LG Hamburg, Urteil vom 15.06.2009 - 321 O 430/07
Fundstelle
openJur 2009, 659
  • Rkr:
Zivilrecht
§§ 249, 252, 826 BGB
Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 29.1.2009 wird aufrecht erhalten

2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt - als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 1) - an den Kläger € 50.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.9.2004 zu zahlen;

3. Es wird festgestellt, dass der Schadensersatzanspruch gemäß Ziffer 2) auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner, mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Säumnis des Beklagten zu 1) entstanden sind; diese trägt der Beklagte zu 1) allein.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar; die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 29.1.2009 darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen einer fehlgeschlagenen Beteiligung an einer Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger war Prokurist einer F-V AG (im Folgenden F-V AG). Diese Gesellschaft schloss am 29.9.2003 einen Einbringungsvertrag mit einer e....t.... AG (im Folgenden e....t.... AG). Darin war im Wesentlichen vorgesehen, dass sämtliche Aktionäre der F-V AG im Zuge einer Sachkapitalerhöhung ihre Aktien an der F-V AG in die e....t.... AG einbringen und hierfür als Gegenleistung neue Aktien der e....t.... AG erhalten sollten. Gemäß § 20.1 des Vertrages bestand für die Vertragsparteien ein Rücktrittsrecht, sofern die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister nicht bis zum 31.3.2004 vollzogen würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

Die Aktionäre der F-V AG hatten dem Zusammenschluss bereits mit Hauptversammlungsbeschluss vom 12.6.2003 zugestimmt. Am 28.11.2003 beschloss auch die Hauptversammlung der e....t.... AG die Übernahme der F-V AG gegen Sachkapitalerhöhung. Lediglich der Beklagte zu 1), der sich zu dieser Hauptversammlung mit 10 Aktien angemeldet hatte, legte - vertreten durch den Beklagten zu 2) - Widerspruch ein. Letzterer hatte sich gleichfalls mit 10 Aktien angemeldet, nahm jedoch nur als Vertreter des Beklagten zu 1) teil.

In der Folge wurde die Kapitalerhöhung beim Handelsregister angemeldet.

Am 13.1.2004 erhob der Beklagte zu 1) Anfechtungsklage gegen die Sachkapitalerhöhung (Landgericht Hamburg 418 O 219/03).

Mit Beschluss vom 10.2.2004 wies das Amtsgericht Hamburg die Eintragung der Sachkapitalerhöhung mangels Bezeichnung der Personen der Einleger zurück.

In der Folgezeit kam es zu Gesprächen zwischen dem Zeugen Zeuge H., einem Aktionär der F-V AG, und dem Beklagten zu 2). Über den Anlass und Inhalt dieser Gespräche streiten die Parteien.

Am 14. September 2004 trat die e....t.... AG vom Einbringungsvertrag zurück (Anlage K 5).

Am 15. September wurde in dem (Anfechtungs-)Verfahren vor dem Landgericht Hamburg ein Vergleich geschlossen (Anlage K 4).

Am 23.12.2004 unterbreitete die e....t.... AG den Aktionären der F-V AG ein neues Übernahmeangebot (Anlage B 5), das nicht angenommen wurde.

Der Kläger behauptet, er sei Aktionär der F-V AG, an der er 120.000 Aktien halte. Er trägt vor, die vom Beklagten zu 1) erhobene Anfechtungsklage sei rechtsmissbräuchlich. Sie sei nicht aufgrund berechtigter mitgliedschaftlicher Interessen erhoben worden, sondern nur zu dem Zweck, sich durch eine finanzielle Abfindungsregelung Vorteile zu verschaffen und den „Lästigkeitswert“ der Klage abkaufen zu lassen.

