OLG Celle, Beschluss vom 30.05.2000 - 4 W 53/00
Fundstelle
openJur 2012, 35993
  • Rkr:
Tenor

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird als unzulässig verworfen.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der angefochtene Beschluss des Landgericht teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Cuxhaven vom 29. Dezember 1998 wie folgt abgeändert:

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 22. November 1997 zu den Tagesordnungspunkten 4, 6 und 9 C werden für ungültig erklärt.

Die Gerichtskosten werden gegeneinander aufgehoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 20.000 DM.

Gründe

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 32 in der Wohnungseigentumsanlage ... in .... Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus zwei Häusern, die durch einen im Souterrain liegenden Gang miteinander verbunden werden. Der ebenerdige Haupteingang zur Anlage befindet sich in Haus 2. Das Haus 1, in dem sich auch die Wohnung der Antragstellerin befindet, besitzt keinen ebenerdigen Hauseingang, sondern kann nur über eine Treppe erreichbaren Nebeneingang im Souterrain oder durch den Gang von Haus 2 aus betreten werden. Aus diesem Grund gab es unter den Wohnungseigentümern der Wohnanlage eine Diskussion darüber, ob die bisherige Wohnung 15, die im Erdgeschoss des Haus Nr. 1 liegt, in eine Eingangshalle umgebaut werden könne, um so einen ebenerdigen Zugang zum Haus Nr. 1 zu schaffen. Neben der Wohnung Nr. 15 befinden sich die im Eigentum des Ehemannes der Antragstellerin stehenden Wohnungen Nr. 8 und Nr. 14.

Da die in der Teilungserklärung vom 22. Januar 1991 dargelegten baulichen Gegebenheiten mit den tatsächlichen Verhältnissen in der Wohnanlage aufgrund zwischenzeitlicher baulicher Veränderungen nicht mehr übereinstimmten, wurde auch über eine Neuerstellung der Teilungserklärung nachgedacht.

Am 22. November 1997 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der unter TOP 4 die Bestellung eines aus vier Mitgliedern bestehenden Verwaltungsbeirates beschlossen wurde. Unter TOP 6 wurde beschlossen, Vorkehrungen zur Erstellung einer neuen Teilungserklärung zu treffen, wofür Kosten in Höhe von 400 DM pro Eigentümer veranschlagt wurden. Unter TOP 9 C wurde mit 34 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen folgender Beschluss gefasst:

Es wird genehmigt, dass den Eigentümern der Wohnung 15 oder deren Rechtsnachfolger gestattet wird, den Zugang zur Wohnung 15 und zum Treppenhaus innerhalb des Gebäudes zu schaffen und zwar auf der Grundlage der Pläne des Architekten ... die mit der Einladung zu dieser Versammlung allen Eigentümern zur Kenntnis gebracht wurde. Voraussetzung hierfür ist weiterhin, dass die Wohnung nur als Eingangsempfangshalle genutzt wird und nicht als Rezeption. Kosten und eventuelle Folgekosten tragen die Eigentümer der Wohnung 15 oder deren Rechtsnachfolger. Die Nutzung dieser neuen Eingangsempfangshalle ist nur den Eigentümern der Wohnung 15 oder deren Rechtsnachfolger, deren Bevollmächtigten und deren Mietern bzw. Gästen gestattet. Es entsteht dadurch eine neue Nutzergemeinschaft. Diese neue Nutzergemeinschaft ist deshalb berechtigt, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit die Nutzung bzw. der Zugang nur dieser Nutzergemeinschaft vorbehalten ist. Jedem Eigentümer ist es aber gestattet, auch im Nachherein, diesen Zugang zu nutzen, soweit er sich an den entsprechenden Pachtkosten beteiligt.

