VG Oldenburg, Urteil vom 12.12.2000 - 12 A 3047/99
Fundstelle
openJur 2012, 36480
  • Rkr:
Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, den ihm verliehenen Professorentitel auch im ärztlich-beruflichen Bereich führen zu dürfen.

Der Kläger ist ärztlicher Direktor des Rehabilitations-Zentrums in ... und zugleich Facharzt für Chirurgie und berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie zu führen. Außerdem ist er Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin.

Seit Jahren ist er zudem im Fachbereich Feinwerktechnik, Studienrichtung „Technik im Gesundheitswesen“ - später „Medizintechnik“ - in Lehre und Forschung an der Fachhochschule tätig. Zum 8. September 1997 bestellte ihn die Fachhochschule zum „Honorarprofessor (Prof. h. c.).“ Im Wintersemester 1998/1999 gab er im Fach „Sondergebiete der Werkstoffkunde mit Schwergewicht auf Implantate und Prothesenwerkstoffe“ Vorlesungen zu den Themen „Maßnahmen und Geräte zur Rehabilitation“ und „Prothesenwerkstoffe“.

Die Beklagte teilte dem Kläger unter dem 28. April 1999 mit, dass die Bezeichnung „Professor“ im ärztlich-beruflichen Bereich nur geführt werden dürfe, wenn sie auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät durch die Hochschule oder das zuständige Landesministerium verliehen worden sei. Bei der Fachhochschule handele es sich jedoch nicht um eine medizinische Fakultät.

Unter dem 12. Mai 1999 bat der Kläger, einen rechtsmittelfähigen und mit der Begründung versehenen Bescheid zu erlassen.

Die Beklagte richtete unter dem 9. August 1999 einen als Bescheid und mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schriftsatz an den Kläger: Sie halte an ihrer bisherigen Auffassung fest, dass der Kläger nicht berechtigt sei, auf Praxisschildern, Briefbögen, Rezeptvordrucken, Stempeln und im beruflichen Schriftverkehr den Professorentitel zu führen. Es werde zwar anerkannt, dass die Lehre und anwendungsbezogene Forschung in der Studienrichtung „Technik im Gesundheitswesen“ ein Bezug zur Medizinwissenschaft habe. Die Berufsordnung berücksichtige diesen Umstand aber nicht, sondern behalte die Führungsfähigkeit der Professorenbezeichnung im ärztlich-beruflichen Bereich ausschließlich denjenigen Kammerangehörigen vor, die ihn auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät oder eines medizinischen Fachbereiches einer Hochschule erhalten hätten. Da der Kläger in allen anderen Lebensbereichen außer den ärztlich-beruflichen Lebensbereich die Professorenbezeichnung führen dürfe, werde seine durch die Verleihung geehrte Persönlichkeit nicht unangemessen eingeschränkt.

Unter dem 16. August 1999 erhob der Kläger hiergegen vorsorglich Widerspruch, wobei er bezweifelte, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 9. August 1999 einen Verwaltungsakt darstelle.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 1999 zurück und nahm auf die Gründe des Ausgangsbescheides Bezug.

Bereits vor Ergehen des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 17. August 1999 Klage erhoben. Er begehrt die Feststellung, dass er berechtigt sei, den ihm verliehenen Titel eines Honorarprofessors auf seinen Praxisschildern, Briefbögen, Rezeptvordrucken, Stempeln und im beruflichen Schriftverkehr zu führen.

Nach Ergehen des Widerspruchsbescheides verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er an, dass die Berufsordnung, die das Führen des ihm verliehenen Titels im ärztlich-beruflichen Bereich verwehre, nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Die Vorschrift der Berufsordnung solle sicherstellen, dass Ärzte nicht falsch, unsachlich oder irreführend über ihre fachliche Qualifikation informierten. Unterrichte ein Lehrbeauftragter an einer Fachhochschule ein Unterrichtsfach, das zum Kernbereich seiner ärztlichen Tätigkeit gehöre, und werde diesem deswegen der Titel eines Honorarprofessors verliehen, so werde damit gerade seine besonders hervorgehobene wissenschaftliche Leistung als an der Hochschule tätiger Arzt gewürdigt. Führte er diesen akademischen Titel bei seiner ärztlichen Tätigkeit, so werde das heilungssuchende Publikum nicht irregeführt, sondern zutreffend darüber informiert, dass er als solcher „professabel“ sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9. August 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 1999 aufzuheben und festzustellen, dass er berechtigt ist, den ihm verliehenen Honorarprofessorentitel im ärztlich-beruflichen Bereich zu führen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach der Berufsordnung dürfe die Bezeichnung „Professor“ nur geführt werden, wenn sie auf Vorschlag der medizinischen Fakultät (Fachbereich) durch die Hochschule oder das zuständige Landesministerium verliehen worden sei. Die „ratio legis“ dieser Berufsordnungsbestimmung sei, einer „Inflationierung“ der Professorentitel entgegenzuwirken. In vielen akademischen Berufen, davon in besonderem Maße auch im ärztlichen Berufsstand, habe die (Sehn-)sucht zu höheren akademischen Weihen zugenommen. Die ärztliche Berufsordnung trete dem insoweit entgegen, als sie das Führen des Professorentitels einschränkend geregelt habe. Weiter sei die erhobene Feststellungsklage unzulässig. Da sie mittels feststellenden Verwaltungsaktes eine Regelung getroffen habe, sei eine Anfechtungsklage statthaft und könne ggf. mit einer Verpflichtungsklage auf Duldung des Führens des Professorentitels verbunden werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Die erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 43 VwGO statthaft. Der Kläger begehrt die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Hierzu zählen auch die einer selbständigen Feststellung fähigen Teile von Rechtsverhältnissen, mithin auch einzelne sich aus einem umfassenden Rechtsverhältnis ergebenden Berechtigungen. Vorliegend macht der Kläger seine Berechtigung geltend, den ihm verliehenen Professorentitel („Prof. h.c.“) als akademischen Titel gem. § 73 Abs. 4 NHG führen zu dürfen.