So sei dem Zeugen Zeuge H. anlässlich der Gespräche Anfang 2004 vom Beklagten zu 2) erklärt worden, der Beklagte zu 1) sei gegen Zahlung eines Betrages von € 50.000,- bis € 60.000,- zu einer Einigung bereit. Später sei von € 30.000,- bis € 35.000,- die Rede gewesen. Der Beklagte zu 2) sei als „Sprachrohr“ für den Beklagten zu 1) aufgetreten und hafte damit jedenfalls als Gehilfe.

Die Beklagten seien so genannte „Berufskläger“. Sie seien in einer Vielzahl von Fällen in gleicher Weise verfahren. Aufgrund geringer Beteiligungen mit wenigen Aktien hätten sie jeweils durch Widersprüche und Klagen die Umsetzung von Hauptversammlungsbeschlüssen verzögert, um sich dann ihre Rechtsposition „abkaufen“ zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klagschrift S. 4-9 (= Bl. 5-10 d.A.) und das Anlagenkonvolut K 1 Bezug genommen.

Hierdurch sei ihm ein Schaden entstanden, weil er im Fall der Einbringung 34.736 e....t.... AG-Aktien erhalten hätte. Für diese hätte er im Zusammenhang mit einem späteren „squeeze-Out-Verfahren“ – dieses hat unstreitig stattgefunden (Anlage B 7) - eine Abfindung erhalten (Anlage K 6). Die F-V AG-Aktien hätten einen Wert von € 0,06. Nach dem Jahresabschluss der Gesellschaft per Ende 2008 (Anlage K 16) werde er aus der Liquidation der Gesellschaft maximal € 7.300,- erhalten (Anlage K 17).

Der Einbringungsvertrag wäre auch umgesetzt worden; etwaige (formale) Fehler der Handelsregisteranmeldung wären behoben worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn € 50.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.9.2004 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die zu Ziffer 1) tenorierten Schadensersatzansprüche auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruhen.

Mit Versäumnisurteil vom 29.1.2009 wurde der Beklagte zu 1) antragsgemäß verurteil. Gegen dieses am 10.2.2009 zugestellte Urteil hat er am 12.2.2009 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr bzgl. des Beklagten zu 1)

3. das Versäumnisurteil vom 29.1.2009 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

das Versäumnisurteil vom 29.1.2009 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte zu 2) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) trägt vor, deutsche Gerichte seien nicht zuständig, weil er seinen Lebensmittelpunkt in Dubai habe.

Er sei auch kein „Berufskläger“; rechtsmissbräuchliche Anfechtungsverfahren habe es nicht gegeben; die gerichtlichen Vergleiche seien nicht zu beanstanden. Im streitgegenständlichen Anfechtungsverfahren sei zudem die Initiative zu einem Vergleich von der Gesellschaft ausgegangen. Schließlich sei ein Schaden nicht schlüssig dargetan. Jedenfalls fehle es an einer haftungsbegründenden Kausalität, weil der Kläger es unterlassen habe, durch den Erwerb von Aktien der e....t.... AG an einem steigenden Börsenkurs zu partizipieren.

Der Beklagte zu 2) trägt vor, er habe seinerzeit durch die Teilnahme an der Hauptversammlung der e....t.... AG lediglich dem Beklagten zu 1) einen Gefallen getan. Dieser halte im Übrigen mehr als nur 10 Aktien an der e....t.... AG.

Der Kläger und der Zeuge Zeuge H. seien ihm aufgrund früherer gemeinsamer Aufsichtsratstätigkeiten im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer „...-online AG“ bekannt. Nur aufgrund dieser Bekanntschaft habe der Zeuge Zeuge H. ihn angerufen, um die Hintergründe der Anfechtungsklage des Beklagten zu 1) zu erfahren. Diese habe er jedoch nicht gekannt; er habe auch keine Vergleichsverhandlungen für den Beklagten zu 1) geführt.

