Hessisches LSG, Urteil vom 06.10.2011 - L 9 AY 8/08
Fundstelle
openJur 2012, 35146
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SozialgerichtsWiesbaden vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erstattung vonAufwendungen für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz(AsylbLG) für Frau B. B. alias C. C..

Im Mai 1991 reiste die Familie B. nach unwidersprochengebliebenen Angaben des Beklagten in die Bundesrepublik Deutschlandein. Die Mitglieder der Familie, u.a. Frau B. B., beantragten dieAnerkennung als Asylberechtigte. Das Asylverfahren der Frau B.wurde am 21. Januar 1992 abgeschlossen. Die gesamte Familie B. warbereits seit dem 4. Dezember 1992 für den Rechtsvorgänger desBeklagten unbekannt verzogen. Dem Kläger wurden Mitglieder derFamilie C. durch die Zentrale Aufnahmestelle des Landes Hessen mitEntscheidung vom 16. Februar 1993 zugewiesen. Nach Abschluss desAsylverfahrens im Jahr 1996 wurde der Aufenthalt der Familie imBereich des Klägers durch die Ausländerbehörde geduldet. C. C.wurde durch das Jugendamt des Klägers am 29. Mai 1993 in Obhutgenommen, nachdem sie von der Polizei AW. aufgegriffen worden war.Im Rahmen der Vernehmung äußerte diese Person, von ihrem Vatergeschlagen und mehrfach vergewaltigt worden zu sein. Sie wurdedaraufhin zunächst außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Klägersuntergebracht und kehrte im Jahr 1995 zu ihrer Familie zurück. ImSommer 1998 flüchtete sie in das Frauenhaus AW.. Von dort kam siezur Behandlung in das Zentrum für soziale Psychiatrie in RH..Anschließend wurde vom Amt für soziale Angelegenheiten des Klägersunter besonderer Berücksichtigung der geistigen Situation derPerson die Aufnahme in einer Einrichtung der„Lebenshilfe" im UR. vorgenommen. In dieser Einrichtunghält sich die Person seit Mai 1998 auf. Die Kosten ihrerUnterbringung werden seitdem von dem Kläger getragen.

Im Jahr 2000 zogen Teile der Familie B. wieder in denZuständigkeitsbereich des Beklagten. Ein Aufenthalt von Frau B. B.oder C. C. im Gebiet des Beklagten wurde nicht bekannt. MitSchreiben vom 25. April 2000 teilte die Ausländerbehörde desBeklagten dem Kläger mit, dass eine Identität eines Mitglieds derFamilie C. mit einem dort geführten Asylbewerber bestehe, derbereits am 7. Mai 1991 um politisches Asyl nachgesucht habe.Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dieAblichtung Bl. 16 d. A. Bezug genommen.

In den Jahren 2002 bis 2005 erbrachte der Kläger an Frau C. C.Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe der Klageforderung.Hinsichtlich der Leistungserbringung im Einzelnen wird auf dieAufstellung Bl. 8 bis 12 d. A. verwiesen. Im Jahr 2002korrespondierten die Verfahrensbeteiligten über eine Verlegung vonFrau B. B. alias C. C. in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten.Nachdem sich die Betreuerin der betreffenden Person gegen eineVerlegung gewandt hatte, wurde von diesem Schritt abgesehen. DerKläger beantragte im Jahr 2004 beim Bundeskriminalamt ein Gutachtenzur Identitätsfeststellung anhand von fünf Lichtbildern der als B.B. und C. C. benannten Person(en). Mit Gutachten vom 3. Januar 2005stellte das Bundeskriminalamt fest, dass die eingesandtenLichtbilder mit Wahrscheinlichkeiten zwischen„wahrscheinlich" und „mit an Sicherheit grenzenderWahrscheinlichkeit" dieselbe Person abbilden.

