OLG Celle, Urteil vom 01.07.2009 - 3 U 257/08
Fundstelle
openJur 2009, 577
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 13 O 30/08
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. Oktober 2008 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.698,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4,8 % für die Zeit vom 9. Juni 2001 bis zum 27. November 2007 sowie in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab dem 28. November 2007 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Besserungsschein der A. GmbH, M.Straße, D.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus steuerlichen Belastungen resultiert, die ihre Ursache in den aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits zu erbringenden Schadensersatzleistungen der Beklagten haben.

3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 2.879,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 28. November 2007 zu zahlen.

4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen eines behaupteten Anlageberatungsfehlers auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Durch Beitrittserklärung vom 9. Juni 2001 beteiligte sich der Kläger als Kommanditist mit einem Aufwand von 89.250 EUR (Beteiligung in Höhe von 85.000 EUR zuzüglich 5 % Agio) an dem im Jahr 2001 von der Y. Fondsbeteiligungsgesellschaft mbH herausgegebenen Y. Fonds Nr. aaa. Zwischen der Herausgeberin des Beteiligungsangebots, bei der es sich um eine mittelbare Tochter der Beklagten handelt, und der Beklagten bestand eine Vereinbarung über die Vermittlung von Kommanditkapital. § 2 Nr. 1 dieser Vereinbarung bestimmt, dass die Y. der Beklagten für die im Rahmen dieses Vertrages übernommene Kommanditkapitalvermittlung eine Vergütung in Höhe von 5 % des vermittelten Kommanditkapitals gewährt. Durch Garantievertrag vom 21. Februar 2001, in dem die Beklagte die Platzierung der Fondsbeteiligungen verbindlich zugesichert hatte, war darüber hinaus vereinbart, dass die Y. der Beklagten hierfür eine Vergütung in Höhe von 3 % der Garantiesumme zahlte. Darüber hinaus kamen nach § 2 des Kapitalvermittlungsvertrages zusätzliche Vermittlungsgebühren für die jeweiligen Gebietszentralen der Beklagten bei Erfüllung vorgegebener Quoten in Betracht (vgl. Anlagen B 11, B 12). Deren Berechnung und Höhe ist zwischen den Parteien streitig.

Der Fonds, dessen Aufgabe es war, Filmprojekte zu finanzieren, schüttete in den Folgejahren keine Erträge aus. Auf das Angebot der A. GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der X.Leasing und Immobilien AG (vgl. Angebotsschreiben Anlage B 13), veräußerte der Kläger dieser seinen Anteil für 22,7 % des eingesetzten Kommanditkapitals, mithin 19.295 EUR. Hierneben erhielt er von der A. GmbH einen Besserungsschein, der den Kläger an etwaigen künftigen Erlösen des Fonds beteiligt.

Der Kläger, der als langjähriger Kunde der Beklagten zwar in verschiedenen Formen Geldanlagen getätigt und der bereits im Jahr 1998 im Rahmen eines strukturierten Beratungsgesprächs seine Anlagestrategie als wachstumsorientiert bezeichnet hatte, was der vierthöchsten von insgesamt fünf Risikoklassen entsprach (vgl. Anlage B 9), begründet den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch mit der Behauptung, dem insoweit für ihn tätigen Berater der Beklagten L. sei bekannt gewesen, dass er eine zur Sicherung seiner Alterseinkünfte geeignete Anlage gesucht habe. Der Berater habe ihm gesagt, der streitgegenständliche Medienfonds sei eine sichere Anlage, der Kläger müsse nichts befürchten. Darüber hinaus stützt der Kläger seine Ansprüche darauf, dass ihn die Beklagte nicht über die Provisionen, die ihr gegenüber der Fondsgesellschaft zustanden und die der Kläger mit bis zu 13 % beziffert, aufgeklärt habe. Schließlich habe die Beklagte auch ihre Pflichten im Rahmen der Anlageberatung dadurch verletzt, dass sie auf der Grundlage eines fehlerhaften, die Risiken der Anlage verharmlosenden Prospekts beraten habe. Im Hinblick auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch vertritt der Kläger die Auffassung, sich steuerliche Vorteile nicht auf seine Schadensersatzforderung anrechnen lassen zu müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 69.955 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 9. Juni 2001 zu zahlen,

hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 69.955 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 9. Juni 2001 Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Besserungsschein zu zahlen,

hilfsweise,
festzustellen, dass die Beklagte ihm jeglichen Schaden zu ersetzen hat, der aus der steuerlichen Belastung resultiert, die ihre Ursache in den aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits zu erbringenden Schadensersatzleistungen der Beklagten hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dem Kläger sei als einem auch in Fondsbeteiligungen erfahrenen Kunden das mit der Anlage verbundene Risiko bekannt gewesen. Die vom Kläger als Anlageziel nunmehr behauptete Altersversorgung sei im Zeitpunkt des Kaufs der Fondsanteile ohnehin gesichert gewesen. Hinsichtlich der von ihr erzielten Provisionen sei sie zu einer Aufklärung nicht verpflichtet gewesen. Die Höhe der Provisionen sei marktüblich. zudem sei sie im Prospekt mit bis zu 13 % ausgewiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Emissionsprospekt, auf dessen Grundlage die Beratung des Klägers erfolgt sei, sei nicht fehlerhaft. Im Prospekt werde insbesondere auf Innenprovisionen hingewiesen. Substantiierter Vortrag des Klägers zu seiner Behauptung, der Mitarbeiter der Beklagten hätte über das Prospekt hinausgehend unzutreffende Angaben gemacht, insbesondere das Risiko der Anlage verharmlost, fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und die geltend gemachten Ansprüche insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützt, wonach eine Bank verpflichtet ist, die von ihr beratenen Kunden auf Provisionsrückzahlungen durch den Fondsinitiator hinzuweisen, da erst hierdurch den Kunden das unmittelbare wirtschaftliche Interesse der Bank am Vertrieb eines bestimmten Fonds bewusst werde. Der Kläger hat behauptet, bei Kenntnis von der Höhe dieser als kickbackZahlungen bezeichneten Leistungen, die sich seiner Auffassung nach auf 13 %, mindestens jedoch 8 % belaufen hätten, hätte er von einer Beteiligung Abstand genommen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 10. Oktober 2008 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 69.955 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 9. Juni 2001 zu zahlen,

hilfsweise,
die Verurteilung der Beklagen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Besserungsschein auszusprechen,

weiter hilfsweise für den Fall der Anrechnung von Steuervorteilen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus steuerlichen Belastungen resultiert, die ihre Ursache in den aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits zu erbringenden Schadensersatzleistungen der Beklagten haben.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.879,80 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 28. November 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, bestreitet die Kausalität einer etwaigen Aufklärungspflichtverletzung über Provisionsrückzahlungen für die Anlageentscheidung des Klägers und vertritt die Auffassung, sie habe nach der seinerzeit bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung davon ausgehen dürfen, dass eine Information des Anlegers über sogenannte kickbackZahlungen nicht geschuldet sei. Für den Fall einer Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz müsse sich der Kläger jedenfalls die von ihm durch die Beteiligung erzielten Steuervorteile, die die Beklagte unbestritten mit 43.256,50 EUR beziffert hat, anrechnen lassen.

Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2009 den Kläger persönlich angehört. Dieser hat im Hinblick auf die kickbackZahlungen erläutert, dass er zwar erwartet habe, dass sich die Beklagte aus dem Agio (5 %) bedienen würde. Bei Kenntnis höherer Provisionen hätte er jedoch lange gezögert, die Anlage zu zeichnen. Von Provisionsrückflüssen sei jedoch bei der Beratung keine Rede gewesen. Bei Kenntnis der tatsächlichen Höhe dieser Provisionen wäre für ihn offenkundig geworden, dass die Beratung nicht aufgrund eines Vertrauensverhältnisses erfolgte, sondern „nacktes Verkaufsinteresse“ des Beraters bestand. In diesem Fall hätte er befürchtet, dass das Beratungsinteresse des Mitarbeiters der Beklagten gemindert, sein Verkaufsinteresse gefördert gewesen sei. Er hätte dann nähere Informationen eingeholt, sich voraussichtlich gegen die Anlage entschieden und sein Geld anderweitig angelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Das Rechtsmittel des Klägers ist zulässig. es hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 26.698,50 EUR sowie darauf, dass ihm weitere Schäden, die ihm aus einer etwaigen Versteuerung der Schadensersatzleistung entstehen können, erstattet werden. Allerdings waren die erheblichen Steuervorteile von dem Schaden abzusetzen.

1. Zutreffend hat das Landgericht im angefochtenen Urteil indes Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrag, was das Unterlassen oder die fehlerhafte Aufklärung über die mit der Fondsbeteiligung verbundenen Risiken betrifft (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Abs. 3 BGB), verneint.

a) Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag wirksam zustande gekommen. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn ein Anlageinteressent - hier der Kläger - an ein Kreditinstitut herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden (BGH WM 1997, 662). Dabei erfolgt der Abschluss des Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs, und zwar gleichgültig, von wem die Initiative ausgegangen ist. Im Rahmen eines solchen Anlageberatungsvertrages ist die Bank verpflichtet, den Kunden als ihren Vertragspartner nicht nur über objektbezogene Umstände, sondern auch anlegergerecht aufzuklären (vgl. BGH WM 1993, 1238 f., ständige Rechtsprechung).

b) Hiervon ausgehend lässt sich jedoch ein Verstoß der Beklagten gegen die Grundsätze der anlage und anlegergerechten Beratung nicht feststellen. ein solcher ist nicht schlüssig dargetan. Eine Pflichtverletzung der Beklagten käme dann in Betracht, wenn diese dem Kläger über die mit seiner Anlagenentscheidung verbundenen Risiken nicht hinreichend aufgeklärt hätte. Dabei sind Inhalt und Umfang der Beratungspflichten von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängig, die sich auf die Person des Kunden einerseits und das Anlageprojekt andererseits beziehen. Zu den besonderen Umständen gehört in diesem Zusammenhang auch der generelle Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art sowie dessen Risikobereitschaft, weiterhin, ob es sich um einen erfahrenen Anleger mit einschlägigem Fachwissen handelt und welche Anlagestrategie der Kunde verfolgt. Nach Ermittlung der insoweit erforderlichen Informationen muss die Bank unter Berücksichtigung der verfolgten Ziele ein auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnittenes und in diesem Sinne anlegergerechtes Produkt hinweisen.

Der Kläger, der jahrelanger Kunde der Beklagten und Inhaber eines bei der Beklagten unterhaltenen Depots war, welches einen hohen Anteil von Aktien und Fondsbeteiligungen aufwies, hatte bereits am 25. Februar 1998 im Rahmen einer strukturierten Beratung ein Protokoll unterzeichnet, in welchem seine Anlagestrategie als wachstumsorientiert bezeichnet ist. Zudem verfügte der Kläger aufgrund vorausgegangener Geschäfte über hinreichende Erfahrungen mit vergleichbaren Beteiligungen. Auf dieser Grundlage war dem Kläger bewusst, dass es sich bei dem ihm angebotenen Fonds um eine unternehmerische Beteiligung handelte, die mit einem erhöhten Risiko behaftet war und es sich deshalb bei der - von ihm behaupteten - Erklärung des Mitarbeiters der Beklagten L., die Anlage sei sicher, lediglich um eine (optimistische) Einschätzung handelte. Das Interesse des Klägers an der Beteiligung resultierte zudem jedenfalls auch, wie er bei seiner Anhörung erklärt hat, aus den mit der Fondsanlage verbundenen steuerlichen Vorteilen, die sich aus den planmäßigen Verlustzuweisungen ergaben und die für den Kläger aufgrund seiner hohen Steuerprogression von gesteigerter Bedeutung waren.