Die Anfechtungsklage des Beklagten zu 1) sei im Übrigen wegen schwerwiegender Rechtsverletzungen des Einbringungsvertrages berechtigt gewesen; die Eintragung der Kapitalerhöhung sei zudem vom Amtsgericht zurückgewiesen worden. So seien nicht sämtliche F-V AG-Aktionäre namentlich genannt gewesen. Ferner sei zur Bewertung der F-V AG, die bilanziell überschuldet gewesen sei, nur ein nicht aussagekräftiges Schreiben (Anlage B 4) vorgelegt worden. Der Besserungsschein, den die Aktionäre der F-V AG erhalten sollten, stelle ein im Rahmen einer Kapitalerhöhung verbotenes Gegengeschäft dar. Der Einbringungsvertrag enthalte eine Reihe unzulässiger Stimmbindungen und Beschränkungen. Wegen des weiteren Vorbringens wird insoweit auf den Schriftsatz vom 14.5.2008 (S. 18ff) Bezug genommen.

Er habe auch nicht etwa in anderen Fällen rechtsmissbräuchlich und in der Absicht rechtswidriger Bereicherung aktienrechtliche Anfechtungsklagen geführt. Die gerichtlichen Vergleiche seien nicht zu beanstanden. Der Vortrag des Klägers erfolge hier ins Blaue.

Schließlich könne auch nicht die Kursentwicklung der e....t.... AG für die Schadensberechnung zugrunde gelegt werden, weil diese nicht auf Marktentwicklungen an der Börse beruhe. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die positive Entwicklung des Börsenkurses nur ohne die Einbringung der F-V AG-Aktien entstanden sei. Im Übrigen fehle es an der Kausalität, weil der Kläger es auch nach Scheitern der Einbringung unterlassen habe, Aktien an der e....t.... AG zu erwerben.

Im Übrigen seien Ansprüche auch verjährt, weil die Klage erst im Januar 2008 eingegangen und erst am 5.3.2008 zugestellt worden sei.

Der Kläger repliziert, die bilanzielle Bewertung der F-V AG sei nur aus Gründen kaufmännischer Vorsicht erfolgt. Etwaige (formale) Fehler der Handelsregisteranmeldung wären behoben worden. Die Klage sei noch im Dezember 2007 per Fax eingereicht worden.

Das Gericht hat die Akte des Landgerichts Hamburg 418 O 219/03 zum Gegenstand der Verhandlung gemacht, ferner Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Zeuge H.. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.4.2009 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 29.4.2009 hat das Gericht das schriftliche Verfahren angeordnet. Die Parteien konnten Schriftsätze wechseln bis zum 25.5.2009.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 2.4.2009 beantragt hat,

1. festzustellen, dass dem Beklagten zu 1) kein Anspruch auf Zahlung eines Anwaltshonorars gemäß Kostenrechnung vom 12.3.2009 wegen „Abmahnung“ zusteht;

2. festzustellen, dass dem Beklagten zu 2) kein Anspruch auf Zahlung eines Anwaltshonorars gemäß Kostenrechnung vom 12.3.2009 wegen „Abmahnung“ zusteht.

hat das Gericht das Verfahren mit Beschluss vom 12.6.2009 gemäß § 145 ZPO abgetrennt.

Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig; das Gericht ist gemäß § 32 ZPO als Gerichtsstand der unerlaubten Handlung örtlich zuständig. Dies gilt auch in Bezug auf den Beklagten zu 1); dass dieser seinen Wohnsitz im Ausland hat, ist dabei unerheblich.

Soweit der Kläger mit dem Antrag zu 1) einen Teilbetrag eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs geltend macht, ist dies hinreichend bestimmt (vgl. hierzu Zöller-Greger, ZPO, 25.Aufl., § 253 Rn.15).

Das Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu 2) ist aufgrund der Zweckdienlichkeit der begehrten Feststellung für vollstreckungs-, insolvenz- und materiellrechtliche Folgen gegeben, weil Schadensersatzforderungen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen gemäß § 850f Abs.2 ZPO, § 175 Abs.2 InsO und § 393 BGB privilegiert sind (OLG Frankfurt, ZIP 2009, 271 ff.).

