VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.03.1995 - 2 S 1595/93
Fundstelle
openJur 2013, 9571
  • Rkr:

1. Die Stellungnahme, die ein Antragsteller nach § 10a Abs 1 BImSchG von einer Behörde der alten Bundesländer auf Anordnung der Genehmigungsbehörde der neuen Bundesländer beizubringen hat, ist eine gebührenpflichtige Amtshandlung im Sinne des § 1 Abs 1 LGebG (GebG BW).

2. Diese Stellungnahme entfaltet gegenüber dem Antragsteller Außenwirkung, obwohl es sich bei ihr nicht um einen Verwaltungsakt handelt und obwohl sie die Genehmigungsbehörde nicht bindet.

3. Der Verordnungsgeber hat ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht im Gebührenverzeichnis idF der Verordnung vom 14.8.1990 (GBl 1990, S 262) für diese Amtshandlung eine Rahmengebühr von 40 bis 90 vH der Gebühr nach Nr 31 GebVerz (VwGebVerz BW) festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Regierungspräsidiums durch den sie zu einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 253 875,-- DM für eine Stellungnahme dieser Behörde nach § 10a Abs. 1 BImSchG herangezogen wurde.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 29.6.1990, 5.9.1990 und 8.3.1991 beim Regierungspräsidium Chemnitz die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines steinkohlegefeuerten Heizkraftwerks mit zwei Blöcken in Das Regierungspräsidium gab der Klägerin auf, eine Stellungnahme des Regierungspräsidiums S nach § 10a Abs. 1 BImschG zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen durch die geplante Anlage beizubringen. Auf Antrag der Klägerin vom 15.1.1991 gab das Regierungspräsidium S am 18.2.1991 die erbetene Stellungnahme ab. Am 7.5.1991 erteilte das Regierungspräsidium die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des Kraftwerks.

Durch Bescheid vom 23.5.1991 erhob das Regierungspräsidium von der Klägerin für die Abgabe der Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 253 875,-- DM. Der Bescheid ist auf §§ 1, 2, 4 und 12 des Landesgebührengesetzes - LGebG - in Verb. mit Nr. 31.1 des Gebührenverzeichnisses - GebVerz - i.d.F. der Verordnung vom 14.8.1990 gestützt und geht von Gesamterrichtungskosten der Anlage in Höhe von 1,1 Mrd. DM aus. In dem Bescheid heißt es, das Gebührenverzeichnis sehe für die Stellungnahme einen Gebührenrahmen von 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 vor. Dieser Gebührenrahmen werde dahingehend ausgelegt, daß eine Gebühr von 75 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 festgesetzt werde.

Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch und trug zur Begründung vor: Das im Bescheid genannte Gebührenverzeichnis i.d.F. der Verordnung vom 14.8.1980 sehe in Abs. 7 der Anmerkungen zu Nr. 31.1 bis 31.7 vor, daß für eine Stellungnahme nach Art. 1 § 5 des DDR-Umweltrahmengesetzes eine Gebühr von 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 erhoben werde. Art. 1 § 5 des DDR-Umweltrahmengesetzes sei jedoch nicht mehr in Kraft. Für die Stellungnahme nach der neuen Vorschrift in § 10a Abs. 1 BImschG fehle es an einem Gebührentatbestand im Landesgebührengesetz. Selbst wenn man diesen Einwand unberücksichtigt lasse, könne für eine Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG deshalb keine Verwaltungsgebühr erhoben werden, weil es sich hierbei um gebührenfreie Amtshilfe handle. Eine gesonderte Gebührenerhebung für diese Stellungnahme verstoße ferner gegen Art. 3 Abs. 1 GG; denn für immissionsschutzrechtliche Genehmigungen im Gebiet der neuen Bundesländer könnten nahezu doppelt so hohe Gebühren erhoben werden wie für Genehmigungen im Gebiet der alten Bundesländer.

Das Regierungspräsidium S wies durch Bescheid vom 29.7.1991 den Widerspruch mit der Begründung zurück, die festgesetzte Verwaltungsgebühr finde in den Vorschriften des Landesgebührengesetzes in Verb. mit dem Gebührenverzeichnis die erforderliche gesetzliche Grundlage. Daß in Abs. 7 der Anmerkungen zu Nr. 31.1 bis 31.7 des Gebührenverzeichnisses auf eine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme des inzwischen außer Kraft getretenen Art. 1 § 5 des DDR-Umweltrahmengesetzes verwiesen werde, stehe dem nicht entgegen; denn diese Vorschrift sei ohne inhaltliche Änderung in der Vorschrift des § 10a Abs. 1 BImschG übernommen worden. Bei der Stellungnahme nach dieser Vorschrift handle es sich nicht um einen Fall der gebührenfreien Amtshilfe; denn diese Stellungnahme sei vom Regierungspräsidium nicht auf Ersuchen einer anderen Behörde, sondern auf Antrag der Klägerin abgegeben worden, wie dies § 10a Abs. 1 BImschG vorsehe. Die gesonderte Erhebung einer Gebühr für die Abgabe der Stellungnahme verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Durch Bescheid vom 14.8.1991 setzte das Regierungspräsidium für die am 7.5.1991 erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 2 521 000,-- DM fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin ebenfalls Widerspruch, mit dem sie geltend machte, der Gebührenerhebung dürften lediglich Errichtungskosten von 1,1 Mrd. DM zugrundegelegt werden. Außerdem sei die vom Regierungspräsidium erhobene Gebühr für die Abgabe der Stellungnahme anzurechnen. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.1992 setzte das Regierungspräsidium unter Zugrundelegung von Errichtungskosten in Höhe von 1,1 Mrd. DM die Verwaltungsgebühr auf 2 252 500,-- DM herab, lehnte jedoch eine Anrechnung der Verwaltungsgebühr für die Stellungnahme ab.