c) Auch auf einen Prospektfehler kann der Kläger seine Schadensersatzansprüche nicht stützen. Vielmehr enthält der Prospekt bereits auf Seite 9 im Rahmen der Zusammenfassung des Angebots unter der Überschrift „wesentliche Chancen und Risiken“ den Hinweis, dass die Möglichkeit eines Totalverlustes besteht. Auf Seite 46 des Prospekts werden die bestehenden Risiken nochmals herausgestellt. Insbesondere ergibt sich aus der Darstellung, dass es sich bei der Beteiligung an dem Y. Fonds Nr. aaa um eine unternehmerische Beteiligung handelte, bei der den außergewöhnlichen Ertragschancen nicht unerhebliche Risiken gegenüberstanden. Dementsprechend enthält der Prospekt den ausdrücklichen Hinweis, dass gegebenenfalls nur Erlöse aus den Garantien in Höhe von 60 % der Produktionskosten erzielt werden könnten und darüber hinaus bei Verwirklichung weiterer Risiken, die in dem möglichen Ausfall der Garantiegeber oder auch aus Währungsrisiken bestanden, auch ein Totalverlust drohe.

2. Die Berufung des Klägers hat im Ergebnis jedoch deshalb Erfolg, weil die Beklagte den Kläger nicht über die Rückvergütungen, die sie von der Fondsgesellschaft erhalten hat und die sich auf mindestens 8 % belaufen, aufgeklärt hat.

a) Grundsätzlich ist eine Bank - auch beim Vertrieb von Fondsbeteiligungen - verpflichtet, den Anleger über erhaltene Rückvergütungen zu informieren (BGH XI ZR 510/07 v. 20. Januar 2009). Diese Pflicht beruht darauf, dass erst durch die Offenlegung der Rückvergütung dem Kunden deutlich wird, dass ein Interessenkonflikt des Anlageberaters besteht. Nur wenn der Kunde weiß, dass der Anlageberater bzw. seine Bank ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertrieb einer bestimmten Beteiligung haben, wird der Kunde in die Lage versetzt, dieses Interesse einschätzen und beurteilen zu können. Vorliegend kommt dabei insbesondere neben der Höhe der tatsächlich erzielten Rückvergütung - mindestens 8 % - dem Umstand Bedeutung zu, dass die jeweiligen Filialen bei Erfüllung vorgegebener Umsatzziele besondere Provisionen verdienen konnten, was das Interesse der jeweiligen Berater vor Ort, auch wenn diese nicht unmittelbar persönlich an den Provisionen beteiligt waren, verstärkte. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof für den hier streitgegenständlichen Fonds ausdrücklich das Aufklärungsinteresse des jeweiligen Anlegers und die Verpflichtung der Beklagten, über die ihr zufließenden Rückvergütungen aufzuklären, bejaht (BGH, a. a. O.).

b) Unstreitig ist, dass die Beklagte dieser Aufklärungspflicht nicht genügt hat. Der Hinweis darauf, dass im Prospekt selbst Vertriebsprovisionen in der Größenordnung bis zu 13 % angegeben sind, ändert hieran nichts, da aus der Beschreibung im Prospekt nicht deutlich wird, ob und in welchem Umfang die Beklagte selbst durch Rückvergütungen mit an den dort ausgewiesenen Provisionen verdient.