II. Die Klage ist auch in der Sache begründet; der Einspruch des Beklagten zu 1) ist zwar rechtzeitig erfolgt, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat aus eigenem Recht gegen den Beklagten zu 1) einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 249, 252 BGB. Es kann dahinstehen, ob er auch aus abgetretenem Recht Forderungen geltend machen könnte.

Ein Schadensersatzanspruch ist dem Grunde nach gegeben. Gemäß § 826 BGB hat derjenige, der einem anderen durch eine vorsätzliche sittenwidrige Handlung einen Schaden zufügt, diesen zu ersetzen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Die Anfechtungsklage des Beklagten zu 1) gegen den Beschluss der e....t.... AG vom 28.11.2003 stellt eine sittenwidrige Handlung dar.

Sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB ist jedes Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter unter zusammenfassender Würdigung von Inhalt, Motiven und Zweck mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (Palandt-Sprau, BGB, 67.Aufl., § 826 Rn.4). Dabei genügt nicht allein die Verfolgung eigener Interessen; es muss vielmehr eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten. Bei allem kann auch der Missbrauch formaler Rechtspositionen sittenwidrig sein (Palandt-Sprau, a .a.O. § 826 Rn.5), mithin auch eine formal gerechtfertigte aktienrechtliche Anfechtungsklage.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Klagerecht des Aktionärs der Rechtmäßigkeitskontrolle von Beschlüssen dient und weder ein besonderes Rechtsschutzinteresse noch ein berechtigtes Eigeninteresse voraussetzt. Eine Klage kann daher nur in Ausnahmefällen rechtsmissbräuchlich sein.

Auch insoweit gilt jedoch eine Treuepflicht, gesellschaftsrechtliche Mitgliedsrechte (nur) unter Berücksichtigung der Interessen der Mitaktionäre auszuüben (BGHZ 103, 184). Ferner unterliegt auch die Anfechtungsbefugnis ungeachtet ihrer Kontrollfunktion den Schranken des § 242 BGB und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (BGHZ 107, 296). Ein Ausnahmetatbestand der Rechtsmissbräuchlichkeit ist immer dann gegeben, wenn die Gesellschaft durch die Anfechtungsklage eines Aktionärs in grob eigennütziger Weise veranlasst werden soll, eine Leistung zu erbringen, auf die kein Anspruch besteht (BGH NJW 1989, 2689). Sofern der Anfechtende sich nur den „Lästigkeitswert“ seiner Klage abkaufen lassen will und das Klagerecht somit in zweckentfremdeter Weise aus sachfremden Gründen zu seinem eigenen Vorteil nutzt, liegt eine unzulässige Zweck-Mittel-Relation vor. In diesem Fall ist es auch unerheblich, ob eine Anfechtungsklage erfolgreich gewesen wäre.

Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten können neben der Bereitwilligkeit zum Abschluss eines Vergleichs auch darin zu sehen sein, dass im Wesentlichen formale Anfechtungsgründe vorgebracht werden, der Anfechtende nur geringen Aktienbesitz hat und eine Reihe gleichartiger Verfahren führt oder geführt hat (OLG Frankfurt, ZIP 2009, 271 ff.). Das Gericht kann dabei im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO aus nachgewiesenen objektiven Umständen den Schluss auf die subjektiven Merkmale eines Mißbrauchs des Anfechtungsrechts schließen (Hefermehl-Hüffer, Kommentar zum AktG, § 245 Rn.55)

Bei Anlegung dieser Maßstäbe steht hier steht nach den Gesamtumständen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Anfechtungsklage aus grob eigennützigen Motiven erhoben wurde.

So hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Beklagte zu 1) ohne weitere Forderungen inhaltlicher Art im Zusammenhang mit dem geplanten Einbringungsvertrag bereit gewesen wäre, gegen Zahlung einer erheblichen Geldsumme in Höhe von etwa € 60.000,- von der Klage Abstand zu nehmen. Der Zeuge Zeuge H. hat glaubhaft geschildert, dass er bei mehreren Telefonaten diese Information vom Beklagten zu 2) Information erhielt, der insoweit ihm gegenüber als Mittelsmann für den Beklagten zu 1) auftrat. Dabei ging die Initiative zur Zahlung einer solchen „Abfindung“ auch nicht etwa maßgeblich von der F-V AG AG bzw. dem Zeugen aus. So hat der Zeuge Zeuge H. nach seinen Bekundungen zwar als Erster Kontakt zum Beklagten zu 2) aufgenommen, dieser ist in der Folgezeit jedoch selbst „am Ball geblieben“. Der Zeuge Zeuge H. hat glaubhaft geschildert, dass der Beklagte zu 2) sich nach erstem Telefonat von sich aus wieder bei ihm –dem Zeugen- gemeldet hat, dies zunächst per E-Mail und sodann telefonisch. Bei allen Gesprächen ging es darum, ob und in welcher Höhe Zahlungen an den Beklagten zu 1) geleistet werden würden. Dass der Beklagte zu 1), der sich auch bei der maßgeblichen Hauptverhandlung der e....t.... AG der Mithilfe des Beklagten zu 2) bedient hatte, nicht über diese Gespräche informiert war, hält das Gericht nach allem für ausgeschlossen.

Das Gericht hat ferner keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Zeuge H. zu zweifeln. Dabei wird nicht verkannt, dass dessen Bekundungen sich in weiten Teilen mit dem Klagvorbringen decken, die Aussage zum Teil wortgleich mit den klägerischen Schriftsätzen ist. Dies steht der Glaubwürdigkeit indessen nicht entgegen, weil der Zeuge auch bekundet hat, dass er selbst schon seinerzeit – auch im Eigeninteresse - sehr genau mit den Vorgängen vertraut war und sich auch Notizen gemacht hat, die er herangezogen hat. Hinzu kommt, dass bereits im Zusammenhang mit dem Verfahren vor der Kammer für Handelssachen dieselbe Thematik eine Rolle gespielt hatte. Aus diesen Gründen ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Zeuge den Inhalt der Gespräche so genau wie geschildert in Erinnerung behielt. Auch der Umstand, dass der Zeuge insoweit Informationen an den Klägervertreter weitergegeben hat, macht ihn nicht unglaubwürdig.

Einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Kaufmann bedurfte es insoweit nicht.

Neben dieser Vergleichsbereitschaft des Beklagten zu 1) kommt als weiteres Beweisanzeichen eines grob eigennützigen, sittenwidrigen Verhaltens hinzu, dass dieser nur in geringfügigem Umfang und mit geringem wirtschaftlichen Eigeninteresse, nämlich mit nur 10 von 10 Mio. ausgegebenen Aktien (= 0,0001% = € 8,-) an der e....t.... AG beteiligt war. Dass er mehr als 10 Aktien hielt, ist nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt. Insofern drohte ihm durch die geplante Übernahme kein nennenswerter materieller Nachteil. Ob die vorgebrachten Anfechtungsgründe im Wesentlichen formaler Natur waren, kann hier dahinstehen.

Schließlich ist auch unstreitig, dass der Beklagten zu 1) an einer Vielzahl ähnlich gelagerter aktienrechtlicher Verfahren beteiligt war. Dies wird als Tatsache von ihm nicht in Abrede genommen, lediglich die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen werden angegriffen. Es ergibt sich auch aus dem Anlagenkonvolut K 1. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass allein die Tatsache häufiger Beteiligung an derartigen Streitigkeiten für sich genommen nicht ausreicht, um auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten schließen zu lassen. Im Zusammenhang mit den weiteren vorliegenden Umständen stellt es jedoch vorliegend ein Indiz hierfür dar.

b) Die Anfechtungsklage des Beklagten zu 1) hat auch einen Schaden des Klägers verursacht, weil sie dazu geführt hat, dass er mangels Umsetzung der geplanten Einbringung der F-V AG keine Aktien der e....t.... AG erhielt. Dieser Zusammenhang steht zur Überzeugung des Gerichts fest (§§ 286, 287 ZPO). Der unterbliebene Erwerb der Aktien stellt auch einen ersatzfähigen (Vermögens-)Schaden dar, denn ein Schaden ist jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage oder Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses (Palandt-Sprau, a.a.O., § 826 Rn.3), auch die Vereitelung einer Erwerbsaussicht. Ein solcher Schaden ist hier gegeben.

