VG Oldenburg, Urteil vom 25.09.2002 - 6 A 2516/00
Fundstelle
openJur 2012, 38535
  • Rkr:
Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine dienstliche Beurteilung.

Der Kläger ist Beamter und steht als Polizeihauptmeister im Dienste des Landes Niedersachsen. Bis März 1997 war er am Polizeikommissariat W., von April bis September 1997 am ... Polizeikommissariat .... tätig; seit Oktober 1997 verrichtet er Dienst beim Polizeikommissariat .....

Nachdem frühere Beurteilungen des Klägers, insbesondere die für den Zeitraum bis Januar 1996, auf „gut (11 Punkte)“ gelautet hatten, wurde ihm zunächst unter dem 13. August 1998 eine Beurteilung für den Zeitraum 1. Februar 1996 bis 31. Mai 1998 erteilt, die auf „entspricht den Anforderungen - 3 -“ lautete. Sie wurde durch Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 9. Dezember 1999 aufgehoben, nachdem sich herausgestellt hatte, dass kein Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. vorgelegen hatte. Nachdem ein Beurteilungsbeitrag des .... Polizeikommissariats .... (vom 28. Januar 2000) und ein vom Polizeikommissariat W. am 21. Januar 2000 abgeschickter Beurteilungsbeitrag vorlag, in dem der Kläger jeweils mit der Wertungsstufe 3 „entspricht den Anforderungen“ bewertet worden war, wurde ihm am 17. Februar 2000 die streitgegenständliche Gesamtbeurteilung vom 31. Januar 2000 mit „entspricht den Anforderungen (3)“ bekannt gegeben. Die aktuelle, den Zeitraum Juni 1998 bis Oktober 2000 erfassende Beurteilung des Klägers lautet auf „übertrifft erheblich die Anforderungen“ (4).

Den vom Kläger gegen die Beurteilung vom 31. Januar 2000 erhobenen Widerspruch hat die Beklagte mit am 8. Juni 2000 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2000 als unbegründet zurückgewiesen und in ihm unter anderem ausgeführt, die Beurteilung sei mit dem Kläger besprochen und ihm sei verdeutlicht worden, dass der Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. in die Gesamtbeurteilung eingegangen sei, jedoch zu keiner Abänderung der Gesamtbeurteilung geführt habe. Die vorhergehenden Beurteilungen seien zwar mit „gut“ abgeschlossen, das Beurteilungssystem jedoch 1996 neu gestaltet worden, wodurch eine generelle Übertragung der bisherigen Noten nicht möglich sei. Bisher habe es oberhalb der durchschnittlichen Leistungen zwei Bewertungsstufen gegeben, während nunmehr drei Bewertungsstufen oberhalb dieses Bereichs bestünden. Aufgrund der alten Beurteilungspraxis führe die Einführung der neuen Beurteilungsrichtlinien möglicherweise dazu, dass ein bisheriges Beurteilungsergebnis mit „gut“ nach den neuen Richtlinien mit „entspricht den Anforderungen“ bewertet werde. In der (seinerzeitigen) Bezugsgruppe der Polizeimeister habe der Beurteilungsdurchschnitt im Jahre 1996 bei der Beklagten bei ca. 11,58 Punkten gelegen, woran sich zeige, dass der Kläger seinerzeit tendenziell leicht unterdurchschnittlich gewesen sei. Bei ihm sei die Leistungseinschätzung somit nicht verändert worden. Bereits mit den vorherigen Beurteilungen seien die Leistungen des Klägers im eher durchschnittlichen bis unterdurchschnittlichen Bereich gesehen worden. Der Beitrag des Polizeikommissariats W. zeige, dass die Leistungseinschätzungen fast identisch seien.