Die Feststellungsklage ist auch nicht nach § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär gegenüber einer möglichen Anfechtungsklage. Dies wäre nur zu bejahen, wenn im vorliegenden Fall die Anfechtungsklage den verfolgten Zweck ebenso gut erreichen kann (Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 43 Rdnr. 26). Dies ist zu verneinen, da eine Anfechtungsklage gegebenenfalls nur zur Klärung einer Teilfrage führt, die begehrte Feststellung sich dagegen auf das gesamte zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsverhältnis bezieht (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 29). Im vorliegenden Fall führte eine Anfechtungsklage im Falle der vom Kläger gerügten fehlenden Befugnis, mittels Verwaltungsakt eine Regelung zu treffen, zwar zur Aufhebung der angegriffenen Bescheide, nicht aber zur Klärung der Frage, ob der Kläger berechtigt ist, seinen akademischen Titel im ärztlich-beruflichen Bereich führen zu dürfen.

2.

Die auch im übrigen zulässige Klage ist begründet.

Das vom Kläger geltend gemachte Rechtsverhältnis besteht. Er ist berechtigt, den ihm von der Fachhochschule  verliehenen Professorentitel („Prof. h. c.“) als akademischen Titel auch im ärztlich-beruflichen Bereich zu führen (§ 73 Abs. 4 Satz 1 NHG). Aus der vorgenannten Regelung folgt zugleich, dass dem Kläger nicht lediglich ein Ehrentitel verliehen wurde. Ein Honorarprofessor steht in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zur Hochschule (§ 73 Abs. 1 S. 1 NHG). Er ist berechtigt, an der Hochschule zu lehren, und er kann an Prüfungen und an Forschungen beteiligt werden (§ 73 Abs. 2 NHG).

a.

Dem Führen dieses akademischen Titels steht die Berufsordnung der Beklagten nicht entgegen.

Zwar darf ein Arzt gemäß Kapitel B § 27 Abs. 1 der Berufsordnung der Beklagten vom 16. Dezember 1997 für seine berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärzte nicht werben; sachliche Informationen sind in Form, Inhalt und Umfang gemäß den Grundsätzen des Kapitel D Nr. 1 bis 6 aber zulässig. Hierzu ist in Kapitel D Abschnitt I Nr. 2 Abs. 8 der Berufsordnung (im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung des Praxisschildes) geregelt:

"Die Bezeichnung Professor darf geführt werden, wenn sie auf Vorschlag der medizinischen Fakultät (Fachbereich) durch die Hochschule oder das zuständige Landesministerium verliehen worden ist."

In Abs. 12 heißt es weiter:

"Das Führen von Zusätzen, die nicht gemäß den vorstehenden Vorschriften erlaubt sind, ist untersagt."

Diese Regelung, die sich gemäß Kapitel D Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 der Berufsordnung auch auf Anzeigen und Eintragungen in Verzeichnisse, gemäß Nr. 4 Satz 1 auf Ankündigungen auf Briefbögen, Rezeptvordrucken, Stempeln und im sonstigen Schriftverkehr und gemäß Nr. 6 auf öffentlich abrufbare Arztinformationen in Computerkommunikationsnetzen erstreckt, ist verfassungskonform dahin gehend auszulegen, dass ein von einer Hochschule verliehener Professorentitel auch im ärztlich-beruflichen Bereich geführt werden darf, wenn dieser einen engen fachlichen Bezug zur Medizinwissenschaft aufweist, mithin es sich nicht um einen akademischen Titel außerhalb der Medizinwissenschaft handelt.

