OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.05.2009 - 13 WF 87/09
Fundstelle
openJur 2009, 401
  • Rkr:
Tenor

1. Das Verfahren wird gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG zur Entscheidung auf den Senat übertragen.

2. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lingen vom 09.04.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragte am 23.10.2008 Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt. In einem Erörterungstermin im Prozesskostenhilfeverfahren schlossen die Parteien am 28.01.2009 einen Vergleich, wonach der Antragsgegner als nicht leistungsfähig anzusehen war. Zugleich wurde der Antragstellerin Prozesskostenhilfe "für den Vergleichsabschluss" unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.

Der Beschwerdeführer beantragte am 29.01.2009 Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen in Höhe von 940,10 €. Dabei berechnete er neben der Einigungsgebühr (1,0) auch eine Terminsgebühr (1,2) und Verfahrensgebühr (1,3) sowie die Auslagenpauschale nebst Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 981,75 €. Hiervon zog er die hälftige Beratungshilfegebühr nebst Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 41,65 € ab.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte am 03.02.2009 die Vergütung in Höhe von 232,05 € unter Berücksichtigung der 1,0 Einigungsgebühr, reduziert um die hälftige Beratungshilfegebühr. Die dagegen eingelegte Beschwerde vom 04.02.2009 hat das Amtsgericht als Erinnerung behandelt, der der Rechtspfleger nach Anhörung des Bezirksrevisors nicht abgeholfen hat. Durch Beschluss vom 09.04.2009 hat der Instanzrichter die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer durch Schriftsatz vom 14.04.2009 Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht Lingen mit Beschluss vom 20.04.2009 nicht abgeholfen hat.

II.

Die gegen die Entscheidung im Ersterinnerungsverfahren gerichtete sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. 33 Abs. 3 RVG zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Dem Beschwerdeführer steht lediglich die am 03.02.2009 festgesetzte Vergütung zu. Eine Erstattung der Verfahrens und/oder Terminsgebühr kommt nicht in Betracht. Gemäß § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich die zu erstattende Vergütung nach den Beschlüssen über die Prozesskostenhilfebewilligung und die Beiordnung. Dem eindeutigen Wortlaut des Bewilligungsbeschlusses zufolge ist hier Prozesskostenhilfe nur für den Vergleichsabschluss bewilligt worden. Nach einhelliger Auffassung kann für das Prozesskostenhilfeverfahren im Grundsatz keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Hieran hat der Gesetzgeber durch Einführung des RVG auch nichts ändern wollen (BTDrucks. 15/1971, S. 218 zu Nr. 3334). Der äußerst umstrittenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zufolge wird dieser Grundsatz auch im Falle eines Vergleichs im Erörterungstermin nur insoweit durchbrochen, als - wie hier - für den Vergleich Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (BGH, NJW 2004, 2595 ff.. zur Gegenansicht Nachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 118 Rz. 8. Fischer, MDR 2008, 477 ff., 477). Damit kann nur die Einigungsgebühr vergütet werden.

Zwar ist neben der Einigungs auch die Verfahrensgebühr entstanden. Letztere ist aber vom Bewilligungsbeschluss nicht umfasst und muss als Wahlanwaltsgebühr von der Partei erstattet werden. Insoweit hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 08.06.2004 ausgeführt, dass eine auf den Vergleich beschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Folge habe, dass die Verfahrensgebühr gemäß § 51 BRAGO nicht erstattungsfähig sei. Das Inkrafttreten des RVG hat keine Änderung bewirkt. Dagegen soll nach Auffassung sowohl des 11. Zivilsenats des OLG München als auch des 6. Familiensenats des OLG Hamm auch bei einer auf den Vergleich beschränkten Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Verfahrensgebühr aus der Staatskasse zu erstatten sein, wobei allerdings die Höhe der Verfahrensgebühr unterschiedlich gesehen wird (OLG München, FamRZ 2008, 628: 0,5 Verfahrensgebühr gemäß VV 3337, 3335. OLG Hamm, FamRZ 2009, 145: 1,0 Verfahrensgebühr gemäß VV 3335). Begründet wird dies in beiden Entscheidungen damit, dass die Einigungsgebühr als reine Erfolgsgebühr ohne die zugehörige Gebühr für das Betreiben des Geschäfts nicht anfallen könne (OLG München, FamRZ 2008, 628. OLG Hamm, FamRZ 2009, 145). Dass der Vergütungsanspruch bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleich neben der Vergleichsgebühr auch eine reduzierte Verfahrensgebühr erfasse, sei schon unter Geltung der BRAGO einhellige Meinung gewesen und teils aus § 32 Abs. 2 BRAGO, teils aus § 51 BRAGO entnommen worden (OLG München aaO. m.N.). Die Gebühren seien derart miteinander verbunden, dass es eine Einigungsgebühr ohne Verfahrensgebühr nicht geben könne und aus diesem Grund auch die Verfahrensgebühr von der Bewilligung erfasst sei. Mit diesem Argument habe sich der Bundesgerichtshof trotz der schon damals einhelligen Meinung nicht auseinandergesetzt (Gerold/Schmidt/MüllerRabe 18. Auflage 2008, Nr. 3335 RVGVV Rz. 31).