Der Kläger der insoweit darlegungs- und beweisbelastet für den Zurechnungszusammenhang zwischen sittenwidrigem Verhalten und Schaden ist (Palandt-Sprau, a.a.O., § 826 Rn.18), hat diese Ursächlichkeit substantiiert dargetan.

Der Kläger war Aktionär der F-V AG, hätte somit nach dem Einbringungsvertrag für die Einbringung seiner Beteiligung an der F-V AG im Gegenzug Aktien der e....t.... AG erhalten. Die Beteiligung des Klägers an der F-V AG haben die Beklagte angesichts der vorliegenden Unterlagen (Anlagen K 5, K 16, 17), in denen der Kläger ausdrücklich als Aktionär mit 120.000 Aktien genannt wird, nicht hinreichend konkret bestritten.

Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Anfechtungsklage und Scheitern des Einbringungsvertrages kommen dem Kläger vorliegend die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises im Rahmen der Beweiswürdigung gemäß §§ 286, 287 ZPO zugute. Danach ist der Beweis auch dann geführt, wenn aufgrund eines feststehenden Geschehensablaufs auf typische Schäden geschlossen werden kann. Erforderlich ist dabei allerdings, dass der zugrunde liegende Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung konkrete Rückschlüsse zulässt, entweder unstreitig oder bewiesen ist (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., vor § 284 Rn.29). Ist dies der Fall, kann sowohl von einer feststehenden Ursache auf einen Erfolg als auch umgekehrt geschlossen werden (Palandt-Heinrichs, a.a.O., vor § 249 Rn. 163f.).

Aus dem unstreitigen Sachverhalt kann vorliegend nach der Lebenserfahrung geschlossen werden, dass ohne Anfechtungsklage die e....t.... AG nicht zurückgetreten und der Einbringungsvertrag mithin umgesetzt worden wäre. Unstreitig hatten bereits die Hauptversammlungen beider Gesellschaften der Einbringung zugestimmt. Ein entsprechender Antrag auf Eintragung der Kapitalerhöhung war bereits gestellt worden. Der Rücktritt erfolgte sodann ausdrücklich, weil die Eintragung der Kapitalerhöhung zum vertraglich vereinbarten Stichtag nicht erfolgt war (Anlage K 5). Dies wiederum beruhte darauf, dass zwischenzeitlich die Anfechtungsklage erhoben worden war. Soweit das Amtsgericht eine Eintragung der Kapitalerhöhung abgelehnt hatte, beruhte dies allein auf einem unschwer zu behebenden formalen Mangel, nämlich der fehlenden Benennung der Einleger. Dieser Fehler wäre problemlos bis zum 31.3.2004 zu beheben gewesen und ohne die zwischenzeitlich erhobene Anfechtungsklage zur Überzeugung des Gerichts auch behoben worden.

c) Der Beklagte zu 1) handelte auch vorsätzlich. Vorsatz setzt hierbei voraus, dass der Schädiger Art und Richtung des Schadens und der Schadenfolgen vorausgesehen und jedenfalls billigend in Kauf genommen hat. Eine nur allgemeine Vorstellung über eine mögliche Schädigung genügt nicht. Andererseits ist nicht erforderlich, dass Einzelheiten des Schadensverlaufs bzw. Umfang und Höhe des Schadens vorhergesehen werden. Ebenso wenig bedarf es einer Schädigungsabsicht, auch ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit ist nicht erforderlich. Auch muss die konkret geschädigte Person dem Schädiger nicht bekannt sein (Palandt-Sprau, a.a.O., § 826 Rn.10).

