebiet ... um 2 Teilgebiete verringert. Hierdurch wurden insbesondere die potentiellen Nutzer der gestrichenen Ausweisungsflächen in ihren wirtschaftlichen Interessen erheblich berührt. Eine erneute Bürgerbeteiligung durfte in dieser Situation auch nicht wegen des drohenden Ablaufs der Frist des § 245 b BauGB unterbleiben.

Da die 1. und 15 (bzw. 26. Änderung) des Flächennutzungsplans schon wegen der dargestellten formellen Mängel unwirksam ist, kann dahingestellt bleiben, inwieweit sie an Abwägungsfehlern leidet.

30Dem Vorhaben der Klägerin stehen auch nicht sonstige öffentliche Belange entgegen, wie sie in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft aufgeführt sind. In der als sachverständige Äußerung anzusehenden „Potentialstudie zur Bestimmung für die Windkraftnutzung geeigneter Sonderbauflächen“ – Vorabzug – vom 21. August 2002 des von der beigeladenen Stadt zur Vorbereitung der 40. Flächennutzungsplanänderung beauftragten Planungsbüros sind die beiden Standorte als Teil einer Potentialstudie für Windenergieanlagen (Nr. 14) dargestellt. Zwar liegt der Standort innerhalb eines 5 km-Radius um einen vorhandenen Windpark. Dieser Umstand ist jedoch unbeachtlich, da – nach der Beendigung des Parallelverfahrens 4 A 4195/00 – kein Windpark bzw. keine Windfarm mehr zur Genehmigung gestellt wird. Auch in der Plandarstellung „Abwägungserfordernisse“ zu der „Potentialstudie“ sind für die Standorte keine Hindernisse dargestellt. Entgegenstehende öffentliche Belange lassen sich auch nicht aus dem Verfahren zur Aufstellung der 1. Änderung des Flächennutzungsplans der beigeladenen Stadt herleiten. Der Standort liegt innerhalb des durch den Rat bei der 1. Änderung am 16. Oktober 1997 beschlossenen Sondergebiets für Windenergieanlagen ..., war also aus der Sicht der Beigeladenen für den Nutzungszweck in der Windenergie geeignet. Die Bezirksregierung Weser-Ems hat zwar in ihrem Bescheid vom 6. Februar 1998 die Genehmigung auch für den Standort ... versagt. Die für diese Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte greifen hier aber nicht ein. Der Rotor der Anlage würde zwar möglicherweise den Gebietsstreifen  berühren, der nach dem Schreiben der Wehrbereichsverwaltung II vom 8. Januar 1998 von Anlagen über 7,80 m Höhe freizuhalten ist. Nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung soll allerdings die Richtfunktrasse .../... der Bundeswehr, die durch diese Regelung vor Beeinträchtigung geschützt werden sollte, eingestellt worden sein. Dem braucht nicht näher nachgegangen zu werden, da die Klägerin die Frage einer möglichen Beeinträchtigung militärischer Belange in ihrem Antrag ausdrücklich ausgeklammert hat.

Weitergehende Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit dieses Gebietes bestanden im Verfahren zur 1. Änderung des Flächennutzungsplans nicht. Vielmehr hat das Dezernat 503 – Naturschutz und Landschaftspflege – der Bezirksregierung Weser-Ems in seiner Stellungnahme vom 27. Januar 1998 ausgeführt, dass „aufgrund der erheblichen Vorbelastungen des Raumes durch bestehende und genehmigte WEA ... eine Verdichtung an diesem Standort sinnvoll“ erscheine. Betroffen seien (zwar) besondere Wertigkeiten der Avifauna, die (aber) entsprechend zu kompensieren seien. Angesichts dieser Ausführungen bildet der Hinweis des Beklagten auf ein 1995 erarbeitetes und schon im Verfahren zur 1. Änderung des Flächennutzungsplans verwertetes ökologisches Gutachten keinen hinreichenden Anlass, den Sachverhalt in Bezug auf eine mögliche Beeinträchtigung avifaunistischer Belange weiter aufzuklären. Konkrete neuere Erkenntnisse, etwa die Ergebnisse aktueller Zählungen, liegen auch dem Beklagten nicht vor.