Der Kläger hat am 26. September 2005 bei dem SozialgerichtStralsund Klage erhoben. Das Sozialgericht Stralsund hat denRechtsstreit mit Beschluss vom 22. Februar 2006 (S 9 AY 4/05) andas Sozialgericht Wiesbaden verwiesen. Der Kläger behauptet, dasses sich bei B. B. und C. C. um ein und dieselbe Person handele. Erist der Auffassung, dass der Beklagte für die Leistungsgewährungnach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zuständig sei. Die Zuständigkeitberuhe auf der Zuweisungsentscheidung vom 7. Mai 1991, wonach FrauB. B. ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zunehmen gehabt habe. Eine zweite Zuweisungsentscheidung vom 16.Februar 1993 bezüglich Frau C. entfalte keine Wirksamkeit, da siemangels Existenz der Frau C. von niemandem ausgeführt werden könne.Gleiches gelte für alle anderen an Frau C. adressiertenVerwaltungsakte des Klägers. Mit Inkrafttreten des § 10a AsylbLG imMai 1997 sei es bei der Zuständigkeit des Beklagten infolge derZuweisungsentscheidung aus dem Jahr 1991 geblieben; insoweit sei §10a Abs. 3 Satz 2 [gemeint ist wohl: Satz 4] AsylbLG einschlägig,wonach auch bei Aufenthalten in Einrichtungen außerhalb deszugewiesenen Landkreises der zugewiesene Ort als gewöhnlicherAufenthalt gelte. Aus § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)folge die Verpflichtung, die vom Kläger vorläufig verausgabtenAufwendungen zu erstatten. Dem Beklagten gegenüber sei derErstattungsanspruch innerhalb der Frist des § 111 SGB X angemeldetworden.

Der Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten. Erträgt vor, Unterlagen zur Identitätsprüfung der betreffenden Personseien bei ihm nicht vorhanden. Eine Identitätsfeststellung wieheute üblich sei bei der Familie zum Zeitpunkt der damaligenEinreise im Mai 1991 nicht erfolgt. Seinerzeit sei der Kreis DG.zuständig gewesen; dieser existiere aufgrund einerKreisgebietsreform nicht mehr. Auch seien keine Unterlagen ausdieser Zeit mehr vorhanden. Der ursprüngliche Zuweisungsbeschlussaus dem Asylerstverfahren im damaligen Kreis DG. liege nicht vor,so dass er dem Gericht auch nicht vorgelegt werden könne. Es seiein gewöhnlicher Aufenthalt im Bereich des Klägers von mindestensdrei Jahren belegt. Für den Beklagten sei nicht nachzuvollziehen,weshalb es der Kläger unterlassen habe, aus humanitären Gründen die„Duldung der Aufenthaltsberechtigung" festzustellen.Wäre dies erfolgt, so stellte sich die Frage der Kostenerstattungnicht. Spätestens im Sommer 1998 hätte der Kläger nach § 30 Abs. 4Ausländergesetz (AuslG) eine Aufenthaltsbefugnis erteilen müssen.Die Duldung habe in diesem Zeitpunkt nicht mehr im Zusammenhang mitder Asylablehnung gestanden. Die betreffende Person habe einAbschiebungshindernis nicht selbst zu vertreten gehabt; es habeauch nicht in ihrer Macht gestanden, zu dessen Beseitigungbeizutragen. Wenn schon aus gesundheitlichen Gründen noch nichteinmal eine Verlegung in einen anderen Landkreis in Betrachtgekommen sei, sei eine Abschiebung unzumutbar gewesen. Deshalbseien die Kettenduldungen nicht gerechtfertigt gewesen. DieZuständigkeit des Klägers ergebe sich aus § 10a Abs. 2 Satz 1AsylbLG. Es komme allein auf den gewöhnlichen Aufenthalt derfraglichen Person an. Der Erstattungsanspruch des § 10b AsylbLGsetze voraus, dass der Kläger in fremder Zuständigkeit gehandelthabe. Dies sei nicht der Fall gewesen. Eine etwaigeZuweisungsentscheidung aus dem Jahr 1991 könne spätestens seitSommer 1998 nicht mehr die Zuständigkeit begründen. Ab diesemZeitpunkt sei die Duldung vom früheren Asylverfahren unabhängiggewesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. September2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt,die