Vorliegend war dem Beklagten zu 1) bekannt, dass bei erfolgreicher Anfechtungsklage die geplante Einbringung nicht erfolgen würde; dies war gerade Zielrichtung der Klage. Zwangsläufig wusste er damit auch, dass in diesem Fall die Aktionäre der F-V AG keine e....t.... AG-Aktien erhalten würden. Dies genügt, weil allein dies den haftungsbegründenden Schaden darstellt.

d) Der haftungsbegründende Zusammenhang ist auch nicht durch eigenständige Entscheidungen des Klägers oder Dritter unterbrochen worden. Die Rücktrittserklärung der e....t.... AG wurde durch die Anfechtungsklage herausgefordert, ebenso die spätere Ablehnung des neuen Übernahmeangebots durch die F-V AG (hierzu Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 249 Rn.77).

Dass der Kläger nach dem Scheitern der Einbringung keine Aktien der e....t.... AG erwarb, könnte dem Ersatzanspruch allenfalls im Wege des Mitverschuldenseinwandes entgegengehalten werden. Daran fehlt es jedoch, weil dem Kläger insoweit nicht der Vorwurf gemacht werden kann, eine objektiv vernünftige Maßnahme zur Schadensabwendung unterlassen zu haben (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 254 Rn.36). Der eigenständige entgeltliche Erwerb von Aktien hätte eine vollkommen andere geschäftliche Grundlage gehabt als die Einbringung eigener F-V AG-Aktien.

e) Der geltend gemachte Schaden fällt auch in den Schutzbereich des § 826 BGB. Ersatzberechtigt gemäß § 826 BGB ist auch ein mittelbar Geschädigter, sofern sich Bewusstsein und Wille der Schädigung zumindest auch auf ihn beziehen und die Schädigung auch in diesem Verhältnis sittenwidrig ist (Palandt-Sprau, a.a.O., § 826 Rn.12). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der es unangemessen wäre, wenn der Täter für alle Schäden einzustehen hätte, die ihre Ursache in dem Vermögensschaden des unmittelbar Betroffenen haben. Voraussetzung einer Haftung ist daher, dass der Schädiger jedenfalls eine konkrete Vorstellung davon hat, durch sein Verhalten auch weitere, mittelbar Geschädigte zu treffen (BGH NJW 1979, 1599). Dies ist hier jedoch aus den oben genannten Gründen der Fall. Dem Beklagten zu 1) war bekannt, durch sein Verhalten auch die Vermögensinteressen der F-V AG-Aktionäre zu treffen. Hinzu kommt, dass diese bereits durch den Einbringungsvertrag in vertraglichen Beziehungen zur e....t.... AG standen.

f) Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet, weil ein Schaden des Klägers im zuerkannten Umfang entstanden ist. Die Ersatzpflicht richtet sich vorliegend nach §§ 249 ff. BGB. Zu ersetzen ist der gesamte entstandene Schaden, nicht nur der vorhersehbare. Dabei kommen dem Geschädigten im Rahmen der Schadensberechnung auch die Beweiserleichterungen gemäß § 252 BGB und § 287 ZPO zugute. Der Geschädigte braucht hier nur die Umstände darzulegen und in den Grenzen des § 287 ZPO zu beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen die Wahrscheinlichkeit eines Gewinneintritts ergibt. Hier sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen; es genügen ausreichende Anknüpfungstatsachen für eine Schadensschätzung. Diese liegen vor.

Der Kläger hätte ohne das schädigende Verhalten im Fall der Einbringung 34.736 e....t.... AG-Aktien erhalten und wäre im Zusammenhang mit dem späteren „squeeze-Out-Verfahren“ abgefunden worden. Dabei kann es dahinstehen, ob die Abfindung der Höhe nach (nur) € 3,93 pro Aktie betrug, weil auch in diesem Fall der Schadensersatzanspruch vollen Umfangs begründet ist. Dass sich der Kläger hier im Rahmen der Schadensberechnung für die F-V AG-Aktien, die er bei Umsetzung der Einbringung verloren hätte, einen höheren Betrag als € 7.300 anrechnen lassen muss (Anlage K 17), ist nicht dargetan.