Wollte man dieser Rechtsauffassung folgen, müssten unter Geltung des RVG sämtliche Gebühren aus der Staatskasse erstattet werden. Richtigerweise kann nur eine 1,0 Verfahrensgebühr festgesetzt werden, weil keiner der Gebührenermäßigungstatbestände der VV 3337 erfüllt ist (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2009, 145. ebenso Fischer, MDR 2008, 477, 478 f.). Auch wird die mündliche Erörterung im Verfahren gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO vorausgesetzt. Diese wiederum führt, wenn - wie hier - die Sach und Rechtslage erörtert wird, zur Entstehung der Terminsgebühr (so Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, VV 3335 Rz. 15. Gerold/Schmidt/MüllerRabe aaO., VV Vorb. 3 Rz. 40. Fischer, MDR 2008, 477, 478). Denn gemäß der amtlichen Vorbemerkung Nr. 3 zu Teil 3 entsteht die Terminsgebühr auch für die Teilnahme an einem Erörterungstermin (aus diesem Grund unzutreffend OLG Braunschweig, Rpfleger 2008, 427). Damit ist die Terminsgebühr in gleicher Weise mit der im Verfahren der Bewilligung von Prozesskostenhilfe anfallenden Einigungsgebühr verbunden wie die Verfahrensgebühr. Gegen die Erstreckung der Vergütungsfestsetzung auf sämtliche Gebühren spricht aber, dass der Bewilligungsbeschluss sich gerade nicht auf das gesamte Verfahren der Prozesskostenhilfe erstreckt, sondern eindeutig nur auf den Vergleich und damit lediglich auf die Einigungsgebühr abzielt. Mit dem Argument der eingeschränkten Bewilligung nur für die Protokollierung des Vergleichs wurde nach der früher herrschenden Meinung auch die Erstattungsfähigkeit der halben Erörterungsgebühr gemäß §§ 51 Abs. 1 S. 1, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO verneint (z.B. Mümmler, JurBüro 1986, 903 m.w.N.). Dass dies zwar für die Erörterungsgebühr, nicht aber für die als erstattungsfähig angesehene Prozessgebühr geltend sollte, war auch nach der BRAGO keineswegs zwingend. Letztendlich geht es hier nicht um die Frage der Gebührenentstehung, sondern um den gemäß § 48 Abs. 1 RVG maßgeblichen Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung (ebenso OLG Braunschweig, Rpfleger 2008, 427). Diese Frage muss im Bewilligungsverfahren gelöst und kann nicht in das Vergütungsfestsetzungsverfahren verlagert werden. Der Antragssteller müsste sich mit der sofortigen Beschwerde gegen den eingeschränkten Bewilligungsbeschluss wenden (so z.B. in den Verfahren OLG Koblenz, Beschluss vom 12.02.2009 - 11 WF 127/09. OLG Hamm, FamRZ 2009, 136), wenn er dies trotz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Hinblick auf die zahlreichen Kritiker und abweichenden instanzgerichtlichen Entscheidungen als erfolgversprechend ansieht.

Auch die Auslagenpauschale kann nicht festgesetzt werden, weil im Rahmen eines Vergleichsschlusses keine Auslagen entstehen, sondern nur bei der von der Prozesskostenhilfebewilligung gerade nicht umfassten Vorbereitung des Verfahrens (vgl. OLG München, JurBüro 1987, 442, 443).

Auf die danach zu festzusetzende 1,0 Einigungsgebühr ist die BeratungshilfeGeschäftsgebühr gemäß VV 2503 Abs. 2 zur Hälfte anzurechnen. Anders als im Falle der Geschäftsgebühr nach VV 2300, bei der die amtliche Vorbemerkung Nr. 4 zu Teil 3 VV ausdrücklich die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr vorschreibt, erfolgt die Anrechnung allgemein auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren. Wenn im Vergütungsfestsetzungsverfahren nur die Einigungsgebühr festgesetzt werden kann, ist sie auf diese anzurechnen.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht möglich, weil ein weiteres Rechtsmittel nicht vorgesehen ist, §§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 S. 3 RVG.