Dieser Auslegung steht der Wortlaut der Berufsordnung nicht zwingend entgegen. Ausnahmsweise darf sogar der Wortlaut einer Vorschrift richterlich im Wege der Auslegung korrigiert werden, wenn der Satzungsgeber mit der Regelung eine weitergehende Regelung beabsichtigt hat, als sie die Verfassung gestattet, um von der Regelungsabsicht des Satzungsgebers soviel wie möglich aufrecht zu erhalten. Solange eine Norm durch das Gericht verfassungskonform ausgelegt werden kann und in dieser Auslegung sinnvoll bleibt, darf sie nicht für nichtig erklärt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 02. März 2000 - 2 C 1/99 -, DVBl. 2000, 1136 = NJW 2000, 2521; BVerfG, Beschluss vom 01. März 1978 - 1 BvL 20/77 -, BVerfGE 48, 40, 45 und Beschluss vom 25. April 1972 - 1 BvL 13/67 -, BVerfGE 33, 52, 70 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Ein den Kläger darüber hinaus einschränkendes Verständnis der o.a. Regelungen der Berufsordnung der Beklagten wäre mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht vereinbar.

Die Verneinung des Rechts des Kläger, den ihm verliehenen Professorentitel ("Prof. h.c.") auch im ärztlichen-beruflichen Bereich zu führen, stellt einen Eingriff in das Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG dar. Zur Freiheit der Berufsausübung zählt nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. In den Bereich berufsbezogener Tätigkeit fällt auch die berufliche Außendarstellung des Grundrechtsträgers. Staatliche Maßnahmen, die ihn dabei beschränken, sind Eingriffe in diese Freiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1997 - 1 BvR 1863/96 -, NJW 1997, 2510, Beschluss vom 21. April 1993 - 1 BvR 166/89 -, DVBl. 1993, 715 = NJW 1993, 2988 und Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 -, BVerfGE 85, 248 ff.; BVerwG, Urteil vom 13. November 1997 - 3 C 44/96 -, BVerwGE 105, 362 ff.).

Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Diese kann auch in einer untergesetzlichen Norm bestehen, soweit diese ihrerseits auf einem mit der Verfassung vereinbaren Gesetz beruht. Die erforderliche Rechtsgrundlage ist in der als Satzung der Beklagten erlassenen Berufsordnung anzusehen. Es ist anerkannt, dass die Außendarstellung der Ärzte insbesondere in Form von Ankündigungen und Werbung durch derartige Berufsordnungen geregelt werden kann. Die Berufsordnung der Beklagten ihrerseits beruht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. § 33 Abs. 2 HKG enthält die ausdrückliche Ermächtigung der Beklagten, einzelne Regelungen über Berufspflichten durch die Berufsordnung zu normieren, so u. a. gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 3 HKG eine Regelung über die Ankündigung der Praxis sowie nach § 33 Abs. 2 Nr. 8 HKG das nach den Besonderheiten des jeweiligen Heilberufs erforderliche Ausmaß des Verbots oder der Beschränkung der Werbung.

Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch die Berufsordnung der Beklagten muss weiter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Dieser gebietet, dass der Eingriff in das Grundrecht durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist, dass das eingesetzte Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich ist und dass bei der Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, Beschluss vom 28. Juli 1999 - 1 BvR 1056/99 -, NJW 1999, 2730 m.w.N.).

Das Führen von rechtmäßig erworbenen Titeln steht hierbei im Zusammenhang mit den Regelungen über Außendarstellung und Werbung. Zwar ist das generelle Werbeverbot nicht grundsätzlich rechtlich zu missbilligen. Einerseits greift ein Werbeverbot auf der untersten Stufe des Regelungsbereichs des Grundrechts der Berufsfreiheit ein. Andererseits dient das Verbot dem Schutz der Volksgesundheit, weil es einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufes vorbeugt. Weiterhin soll eine Verfälschung des ärztlichen Berufsbildes verhindert werden, die eintritt, wenn Ärzte Werbemethoden verwendeten, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind (BVerwG, Urteil vom 13. November 1997, aaO).

Indes muss für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 1993, a.a.O.). Einem Arzt bleibt trotz des Wortlautes der Berufsordnungen, die ihm jegliche Werbung untersagten, neben der auf seiner Leistung und seinem Beruf beruhenden Werbewirkung eine Reihe von Ankündigungen mit werbenden Charakter unbenommen. Er darf grundsätzlich rechtmäßig erworbene Titel und Facharztbezeichnungen führen, seine Tätigkeit durch ein Praxisschild und durch bestimmte Presseanzeigen sowie durch Aufnahme in Adressbücher und sonstige Verzeichnisse nach außen kundtun. Diese schon in der Berufsordnung der Beklagten enthaltenen Einschränkungen des Werbeverbotes lassen die Auslegung zu, dass dem Arzt nur berufswidrige Werbung untersagt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 1997, a.a.O., Beschluss vom 11. Februar 1992, aaO und Beschluss vom 19. November 1985 - 1 BvR 934/82 -, BVerwGE 71, 162, 174; BVerwG, Urteil vom 13. November 1997, a.a.O.).

