OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.10.2011 - 6 U 10/03
Fundstelle
openJur 2012, 35215
  • Rkr:

Zum Schutzumfang einer Marke, die die dem Verkehr bekannte Produktaufmachung eines Schokoladenhasen, insbesondere Form und Farbe des Erzeugnisses sowie ein darauf angebrachtes Wortzeichen, wiedergibt ("Goldhase")

Tenor

Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 19.12.2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird, soweit über die Berufung nach teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils vom 29.01.2004 sowie nach Aufhebung des Berufungsurteils vom 08.11.2007 erneut zu entscheiden war, zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und beider Revisionsverfahren haben die Klägerinnen zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin zu 1) ist ein … Unternehmen, das hochwertige Schokoladenerzeugnisse und Süßwaren herstellt und vertreibt, darunter auch Schokoladenhasen. Herstellung und Vertrieb in Deutschland erfolgen über ein Tochterunternehmen, die Klägerin zu 2).

Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der am …. Juni 2000 angemeldeten und am ….Juli 2001 für Schokolade und Schokoladenwaren eingetragenen dreidimensionalen Gemeinschaftsmarke Nr. …, die beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in den Farben Gold, Rot und Braun hinterlegt ist (Anlage K3 zur Klageschrift, Bl. 18 d. A.).

Die Beklagte stellt ebenfalls Schokoladenhasen her und vertreibt diese. Mit der Klage wenden sich die Klägerinnen gegen einen von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Schokoladenhasen. Wegen dessen Aussehens nahmen die Klägerinnen im ersten Berufungsrechtszug auf eine farbige Abbildung in ihrem Schriftsatz vom 21. Februar 2003 (Bd. I, Bl. 209 d. A.) Bezug. Im zweiten Berufungsrechtszug nahmen die Klägerinnen auf ein in der Sitzung vom 08.11.2007 überreichtes Exemplar des Schokoladenhasen Bezug. Dieser Hase ist nach dem Absetzen des Senatsurteils vom 8. November 2007 verloren gegangen. Gegenstand dieses dritten Berufungsrechtszuges ist daher ein Schokoladenhase, wie er Gegenstand der Abbildung auf Seite 2 des Schriftsatzes der Klägerinnen vom 4. November 2002 (Bl. 118, Bd. I d. A.) wiedergegeben ist.

Gegen den Vertrieb dieses Schokoladenhasen wenden sich die Klägerinnen auch, wenn er in eine Folie eingewickelt ist, wie als Anlage BK 1 vorgelegt.

Ursprünglich war die Klage auch gestützt auf die IR-Wortmarke „GOLDHASE“, Registernummer IR ….

Das Landgericht hatte die Klage mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr zwischen den Klagemarken einerseits und dem angegriffenen Zeichen andererseits abgewiesen. Der Senat hatte die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen und seine Begründung ebenfalls auf fehlende Verwechslungsgefahr gestützt. Diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden, soweit die Klägerinnen aus der IR-Wortmarke „GOLDHASE“, Registernummer IR …, vorgegangen waren. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26.Oktober 2006 das Urteil des Senats vom 29.01.2004 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den Senat zurückverwiesen. Mit Urteil vom 8. November 2007 hat der Senat die Berufung, die nunmehr nur noch auf die eingetragene dreidimensionale Gemeinschaftsmarke … gestützt war, und das begehrte Verbot auf einen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Schokoladenhasen der Beklagten stützte, erneute mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.07.2010 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den Senat zurückverwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Urteile Bezug genommen.

Im neu eröffneten Berufungsrechtszug verfolgen die Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung weiter, soweit diese sich auf die dreidimensionale Gemeinschaftsmarke „X-Goldhase“, Registernummer … stützten. Des Weiteren stützen sie sich, wie schon im Verfahren vor dem Landgericht, auf §§ 3, 4 Nr. 9 UWG. Erstmals in diesem Berufungsrechtszug machen sie auch Ansprüche aus § 5 UWG geltend.

Die Klägerinnen legen zwei weitere Verkehrsbefragungen, durchgeführt jeweils im April/Mai 2011, vor. Eine Verkehrsbefragung beschäftigt sich mit der Kennzeichnungskraft des neutralisierten, das heißt lediglich in goldfarbene Folie eingewickelten X-Schokoladenhasen ohne Aufdruck und Glöckchen. Die zweite Verkehrsbefragung trägt den Titel „Kennzeichnungskraft des neutralisierten Schokoladenhasen Y/Verwechslungen mit dem Schokoladenhasen X“ und hat einen Schokoladenhasen wie den angegriffenen zum Gegenstand, dem der Wortbestandteil „Y Konfiserie“ fehlt. Wegen des Ergebnisses der Verkehrsbefragungen wird auf die Anlagen K1 und K2 des Schriftsatzes der Klägerinnen vom 01.08.2011 Bezug genommen.