Mit der fristgerecht am 7. Juli 2000 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, es werde nicht ersichtlich, dass der Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. in die streitbefangene Beurteilung eingeflossen sei; die entsprechende Rubrik im Beurteilungsformular lasse dies jedenfalls nicht erkennen. Er sei vom Polizeikommissariat W. zuletzt mit 11 Punkten (Note 2) bewertet worden; auch alle vorhergehenden Beurteilungen lauteten auf „gut“. Durch die Neugestaltung des Beurteilungssystems habe nicht ausgeschlossen werden sollen, dass Beurteilungsbeiträge in die Beurteilung einflössen. Es sei erforderlich gewesen, dass der zuständige Beurteiler seine eigenen Erkenntnisse mit den im Beurteilungsbeitrag niedergelegten Eindrücken und wertenden Schlussfolgerungen in einer von ihm zu verantwortenden Beurteilung zu ausgewogenen Einzelfeststellungen und Gesamtbeurteilungen verknüpfe. Werde hingegen, wie im vorliegenden Fall, der Beurteilungsbeitrag lediglich zur Kenntnis genommen und finde er keinen Eingang in die Beurteilung, dann gelte der Beurteilungsbeitrag als nicht verwertet. Aus der Stellungnahme der Beklagten ergebe sich eindeutig, dass lediglich auf den Beurteilungsbeitrag verwiesen worden sei und es auch aufgrund des Beurteilungsbeitrags keine Veränderung in der Bewertung gegeben habe.

Der Kläger beantragt,

die dienstliche Beurteilung vom 31. Januar 2000 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 6. Juni 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Zeitraum 1. Februar 1996 bis 31. Mai 1998 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet im Wesentlichen, die streitbefangene dienstliche Beurteilung sei erteilt worden, nachdem die erste Beurteilung vom 13. August 1998 aufgehoben worden sei. Der Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. sei in die Beurteilung eingeflossen. Dies gelte, auch wenn dies im Beurteilungsformular in der Rubrik „ggf. weitere an der Beurteilung beteiligte Vorgesetzte“ keine Erwähnung gefunden habe und dies werde auch durch die Stellungnahme des damaligen Leiters des 1. Polizeikommissariats .... deutlich. Vom Kläger sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb nunmehr unter Berücksichtigung des Beurteilungsbeitrags des Polizeikommissariats W. die streitbefangene Beurteilung ein besseres Gesamtergebnis aufweisen solle. Die einzelnen Leistungsmerkmale seien im Beurteilungsbeitrag fast durchgängig mit der Wertstufe 3 beurteilt worden, so dass auch das Gesamtergebnis mit 3 schlüssig sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, insbesondere auf die Personalakten des Klägers, Bezug genommen; sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Gründe

Die allgemeine Leistungsklage des Klägers ist zulässig. Dienstliche Beurteilungen kann der Beamte ohne vorherigen Antrag auf deren Änderung oder Beseitigung mit diesem Ziel unmittelbar mit dem Widerspruch anfechten, um dem Erfordernis des nach § 126 Abs. 3 des Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts - BRRG - vom 01.07.1957 (BGBl I S. 677) , in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.03.1999 (BGBl I S. 654), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3322), zwingend vorgeschriebenen und vorliegend auch durchgeführten Vorverfahrens zu genügen. Der Klage fehlt es auch nicht etwa deshalb am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger zwischenzeitlich erneut - und nunmehr besser - beurteilt worden ist. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die streitbefangene Beurteilung bei einer späteren Beförderungsentscheidung bei der Feststellung der Leistungsentwicklung als  Hilfskriterium Bedeutung erlangt.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, für den streitbefangenen Zeitraum erneut beurteilt zu werden, weil die für diesen Zeitraum vorliegende Beurteilung keinen rechtlichen Bedenken begegnet, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess - RmBereinVpG - vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987).

14Gemäß § 101 c Satz 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2001 (Nds.GVBl. S. 33), geändert durch Haushaltsbegleitgesetz vom 18. Dezember 2001 (Nds.GVBl. S. 806), hat der Dienstvorgesetzte dem Beamten von jeder Beurteilung Kenntnis zu geben, die in die Personalakten aufgenommen wird. Derartige dienstliche Beurteilungen hinsichtlich der Eignung, Leistung und Befähigung des Polizeivollzugsbeamten sind  nach § 30 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes des Landes Niedersachsen - PolNLVO – (vom 7. August 1979, Nds.GVBl. S. 236, zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Mai 1996, Nds.GVBl. S. 237) regelmäßig bis zum vollendeten 55. Lebensjahr alle drei Jahre zu erstellen. Die Beurteilung soll sich insbesondere auf allgemeine geistige Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale, Bildungsstand, Arbeitsleistung, soziales Verhalten und Belastbarkeit erstrecken und mit einem Gesamturteil sowie einem Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung abschließen. Indessen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und der zur Entscheidung berufenen Kammer dienstliche Beurteilungen von den Verwaltungsgerichten nur beschränkt nachprüfbar. Denn ausschließlich der  Dienstherr oder der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil darüber abgeben, ob und in wie weit der Beamte den – ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden –zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung der Verwaltung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juli 2001, ZBR 2002, S. 133 (134)). Wenn der Dienstherr - wie dies in § 30 Abs. 1 Satz 1 PolNLVO ausdrücklich angesprochen und durch den für den Kläger seinerzeit bedeutsamen Runderlass des niedersächsischen Innenministeriums vom 4. Januar 1996 - Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachen - BRLPol - (Nds.MBl. S. 169) erfolgt ist - Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht nur überprüfen, ob die Richtlinien eingehalten wurden und ob sie mit den Regelungen des § 30 PolNLVO und auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Diese Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG <1. Kammer des Zweiten Senats>, DVBl. 2002, S. 1203 ff.).