c) Die Beklagte kann sich im Hinblick auf die ihr obliegenden Pflichten nicht darauf berufen, die Pflichtverletzung sei nicht schuldhaft, da sie sich der Verpflichtung zur Aufklärung von Rückvergütungen nicht bewusst gewesen sei. Im Jahr 2001 wurde die Rechtsfrage einer Aufklärungspflicht über kickbackZahlungen in Literatur und Rechtsprechung zumindest kontrovers diskutiert. Bereits 1996 hatte das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden, dass Anlageberater dann über interne Provisionen aufklären müssen, wenn dadurch im Zusammenhang mit anderen Umständen besondere Gefahren für den Anleger verbunden sind (OLG Stuttgart VuR 1996, 333, 396). Damit bestand zumindest ab diesem Zeitpunkt eine unsichere Rechtslage, weshalb die Beklagte, wenn sie hierauf nicht reagierte, jedenfalls fahrlässig handelte. In der einschlägigen Fachliteratur wurde eine Aufklärung jedenfalls unter bestimmten Bedingungen, insbesondere bei einer bestimmten Höhe der Innenprovision für geboten gehalten (vgl. etwa Wagner, WM 1998, 694 ff.. Gallandi, WM 2000, 279, 285 f.. Kiethe, NZG 2001, 107).

Darüber hinaus bestand, worauf der Bundesgerichtshof in seiner nach Schluss der mündlichen Verhandlung veröffentlichten Entscheidung vom 12. Mai 2009 (XI ZR 586/07) hingewiesen hat, ohne dass es nach den obigen Ausführungen für den Senat noch darauf ankäme, seit dem 26. Mai 1997 eine Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel, nach der eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht über die kommissionsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe von Rückvergütungen vorausgesetzt wird. Wenn die Beklagte unter Außer acht Lassung dieser Umstände von einer Aufklärung ihrer Kunden absah, handelte sie zumindest fahrlässig. Dabei kann dahinstehen, ob die vorgenannten Informationen dem jeweiligen Anlageberater zur Verfügung standen. Die Beklagte wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, ihre Mitarbeiter entsprechend aufzuklären und zu schulen. Soweit sie dies unterlassen hat, ergäbe sich ihre Haftung aus einem

Organisationsverschulden (vgl. BGH vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, Urteilsumdruck Rn. 14 ff.).

d) Aufgrund der unterbliebenen Aufklärung ist dem Kläger ein Schaden entstanden. Dabei steht - unabhängig von der in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2009 entwickelten Rechtsprechung, wonach für einen Anleger bei Erwerb eines Fondsanteils in den Fällen, in denen er über Rückvergütungen nicht aufgeklärt worden ist, ohnehin die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spricht - für den Senat aufgrund der Anhörung des Klägers fest, dass der Kläger von der Zeichnung der Fondsbeteiligung, wäre er über die Höhe der Innenprovisionen aufgeklärt worden, Abstand genommen hätte. Der Kläger hat erklärt, in diesem Fall, insbesondere bei Kenntnis der Höhe der Innenprovisionen hätte er sich aller Voraussicht nach gegen den Erwerb des Filmfonds entschieden, da in diesem Fall das Vertrauensverhältnis zum Anlageberater der Beklagten gestört und offenkundig geworden wäre, dass hinter dessen Rat, sich am Filmfonds zu beteiligen, vorrangig das eigene Verkaufsinteresse stand.

Der Senat hat nach Anhörung des Klägers keine Zweifel, dass diese von ihm wiedergegebene Einschätzung auch seiner damaligen Interessenlage entsprach. Der Kläger war ein in Geldanlagen besonders erfahrener Anleger. Er hatte sich bereits im Jahr 1998 durch die Beklagte - entgeltlich - über eine Anlagestrategie beraten lassen. Auch vor diesem Hintergrund konnte und durfte der Kläger davon ausgehen, dass die Beklagte im Rahmen der nachfolgenden Anlageempfehlungen nicht aus eigenem weiteren Gebühreninteresse, sondern deshalb Ratschläge abgab, weil die von ihr ausgesprochenen Empfehlungen als anlage und anlegergerecht anzusehen waren. Bei Kenntnis von den Rückvergütungen, insbesondere der im vorliegenden Fall gegebenen Höhe von mehr als 8 % wäre das Vertrauensverhältnis, welches sich zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Beklagten aufgebaut hatte, gestört worden, was dafür spricht, dass der Kläger von seiner Anlageentscheidung Abstand genommen hätte.