Nachdem sich die Antragstellerin im amtsgerichtlichen Verfahren noch gegen die Gültigkeit der Beschlüsse zu TOP 4, 6 und 9 C gewandt hatte, sind im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde nur noch die Beschlüsse zu TOP 6 (Neuentwurf einer Teilungserklärung) und 9 C (Umbau der WEG Nr. 15) streitgegenständlich, während die Entscheidung des Landgerichts zu TOP 4, der für ungültig erklärt worden ist, hingenommen wird.

Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 6 ist die Antragstellerin der Ansicht, eine neue Teilungserklärung sei nicht erforderlich, da die ursprüngliche Teilungserklärung auch ergänzt werden könne, was erheblich kostengünstiger sei. Außerdem würde eine neue Teilungserklärung die vorhandenen Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums durch die baulichen Veränderungen heilen, was nicht in ihrem Interesse läge. Da sie aus diesem Grund einer neuen Teilungserklärung nicht zustimmen werde, ein Beschluss über die neue Teilungserklärung aber einstimmig gefasst werden müsse, wäre schon der Entwurf einer neuen Teilungserklärung überflüssig. Hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 9 C (Umbau der WEG Nr. 15) ist die Antragstellerin der Ansicht, aus der Einladung zur Eigentümerversammlung sei nicht die Möglichkeit einer Beschlussfassung über die mögliche Umgestaltung der Wohnung zu entnehmen. Eine bauliche Veränderung der Wohnung Nr. 15 sei auch nicht erforderlich, da der vorhandene Eingang ausreiche. Hinzu komme, dass die Umgestaltung der Wohnung zu einer erheblichen Wertminderung der angrenzenden Wohnungen Nr. 8 und Nr. 14 sowie zu Lärmbelästigungen führe. Die Wertminderung der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 14 stelle auch für sie einen Nachteil dar, da sie mit ihrem Ehemann in Zugewinngemeinschaft lebe und seine zukünftige Erbin sei. Die Umgestaltung der Wohnung Nr. 15 in eine Eingangshalle führe außerdem zu einer Umwandlung des Sondereigentums an der Wohnung Nr. 15 in Teil- oder Gemeinschaftseigentum, was der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer bedürfe und nicht durch Mehrheitsbeschluss erfolgen könne.

Die Antragsgegner verteidigen die angefochtenen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft. Sie sind er Ansicht, eine Änderung der Teilungserklärung sei schon aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich. Hinsichtlich des Umbaues der Wohnung Nr. 15 lasse sich der Gegenstand des Beschlusses hinreichend aus der Einladung entnehmen. Es habe auch eine Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss ergehen können, da § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Miteigentumsordnung vom 22. August 1991 ausdrücklich vorsehe, dass für bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus gingen, die Mehrheit der auf einer Eigentümerversammlung anwesenden Wohnungseigentümer erforderlich und ausreichend sei. Bei dem Umbau der Wohnung Nr. 15 in eine Eingangshalle handele es sich um eine Wertverbesserung der Wohnanlage. Eine Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer entstehe durch den Umbau nicht. Insbesondere habe der Ehemann der Antragstellerin als Eigentümer der angeblich in ihrem Wert geminderten Wohnungen Nr. 18 und Nr. 14 den Beschluss nicht angefochten, so dass der Beschluss zu TOP 9 C für ihn verbindlich sei.

Nachdem das Amtsgericht den ursprünglichen Antrag der Antragstellerin, TOP 4, 6 und 9 C für ungültig zu erklären, zurückgewiesen hat, hat das Landgericht TOP 4 und 6 für ungültig erklärt und den weitergehenden Antrag hinsichtlich TOP 9 (Umbau der WEG Nr. 15) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Bestellung eines Verwaltungsbeirates mit vier Mitgliedern verstoße gegen die gesetzliche Regelung des § 29 WEG, der nur drei Mitglieder vorsehe, so dass der Beschluss zu TOP 4 ungültig sei. Die Belastung der Antragstellerin mit den Kosten für die Einholung von Entwürfen für eine neue Teilungserklärung durch den Beschluss zu TOP 6 verstoße gegen Treu und Glauben, da die Antragstellerin einer entsprechenden Teilungserklärung nicht zustimmen werde und diese somit aufgrund des Erfordernisses der Einstimmigkeit des späteren Beschlusses gar nicht zustande kommen könne. Die Beschlussfassung hinsichtlich TOP C sei nicht zu beanstanden, da dieser Punkt aus der Einladung zur Eigentümerversammlung ersichtlich sei und der Umbau die Antragstellerin als Eigentümerin der WEG Nr. 32 nicht beeinträchtige.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts wenden sich wohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegner mit ihren sofortigen Beschwerden. Die Antragstellerin verfolgt ihren ursprünglichen Antrag weiter, auch TOP 9 C (Umbau der WEG Nr. 15) für ungültig zu erklären. Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner richtet sich gegen die Ungültigkeitserklärung des Beschlusses zu TOP 6 (Neufassung der Teilungserklärung).