Am 19.8.1991 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Anfechtungsklage erhoben und beantragt, den Gebührenbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 23.5.1991 und dessen Widerspruchsbescheid vom 29.7.1991 aufzuheben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Dem angefochtenen Gebührenbescheid fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Absatz 7 der Anmerkungen zu Nrn. 31.1 bis 31.7 des Gebührenverzeichnisses i.d.F. der Verordnung vom 14.8.1990 regle den Fall, daß für eine genehmigungsbedürftige Anlage eine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme nach Art. 1 § 5 des DDR-Umweltrahmengesetzes abgegeben worden sei. Das Regierungspräsidium habe aber keine Stellungnahme nach dieser Vorschrift, sondern eine Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG abgegeben. Für eine solche Stellungnahme sei im Gebührenverzeichnis kein Gebührentatbestand normiert. Unabhängig hiervon sei es mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, für eine Stellungnahme im Rahmen der Verwaltungshilfe nach § 10a Abs. 1 BImschG eine selbständige Verwaltungsgebühr zu erheben. Der Verordnungsgeber dürfe auf der Grundlage der Ermächtigung in § 2 Abs. 1 LGebG im Gebührenverzeichnis nur Gebührentatbestände für Amtshandlungen festsetzen. Eine Amtshandlung sei u.a. durch seine Außenwirkung gekennzeichnet. Akte der Amtshilfe oder interne Stellungnahmen einer Behörde gegenüber einer anderen Behörde könnten keine Kostenpflicht auslösen. Die Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG sei keine gebührenpflichtige Amtshandlung, weil sie keine Außenwirkung entfalte. Sie richte sich unmittelbar nur an die Genehmigungsbehörde. Gegenüber dem Antragsteller des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens habe sie nicht einmal mittelbare Außenwirkung, weil sie für die Genehmigungsbehörde nicht bindend sei. Die Stellungnahme nach § 10 a Abs. 1 BImschG sei vergleichbar mit den Stellungnahmen, die die Genehmigungsbehörde nach § 10 Abs. 5 BImschG einzuholen habe. Auch für solche Stellungnahmen könne eine selbständige Verwaltungsgebühr nicht erhoben werden. Die Behörden der alten Bundesländer, die nach dem Einigungsvertrag Verwaltungshilfe zu leisten hätten, seien in die Verwaltungsverfahren der Behörden in den neuen Bundesländern integriert. Diese Integration verbiete die Annahme, Akte der Verwaltungshilfe seien selbständige gebührenpflichtige Amtshandlungen. Es sei ferner mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbar, neben der von der Genehmigungsbehörde in vollem Umfang erhobenen Verwaltungsgebühr eine weitere Gebühr in Höhe von 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 des Gebührenverzeichnisses für die Abgabe der Stellungnahme nach § 10 a Abs. 1 BImschG zu erheben. Das wirtschaftliche oder sonstige Interesse an der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hänge nicht davon ab, ob eine Stellungnahme eingeholt werden müsse oder nicht. Eine zusätzliche Gebühr für die Stellungnahme im Rahmen der Verwaltungshilfe sei allenfalls dann zulässig, wenn sie bei der Gebührenerhebung durch die Genehmigungsbehörde angerechnet würde. Andere Bundesländer sähen diese Notwendigkeit einer Anrechnung vor. Es sei auch zweifelhaft, ob die Erhebung einer gesonderten Verwaltungsgebühr in Höhe von 40 bis 90 v.H. des Gebührensatzes für die Erteilung der Genehmigung mit dem Kostendeckungsprinzip vereinbar sei. Jedenfalls der vom Regierungspräsidium Stuttgart angenommene Satz von 75 v.H. entbehre der Rechtfertigung. Schließlich sei die unterschiedliche Behandlung von Gebührenschuldnern im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren je nach dem, ob es sich um eine Anlage in den neuen oder in den alten Bundesländern handle, mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend vorgetragen: Bei der Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG handle es sich nicht um eine Form der Amtshilfe, sondern um eine kostenpflichtige Amtshandlung mit Außenwirkung. Eine Außenwirkung habe die Stellungnahme deshalb, weil sie von der Genehmigungsbehörde in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen sei und weil sie nur auf Antrag des Betreibers der Anlage abgegeben werde. Die Stellungnahme könne nicht mit den Stellungnahmen nach § 10 Abs. 5 BImschG verglichen werden, die die Genehmigungsbehörde von solchen Behörden einzuholen habe, deren Aufgabenbereich durch ein Vorhaben berührt werde. Es verstoße nicht gegen das Äquivalenzprinzip, wenn sowohl für eine Stellungnahme einer Behörde in den alten Bundesländern nach § 10a Abs. 1 BImschG als auch für die Genehmigung selbst durch die zuständige Genehmigungsbehörde in den neuen Bundesländern Verwaltungsgebühren erhoben würden; denn es lägen zwei gebührenpflichtige Amtshandlungen vor. Die Stellungnahme komme dem Antragsteller insbesondere deshalb zugute, weil dadurch das Genehmigungsverfahren beschleunigt werde. Die vom Regierungspräsidium festgesetzte Gebühr stehe in einem angemessen Verhältnis zum Interesse der Klägerin an der Abgabe der Stellungnahme. Es könne auch nicht gefordert werden, daß die Gebühr für die Stellungnahme bei der Gebührenfestsetzung für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ganz oder teilweise angerechnet werde. Ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip liege ebenfalls nicht vor. Bei der Abgabe der Stellungnahme sei ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstanden. Überdies sei die Gebühr nicht nur nach dem Verwaltungsaufwand, sondern auch nach der Bedeutung des Gegenstands, nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse sowie nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Gebührenschuldners auszurichten. Die Gebührenerhebung verstoße schließlich auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die besondere gebührenpflichtige Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG bei Anlagen in den neuen Bundesländern beruhe auf den unterschiedlich ausgestalteten Genehmigungsverfahren in den alten und den neuen Bundesländern. Zweck dieser Regelung sei es, den Genehmigungsbehörden in den neuen Bundesländern, die sich erst gebildet hätten und die noch nicht über ausreichende Verwaltungserfahrung verfügten, die Beurteilung der Zulassungsvoraussetzungen zu erleichtern. Dieses Verfahren diene auch der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren.