Als berufswidrig in diesem Sinne gilt u.a. das Führen von Zusätzen, die im Zusammenhang mit den geregelten Qualifikationsbezeichnungen und Titeln zu Irrtümern führen könnten und auf diese Weise einen Werbeeffekt hervorrufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1993 - 1 BvR 410/88 -, NJW 1994, 1591, und Beschluss vom 21. April 1993, a.a.O.). Die Regelung in der Berufsordnung der Beklagten soll erkennbar, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise, nicht lediglich eine unsachliche oder etwa marktschreierische Werbung, sondern auch eine Werbung mit sachlichen Aussagen verhindern, die einen  Laien mehr verwirrt als aufklärt. Es würde zu einer gesundheitspolitisch unerwünschten Irritation der Bevölkerung führen können, wenn im ärztlichen Bereich sämtliche und damit ggf. fachfremde akademische Titel geführt würden. Solche Angaben vermitteln dem (durchschnittlichen) Adressaten den Eindruck einer besonderen wissenschaftlichen Qualifikation im medizinischen Bereich.

Im Hinblick hierauf verletzen die o.a. Regelungen der Berufsordnung der Beklagten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann nicht, wenn diese nicht an den formalen Umstand anknüpfen, dass der Professorentitel auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät (Fachbereich) durch die Hochschule oder das zuständige Landesministerium verliehen worden ist. Dieses Kriterium ist ungeeignet, den Zweck, die Bevölkerung vor gesundheitspolitisch unverwünschten Irritationen und Irrtümern über eine besondere wissenschaftlichen Qualifikation im medizinischen Bereich zu schützen, zu erreichen. Zum einen können diese Irrtümer auch erzeugt werden, wenn der Professorentitel auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät verliehen wurde. So räumt die Beklagte ein, dass ein Arzt, dem eine Professur von einer medizinischen Fakultät im medizinisch-historischen oder medizin-soziologischen Bereich verliehen wurde, nach der geltenden Berufsordnung diesen Titel im ärztlich-beruflichen Bereich führen dürfe. Zum anderen ist aus dem Umstand, dass der Professorentitel nicht auf Vorschlag einer medizinischen Fakultät verliehen wurde, nicht stets zu folgern, dass eine entsprechende wissenschaftliche Qualifikation im medizinischen Bereich nicht vorhanden ist.

Geeignetes Kriterium kann nur sein, ob der Verleihung des Professorentitels ein enger fachlicher Bezug zur Medizinwissenschaft zugrunde lag. Bejahendenfalls liegt nämlich eine berufswidrige Werbung und Ankündigung im oben dargestellten Sinne nicht vor, so dass eine Regelung, die dieses untersagte, nicht mit dem Grundrecht der freien Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar wäre.

Die o.a. Regelungen der Berufsordnung der Beklagten bleiben in dieser Auslegung sinnvoll, da der Sinn und Zweck der Regelung unverändert bleibt. Die Beklagte bezweckte mit den genannten Berufsordnungsregelungen erkennbar, dass eine berufswidrige Werbung durch das Führen fachfremder Professorentitel und damit verbundene Fehlvorstellungen beim heilungssuchenden Publikum  verhindert werden.

b.

Der Kläger erfüllt auch die Voraussetzungen zum Führen des ihm verliehenen Professorentitels ("Prof. h.c.") der Berufsordnung der Beklagten in der gebotenen verfassungskonformen Auslegung.

Der Titel eines Honorarprofessors ist dem Kläger im engen fachlicher Bezug zur Medizinwissenschaft verliehen worden. Diesbezüglich hat die Kammer keine Zweifel, da auch die Beklagte den fachlichen Bezug stets bejahte. So führt die Beklagte in ihrem Bescheid vom 09. August 1999, auf den der Widerspruchsbescheid 20. Dezember 1999 inhaltlich Bezug nimmt, aus:

"Der Vorstand hat bei seiner Widerspruchsentscheidung nicht verkannt, dass die Professorenwürde verliehen worden ist, weil Ihr Mandant Lehre und anwendungsbezogene Forschung in der Studienrichtung "Technik im Gesundheitswesen" betrieben hat. Es wird anerkannt, daß damit ein Bezug zur Medizinwissenschaft gegeben ist."

Die der Feststellung entgegenstehenden Bescheide der Beklagten vom 09. August 1999 und 20. Dezember 1999 sind aufzuheben.