32Belange der Raumordnung stehen dem Vorhaben gleichfalls nicht entgegen. Die Zulässigkeit der Anlagen unter raumordnerischen Gesichtspunkten beurteilt sich nach § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB. Nach Satz 2 dieser Norm kann das Raumordnungsrecht die Aufstellung von Windenergieanlagen begünstigen, indem für den gewählten Standort „positiv“ ein Vorranggebiet bestimmt wird. Umgekehrt kann § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB einer Windenergieanlage nachteilig sein, wenn der gewählte Aufstellungsort raumordnungsrechtlich vorrangig für andere Zwecke reserviert worden ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beurteilt sich dagegen, ob und wann eine positive Ausweisung von Flächen für die Windenergie die Aufstellung von Anlagen an anderer Stelle ausschließt, ohne dass für diese andere in Betracht kommenden Standorte Darstellungen getroffen worden sein müssen, welche einer Anlage raumordnungsrechtlich den Boden entziehen. Beide Vorschriften sind hier nicht einschlägig, ohne dass es in diesem rechtlichen Zusammenhang darauf ankommt, ob das Vorhaben der Klägerin als raumbedeutsam anzusehen ist. Die Wirkung des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB entfalten nur Ziele der Raumordnung. Solche sind von bloßen Grundsätzen zu unterscheiden. Während diese durch Abwägung überwunden werden können, stellen Ziele raumordnerische Letztentscheidungen dar, welche jegliche Abwägungsspielräume der Gemeinde ausschließen (Nds. OVG, Urteil vom 29. August 1995 – 1 L 854/94 -, NVwZ 1996, 271 = BauR 1996, 348). Hier sind aber weder durch das Landesraumordnungsprogramm bezüglich der von der Klägerin geplanten Aufstellungsorte konkrete Aussagen getroffen noch liegt ein verbindliches regionales Raumordnungsprogramm vor, das hinreichend konkrete und abgewogene Ziele der Raumordnung und der Landesplanung bestimmt. Das regionale Raumordnungsprogramm befindet sich vielmehr erst in Aufstellung.

33Der Einwand, das Bauvorhaben erfordere zunächst ein Raumordnungsverfahren im Sinne der § 15 ROG bzw. 13 NROG, greift bei dieser Sachlage ebenfalls nicht durch. Einzelne Windenergieanlagen gehören nicht entsprechend § 13 Abs. 1 NROG zu den durch die Raumordnungsverordnung des Bundes bestimmten Vorhaben, für die ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden soll, wenn das Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam ist und überörtliche Bedeutung hat. § 13 Abs. 2 NROG sieht die Möglichkeit („kann“) der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für andere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung vor. Für einzelne Windenergieanlagen wird ein sich hieraus ergebendes Erfordernis der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens – soweit ersichtlich – bisher nicht gerichtlich gefordert. Auch die vom Beklagten für seine Auffassung angeführten Entscheidungen des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28. Februar 2002 – 1 A 11625/01 -, BauR 2002, 1053, und VG Dessau, Urteil vom 11. November 2000 – 1 A 121/99 DE -, NVwZ – RR 2001, 423), werfen die Frage der Erheblichkeit raumordnerischer Belange ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Anwendung des § 35 Abs. 3 BauGB auf. Eine sowohl raumbedeutsame als auch überörtliche Bedeutung des Vorhabens lässt sich nicht feststellen. Raumbedeutsam wegen ihrer Wirkung wird eine einzelne Windkraftanlage erst, wenn sie wegen ihres besonderen Standorts Spannungen hervorzurufen vermag, denn anderenfalls müsste die vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung leer laufen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. August 2001 – 2 M 130/01 -). Dies ist hier aber nicht der Fall. Aus der vom Beklagten angeführten Vorbildwirkung lässt sich das Erfordernis der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ebenfalls nicht herleiten. Von Windkraftanlagen geht wegen der mit ihnen verbundenen Erwerbsmöglichkeiten typischerweise eine gewisse Vorbildwirkung aus. Sie löst jedenfalls so lange keine Verpflichtung zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nach § 13 Abs. 2 NROG aus, wie nicht – etwa wegen einer besonders exponierten Lage – in einem den Regelfall erheblich übersteigenden Maße mit Nachfolgewünschen zu rechnen ist. Eine solche Ausnahmesituation liegt hier nicht vor.