Durch Urteil vom 24.3.1993 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImschG sei eine gebührenpflichtige Amtshandlung, die das Regierungspräsidium Stuttgart auf Veranlassung und im Interesse der Klägerin vorgenommen habe. Die Gebührenerhebung sei auch durch eine ausreichende gesetzliche Rechtsgrundlage gedeckt. Das Gebührenverzeichnis in der hier anwendbaren Fassung nenne mit der erforderlichen Eindeutigkeit und Bestimmtheit die Abgabe einer immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme als die gebührenpflichtige Amtshandlung. Der im Gebührenverzeichnis festgesetzte Rahmen von 40 bis 90 v.H. der Genehmigungsgebühr sei mit dem Äquivalenzprinzip noch zu vereinbaren. Die vom Regierungspräsidium für die Stellungnahme erhobene Gebühr in Höhe von 75 v.H. der Genehmigungsgebühr sei rechtlich angesichts der Bedeutung des Vorhabens und des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin nicht zu beanstanden.

Gegen das ihr am 28.5.1993 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.6.1993 Berufung erhoben. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Die festgesetzte Gebühr stehe in keinem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse, das mit einer immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme nach § 10 Abs. 1 BImschG verbunden sei. Zwischen dem wirtschaftlichen Wert einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und einer bloßen Stellungnahme bestünden gravierende Unterschiede. Während die Genehmigung dem Antragsteller die rechtsverbindliche Befugnis verleihe, die Anlage zu errichten und zu betreiben, werde dem Antragsteller durch die Stellungnahme weder eine Befugnis verliehen noch sei die Genehmigungsbehörde an diese Stellungnahme gebunden. In Anbetracht dieser Unterschiede sei es nicht angemessen, wenn für die Stellungnahme eine Gebühr in Höhe von 75 v.H. der Genehmigungsgebühr erhoben werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.3.1993 - 16 K 2381/91 - zu ändern und den Gebührenbescheid des Regierungspräsidiums vom 23.5.1991 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 29.7.1991 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Es verweist auf seinen bisherigen Vortrag und führt ergänzend aus: In der Stellungnahme nach § 10a BImschG würden die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen im wesentlichen abschließend überprüft. Ein Gebührenrahmen von 40 bis 90 v.H. der Genehmigungsgebühr erscheine hierfür nicht unverhältnismäßig. Eine Anrechnung dieser Gebühr im Rahmen der Festsetzung der Genehmigungsgebühr sei nicht vorgesehen.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und ein Heft Verwaltungsakten vor. Auf diese Unterlagen sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage gegen den Gebührenbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 23.5.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.7.1991 abgewiesen; denn dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Gebührenfestsetzung im angefochtenen Bescheid ist weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlich zu beanstanden.

Rechtsgrundlage der Gebührenerhebung sind die für Amtshandlungen staatlicher Behörden geltenden Vorschriften des Landesgebührengesetzes - LGebG -, der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Gebührensätze für Amtshandlungen staatlicher Behörden - GebVO - und des der Verordnung als Anlage beigefügten Gebührenverzeichnisses - GebVerz -; maßgeblich ist die bei Vornahme der Amtshandlung geltende Fassung dieser Bestimmungen (vgl. VGH Bad.- Württ., Urteil vom 14.10.1988 - 14 S 1471/87 -; VGH Bad.-Württ., Urteil Vom 28.1.1994 - 3 S 1098/91 -). Da das Regierungspräsidium Stuttgart die mit einer Verwaltungsgebühr belegte Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImSchG am 18.2.1991 abgegeben hat, findet das Gebührenverzeichnis in der in diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Verordnung des Umweltministeriums zur Änderung der Verordnung über die Festsetzung der Gebührensätze für Amtshandlungen der staatlichen Behörden vom 14.8.1990 (GBl. 1990, 262) Anwendung.

1. Nach § 1 Abs. 1 LGebG erheben die staatlichen Behörden für Amtshandlungen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse einzelner vornehmen, Verwaltungsgebühren nach diesem Gesetz. Diese allgemeinen Voraussetzungen einer Gebührenerhebung sind hier erfüllt. Die Stellungnahme, die das Regierungspräsidium Stuttgart auf Antrag der Klägerin am 18.2.1991 nach § 10a Abs. 1 BImSchG abgegeben hat, ist eine gebührenpflichtige Amtshandlung im Sinne von § 1 Abs. 1 LGebG.