Die Klägerinnen beantragen,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.12.2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

 a) es zu unterlassen, bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, im geschäftlichen Verkehr Schokoladenhasen, wie im Schriftsatz vom 04.11.2002 (Bl. 2) abgebildet, auch wenn diese in eine Folie gemäß Anlage BK 1 eingewickelt sind, anzubieten, zu vertreiben, zu bewerben oder sonstig in den Verkehr zu bringen;

 b) den Klägerinnen Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie den vorstehend bezeichneten Schokoladenhasen ab dem ….07.2001 vertrieben hat; dies unter Angabe genauer Umsatzzahlen und der gewerblichen Abnehmer sowie ab diesem Zeitpunkt Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie für den vorstehend bezeichneten Schokoladenhasen Werbung betrieben hat; c) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen durch Handlungen gemäß Buchstabe a) seit dem ….07.2001 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass zwischen der Klagemarke und dem Y-Hasen keine Verwechslungsgefahr bestehe. Überdies verwende die Beklagte die Gestaltung ihres Schokoladen-Hasen überhaupt nicht markenmäßig.

Weiterhin vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung, die Anmeldung der Klagemarke durch die Klägerin zu 1) sei bösgläubig im Sinne von Artikel 51 Abs.1a GMV erfolgt. Die Klägerin zu 1) habe die Klagemarke allein deshalb angemeldet, um Wettbewerber wie die Beklagte vom Markt zu verdrängen. Die Klägerinnen, die Beklagte und alle anderen Hersteller von Schokoladenhasen hätten jahrzehntelang in friedlicher Koexistenz dutzende Schokoladenhasen vertrieben. Jahrzehntelang hätten die Klägerinnen daher den Vertrieb solcher Schokoladenhasen durch Wettbewerber akzeptiert und damit einen wettbewerblich schutzwürdigen Besitzstand geschaffen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Der zulässigen Berufung der Klägerinnen bleibt der Erfolg in der Sache weiterhin versagt.

Die geltend gemachten markenrechtlichen Klageansprüche bestehen nicht, weil zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Gestaltung keine Verwechslungsgefahr nach Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b, Abs. 2 lit. a, Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GMV in Verbindung mit § 14 Abs. 5 und 6 Markengesetz besteht.

Vorwegzuschicken ist, dass die Klage nicht an der fehlenden kennzeichenmäßigen Benutzung des beanstandeten Y-Hasen scheitert. Denn dieser wird jedenfalls insoweit markenmäßig benutzt, als auf dem Produkt die Bezeichnung „Y“ aufgedruckt ist. Die herkunftshinweisende Funktion dieses Elements des angegriffenen Zeichens steht außer Frage. Inwieweit andere Elemente des Y-Hasen eine herkunftsweisende Funktion entfalten, vornehmlich solche, denen der Verkehr im Allgemeinen eine rein ästhetische Funktion beimisst, wird im Rahmen der Verwechslungsgefahr zu erörtern sein. Denn die Frage, ob andere Elemente der angegriffenen Ausführungsform markenmäßig verwendet werden, hängt auch davon ab, ob und in welchem Umfang Elemente des Klagezeichens, die über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügen, von der Beklagten bei dem beanstandeten Y-Hasen in einer Art und Weise verwendet werden, die den Verkehr gleichfalls auf einen Herkunftshinweis schließen lässt (vgl. BGH GRUR 2008, 793, 795, Tz. 19 - Rillenkoffer; GRUR 2005, 427, 428 f. - Lila-Schokolade).

Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 lit. b) GMV liegt dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH, GRUR 2010, 451, Tz. 38 - BergSpechte; GRUR 1998, 922, Tz. 29 - Canon). Ihr Bestehen ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen. Dabei sind insbesondere der Grad der Bekanntheit der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das beanstandete Zeichen hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem beanstandeten Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von Bedeutung (EuGH, GRUR 2006, 237, Tz.18 – PICASSO/PICARO; BGH, Goldhase II, Tz. 13). Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Zeichen ist auf deren Gesamteindruck abzustellen; bei zusammengesetzten Zeichen wie im Streitfall sind dabei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (EuGH, GRUR 2010, 933, Tz.. 33 – Barbara Becker/Harman International Industries).

