LG Berlin, Beschluss vom 16.03.2009 - 53 T 30/09
Fundstelle
openJur 2009, 484
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 30.01.2009 - Az. 216 C 1001/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Dem Antragsgegner wird gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 b i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 3 Nr. 3, 4, 5 GewSchG bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,

a. den Antragsteller zu beleidigen, zu bedrohen oder seine Gesundheit zu verletzen,

b. unzutreffende Behauptungen über den Antragsteller Dritten gegenüber, insbesondere über Webseiten, kund zu tun; ausgenommen hiervon sind Mitteilungen an Gerichte oder Behörden im Rahmen von deren Zuständigkeiten,

c. sich dem Antragsteller auf weniger als 50 m zu nähern; bei zufälligen Begegnungen ist der Abstand von 50 m durch den Antragsgegner unverzüglich wieder herzustellen,

d. in irgend einer Form Kontakt zu dem Antragsteller aufzunehmen, etwa durch persönliche Ansprache, Telefonat, Fax, SMS, Email, Grußkarten oder Briefsendungen; ausgenommen hiervon ist die Korrespondenz im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt innerhalb juristischer Auseinandersetzungen zwischen Antragsteller und Antragsgegner,

2. Die Dauer der Anordnung wird auf sechs Monate begrenzt.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Antragsgegner.

4. Der Streitwert (I. und II. Instanz) wird auf 3.000,- EUR festgesetzt,

Gründe

I.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 09.01.2009, das am selben Tag beim Amtsgericht Charlottenburg eingegangen ist, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz gestellt. Mit Beschluss vom 30.01.2009 (Bl. 109 d,A.), der dem Antragsteller am 05.02.2009 zugestellt worden ist, hat das Amtsgericht Charlottenburg den Antrag zurückgewiesen und dies mit Zweifeln an der örtlichen Zuständigkeit und dem Fehlen eines Verfügungsanspruchs begründet. Hiergegen richtet sich die am 19.02.2009 eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat. Das Amtsgericht hat die Sache dem Landgericht zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 09.03.2009 hat der Antragsteller neue Tatsachen vorgetragen, auf die er ebenfalls sein Begehren stützt.

II.

Die gemäß § 567 ZPO statthafte und im Sinne des § 569 ZPO form- und fristgerecht angebrachte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Das Amtsgericht Charlottenburg ist als Gericht der Hauptsache (§§ 937, 943 ZPO) örtlich gem. § 32 ZPO zuständig, da die dem Verfügungsantrag zugrunde liegenden Vorfälle zumindest teilweise auch im Zuständigkeitsbezirk des Amtsgerichts Charlottenburg stattfanden. Dies gilt zweifelsfrei für das Zusenden der Weihnachtsgrußkarte und der Email vom 25.02.2009 an die Kanzleianschrift des Antragstellers. Zudem gilt § 32 ZPO nicht nur für Schadensersatzbegehren im engeren Sinne, sondern auch für Unterlassungsbegehren der vorliegenden Art (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 32 Rn. 14 m.w.N.).

Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht, §§ 940, 938 Abs.1, 936, 916 ff. ZPO, § 1 Abs.1 S. 3, Abs.2 Ziff. 2 b) Gewaltschutzgesetz.

Die permanenten Veröffentlichungen über den Antragsteller auf der Internetseite des Antragsgegners www.buskeismus.de, das Zusenden von Grußkarten und Emails - zuletzt am 25.02.2009 - stellen nach dem glaubhaften Vortrag des Antragstellers eine unzumutbare Belästigung und ein wiederholtes Nachstellen im Sinne des § 1 Abs.2 Ziff. 2 b) des Gewaltschutzgesetztes dar, ohne dass dieses Verhalten durch berechtigte Interessen des Antragsgegners gerechtfertigt wäre. Insbesondere handelt es sich um Nachstellungen, die vom Schutzzweck des § 1 Abs,2 Gewaltschutzgesetzes umfasst sind. § 1 Abs,2 Ziff, 2 b) erfasst auch Belästigungen einer Person durch eine andere, etwa durch wiederholte Beobachtung des Opfers, aufdringliche Kontaktversuche und Annäherungen, wobei sowohl die Kontaktversuche als auch die Annäherungen über Fernkommunikationsmittel erfolgen können (vgl. hierzu: Pal-Brudermüller, § 1 Rn. 8 m.w.N,). So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner scheut es nicht, wiederholt direkten Kontakt zu dem Antragsteller aufzunehmen. Dies zeigt zuletzt die Email vom 25.02.2009. Aber auch rufschädigende und provokante Eintragungen auf Internetseiten begründen hier unter Einbeziehung des Gesamtverhaltens des

Antragsgegners die Annahme, dass es sich hier um gezielt gegen den Antragsteller gerichtete Nachtstellungen handelt.

Die Befristung folgt aus § 1 S. 2 GewSChG und dient der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Der Antragsgegner wird auf die Strafbarkeit von Zuwiderhandlungen gegen die getroffenen Anordnungen gem. § 4 GewSchG ausdrücklich hingewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 48 Abs.2, 53 Abs,1 Nr, 1 GKG, § 3 ZPO.