OLG Celle, Urteil vom 17.02.2000 - 11 U 280/98
Fundstelle
openJur 2012, 35777
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. Juli 1998 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger und Frau ..., ... 11.845 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. März 1998 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 11.845 DM.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Das Landgericht hat die Klage zu unrecht abgewiesen.

1.

Der Kläger kann gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative BGB von der Beklagten Rückzahlung der geleisteten 11.845 DM nebst Zinsen verlangen. Die Beklagte hat diesen Betrag ohne Rechtsgrund im Sinne des Gesetzes erhalten.

Der Kläger und seine Ehefrau haben den Betrag im Hinblick auf den Maklervertrag, den sie mit der Beklagten geschlossen hatten, gezahlt. Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch des Maklers ist jedoch, dass auch der gewünschte schuldrechtliche Vertrag abgeschlossen wird, gültig ist und nicht nachträglich wegen einer im Vertragsschluss selbst liegenden Unvollkommenheit wieder beseitigt wird. Der notarielle Kaufvertrag vom

25. November 1997 über das Grundstück ... wies jedoch eine derartige Unvollkommenheit auf, die dazu führte, dass dieser notarielle Kaufvertrag nicht zur Durchführung gelangte.

2.

Der Kaufvertrag war allerdings nicht deshalb ungültig, weil bei Abschluss des Vertrages bereits die Zwangsversteigerung angeordnet war. Das dadurch eingetretene Veräußerungsverbot im Sinne des Zwangsversteigerungsgesetzes bewirkte keine Grundbuchsperre. Es betraf unmittelbar nur das dingliche Verfügungsgeschäft. Durch die angeordnete Zwangsversteigerung war das Erfüllungsgeschäft (der Kaufvertrag) nicht objektiv unmöglich, denn die Veräußerer konnten ihre Leistung noch unter Mitwirkung des Geschützten erbringen.

3.

Die dem Vertrag innewohnende Unvollkommenheit lag jedoch darin, dass der Zwangsversteigerungstermin vor dem Tag lag, an dem der Kaufpreis fällig war und der Besitz auf den Kläger übergehen sollte. Gemäß § 4 des notariellen Kaufvertrages war der Kaufpreis in Höhe von 206.000 DM fällig und zahlbar am 15. Februar 1998. An diesem Tage sollte nach § 3 des notariellen Kaufvertrages der Kaufgegenstand dem Kläger und seiner Ehefrau zum Besitze übergeben werden. Allerdings hatten der Kläger und seine Ehefrau bereits das Recht, vor Übergabe auf eigene Gefahr und eigene Kosten Renovierungsarbeiten durchzuführen. Bereits vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 25. November 1997 war der Versteigerungstermin auf den 28. Januar 1998 anberaumt. An diesem Tage wurde das Grundstück dann auch von einer dritten Person ersteigert. Infolge der Zwangsversteigerung konnte der notarielle Kaufvertrag nicht mehr durchgeführt werden. Er hätte auch nur dann durchgeführt werden können, wenn die ..., die die Zwangsversteigerung betrieb, ihrerseits das Zwangsversteigerungsverfahren gestoppt hätte. Obwohl die ... in dem Schreiben vom 19. Dezember 1997 an den beurkundenden Notar mitgeteilt hatte, dass sie das laufende Zwangsversteigerungsverfahren durch Schreiben an das Amtsgericht einstweilig eingestellt habe, ist es zu einer derartigen Einstellung eben nicht gekommen. Die in dem notariellen Kaufvertrag liegende Unvollkommenheit hat sich verwirklicht; der Kaufvertrag wurde nicht durchgeführt.

4.

Der Kläger ist auch nicht gemäß § 242 BGB daran gehindert, die geleistete Zahlung zurückzuverlangen. Eine Verpflichtung des Klägers und seiner Ehefrau dahingehend, den notariellen Kaufvertrag zu ändern, bestand nicht. Der Kläger und seine Ehefrau hatten mit den Verkäufern des Grundstückes einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen, auf deren Durchführung sie vertrauen konnten. In § 2 des notariellen Kaufvertrages war zwar erwähnt, dass die Zwangsversteigerung angeordnet war, jedoch war der Versteigerungstermin dem Kläger und seiner Ehefrau nicht bekannt. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass dieser Termin dem beurkundenden Notar nicht bekannt war, da anderenfalls der Fälligkeitszeitpunkt für die Zahlung des Kaufpreises nicht auf einen Zeitpunkt nach dem Termin der Zwangsversteigerung festgelegt worden wäre. Die Vorverlegung der Kaufpreisfälligkeit auf den 16. Januar 1998 hätte bedeutet, dass der Kläger und seine Ehefrau bereits ab diesen Zeitpunkt Zinsen für die Grundschuld hätten bezahlen müssen. Auf Grund des ursprünglichen notariellen Kaufvertrages hätte der Kläger mit der Zinszahlung erst am 15. Februar 1998 beginnen müssen. Hinzu kommt, dass der Kläger und seine Ehefrau berechtigt waren, bereits vor der Übergabe Renovierungsarbeiten auf eigene Gefahr und eigene Kosten in dem Haus durchzuführen. Solange der Versteigerungstermin vom 28. Januar 1998 nicht endgültig abgesagt war, liefen der Kläger und seine Ehefrau Gefahr, dass die Renovierungsarbeiten nicht ihnen zu Gute kommen würden, sondern derjenigen Person, die das Grundstück später ersteigern würde. Angesichts der Würdigung der gesamten Umstände ist der Senat nicht der Ansicht, dass es Treu und Glauben widerspricht, wenn der Kläger einer Vorverlegung der Fälligkeit des Kaufpreises ablehnte und den geleisteten Provisionsbetrag zurückfordert.

Eine Rückzahlungspflicht entfällt nach dem Gebot von Treu und Glauben auch nicht deshalb, weil der Kläger und seine Ehefrau an dem Versteigerungstermin mitgeboten haben. Die Verkäufer des Grundstückes und die die Zwangsversteigerung betreibende ... haben nicht dafür gesorgt, dass der Zwangsversteigerungstermin nicht stattfand. Es war den Beteiligten klar, dass für den Fall der Versteigerung des Grundstückes der notarielle Kaufvertrag nicht mehr durchführbar war. Angesichts dieses Verhaltens der Verkäufer des Grundstückes und der ... kann es dem Kläger und seiner Ehefrau nicht als treuwidrig angelastet werden, wenn sie ihrerseits an der Versteigerung durch Mitbieten teilnahmen.

5.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288, 291 BGB.

Demgemäß war auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Courtage in Höhe von 11.845 DM zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung folgt auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 10,§ 713 ZPO.

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