§ 10a BImSchG wurde durch Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23.9.1990 (BGBl. II S. 885) in Verb. mit Art. 8 und Anlage I Kap. XII des Einigungsvertrags vom 31.8.1990 (BGBl. II S. 889) in das Bundesimmissionsschutzgesetz eingefügt. Er trat am 3.10.1990 in Kraft. Durch das Gesetz zur Verlängerung der Verwaltungshilfe vom 26.6.1992 (BGBl. I S. 1161) wurde Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift von einer Muß- in eine Sollvorschrift umgewandelt; außerdem wurde die Geltungsdauer der Norm bis 30.6.1994 verlängert (§ 74 BImSchG). Nach § 10a Abs. 1 S. 1 BImSchG in der hier maßgeblichen ursprünglichen Fassung hat die zuständige Genehmigungsbehörde der neuen Bundesländer bei bestimmten genehmigungsbedürftigen Anlagen in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet nach einer Vorprüfung dem Antragsteller aufzugeben, eine Stellungnahme einer von ihr benannten Behörde zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen durch die geplante Anlage beizubringen. Die Behörde, die die Stellungnahme abzugeben hat, muß im Gebiet des bisherigen Geltungsbereichs des Grundgesetzes liegen (§ 10a Abs. 1 S. 2 BImSchG). Die Genehmigungsbehörde hat die Stellungnahme bei der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen zu berücksichtigen (§ 10 a Abs. 1 S. 3 BImSchG).

Die Stellungnahme, die das Regierungspräsidium als die für den Bezirk zuständige Behörde (vgl. zur Zuständigkeit die Verwaltungsvereinbarung der 11 alten Bundesländer vom 26.7.1990, abgedruckt bei Laubinger in: Ule/Laubinger, BImSchG, § 10a Rdnr. F 1 ff.) auf Antrag der Klägerin am 18.2.1991 nach § 10a Abs. 1 BImSchG abgegeben hat, ist eine kostenpflichtige Amtshandlung im Sinne von § 1 Abs. 1 LGebG. Der Begriff der kostenpflichtigen Amtshandlung reicht weiter als der Begriff des Verwaltungsakts (§ 35 LVwVfG). Er umfaßt jede mit Außenwirkung in Ausübung hoheitlicher Befugnisse vorgenommene Handlung einer Behörde. Die kostenpflichtige Tätigkeit kann auch lediglich prüfender Art sein (vgl. zum Begriff der kostenpflichtigen Amtshandlung, Gerhardt/Schlabach, Verwaltungskostenrecht, VwkostG, § 1 Rdnr. 5; Seeger, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, § 8, Anm. 4.2). Das Erfordernis der Außenwirkung folgt aus dem Wesen der Verwaltungsgebühr. Verwaltungsgebühren sind - wie alle Gebühren - Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen der Verwaltung dem Gebührenschuldner auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken (vgl. BVerwG, Urteil vom 3.3.1994, NVwZ 1994, 1102, 1105). Von einer Inanspruchnahme oder einer Leistung der Verwaltung, die die Erhebung einer Gebühr rechtfertigt, kann nur dann gesprochen werden, wenn die Tätigkeit der Behörde oder deren Ergebnis dem Gebührenpflichtigen gegenüber erkennbar in Erscheinung getreten sind. Ohne diese Außenwirkung bleibt das Verwaltungshandeln ein behördeninterner Vorgang, der gebührenrechtlich ohne Bedeutung ist (so bereits VGH Bad.- Württ., Urteil vom 4.3.1971, ESVGH, Bd. 21, S. 188).

Die Stellungnahme des Regierungspräsidiums Stuttgart nach § 10 Abs. 1 BImSchG erfüllt alle Voraussetzungen einer gebührenpflichtigen Amtshandlung in diesem Sinne. Sie entfaltet gegenüber der Klägerin - was unter den Beteiligten allein streitig ist - Außenwirkung. Es handelt sich bei ihr weder um einen für die Klägerin gebührenfreien Akt der Amtshilfe, noch um eine sonstige nur behördeninterne Mitwirkung des Regierungspräsidiums Stuttgart an der Amtshandlung des Regierungspräsidiums Chemnitz, für die eine gesonderte Verwaltungsgebühr nicht erhoben werden dürfte. Der Bundesgesetzgeber hat mit der Vorschrift in § 10a BImSchG zwischen den alten und den neuen Bundesländern für eine Übergangszeit ein besonderes Verwaltungshilfeverfahren etabliert, das über die Verpflichtung zur Unterstützung im Einzelfall im Wege der Amtshilfe (Art. 35 GG, §§ 4 bis 8 LVwVfG) hinausgeht. Von einer Amtshilfe kann bereits deshalb nicht gesprochen werden, weil die Unterstützung durch die westdeutsche Fachbehörde nicht ausnahmsweise und fallweise erfolgt, sondern vom Gesetzgeber - für eine Übergangszeit - als ständige Unterstützung vorgesehen wurde. Die Stellungnahme wird ovn der Behörde in den alten Bundesländern auch nicht auf Grund eines Amtshilfeersuchens der Genehmigungsbehörde abgegeben, sondern auf Grund eines Antrags des Antragstellers. Das Verwaltungshilfeverfahren kommt mithin nur auf Initiative des Antragstellers zustande. Zwischen ihm und der benannten Behörde entsteht durch den Antrag ein eigenes Verwaltungsverhältnis (vgl. Roßnagel in: Koch/Scheuing -Hrsg. -, GK-BImSchG 1. Aufl. 1994, § 10a Rdnr. 27; Laubinger, aaO, § 10 a Rdnr. C 41).