34Eine Verunstaltung des Orts- oder Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 5 BauGB) ist gleichfalls nicht feststellbar. Zwar liegt der Standort in einem Bereich, der im Entwurf zum Landschaftsrahmenplan des Beklagten als „Gebiet zum Erhalt und zur Entwicklung von Marschenarealen mit besonderer Vielfalt, Eigenart und Schönheit“ bezeichnet wird. Diese Vorplanung ist jedoch nicht im Hinblick auf den genannten Belang verbindlich, sondern stellt lediglich eine Hilfe für die von den beteiligten Behörden bzw. vom Gericht vorzunehmende Bewertung des jeweiligen konkreten Standortes dar. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Vorentwurf keine kleinräumliche oder parzellenscharfe Bewertung trifft, sondern die genannte Aussage für einen großen Bereich des Gemeindegebietes trifft. Privilegierten Windkraftanlagen stehen öffentliche Belange wegen Verunstaltung des Landschaftsbildes aber nur dann entgegen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit oder ihrer Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt; bloße nachteilige Veränderungen oder Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes machen derartige Vorhaben nicht unzulässig (Nds. OVG, Urteil vom 30. Oktober 1997 – 6 L 6400/95 -, NuR 1998, 498; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 1991 – 8 S 2110(90 – BRS 52 Nr. 74). Davon ausgehend führt die Aufstellung von 2 Anlagen hier nicht zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes, die auch bei der 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen selbst für einen Windpark nicht befürchtet worden war. Nach den bei der Augenscheinseinnahme gewonnenen Erkenntnissen handelt es sich bei dem fraglichen Bereich um einen landwirtschaftlich geprägten und weitgehend unbebauten Landschaftsteil in einem flachen Marschengelände, das hier kaum Strukturen aufweist. Eine besonders herausragende Schutzwürdigkeit gerade der Umgebung der vorgesehenen Standorte ist dabei nicht feststellbar. Der großflächig unberührte Bereich erscheint durchaus reizvoll, weist aber keine darüber hinausgehenden Qualitätsmerkmale auf, die es nahe legen würden, ihn auch unter Berücksichtigung der Privilegierung generell von Windenergieanlagen freizuhalten. Im Übrigen ist die Umgebung auch nicht gänzlich unberührt, sondern schon in gewisser Weise vorbelastet durch die insbesondere in nördlicher Richtung bereits vorhandenen Anlagen. Eine dieser Anlagen, die auf der vom Beklagten im Gerichtstermin überreichten Skizze nicht verzeichnet ist, befindet sich im Bereich ... sogar südlich der ... auf einem Standort (Hofstelle ...), der nur wenige 100 m von dem hier in Rede stehenden Standort entfernt ist. Planungen für die Erweiterung oder Neuerrichtung von Windparks an anderer Stelle haben bei der geforderten konkreten Betrachtungsweise gleichfalls jedenfalls keinen positiven Einfluss auf das Schutzbedürfnis. Schließlich ist für die Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch unerheblich, inwieweit Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden müssen bzw. können. Regelungen hierzu können in dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren getroffen werden.

Ob gegenüber den nächstgelegenen Wohngebäuden das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf von der geplanten Anlage – und ggf. der im Parallelverfahren verfolgten Anlage - ausgehende Lärmbelästigungen gewahrt ist, braucht im Rahmen dieses auf die Erteilung des Bauvorbescheides gerichteten Rechtsstreits nicht abschließend geprüft zu werden. Angesichts eines Abstandes von mehr als 300 m zum nächstgelegenen Einzelgebäude erscheint die Einhaltung des für den Außenbereich maßgeblichen Immissionsrichtwertes von 45 dB(A) jedenfalls möglich. Eine genaue Prüfung und die Festlegung von Sicherungen für die Einhaltung wäre im Baugenehmigungsverfahren vorzunehmen. Entsprechendes gilt für die Frage des Schattenwurfs.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 167 VwGO iVm. § 708 Nr. 11 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht für erstattungsfähig erklärt, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).