LG Hamburg, Beschluss vom 14.04.2008 - 307 T 22/08
Fundstelle
openJur 2009, 850
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 518 C 366/07
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 14.02.2008 - Geschäftsnummer 518 C 366/07 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfe-Antrag der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zur Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung der Beklagten an das Amtsgericht Hamburg Blankenese zurückverwiesen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist auch begründet. Die beantragte Prozesskostenhilfe kann den Beklagten nicht unter dem Gesichtspunkt des Mangels der erforderlichen Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung gegen den von der Klägerin verfolgten Räumungsanspruch versagt werden.

Vielmehr kann die Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung jedenfalls im derzeitigen prozessualen Stadium ohne vorherige mündliche Verhandlung nicht verneint werden.

Die materiell-rechtliche Frage des Bestehens eines Kündigungsgrundes gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB lässt sich nicht bereits und allein nach der Aktenlage entscheiden.

Vielmehr besteht insoweit noch Aufklärungsbedarf.

Die vorstehend genannten gesetzlichen Bestimmungen verlangen u.a. eine „nachhaltige“ Störung (siehe dazu nur Kraemer, NZM 2001, 553 ff. unter Ziffer VI. 5), die grundsätzlich zumindest eine gewisse Dauer voraussetzt (siehe dazu nur Schmidt-Futterer - Blank, Mietrecht, 9. Auflage, § 569 BGB, Randnote 21, m.w.N.). Aufgrund des Vorbringens der Beklagten kann – nicht zuletzt im Hinblick auf die lange Dauer des bereits im Jahre 1982 begründeten Mietverhältnisses, das bis zum streitgegenständlichen Vorfall offenbar beanstandungsfrei ohne Abmahnungen gegenüber den Beklagten bestanden hat – nicht ausgeschlossen werden, dass es sich lediglich um eine einmalige situationsbedingte Entgleisung gehandelt hat. Insoweit kann auch nicht dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zuvor von dem Hauswart J. provoziert worden ist, da grundsätzlich eine umfassende Abwägung vorzunehmen ist (siehe dazu nur Blank a.a.O., Randnote 22), in deren Rahmen stets auch das Verhalten des Kündigenden bzw. seiner Repräsentanten mit zu berücksichtigen ist (Blank a.a.O.,Randnote 25), wobei bei provozierten Vertragsverletzungen eine Kündigung regelmäßig ausscheidet (Blank a.a.O. m.w.N.).

Schließlich ist im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung nicht zuletzt auch die psychische Erkrankung der Beklagten zu 2) zu berücksichtigen.

Da die Klägerin vorliegend die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen des streitgegenständlichen Kündigungsgrundes hat, kann der Rechtsverteidigung der Beklagten derzeit vor einer mündlichen Verhandlung die Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverteidigung nicht abgesprochen werden.

Da die Erklärung der Beklagten über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der an das Landgericht übersandten Akte nicht beigefügt ist und zudem die Kammer der Entscheidung des Amtsgericht insoweit über die Voraussetzungen gemäß §§ 114 f. ZPO nicht vorgreifen will, ist die Sache insoweit zur Entscheidung unter Beachtung der vorliegenden Entscheidung über die bejahte Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.