Das besondere Verwaltungshilfeverfahren des § 10a BImSchG unterscheidet sich auch deutlich von der behördeninternen Beteiligung anderer Fachbehörden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, wie sie z.B. in § 10 Abs. 5 BImSchG geregelt ist. Die Stellungnahmen, die die Genehmigungsbehörde nach dieser Vorschrift von den Behörden einzuholen hat, deren Aufgabenbereiche durch das Vorhaben berührt werden, treten dem Anlagenbetreiber gegenüber nicht erkennbar in Erscheinung. Im Gegensatz dazu wird die Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImSchG nur auf Antrag des Anlagenbetreibers erstellt und diesem bekanntgegeben. Mit der Aufforderung, eine Stellungnahme einer westdeutschen Fachbehörde beizubringen, schafft die Genehmigungsbehörde für den Antragsteller ein zusätzliches verfahrensrechtliches Genehmigungserfordernis. Sie begründet damit eine Obliegenheit des Antragstellers, ohne deren Erfüllung das Genehmigungsverfahren nicht erfolgreich fortgeführt werden kann (vgl. Roßnagel, aaO, § 10 a BImSchG, Rdnrn. 27, 28; Laubinger, aaO, § 10 BImSchG Rdnr. C 36). Mit der Abgabe der Stellungnahme und deren Weiterleitung an die Genehmigungsbehörde findet das auf Antrag des Anlagenbetreibers eingeleitete besondere Verwaltungshilfeverfahren seinen Abschluß.

Daß es sich bei der Stellungnahme nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG handelt und daß diese die Genehmigungsbehörde nicht bindet, sondern von dieser nur zu berücksichtigen ist (§ 10 Abs. 1 S. 3 BImSchG), steht der Annahme einer Außenwirkung nicht entgegen. Entscheidend kommt es darauf an, daß die Stellungnahme nach der Ausgestaltung des besonderen Verwaltungshilfeverfahrens in § 10 a BImSchG der Klägerin gegenüber erkennbar in Erscheinung tritt und keinen lediglich behördeninternen Vorgang darstellt.

Die Amtshandlung hat das Regierungspräsidium schließlich auch auf Veranlassung der Klägerin vorgenommen, da die Stellungnahme von ihr beantragt wurde, wie dies § 10a Abs. 1 S. 1 BImSchG vorsieht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Ausgestaltung des besonderen Verwaltungshilfeverfahrens in § 10a BImSchG, die die grundsätzliche Berechtigung zur Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Frage stellen könnten, bestehen nicht (vgl. zur Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Art. 83 GG, Roßnagel, aaO, § 10a BImSchG Rdnrn. 17 bis 20). Der Bundesgesetzgeber war durch höherrangiges Recht nicht daran gehindert, die Beibringung einer Stellungnahme im Rahmen des besonderen Verwaltungshilfeverfahrens als Obliegenheit des Anlagenbetreibers auszugestalten (vgl. Repkewitz, Landes- und Kommunalverwaltung - LKV - 1992, 6 ff.; Kloepfer, DVBl. 1991, 1 ff.; Müggenborg, NVwZ 1991, 735 ff.).

2. Ist die Stellungnahme nach § 10a BImSchG somit eine gebührenpflichtige Amtshandlung im Sinne von § 1 Abs. 1 LGebG, steht damit zugleich fest, daß der Verordnungsgeber auf der Grundlage der Ermächtigung in § 2 LGebG grundsätzlich befugt war, für diese Amtshandlung einen Gebührensatz festzusetzen. Von dieser Ermächtigung hat das Umweltministerium Gebrauch gemacht und im Einvernehmen mit dem Finanzministerium (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 LGebG) durch Änderungsverordnung vom 14.8.1990 in Abs. 7 der Anm. zu Nrn. 31.1 bis 31.7 des Gebührenverzeichnisses für die Abgabe der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme eine Rahmengebühr von 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 festgesetzt.

a) Der auf diese Weise im Gebührenverzeichnis konkretisierte Gebührentatbestand deckt - entgegen der Ansicht der Klägerin - die Erhebung einer Gebühr für eine Stellungnahme nach § 10a Abs. 1 BImSchG, obwohl das Gebührenverzeichnis in der hier maßgeblichen Fassung zur näheren Beschreibung der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme auf Art. 1 § 5 des DDR-Umweltrahmengesetzes verweist. Es trifft zwar zu, daß Art. 1 § 5 DDR-Umweltrahmengesetz bereits am 3.10.1990 außer Kraft getreten ist. Das Umweltrahmengesetz der DDR basierte auf dem Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, den beide deutsche Staaten am 18.5.1990 abgeschlossen hatten (BGBl. II S. 537). In Anlage VI zu diesem Vertrag verpflichtete sich die DDR, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß auf dem Gebiet des Umweltschutzes baldmöglichst dem Recht der Bundesrepublik Deutschland entsprechende Regelungen getroffen werden können. In Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung erließ die DDR am 29.6.1990 das Umweltrahmengesetz, das am 1.7.1990 in Kraft trat. In Art. 1 § 2 dieses Gesetzes wurden mit bestimmten Maßgaben die in der Bundesrepublik geltenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften in der DDR in Kraft gesetzt. Art. 1 § 5 des Gesetzes sah vor, daß die Genehmigungsbehörde bei bestimmten genehmigungsbedürftigen Anlagen dem Antragsteller aufzugeben hat, eine Stellungnahme einer von ihr benannten Behörde in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen beizubringen. Durch den Einigungsvertrag vom 31.8.1990 wurde die Geltung des Bundesimmissionsschutzgesetzes im Beitrittsgebiet auf eine neue Grundlage gestellt. Art. 8 des Vertrags bestimmt, daß mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 3.10.1990 Bundesrecht im Beitrittsgebiet in Kraft tritt. Mit diesem Tag trat Art. 1 § 5 DDR-Umweltrahmengesetz außer Kraft. Gleichzeitig trat die inhaltlich gleiche Bestimmung des § 10a BImSchG in Kraft (vgl. dazu Laubinger, aaO, § 74 BImSchG, Rdnrn. B 1 ff.).