Es besteht Warenidentität.

Die Kennzeichnungskraft ist nach dem Gesamteindruck der Klagemarke zu bestimmen und hängt davon ab, auf welchen herkunftshinweisenden Gestaltungsmerkmalen ihre Schutzfähigkeit beruht (BGH GRUR 2000, 888, 889 - MAG-LITE).

Die Klagemarke besteht aus folgenden Elementen: Einem Wortbestandteil „XGOLDHASE“, einer dreidimensionalen Form in Gestalt eines sitzenden Hasen, einer goldfarbenen Folie, in welche der Schokohase eingewickelt ist, einem roten, plissierten Bändchen, an welchem sich ein goldfarbenes Glöckchen befindet sowie eine mit brauner Farbe gezeichneten Gesicht, Ohren und Füße.

Von diesen Elementen wird zunächst der Wortbestandteil „XGOLDHASE“ als Herkunftshinweis wahrgenommen. Die Kennzeichnungskraft dieses herkunftshinweisenden Wortbestandteils ist als überdurchschnittlich zu bewerten, weil es sich bei der Klägerin zu 1) um eine äußerst bekannte Herstellerin von Schokoladenerzeugnissen handelt.

Hinsichtlich der Herkunftsfunktion und damit der Kennzeichnungskraft der Formgestaltung „sitzender Hase“ ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr nach der Lebenserfahrung die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht. Auch die besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (so der BGH a.a.O. - Pralinenform; WRP 2005, 610, 612 - Russisches Schaumgebäck). Insbesondere dann, wenn der Verkehr bei Waren der fraglichen Art an einen reichen Formenvorrat gewöhnt ist, spricht dies dagegen, dass eine bestimmte Form als Herkunftshinweis aufgefasst wird (BGH a.a.O. - Pralinenform).

Es kann dahingestellt bleiben, ob maßgebliches Territorium für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses nur das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder das der gesamten Union ist (vgl. hierzu die Entscheidung „DHL/Chronopost“ des EuGH vom 12.04.2011, Az. C-235/09, Tz. 50). Der Senat unterstellt zu Gunsten der Klägerinnen, dass es nur auf das bundesdeutsche Gebiet ankommt und daher der Entscheidung des EuG vom 17.12.2010, Az. T-336/08, keine Relevanz für den hier zu entscheidenden Fall zukommt.

Die Klägerinnen hatten in den vorangegangenen Berufungsverfahren zur Frage der Kennzeichnungskraft sowohl der Goldhasen-Form, die nur in goldfarbene Folie eingepackt ist, als auch des kompletten Goldhasen, dem nur der Aufdruck „XGOLDHASE“ fehlt, vier GfK-Umfragen durchführen lassen, denen unter anderem folgende Frage zugrunde lag:

„Sehen Sie sich bitte diesen Schokoladenhasen an. Ist Ihnen dieser Hase bekannt, haben Sie ihn schon einmal gesehen?“ In Bezug auf den in Goldfolie eingepackten Hasen ohne weitere Kennzeichnungsmerkmale antworteten im Mai 2003 81,9% aller Befragten mit „Ja“, 61,2% aller Befragten ordneten den Hasen einem bestimmten Unternehmen zu. Im Mai 2006 ordneten 76% aller Befragten den Hasen einem bestimmten Unternehmen zu. Den - bis auf den Wortbestandteil - kompletten Hasen hatten im Juli 2001 83,9% aller Befragten schon einmal gesehen, 62,7% ordneten ihn einem bestimmten Unternehmen zu. Im Mai 2005 hatten 91,3% diesen Hasen schon einmal gesehen, 75,5% ordneten ihn einem bestimmten Unternehmen zu.

Im Juni 2011 ließen die Klägerinnen eine weitere Verkehrsbefragung durch die TNS Infratest durchführen, bei der dem Verkehr der in Goldfolie eingepackte XGoldhase ohne weitere Kennzeichnungsmerkmale gezeigt wurde. 71,9% aller Befragten beantworteten die Frage, ob sie diesen Schokoladenhasen schon einmal gesehen hätten, mit „Ja“, 69% ordneten ihn einem bestimmten Unternehmen zu, 63,3% aller Befragten nannten „X/…“ als Herstell-Unternehmen. 64,3% aller Befragten gaben an, den Schokoladenhasen an der Farbe der Folie bzw. an der Form/Sitzhaltung zu erkennen.

Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Aussagekraft der durchgeführten Verkehrsbefragungen in „Goldhase I“ wie folgt geäußert:

„Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann demgegenüber eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des in Goldfolie eingewickelten Hasen in der durch die Klagemarke geschützten Form nicht deshalb verneint werden, weil es wegen der Bekanntheit des Produkts „XGOLDHASE“ nicht fernliege, dass ein erheblicher Teil der Befragten den gezeigten Hasen dem Unternehmen der Klägerinnen zugeordnet habe, weil ihnen dieses Unternehmen als Produzent derartiger Osterhasen aus Schokolade als erstes eingefallen sei. Diese Erwägung spricht vielmehr dafür, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs Form und Farbe des Hasen in ihrer Kombination auch unabhängig von den sonstigen Gestaltungsmerkmalen als Hinweis auf das Unternehmen der Klägerinnen versteht.“ (Tz. 25).

In „Goldhase II“ führt der Bundesgerichtshof aus: „Soweit das Berufungsgericht den von den Klägerinnen vorgelegten Verkehrsgutachten entnommen hat, der Verkehr schließe im Fall des von den Klägerinnen vertriebenen Goldhasen bereits aus dessen Gestalt und Farbe auf eine bestimmte Herkunft, wird gegebenenfalls zu überprüfen sein, ob die von der Revisionserwiderung erhobenen Bedenken gegen die Fragestellung auf die Ergebnisse dieser Verkehrsbefragung durchgreifen. In diesem Zusammenhang wird auch zu berücksichtigen sein, in welchem Umfang es sich bei Form und Farbe des Goldhasen um auch von anderen Wettbewerbern verwendete übliche Gestaltungsmerkmale von Schokoladenhasen handelt. Bei Gestaltungselementen, die eine Ware ihrer Gattung nach beschreiben oder die solchen Merkmalen ähnlich sind, liegt es nahe, dass der Verkehr diese Merkmale mit dem marktstärksten Anbieter in Verbindung bringt, ohne darin einen Herkunftshinweis zu erblicken“ (Tz. 33).

Der Senat wertet diese Ausführungen so, dass die durchgeführten Verkehrsbefragungen zwar an sich ein Indiz dafür sein können, dass die Form des sitzenden Hasen ein Hinweis auf eine bestimmte Herkunft gibt, diese Annahme jedoch dadurch relativiert wird, dass ein Schokoladenhase eben entweder sitzen, stehen oder liegen muss.

Angesichts der Vielzahl der erhältlichen Schokoladenhasenformen liegt es fern, dass der Verkehr in der in der konkreten Form eines sitzenden Schokoladenhasen als solcher einen Herkunftshinweis erblickt. Es ist hervorzuheben, dass die Klägerinnen selbst keinen Markenschutz für jede Form eines sitzenden Schokoladenhasen beanspruchen (können). Entscheidend kann daher nur die Frage sein, ob der Verkehr aus der konkreten Sitzhaltung des Schokoladenhasen auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen schließt. Da die Klägerinnen als Anbieter von Osterhasen aus Schokolade eine überragende Bekanntheit auf dem deutschen Markt besitzen, sind die hohen Zuordnungswerte, die Form und Farbe des X-Hasen auch ausweislich des jüngsten Gutachtens erzielen, in erheblichem Maß auf diese Marktstellung zurückzuführen. Sie widerlegen daher nicht die These, dass es sich hierbei um Merkmale handelt, die in erster Linie der ästhetischen Ausgestaltung der Ware dienen. Dessen ungeachtet lassen die hohen Zuordnungswerte den Schluss darauf zu, dass der von den Klägerinnen angebotene Goldhase am Markt eine Präsenz hat, die den Verkehr dafür sensibilisiert hat, dass Form und Farbe des Hasen auch auf eine Herkunft von einem bestimmten Unternehmen hindeuten.

Insgesamt ist daher eine schwache Kennzeichnungskraft der Form und der Farbe der Ware anzunehmen.

Was das rote, plissierte Bändchen mit dem Glöckchen angeht, legt der Senat seiner Entscheidung die Auffassung des Bundesgerichtshofs zugrunde, dass es sich hierbei typischerweise um ein ästhetisches Gestaltungsmerkmal handelt und unterstellt zugunsten der Klägerinnen, dass dieses bei dem X-Goldhasen trotz der prominenten Herausstellung in der Werbung keine herkunftshinweisende Funktion gewonnen hat, ebenso wenig die Bemalung des Hasen.

Zusammengefasst bedeutet dies: Der Wortbestandteil der Klagemarke hat überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft, der Form und Farbe der Klagemarke kommt eine schwache Kennzeichnungskraft zu.