Das in den Beurteilungsrichtlinien aufgezeigte Verfahren zur Erstellung der dienstlichen Beurteilung ist vorliegend eingehalten worden. Es sind weder Verfahrens- noch Formfehler ersichtlich. Die Beurteilung ist auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerfrei, zumal der Kläger die Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale nicht angegriffen hat, sondern er sich gegen die Gesamtbeurteilung wendet und dies ausschließlich mit dem Hinweis auf frühere Beurteilungen und die Nichtbeachtung des Beurteilungsbeitrags des Polizeikommissariats W.

16Anders als vom Kläger behauptet, ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Beurteilung nicht aus der Nichtbeachtung des Beurteilungsbeitrags des Polizeikommissariats W., dessen Feststellungen und Bewertungen nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 29. April 1999, ZBR 1999, S. 348 ff.) als auch des Niedersächsischen Oberwaltungsgerichts (Nds.OVG, Beschluss v. 14. November 2000 - 2 L 2048/00 -) insoweit bedeutsamen sind, als sie bei der abschließenden Beurteilung zur Kenntnis genommen und bedacht werden müssen. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Beurteilungsgrundlage. Es ist nicht in das Ermessen des Beurteilers gestellt, ob und wie er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt. Erst auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch den Beurteilungsbeitrag vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, hat der Beurteiler seine Bewertungen in eigener Verantwortung zu treffen. Demzufolge ist dem für die Beurteilung Zuständigen kein "Ermessen" für die Entscheidung eingeräumt, ob und mit welchem Gewicht ein Beurteilungsbeitrag berücksichtigt werden soll. Die Beurteilung ist als Werturteil selbst keine Ermessensentscheidung im rechtlichen Sinne. Dem Beurteilenden ist auch nicht eine untechnisch mit "Ermessen" zu benennende Entscheidungsfreiheit darüber eingeräumt, ob und in welcher Weise er einen Beurteilungsbeitrag in seine Beurteilung einbezieht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1999, a. a. O., S. 349). Ein Verstoß gegen diese rechtlichen Vorgaben ist indes nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat diese rechtlichen Grundsätze gekannt, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass sie die unter dem 13. August 1998 erteilte Beurteilung ausweislich des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 1999 gerade wegen des Fehlens eines Beurteilungsbeitrags des Polizeikommissariats W. aufgehoben hat. Es liegen auch keine Hinweise darauf vor, dass dieser unter dem 21. Januar 2000 vom Polizeikommissariat W. an die Beklagte übermittelte Beitrag nunmehr erneut nicht zur Grundlage der Beurteilung gemacht worden ist. Zwar ist in der Beurteilung in der Rubrik „ggf. weitere an der Beurteilung beteiligte Vorgesetzte“ der Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. nicht ausdrücklich erwähnt; dabei handelt es sich jedoch lediglich um die Missachtung einer Formalie, der nicht die Bedeutung eines formalen (Verfahrens-)Fehlers beizumessen ist. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat der Leiter der Polizeiinspektion .... der Beklagten die neue Beurteilung ausdrücklich unter Vorlage der entsprechenden Beurteilungsnotizen unter dem 25. Februar 2000 übermittelt. Dass die Würdigung und Bewertung des Beurteilungsbeitrags der Polizeiinspektion W. von ihm nicht dokumentiert wurde, ist nicht zu beanstanden, zumal der Beurteilungsbeitrag mit derselben Gesamtbewertung - nämlich 3 - abschließt wie die streitbefangene Beurteilung und Letztere wiederum eher zugunsten des Klägers vom Beurteilungsbeitrag abweicht; dies gilt hinsichtlich des Einzelmerkmals Arbeitsökonomie, die abschließend mit 3 (entspricht den Anforderungen) bewertetet wurde, obwohl der Beurteilungsbeitrag des Polizeikommissariats W. auf 2 (entspricht noch den Anforderungen) lautet. Nachdem streitbefangene Beurteilung und Beurteilungsbeitrag in der Endbewertung nicht voneinander abweichen, bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, dass der Beurteiler selbst im Falle eines für den Kläger vorteilhafteren Beurteilungsbeitrags nicht verpflichtet gewesen wäre, die im Beurteilungsbeitrag enthaltenen Werturteile in seine Beurteilung gleichsam "fortschreibend" zu übernehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. April 1999, a.a.O.).