Zu Unrecht geht die Klägerin davon aus, für die Stellungnahme des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.2.1991 nach § 10a BImSchG könne deshalb keine Verwaltungsgebühr erhoben werden, weil das Gebührenverzeichnis in der hier maßgeblichen Fassung noch auf die in diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretene Bestimmung des Art. 1 § 5 DDR-Umweltrahmengesetzes verweist. Es trifft nicht zu, daß es seit dem Außerkrafttreten dieser Vorschrift am 3.10.1990 an einem Gebührentatbestand für die Abgabe der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme fehlt, ein solcher vielmehr erst wieder geschaffen wurde, nachdem das Umweltministerium durch Verordnung vom 1.10.1992 (GBl. 1992, S. 727) den Hinweis auf § 10a BImSchG erstmals in das Gebührenverzeichnis aufgenommen hat. Die Klägerin mißt dem im Gebührenverzeichnis enthaltenen Hinweis auf das einzelne Gesetz, in dem die gebührenpflichtige Amtshandlung verankert ist, eine Bedeutung bei, die ihm nicht zukommt. Das Gebührenverzeichnis begründet die Gebührenpflicht nicht selbst; vielmehr sind die Grundvoraussetzungen der Gebührenerhebung in § 1 Abs. 1 LGebG geregelt. § 2 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 LGebG ermächtigt den Verordnungsgeber lediglich dazu, die einzelne Gebühr für eine bestimmte Amtshandlung im Sinne von § 1 Abs. 1 LGebG nach Tatbestand und Höhe zu konkretisieren. Die einzelnen Tatbestände des Gebührenverzeichnisses sind damit lediglich als Konkretisierungen des allgemeinen Tatbestandsmerkmals "Amtshandlungen" zu verstehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.3.1971, aaO). Die erforderliche Konkretisierung ist im Gebührenverzeichnis in der hier maßgeblichen Fassung bereits dadurch erreicht worden, daß der Verordnungsgeber die gebührenpflichtige Amtshandlung, nämlich die Abgabe einer immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme für genehmigungsbedürftige Anlagen, umschrieben hat. Der Hinweis im Gebührenverzeichnis auf die gesetzliche Bestimmung, in der die Amtshandlung vorgesehen ist, mag zur noch genaueren Konkretisierung des Gebührentatbestands angebracht sein. Dadurch wird jedoch - entgegen der Auffassung der Klägerin - der Fortbestand des Gebührentatbestands nicht vom Fortbestand der die Amtshandlung regelnden Rechtsnorm abhängig gemacht. Ist die Vornahme ein und derselben Amtshandlung - wie hier - seit Einführung des Gebührentatbestands ununterbrochen vorgesehen und ändert sich lediglich ihr Standort im Gesetz, so hat dies auf den Fortbestand des Gebührentatbestands grundsätzlich keinen Einfluß.

Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip ableitbare Bestimmtheitsgebot steht dem nicht entgegen. Es erfordert, daß Gebührentatbestände klar und eindeutig umschrieben werden, und hat in erster Linie die Funktion, Gebührentatbestände auszuschließen, die infolge ihrer Unbestimmtheit den Behörden die Möglichkeit einer rechtlich nicht hinreichend überprüfbaren willkürlichen Handhabung eröffnen. Das setzt dem Erfordernis der Bestimmtheit im Gebührenrecht enge Grenzen und reduziert dieses Erfordernis auf die dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Bestimmtheit (vgl. BVerwG, Beschluß vom 25.9.1989, Buchholz 401.8 Nr. 23). Dem Gebührentatbestand läßt sich mit der danach erforderlichen Bestimmtheit der Wille des Verordnungsgebers entnehmen, die Abgabe immissionsschutzrechtlicher Stellungnahmen der Behörden des Landes mit einer Gebühr zu belegen, solange diese Amtshandlungen im Rahmen der besonderen Verwaltungshilfe zwischen den alten und den neuen Bundesländern gesetzlich vorgesehen sind. Ein anderes Verständnis des durch die Verordnung vom 14.8.1990 eingeführten Gebührentatbestands läßt die Tatsache unberücksichtigt, daß das DDR-Umweltrahmengesetz, in dessen Art. 1 § 5 die besondere Verwaltungshilfe zunächst verankert war, erkennbar als Übergangsregelung im Vorgriff auf den künftigen Beitritt der fünf neuen Bundesländer konzipiert war. Es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, der Landesverordnungsgeber habe die Gebührenpflicht für die Abgabe der Stellungnahme lediglich für den vorhersehbar begrenzten Zeitraum der Gültigkeit des DDR-Umweltrahmengesetzes einführen wollen.