Soweit die Beklagten geltend machen, im Fall der Einbringung wäre es nicht zu einem Squeeze-Out-Verfahren und zu einer Abfindung der Minderheitsaktionäre gekommen, sind sie hierfür beweisbelastet. Ein Sachverständigenbeweis ist hier jedoch kein geeignetes Beweismittel.

g) Die Ansprüche sind auch nicht verjährt, weil der Kläger die Klage rechtzeitig per Fax am 30.12.2007 eingereicht hat. Hierdurch wurde die Verjährung gemäß §§ 204 Abs.1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO gehemmt, weil die Zustellung an die Beklagten auch „demnächst“ erfolgte. Dem Original der Klagschrift, das am 3.1.2008 bei Gericht einging, war ein Scheck wegen des Gerichtskostenvorschusses beigefügt; die Einzahlung erfolgte am 10.1.2008. Weitere Verzögerungen bei der Zustellung sind unschädlich, weil sie nicht dem Kläger zuzurechnen sind (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., § 167 Rn.12).

2. Der Kläger hat auch gegen den Beklagten zu 2) einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 830, 249, 252 BGB. Mehrere Beteiligte einer Schädigung haften gemäß § 830 Abs.1, 2 BGB gemeinschaftlich. Voraussetzung ist hier, dass vorsätzlich an einer Schädigungshandlung mitgewirkt wird. Dies ist hier der Fall, weil der Beklagte zu 2) in Absprache mit dem Beklagten zu 1) für diesen an der maßgeblichen Hauptversammlung der e....t.... AG teilgenommen und durch einen Widerspruch die Anfechtungsklage vorbereitet hat (vgl. § 245 Abs.1 Ziffer 1 AktG), später auch die maßgeblichen Gespräche mit dem Zeugen Zeuge H. geführt hat. Dass dies in Unkenntnis der relevanten schadensersatzrechtlichen Zusammenhänge erfolgte, hält das Gericht für ausgeschlossen.

3. Der Feststellungsantrag ist aus den oben genannten Gründen gerechtfertigt.

4. Die Zinsforderung beruht auf § 849 BGB (entsprechend).

II. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 100 Abs.4, 344, 709 S.1, S.2 ZPO.

Beschluss:

vom 12.6.2009

Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 2.4.2009 erhobenen Ansprüche wird das Verfahren gemäß §§ 145 Abs.1, 260 ZPO abgetrennt.

Gründe:

Die Anspruchsverbindung ist vorliegend nicht zulässig, weil das Prozessgericht nicht für sämtliche Ansprüche zuständig ist. Das Landgericht Hamburg ist hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 2.4.2009 erhobenen Ansprüche nicht gemäß § 32 ZPO als Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zuständig. Zwar kann es danach den Rechtsstreit im Hinblick auf den mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten einheitlichen prozessualen Anspruch unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten entscheiden (BGH NJW 2003, 823), dies betrifft jedoch nicht die im Wege der Klagerhöhung nachträglich geltend gemachten Forderungen, die auf die (negative) Feststellung desw Nichtbestehens von Ersatzansprüchen wegen Abmahnungen gerichtet sind. Diesbzgl. ist das Landgericht Hamburg unter keinem ersichtlichen Gesichtspunkt örtlich zuständig (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25-Aufl., § 29 Rn.25, Stichwort: negative Feststellungsklage: Erfüllungsort des Klägers).

Beschluss:

Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 2.4.2009 erhobenen Ansprüche erklärt sich das Landgericht Hamburg für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 25.Aufl., § 260 Rn.1a) auf den Hilfsantrag des Klägers an das gemäß §§ 12, 29 ZPO örtlich zuständige Landgericht Aachen.