3. Die Höhe des dem Kläger entstandenen Schadens beläuft sich auf 26.698,70 EUR. Der Kläger muss sich auf den bereits mit dem Erwerb der Anlage eingetretenen, sich auf 89.250 EUR belaufenden Schaden (vgl. BGH XI ZR 586/07, Urteilsumdruck, Rn. 22) neben dem Verkaufserlös in Höhe von 19.295 EUR, den er durch die Verwertung seines Anteils mittels Veräußerung an die A. GmbH erzielt hat, auch die unstreitig erzielten Steuerersparnisse in Höhe von 43.256,30 EUR schadensmindernd anrechnen lassen. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger verpflichtet ist, Schadensersatzleistungen zu versteuern. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - der Geschädigte durch die Anlage außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat (hier in Höhe von nahezu 50 % des Anlagebetrages), ist dies bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen (vgl. BGH III ZR 89/09 vom 9. April 2009, Urteilsumdruck, Rn. 10). Dies gilt vorliegend auch deshalb, weil der Kläger, der inzwischen aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, selbst bei Versteuerung der Schadensersatzleistung einen deutlich hinter den erzielten Steuervorteilen zurückbleibenden steuerlichen Aufwand haben dürfte, da nur der zuerkannte Betrag von 26.698,50 EUR zu versteuern wäre. Dem berechtigten Begehren des Klägers auf einen Ausgleich auch dieses Schadens hat der Senat durch die Verurteilung der Beklagten zum Ausgleich künftiger Steuerschäden Rechnung getragen.

Hierneben ist der Kläger verpflichtet, der Beklagten seine Ansprüche aus dem Besserungsschein der A. GmbH abzutreten, da anderenfalls der bei ihm erlittene Schaden überkompensiert würde.

4. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten, den die Beklagte der Höhe nach nicht angegriffen hat, folgt aus §§ 284 f. BGB.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist nur teilweise begründet. Bis zur Rechtshängigkeit besteht der erlittene Zinsschaden des Klägers darin, die in die Fondsbeteiligung investierte Geldsumme nicht für eine andere Vermögensanlage eingesetzt zu haben, wobei - dem Vortrag des Klägers folgend - nur eine Anlage in festverzinslichen Wertpapieren angenommen werden kann. Der Senat schätzt die insoweit bei einer Anlage im Jahr 2001 erzielbare Rendite, einen Anlagehorizont von fünf Jahren zugrunde gelegt, unter Zuhilfenahme der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank auf 4,8 % (§ 287 ZPO). Dies entspricht der durchschnittlichen Rendite festverzinslicher Wertpapiere.

Verzugszinsen gemäß §§ 284 ff., 288 Abs. 1 BGB kann der Kläger ab dem 28. November 2007 beanspruchen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom

27. November 2007 (Anlage K 5 b) Schadensersatzleistungen an den Kläger abgelehnt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Bei wirtschaftlicher Betrachtung waren die Kosten gegeneinander aufzuheben, da der Kläger mit 38 % der Zahlungsklage und der positiven Feststellung obsiegt, dass die Beklagte einen etwaigen künftigen steuerlichen Aufwand des Klägers erstatten muss, was allenfalls die Hälfte des zuerkannten Schadensbetrages ausmachen kann und 20 % wegen der nur positiven Feststellung wertmäßig abzusetzen sind (vgl.

Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rn. 16, Stichwort: Feststellungsklage). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Revision zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind jedenfalls aufgrund der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07) sowie vom 12. Mai 2009 (XI ZR 586/07) nicht gegeben.