b) Die im Gebührenverzeichnis für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme festgesetzte Rahmengebühr ist entgegen der Auffassung der Klägerin mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Verordnungsgeber hat bestimmt, daß für die Vornahme dieser Amtshandlung 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 des Gebührenverzeichnisses anzusetzen sind. Die Gebühr für die Erteilung einer Genehmigung einer Anlage, auf die Bezug genommen wird, knüpft ihrerseits als Wertgebühr an die Errichtungskosten der Anlage an (vgl. Nr. 31.1 GebVerz). Mit der Festsetzung dieses Gebührenrahmens hat der Verordnungsgeber die Vorgaben des § 2 Abs. 1 S. 2 LGebG eingehalten. Nach dieser Vorschrift sind die Gebührensätze nach dem Verwaltungsaufwand und nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse der Gebührenschuldner zu bemessen. Es ist mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu vereinbaren, daß der Verordnungsgeber keine feste Gebühr, sondern in Anknüpfung an die Wertgebühr der Nr. 31 GebVerz einen Gebührenrahmen vorgesehen hat. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Einzelfälle ist der Verordnungsgeber befugt, den Gebührensatz für eine bestimmte Art von Amtshandlungen mit einer Rahmengebühr praktikabel zu gestalten (vgl. Gerhardt/Schlabach, aaO, § 2 LGebG Rdnr. 5, § 8 LGebG Rdnr. 1; Seeger, aaO, § 8 KAG, Anm. 7.1 d; BVerwG, Urteil vom 21.10.1970, DÖV 1971, 102; OVG Lüneburg, Urteil vom 22.4.1981, KStZ 1983, 210).

Mit der Festsetzung dieses Gebührenrahmens hat der Verordnungsgeber nicht gegen das Kostendeckungsprinzip verstoßen. Für Verwaltungsgebühren ergibt sich die Geltung des Kostendeckungsprinzips aus der in § 2 Abs. 1 S. 2 LGebG aufgestellten Forderung, die Gebührensätze nach dem Verwaltungsaufwand zu bemessen. Das Kostendeckungsprinzip gebietet nur, die Gebühren so zu bemessen, daß das geschätzte Gebührenaufkommen den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Personalaufwand und Sachaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht übersteigt. Es kommt nicht darauf an, welcher Verwaltungsaufwand der Behörde für den Einzelvorgang entsteht, sondern auf das Verhältnis des Gesamtgebührenaufkommens zum Gesamtaufwand des entsprechenden Verwaltungszweigs.

Die Gebührenkalkulation hat sich somit vorrangig nicht am Verwaltungsaufwand für die einzelne Amtshandlung, sondern am voraussichtlichen Gesamtgebührenaufkommen im Vergleich zum Gesamtaufwand eines Verwaltungszweigs zu orientieren. Damit gilt für die Verwaltungsgebühren das Kostendeckungsprinzip nur in abgeschwächter Form als Kostenorientierungsgebot. Es ist eine bloße Veranschlagungsmaxime und stellt lediglich Anforderungen an die Zielsetzung der Gebührenerhebung. Die Gebührenbedarfsberechnung (Kalkulation) muß von dem Ziel getragen sein, das Gebührenaufkommen möglichst auf die voraussichtlichen Kosten zu beschränken (vgl. Seeger, aaO, § 8 KAG, Anm. 6.1; VGH Bad.-Württ., Normenkontrollbeschluß vom 31.1.1995 - 2 S 1966/93 -). Um eine möglichst einheitliche Ermittlung des Verwaltungsaufwands sicherzustellen, hat das Finanzministerium hierzu Verwaltungsvorschriften erlassen (vgl. die hier maßgeblichen Verwaltungsvorschriften vom 11.10.1991, GABl. 1991, S. 1114). Es fehlt jeder Anhaltspunkt für die Annahme, der Verordnungsgeber habe mit der Festsetzung der Rahmengebühr im Gebührenverzeichnis das Kostendeckungsprinzip verletzt und die Gebührengestaltung nicht auf das Ziel der Beschränkung der Gebühreneinnahmen auf die Höhe des voraussichtlichen Verwaltungsaufwands ausgerichtet.

Der Verordnungsgeber hat mit der Festsetzung des Gebührenrahmens für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme auch die weitere gesetzliche Vorgabe in § 2 Abs. 1 S. 2 LGebG beachtet, wonach die Gebührensätze außer nach dem Verwaltungsaufwand auch nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse des Gebührenschuldners zu bemessen sind. Die Berücksichtigung und Gewichtung beider Gesichtspunkte hat in pflichtgemäßer Ermessensausübung zu erfolgen, wobei im Ansatz keinem von beiden Vorrang zukommt (vgl. Gern, VBlBW 1987, 246, 248). Mit der gesetzlichen Anforderung, bei der Bemessung der Verwaltungsgebühr das wirtschaftliche oder sonstige Interesse zu berücksichtigen, ist dem Äquivalenzprinzip im Landesgebührengesetz ausdrücklich Geltung verschafft worden. Es gebietet, daß die Gebührenhöhe in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Amtshandlung steht. Dabei genügt es, wenn bei der Verwirklichung des Äquivalenzprinzips ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab angelegt wird und die Gebühr an dem typischen Nutzen, den die Amtshandlung erbringt, ausgerichtet wird (vgl. Gerhardt/Schlabach, aaO, VwKostG, § 3 Rdnr. 3). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es mit diesen Anforderungen des Äquivalenzprinzips zu vereinbaren, daß der Verordnungsgeber in Abs. 7 der Anmerkungen zu Nr. 31.1 bis 31.7 des Gebührenverzeichnisses für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme eine Rahmengebühr von 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31 festgesetzt hat. Weder die Obergrenze noch die Untergrenze dieses Gebührenrahmens rechtfertigt die Annahme eines offensichtlichen Mißverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Anknüpfungspunkt der Rahmengebühr ist die Gebühr nach Nr. 31.1 GebVerz, nach der für die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von Anlagen nach § 4 Abs. 1 BImSchG im förmlichen Verfahren eine von der Höhe der Errichtungskosten abhängige Wertgebühr mit degressiver Staffelung erhoben wird. Von dieser Gebühr sind 40 bis 90 v.H. für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme anzusetzen. Es trifft nicht zu, daß die Rahmengebühr damit an die Gebühr anknüpft, die insgesamt für die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer solchen Anlage im förmlichen Verfahren anfallen würde; denn neben der Gebühr nach Nr. 31.1 GebVerz sind, falls sich das Verfahren zugleich auf andere behördliche Entscheidungen (§ 13 BImSchG) erstreckt, zusätzlich die hierfür vorgesehenen Gebühren zu erheben (Abs. 2 der Anmerkungen zu Nr. 31.1 bis 31.7). Die Anknüpfung an die Wertgebühr der Nr. 31.1 GebVerz ist sachgerecht, da in der Stellungnahme die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Nr. 1 BImSchG umfassend zu prüfen und zu erörtern sind (vgl. zum Inhalt der immissionsschutzrechtlichen Stellungnahme, Roßnagel, aaO, § 10 a BImSchG Rdnr. 33 ff.; Repkewitz, LKV 1992, 6, 8).