Klage sei zulässig; der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit seiauch für Streitigkeiten über Erstattungsansprüche eröffnet, dieihren Rechtsgrund vor dem 1. Januar 2005 hätten. Es komme nachInkrafttreten des 7. Gesetzes zur Änderung desSozialgerichtsgesetzes zum 1. Januar 2005 allein auf den Zeitpunktder Klageerhebung an. Die Klage sei indes unbegründet. Der Klägerhabe weder einen Anspruch nach § 10b AsylbLG noch nach § 9 AsylbLGi.V.m. § 102 SGB X. Voraussetzung beider Kostenerstattungsansprüchesei, dass es sich bei dem Anspruchsgegner um den zuständigen bzw.zur Leistung verpflichteten Träger handele. Der Beklagte sei aberfür die Leistungserbringung zugunsten von Frau B. B. oder C. C.nicht zuständig und auch nicht zuständig gewesen. Dabei könne offenbleiben, ob tatsächlich Personenidentität vorliege. Selbst wenn mandies zugunsten des Klägers unterstelle, so könnte sich allein ausdem Fortgelten einer asylverfahrensrechtlichenZuweisungsentscheidung aus dem Jahr 1991 die Zuständigkeit desBeklagten ergeben (§ 10a Abs. 1 Satz 1 bzw. § 10a Abs. 3 Satz 4AsylbLG). Einen anderen rechtlichen Anknüpfungspunkt erkenne auchder Kläger nicht. Selbst wenn man weiterhin unterstelle, dassseinerzeit eine entsprechende Zuweisungsentscheidung samtWohnsitzbeschränkung auf den Landkreis DG. bzw. den Kreis desBeklagten ergangen sei - eine Bescheidausfertigung habe von keinemder Beteiligten vorgelegt werden können -, so könne diese für denstreitgegenständlichen Zeitraum ab 2002 keine Rechtswirkungen mehrentfalten. Dies habe zur Folge, dass die Voraussetzungen für eineZuständigkeit des Beklagten nach § 10a Abs. 1 Satz 1 oder § 10aAbs. 3 Satz 4 AsylbLG nicht erfüllt seien. Auch ohne förmlicheAufhebung gelte eine asylverfahrensrechtliche Verteilungs- oderZuweisungsentscheidung nämlich nicht unbeschränkt fort. DieFortgeltung einer aufgrund der Vorgängerregelungen zu §§ 50 Abs. 4,56 AsylVfG erlassenen Zuweisungsentscheidung, die ab 1. Juli 1992nach § 56 AsylVfG wohnsitzbeschränkende und spätestens abInkrafttreten des § 10a Abs. 1 AsylbLG auch zuständigkeitsregelndeWirkung entfaltet habe, habe sich im hier maßgeblichen Zeitraum vorInkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nach zutreffenderAnsicht nicht nach § 44 Abs. 6 AusIG, sondern nach allgemeinenRegeln gerichtet. Die zur Dauer des Asylverfahrens i. S. d. § 22Abs. 1 AsylVfG a.F. zählende aufenthaltsrechtliche Abwicklung endemit der wirksamen Erteilung einer in Kenntnis einesvorausgegangenen erfolglosen Asylverfahrens ergehendenasylverfahrensunabhängigen Duldung oder Aufenthaltserlaubnis. Miteiner solchen Beendigung der „Dauer des Asylverfahrens"würden die dem Ausländer durch eine Zuweisungsentscheidung nach §22 AsylVfG a.F. auferlegten Beschränkungen nach § 43 Abs 2 VwVfGunwirksam. Speziell für die hier interessierendeZuständigkeitsfrage nach § 10a Abs. 1 AsylbLG habe dasNiedersächsische OVG im Beschluss vom 16. Juni 2000 – 4 M2124/00 ausgeführt:

„Auch die unmittelbar aus § 55 AsylVfG folgendeAufenthaltsgestattung und die mit ihr verbundene räumlicheBeschränkung nach § 56 AsylVfG, die sich ihrerseits nach der- hier fehlenden - Unterbringungs- undVerteilungsentscheidung gem. § 44 ff. AsylVfG bestimmt, entfaltenrechtliche Wirkungen nicht mehr. Denn sie werden "zurDurchführung des Asylverfahrens" (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG)erteilt. Daraus folgt, dass jedenfalls dann, wenn das Asylverfahrenim engeren Sinn abgeschlossen ist und daran direkt anschließendeMaßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts des Ausländers nicht mehrzu erwarten sind, die Verteilungs- und Zuweisungsentscheidung ihreWirkung verliert. Ein solcher Fall ist jedenfalls dann gegeben,wenn dem Ausländer eine vom Asylverfahren unabhängige Duldungerteilt wird und damit zu rechnen ist, dass sie für einen längerenZeitraum (ggf. wiederholt) verlängert werden wird (ebenso OVG NRW,B. v. 18.4.1989 - 19 B 585/89 -, NVwZ-RR 1990, 33 = NWVBI.1989, 446 = ZAR 1989, 175 (LS) <zu § 22 AsylVfG a.F.