Bei der Frage der Zeichenähnlichkeit ist zunächst zu prüfen, welche Elemente des angegriffenen Zeichens, hier des Y-Hasen in seiner Gesamterscheinung, nach der Verkehrsauffassung herkunftshinweisende Funktion besitzen. Diese Frage ist nicht ohne weiteres spiegelbildlich zur Klagemarke zu beantworten, da Elemente, die bei der Klagemarke aufgrund ihrer Marktdurchsetzung herkunftshinweisend wirken, diese Wirkung beim angegriffenen Zeichen nicht haben müssen. Dies kann vielmehr von der Frage abhängen, wie ähnlich das betreffende Element des angegriffenen Zeichens dem der Klagemarke ist.

Außer Frage steht, dass der Wortbestandteil „Y“ von Haus aus eine herkunftshinweisende Funktion hat.

Die Form des Y-Hasen ähnelt stark derjenigen der Klagemarke. Hierzu wird auf Abbildung dieses Hasen im Schriftsatz der Klägerinnen vom 04.11.2002 Bezug genommen, die die Form des Hasen zweifelsfrei erkennen lässt. Daher kann zugunsten der Klägerinnen unterstellt werden, dass auch diese Form herkunftshinweisend wirkt. Selbiges ist zugunsten der Klägerinnen für die Farbe der Folie anzunehmen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der dritte Berufungsrechtszug offenbart hat, dass die Farbe der Folie, in die der Y-Hase eingepackt ist, mit zunehmendem Alter seine Farbe verändert. Die ursprünglich goldfarbene Folie nimmt im Laufe der Zeit eine zunehmend bronzefarbene Tönung an. Es ist festzustellen, dass der nunmehr angegriffene Y-Hase in eine Folie eingewickelt ist, deren Goldton sich unwesentlich von dem Goldton unterscheidet, welcher die Folie aufweist, die Gegenstand der Klagemarke ist.

Die übrigen Bestandteile des Y-Hasen weisen, ebenso wenig wie die Klagemarke, herkunftshinweisende Funktion auf.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Klagemarke einerseits und das angegriffene Zeichen andererseits eine erhebliche Ähnlichkeit hinsichtlich der schwach kennzeichnungskräftigen Bestandteile Form und Farbe aufweisen und eine uneingeschränkte Unähnlichkeit hinsichtlich der jedenfalls bei der Klagemarke, aber auch bei dem angegriffenen Zeichen gegebene Kennzeichnungsstärke des Wortbestandteils. Aus diesem Grund ist eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Da die Klage mithin mangels Verwechslungsgefahr erfolglos ist, war dem Einwand der Beklagten, die Anmeldung der Klagemarke durch die Klägerin zu 1) sei bösgläubig erfolgt, nicht nachzugehen.

Auch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes (§§ 3, 4 Nr. 9 UWG) kann die Klage keinen Erfolg haben. Soweit die Klage hierauf gestützt ist, hat sie das Landgericht bereits abgewiesen (Bd. I Bl. 170 d. A.), ohne dass sich die Klägerinnen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist hiergegen gewandt hätten. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerinnen gleichwohl nicht gehindert sind, ihre Berufung auch jetzt noch auf die Weiterverfolgung dieses Anspruchs zu erweitern (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 70. Auflage, Rdz. 20 zu § 520 m. w. N.), hat das auf § 4 Nr. 9 UWG gestützte Klagebegehren in der Sache keinen Erfolg. Nachdem die Beklagte wie dargestellt bei der Gestaltung des von ihr vertriebenen Schokoladenhasen die durch die Klagemarke gesteckten Grenzen beachtet hat, käme ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Schutz nur in Betracht, wenn zu der Annäherung an die Marke der Klägerin zu 1) weitere Unlauterkeitsmerkmale hinzuträten, die bei der markenrechtlichen Beurteilung noch keine Rolle gespielt haben. Dazu haben die Klägerinnen nichts vorgetragen.

Schließlich bestehen keine Ansprüche wegen irreführender Werbung gemäß § 5 Abs. 2 UWG. Zwar stellt es eine zulässige Klageänderung dar, dass die Klägerinnen sich in diesem Berufungsrechtszug auch auf den Tatbestand des § 5 Abs. 2 UWG berufen. Mangels markenrechtlicher Verwechslungsgefahr fehlt es jedoch zugleich an einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 5 Abs. 2, die die Gefahr einer unlauteren Irreführung begründen könnte.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache nach dem des Bundesgerichtshofs in seinem Revisionsurteil in dieser Sache keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).