18Anders als vom Kläger behauptet, steht die streitbefangene Beurteilung auch nicht im Widerspruch zu vorangegangenen, auf „gut“ lautende Beurteilungen. Der Kläger verkennt nicht nur, dass sich jede Beurteilung auf den zugrunde liegenden Beurteilungszeitraum zu beschränken hat, dass also in vergangenen Zeiträumen erbrachte Leistungen weder positiv noch negativ auf die folgende Beurteilung einwirken können, sondern er vernachlässigt damit auch, dass der Dienstherr mit der erstmalig 1996 erfolgten Änderung der Beurteilungsrichtlinien den Beurteilungsmaßstab verschärft hat und dazu auch berechtigt war. Er konnte die Leistungen des Klägers durch Anlegen eines strengeren Maßstabes somit weniger günstig bewerten als in der Zeit vorher, auch wenn beim Kläger kein Leistungsabfall zu verzeichnen gewesen wäre. Eine gleichsam mathematisierende Fortschreibung der bisherigen Beurteilung nach Erlass der neuen Beurteilungsrichtlinien war nicht geboten (vgl. Nds.OVG, Beschluss v. 18. Mai 2001 - 5 LA 973/0 -). Dem Dienstherrn ist es unbenommen, bewusst den Beurteilungsmaßstab zu verschärfen mit der Folge, dass die Leistungen eines Beamten durch Anlegen eines strengeren Maßstabes weniger günstig bewertet werden als in der Zeit vorher, auch wenn beim Beamten kein Leistungsabfall zu verzeichnen gewesen sein sollte. Denn ein Dienstherr darf strengere Beurteilungsmaßstäbe dann einführen, wenn er sie gleichmäßig auf alle den betreffenden Beurteilungsrichtlinien unterworfene Bediensteten anwendet. Dabei darf ein Dienstherr auch Richtwerte für die Vergabe von Beurteilungsgesamtnoten einführen. Denn die Erfahrung zeigt, dass Beurteiler leicht geneigt sind, ihre Untergebenen einheitlich mit derselben, häufig zu guten Note zu beurteilen. Um dem entgegen zu wirken, dürfen zur Hebung des Aussagewertes der Beurteilung und zur Koordination der Beurteilungsmaßstäbe Richtwerte für die Vergabe von Gesamtbeurteilungsnoten eingeführt werden, vorausgesetzt, es besteht eine hinreichend große Anzahl von Beamten derselben Laufbahn und es verbleibt die Möglichkeit, dass diese Richtwerte im Einzelfall aus begründetem Anlass über- oder unterschritten werden dürfen. Diesen Anforderungen wurde hier mit den Beurteilungsrichtlinien vom 4. Januar 1996 genüge getan (vgl. Nds.OVG, Urteil vom 27. Juli 1999 – 5 L 412/99 –V.n.b., st. Rechtsprechung des VG Oldenburg, vgl. etwa Urteil v. 10. Januar 2001 - 6 A 744/99 -). Ungeachtet dessen handelt es sich nur um eine scheinbare Abweichung zu früheren Beurteilungen, weil die der streitgegenständlichen Beurteilung vorhergehende Beurteilung mit „gut (11 Punkten)“ dem Kläger nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberwaltungsgerichts keine überdurchschnittliche Leistung bescheinigte (vgl. Nds.OVG, Urteil vom 27. Juli 1999 – 5 L 412/99 –).