>).Dasselbe gilt aber auch, wenn – wie im vorliegenden Fall– eine Duldung zwar nicht erteilt worden ist und werden soll,Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts seit Abschluss desAsylverfahrens aber nicht eingeleitet worden und auch nichtabzusehen sind, weil die Ausländer nirgendwo erfasst sind und sichkeine Ausländerbehörde als zuständig ansieht. Dementsprechendbestimmt sich in einem solchen Fall auch die weitere Zuständigkeitfür die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG nach § 10a Abs. 1Satz 2 AsylbLG. Ohne Erfolg verweist demgegenüber dieAntragsgegnerin darauf, dass bei späterer Stellung einesAsylfolgeantrags durch den Ausländer die für die Prüfung desAntrags örtlich zuständige Stelle wiederum durch die Zuweisungs-und Verteilungsentscheidung im Erstverfahren bestimmt wird (§ 71Abs. 2 AsylVfG) und auch die ursprüngliche räumliche Beschränkungdes Aufenthalts wieder auflebt (§ 71 Abs. 7 AsylVfG). DieseRegelung beruht auf der Erwägung, dass die mit der Sache desAsylsuchenden aus dem Erstverfahren bereits vertraute Stelle auchdas Folgeverfahren zweckmäßigerweise bearbeiten soll unddementsprechend die gesamte Abwicklung des Folgeverfahrens dortkonzentriert werden soll. Das rechtfertigt es aber nicht, auch denAufenthalt des Ausländers diesen Beschränkungen zu unterwerfen,dessen Asylverfahren abgeschlossen ist, dessen weiterer Aufenthaltim Bundesgebiet voraussichtlich längerfristig geduldet werden wirdund bei dem zudem nicht absehbar ist, ob er jemals einenAsylfolgeantrag stellen wird. Entgegen der Meinung derAntragsgegnerin werden dem abgelehnten Asylbewerber so auch nichtvon vornherein "weitergehende Leistungsansprüche" als dennoch im Asylverfahren stehenden Asylbewerbern zugestanden, denn dasEnde der Wirksamkeit der im Asylverfahren erlassenen Zuweisungs-und Verteilungsentscheidung hat unmittelbar Wirkung nur für dieFrage der örtlichen Zuständigkeit der Behörde für die Gewährung vonLeistungen nach dem AsylbLG (Senat, Beschl. v. 11.8.1998 - 4 M3575/98 - (V.n.b.)). (...) Eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 6VwGO (gemeint ist § 44 Abs. 6 AuslG) kommt hier (...)nicht in Betracht. Eine Analogie setzt grundsätzlich eineplanwidrige Regelungslücke im Gesetz voraus. Dabei ist auch zuberücksichtigen, dass eine ursprünglich lückenlose Regelung infolgevon Veränderungen sozialer Verhältnisse odergesellschaftspolitischer Anschauungen sowie durch die rechtlicheEntwicklung lückenhaft werden kann. In einem solchen Fall ist esgerechtfertigt, das Gesetz auf einen Fall, auf den seine Regelungabzielt, den es aber von seinem Wortlaut her nicht (mehr) erfasst,sinngemäß - analog - anzuwenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.4.1990– 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6 = NJW 1990, 1593 = DVBI.1990, 690). § 44 AusIG ist eine Bestimmung innerhalb des viertenAbschnitts des AusIG (§§ 42 bis 57), der die Beendigung desAufenthalts regelt. § 44 AusIG selbst regelt in den Absätzen 1 bis6 das Ende der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts (infolge z.B.Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung). In diesem Zusammenhangregelt § 44 Abs. 6 AusIG die Fortgeltung von Beschränkungen undAuflagen. Denn es soll ausgeschlossen werden, dass ein Ausländer,dessen Aufenthalt bislang unter Auflagen oder Beschränkungenrechtmäßig war, mit der Beendigung der Rechtmäßigkeit desAufenthalts und der damit eintretenden Ausreisepflicht (§ 42 AusIG)für die Zeit bis zu seiner tatsächlichen Ausreise von diesenVerpflichtungen frei wird. Insoweit enthält die Regelung Lückennicht. Die an einen Asylbewerber ergangene Zuweisungs- oderVerteilungsentscheidung wirkt, wenn das Asylverfahren im engerenSinn abgeschlossen ist, fort, solange daran direkt anschließendeMaßnahmen zur Beendigung des Aufenthalts des Ausländers noch zuerwarten sind (vgl. oben). Wird ihm nach Abschluss desAsylverfahrens der weitere Aufenthalt durch Erteilung einerAufenthaltsgenehmigung oder Duldung ermöglicht, greift mit Ende derRechtmäßigkeit des Aufenthalts (z.B. durch Ablauf der Geltungsdauerder Genehmigung oder Duldung) die Regelung des § 44 Abs. 6 AusIGunmittelbar ein. Dass der Fall der Antragstellerin zu 1) nichterfasst wird, beruht nicht auf einem Mangel des Gesetzes oder einerRegelungslücke, sondern auf einem Mangel im Gesetzesvollzug, indemnämlich nach Einreise der Antragstellerin zu 1) und Stellung desAsylantrags sowie nach Abschluss des Asylverfahrens die nach demAsyl- und Ausländerrecht gebotenen Regelungen hinsichtlich ihresAufenthalts nicht getroffen worden sind. Ein Mangel nur imGesetzesvollzug rechtfertigt aber nicht die analoge Anwendung desGesetzes zum Zweck der Behebung des Mangels. Welche Folgen sichdaraus hier für die Anwendung des AsylbLG ergeben, ist in diesemZusammenhang ohne Bedeutung, da dies nicht zu dem hier zubetrachtenden, allein maßgeblichen Regelungsbereich des § 44 Abs. 6AusIG gehört."

Dieser Rechtsauffassung schließe sich die Kammer an. EineFortwirkung der aus dem asylverfahrensrechtlichen Regimeherrührenden Entscheidungen sei nur dann gerechtfertigt, wenn dieAusländerbehörden noch tätig seien, um wegen der fehlendenAsylanerkennung den Aufenthalt zu beenden; sei ausasylverfahrensunabhängigen Gründen die Aufenthaltsbeendigung füreinen gewissen Zeitraum nicht durchführbar, so bestehe auch keinGrund für die Fortgeltung der Zuweisungs- undVerteilungsentscheidung, sie habe sich erledigt. DieAusländerbehörde habe seinerzeit dann nach allgemeinenausländerrechtlichen Regeln zu beurteilen gehabt, ob eineAufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 AusIG oder eine Duldung - ggf.mit eigenen Auflagen - in Betracht gekommen wäre. Spätestens seitabsehbar gewesen sei, dass wegen der stationärenBehandlungsbedürftigkeit eine Abschiebung der B. B., nachBehauptung des Klägers: alias C. C., für einen unbestimmtenZeitraum nicht in Betracht gekommen sei, habe daher dieZuweisungsentscheidung keine Wirkung mehr entfalten können.Angesichts der Dauer des Aufenthalts seien keine weiterenErmittlungen anzustellen, warum eine Abschiebung nicht erfolgt sei.Bei einem Aufenthalt von 10 Jahren nach Abschluss desAsylerstverfahrens verbiete sich - worauf der Beklagte zutreffendhinweise - bereits aus den Wertungen des § 30 Abs. 4 AusIG a.F.eine Zurechnung des fortbestehenden Aufenthalts zur Durchführungdes Asylverfahrens, zumal sich über einen langen Zeitraum für eineB. B. keine Ausländerbehörde zuständig gefühlt habe. Nach alledemsei es auch unbeachtlich, dass der Kläger die aufenthaltsrechtlicheSituation der B. B. nicht substantiiert habe nachzeichnen können,da durch eine Kreisreform beim Beklagten die Akten desAusländeramts des Rechtsvorgängers des Beklagten nicht mehrauffindbar gewesen seien; denn es könne der Vortrag des Klägers alsrichtig unterstellt werden, ohne dass sich daraus eineZuständigkeit des Beklagten ergebe.