I.

Die nicht näher begründete weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist bereits gemäß § 45 Abs. 1 WEG, § 27 FGG unzulässig, da sie nicht wirksam eingelegt worden ist.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner wurde von der Verwalterin beauftragt. Diese wurde vom Verwaltungsbeirat bevollmächtigt, für die Antragsgegner gerichtlich tätig zu werden. Nachdem das Landgericht aber durch Beschluss vom 29. Dezember 1999 den Beschluss über die Bestellung des Verwaltungsbeirates (TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 22. November 1997) für ungültig erklärt hat und der Beschluss des Landgerichts insoweit nicht angefochten wurde, ist nicht ersichtlich, dass der Verfahrensbevollmächtigte von den Antragsgegnern wirksam bevollmächtigt ist, weitere sofortige Beschwerde einzulegen.

Der Senat hat durch Verfügung vom 11. Mai 2000 auf diesen Umstand hingewiesen, weiterer Vortrag ist seitens der Antragsgegner nicht gehalten worden.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, § 27 FGG zulässige weitere Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet.

Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 22. November 1997 zu TOP 9 C war für ungültig zu erklären, da der Beschluss über den Umbau der WEG Nr. 15 zu einer Eingangshalle nur einstimmig hätte gefasst werden dürfen.

Die Wohnung ATP 15 ist in der Teilungserklärung als Wohnungseigentum ausgewiesen. Nunmehr soll die Nutzung als Wohnungseigentum aufgegeben werden und die Wohnung als Empfangshalle genutzt werden. Damit soll an ihr Teileigentum begründet werden. Teileigentum besteht dann, wenn Räume eines Gebäudes nicht Wohnzwecken dienen, sondern in anderer Weise genutzt werden, beispielsweise für gewerbliche Zwecke. Die Wohnungseigentümer beabsichtigen mit dem Umbau der Wohnung Nr. 15 in eine Eingangshalle eine Nutzungsänderung, nämlich die Nutzung von Wohneigentum als Teileigentum. Bei der Festlegung als Wohnungs- oder Teileigentum handelt es sich aber nicht um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis zueinander (§ 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG), sondern um einen notwendigen Teil des dinglichen Aktes zur Begründung von Wohnungseigentum. Er ist daher einer Änderung durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer untereinander i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG entzogen mit der Folge, dass zur Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum und umgekehrt eine Änderung des dinglichen Begründungsaktes notwendig ist, die der Eintragung im Grundbuch bedarf. Diese Umwandlung bedarf daher immer der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer (OLG Braunschweig, Beschluss vom 30. Juni 1976 -- 2 Wx 44/75 --; bei ObLG NJW-RR 1997, 586; Palandt-Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 1 WEG Rdnr. 4).

Da der Beschluss über die Umwandlung der Wohnung Nr. 15 in eine Eingangshalle nicht einstimmig gefasst worden ist, ist er unwirksam und damit für ungültig zu erklären.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Angesichts der in mehreren Instanzen unterschiedlich vertretenen Rechtsansichten der Gerichte hat der Senat keine Veranlassung gesehen, von der Grundregel des § 47 WEG abzusehen.