Zwar hat die Stellungnahme, auch wenn in ihr die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen der Anlage positiv beurteilt werden, im Vergleich zur endgültigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Antragsteller nur einen geringeren Nutzen, weil sie die Genehmigungsbehörde nicht bindet, sondern von dieser lediglich zu berücksichtigen ist. Dem trägt die Rahmengebühr aber durch eine Reduzierung auf 40 bis 90 v.H. der Gebühr nach Nr. 31.1. GebVerz angemessen Rechnung. Eine weitere Reduzierung gebietet das Äquivalenzprinzip nicht. Durch die Stellungnahme im Rahmen des besonderen Verwaltungshilfeverfahrens nach § 10a Abs. 1 BImSchG wird erreicht, daß das Genehmigungsverfahren vor den erst im Aufbau befindlichen Behörden in den neuen Bundesländern in angemessener Zeit abgewickelt werden kann. Dies liegt auch im Interesse der Klägerin.

Der Verordnungsgeber hat schließlich auch nicht dadurch gegen höherrangiges Recht verstoßen, daß er die Rahmengebühr für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme festgesetzt hat, ohne die endgültige Gebührenfestsetzung durch die Genehmigungsbehörde in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen. Der Landesverordnungsgeber hat mit der Schaffung des Gebührentatbestands im Gebührenverzeichnis lediglich die gebührenrechtlichen Konsequenzen aus der besonderen Ausgestaltung des Verwaltungshilfeverfahrens durch den Bundesgesetzgeber in § 10a Abs. 1 BImSchG gezogen. Es ist Sache der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber in den neuen Bundesländern zu prüfen, ob und in welchem Umfang durch die Beteiligung westdeutscher Fachbehörden der Verwaltungsaufwand bei der endgültigen Genehmigungserteilung reduziert wird, und daraus die gebührenrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Den Einwand, die Gebührenerhebung für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme müsse durch einen entsprechenden Abschlag bei der Gebührenerhebung durch die Genehmigungsbehörde kompensiert werden, kann die Klägerin demnach lediglich dem Gebührenbescheid des Regierungspräsidiums Chemnitz entgegenhalten.

3. Das Regierungspräsidium hat ohne Rechtsfehler durch den angefochtenen Bescheid i.d.F. des Widerspruchsbescheids für seine Stellungnahme eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 253 875,-- DM festgesetzt. Es hat zu Recht die Klägerin als Gebührenschuldnerin herangezogen, denn diese hat die Amtshandlung veranlaßt und in ihrem Interesse ist sie auch vorgenommen worden (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 LGebG).

Ist eine Gebühr innerhalb eines Gebührenrahmens zu erheben, bemißt sich ihre Höhe nach § 8 LGebG nach dem Verwaltungsaufwand, nach der Bedeutung des Gegenstands, nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse für den Gebührenschuldner sowie nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen. Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Regierungspräsidium beachtet und ohne Rechtsfehler den Gebührenrahmen im Fall der Klägerin dadurch ausgefüllt, indem es 75 v.H. der Gebühr nach Nr. 31.1 GebVerz festgesetzt hat. Angesichts der Errichtungskosten der Anlage in Höhe von 1,1 Mrd. DM und der daraus abzuleitenden Bedeutung des Gegenstands für die Klägerin ist nicht zu erkennen, daß das Regierungspräsidium eines der in § 8 LGebG genannten Bemessungskriterien unberücksichtigt gelassen hätte. Die konkrete Ausfüllung des Gebührenrahmens durch eine Verwaltungsgebühr im Bereich des zweiten Drittels dieses Rahmens stellt jedenfalls kein offensichtliches Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dar.

Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Regierungspräsidium durch die angefochtene Gebührenfestsetzung auch nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich und ohne sachliche Gründe ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleichzubehandeln. Der Landesgesetzgeber und die Landesbehörden sind nur gehalten, in ihrem Kompetenzbereich den Gleichheitssatz zu wahren. Es ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht behauptet, daß bei der Gebührenerhebung für immissionsschutzrechtliche Stellungnahmen durch Behörden des Landes Baden-Württemberg das Gleichbehandlungsgebot im oben beschriebenen Sinne verletzt wird. Fehl geht ihr gegen den angefochtenen Bescheid erhobener Einwand, es stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar, daß nur für immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in den neuen Bundesländern eine Verwaltungsgebühr für die immissionsschutzrechtliche Stellungnahme erhoben werde. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Erhebung einer Gebühr für die Stellungnahme seitens der Behörden der alten Bundesländer die zwangsläufige Konsequenz der besonderen Ausgestaltung des Verwaltungshilfeverfahrens durch den Bundesgesetzgeber in § 10 a BImSchG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO in Verb. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.