Gegen das dem Kläger am 24. September 2008 zugestellte Urteilhat dieser am 17. Oktober 2008 beim Hessischen LandessozialgerichtBerufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, an derRichtigkeit der Entscheidung des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22.September 2008 bestünden ernstliche Zweifel, da das Gericht mitkeiner Silbe auf die eigentliche Problematik des Falles eingehe, obund inwieweit es rechtlich möglich sei, dass eine nichtexistierende Person, und zwar Frau C. C., ein Asylverfahrendurchführe bzw. sich im Anschluss an dieses Verfahren geduldet imBundesgebiet aufhalte. Stattdessen beschäftige sich das Gericht mitder Frage, ob eine Bescheiderteilung im Rahmen des Asylverfahrensvon Frau B. erfolgt sei bzw. moniere, dass derenaufenthaltsrechtlicher Status nicht substantiiert habe dargelegtwerden können. Hierbei handele es sich um Punkte, die zwischen denBeteiligten gerade nicht streitig gewesen seien. Es heißebeispielsweise in der Klageerwiderung vom 1. November 2006 hierzu,„während des Asylverfahrens hatte Frau B. den Status derAufenthaltsgestattung. Dieser Status bestand nach Ansicht desLandkreises Ostvorpommern auch noch bis zum Dezember 1992fort." Unstreitig sei daher, dass Frau B. B. ein Asylverfahrendurchgeführt habe, im Rahmen dessen sie dem damaligen Landkreis DG.zugewiesen gewesen sei. Die Familie von Frau B. sei dann imDezember 1992 untergetaucht. Dem Kläger seien die Mitglieder derFamilie C. durch die Zentrale Aufnahmestelle des Landes Hessen mitEntscheidung vom 16. Februar 1993 zur Durchführung einesAsylverfahrens zugewiesen worden. Es handele sich bei diesen umFlüchtlinge aus dem Bereich der Republik Jugoslawien. NachAbschluss des Asylverfahrens im Jahre 1996 sei der Aufenthalt derFamilie im Bereich des Klägers durch die Ausländerbehörde geduldetworden, da die Ausreise nicht habe durchgesetzt werden können. DerLebensunterhalt der Familienmitglieder sei mit öffentlichen Mittelnsichergestellt worden. Mit Schreiben vom 25. April 2000 habe dieAusländerbehörde des Beklagten der hiesigen Behörde mitgeteilt,dass eine Identität eines Mitgliedes der Familie C. mit einem dortgeführten Asylbewerber bestehe, der bereits am 7. Mai 1991 umpolitisches Asyl nachgesucht habe. Fotos der übrigenFamilienmitglieder seien übersandt worden. Es sei darum gebetenworden, die Akten der betroffenen Familienmitglieder zu übersenden,falls anhand der Fotos weitere Übereinstimmungen festgestelltwerden sollten. Das Amt für soziale Angelegenheiten - Betreuungausländischer Flüchtlinge - des Klägers habe mit Schreiben vom 15.Juni 2000 dahingehend geantwortet, dass die Mitglieder der FamilieC. dem Bereich des Klägers als Asylbewerber zugewiesen worden seienund habe deren Namen genannt. Bezüglich des Familienmitgliedes B.B. alias C. C. habe das Sozialamt des Beklagten mit Schreiben vom20. Juni 2000 geäußert, dass diese am 7. Mai 1991 einenAsylerstantrag gestellt habe, der am 21. Januar 1992bestandskräftig abgelehnt worden sei. Frau B. habe sich vom 17.Juni 1991 bis zum Dezember 1992 im Bereich des Beklagtenaufgehalten und sei danach nicht mehr dorthin eingereist.Festzuhalten sei nach Auffassung des Klägers weiter daran, dass eseine natürliche Person C. C. nicht gebe. Das Sozialamt desBeklagten habe dies seinerzeit selbst bestätigt. Die vom Klägerüber das Bundeskriminalamt vorgenommenen Untersuchungen hätten diePersonenidentität bestätigt, wobei das Originalgutachten und diedem Bundeskriminalamt überlassenen Fotos mit Schriftsatz vom 16.Juni 2006 zur Gerichtsakte gereicht worden seien. Die Unterlagenseien bisher nicht zurückgesandt worden.

