OLG Hamburg, Beschluss vom 19.11.2008 - 7 W 144/08
Fundstelle
openJur 2009, 830
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 25, vom 17.10.2008, Geschäftsnummer 325 O 242/08, abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,-- Euro; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

v e r b o t e n,

das ungeschwärzte Urteil des Amtsgerichts Kassel, vom 4.9.2008, AZ 413 C 2962/08, über die Domains r.....org unter der URL: http://r.....org/nachricht,1...,G...+F...+G...+verlor+und+muss+mal+wieder+zahlen

zu verbreiten.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Wert von 6.000 Euro zur Last.

Gründe

Die gem. § 567 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs.1, 1004 analog zu.

Die Veröffentlichung des Urteils des Amtsgerichts Kassel verletzt nämlich den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die Veröffentlichung betrifft zwar überwiegend die Sozialsphäre des Antragstellers. Sie erfolgt indessen in erster Linie zur Anprangerung des Antragstellers als Unterlegenem des geführten Rechtsstreits und ist nicht von einem allgemeinen Informationsinteresse gedeckt, da aus der Veröffentlichung nicht hervorgeht, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und da weder der Anlass noch der Hintergrund des dortigen Rechtstreits dargestellt wird. Wie bereits die Bezeichnung der Seite deutlich macht, ist es vielmehr das Ziel der Veröffentlichung, den Antragsteller als einen Menschen darzustellen, der andere mit unbegründeten Klagen überzieht.

Für diese Veröffentlichung haftet die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Störer, da sie als Host-Provider einen Beitrag zu der technischen Verbreitung der Rechtsverletzung erbracht hat.

Wie das Landgericht im Grundsatz zutreffend ausgeführt hat, besteht zwar die Störerhaftung des Host- Providers nicht grenzenlos. Voraussetzung ist vielmehr, dass dieser von der Verletzungshandlung Kenntnis hatte oder aufgrund konkreter Umstände mit der Vornahme von Verletzungshandlungen rechnen musste und im Hinblick darauf Prüfungspflichten hatte, die im konkreten Fall verletzt worden sind. Die hierzu in Literatur und Rechtssprechung gefundene Linie bezüglich bestehender Prüfpflichten (vgl. nur: Wilmer, Überspannte Prüfpflichten für Host-Provider?, NJW 2008, 1845 ff; Hamburger Kommentar Medienrecht/von Petersdorff-Campen, 32, Rn. 10 m.w.N.; OLG Düsseldorf, CR 2006, 682; OLG Hamburg AfP 2006, 565 (Forenbetreiber)) betrifft indessen lediglich die Frage, ob ein in die Zukunft gerichteter Unterlassungsanspruch bestehen kann, obgleich der als Störer in Anspruch Genommene alsbald nach Abmahnung die Löschung des Beitrags veranlasst hat. Es erhebt sich dann nämlich die Frage, ob die technische Verbreitung in einem solchen Fall als rechtswidrig anzusehen ist, was Voraussetzung eines in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs ist.

Im vorliegenden Fall besteht die Störung indessen fort, so dass ohne Weiteres ein Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs.1 Satz 1 BGB analog besteht. Darüber hinaus steht dem Antragsteller auch ein in die Zukunft gerichteter Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB analog zu, da aufgrund des Umstandes, dass die Antragsgegnerin sich mit Schreiben vom 1.10.2008 geweigert hat, die Beseitigung zu veranlassen, weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Nach Kenntnis von der beanstandeten Veröffentlichung war die Antragsgegnerin verpflichtet, auf die Löschung der Eintragung hinzuwirken, ohne dass es darauf ankäme, ob sie zuvor Prüfungs- und

Überwachungspflichten verletzt hat. Da der Unterlassungsanspruch kein Verschulden voraussetzt, ist in diesem Zusammenhang ferner ohne Bedeutung, ob die Antragsgegnerin die Rechtswidrigkeit erkannt hat und ob diese offenkundig war. Allein die Tatsache, dass die Antragsgegnerin seit der Abmahnung von dem tatsächlichen Vorgang der Einstellung des Urteils ins Internet Kenntnis hatte und nichts zur Abhilfe unternahm, stellte ein rechtswidriges Verhalten dar, welches zu einem in die Zukunft weisenden Unterlassungsanspruch führt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.