Die fehlende Existenz von C. C. lasse das Sozialgericht inseinem Urteil völlig außen vor, ja es verkenne die damit verbundeneProblematik, wenn es auf Seite 6 seiner Entscheidung davon spreche,dass offen bleiben könne, ob Personenidentität vorliege. In derKlageschrift sei unter Nr. 3 die sich daraus ergebende Folgedargelegt worden, dass die zweite Zuweisungsentscheidung bezüglichFrau C. C. keine Rechtswirksamkeit entfalten könne. Gleiches geltefür die Duldungen, die Frau C. nach Abschluss des Asylverfahrenserteilt worden seien. Konsens bestehe mit dem Sozialgericht darin,dass Duldungen, die nach Abschluss eines Asylverfahrens erteiltwürden, grundsätzlich dazu führten, dass die Zuweisungsentscheidungfür das Asylverfahren keine Wirkung mehr entfalte. Dissens bestehemit dem Gericht aber in dem Moment, in dem es diese grundsätzlicheFolge auf den vorliegenden Rechtsstreit übertrage, ohne zubeachten, dass Frau C. C. nicht existiere. In einem solchen Fallkönne gerade nicht davon gesprochen werden, dass sich dieZuweisungsentscheidung erledigt habe. Letzteres lasse sich nachAuffassung des Klägers auch der vom Sozialgericht angeführtenEntscheidung des OVG Niedersachsen vom 16. Juni 2000 entnehmen, dasnämlich darlege, dass es dann, wenn ein Ausländer nicht abgeschobenwerden könne, weil er nirgendwo erfasst sei und sich keineAusländerbehörde für zuständig ansehe, auf den tatsächlichenAufenthalt ankomme. Dementsprechend bestimme sich die Zuständigkeitfür die Leistungsgewährung in einem solchen Fall nach § 10a Abs. 1Satz 2 AsylbLG. Im vorliegenden Fall sei die Familie B. unstreitigdem Landkreis DG. zur Durchführung eines Asylverfahrens zugewiesen,d.h. die Zuständigkeit für die Leistungsgewährung habe sich mitInkrafttreten der Regelung des § 10a AsylbLG nach dessen Abs. 1Satz 1 gerichtet. Hier liege also gerade nicht der Fall vor, dassFrau B. behördlich nicht erfasst sei. Für die Sicht des Klägers,dass bezüglich einer nicht existierenden Person ein weiteresAsylverfahren durchgeführt werden könne, spreche im Übrigen eineweitere Regelung, die in der Entscheidung des OVG Niedersachsenebenfalls angeführt worden sei; die des § 71 AsylVfG. Nach dessenAbs. 2 Satz 1 sei der Asylfolgeantrag bei der Behörde zu stellen,die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet sei, in der der Asylsuchendewährend seines ersten Verfahrens gewohnt habe. Sei seinerzeit derAufenthalt räumlich beschränkt gewesen, gelte diese Beschränkungfort (§ 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG). Dokumentiere insoweit derGesetzgeber mit dieser Regelung seinen Willen, bei tatsächlichexistierenden Personen ein einheitliches Verwaltungsverfahrendurchzuführen, könne es nicht richtig sein, dass das Sozialgerichtbei einer nicht bestehenden Person zu dem Ergebnis komme, dass überdie zweite Zuweisungsentscheidung und spätere Duldung desAufenthaltes eine Zuständigkeit des Klägers begründet wordensei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. September 2008aufzuheben und1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 133.173,17 Euronebst Zinsen daraus in Höhe von 5 % über dem jeweils gültigenBasiszinssatz für die Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August2005 zu zahlen,2. festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger Kostenerstattung abdem 1. September 2005 zu leisten hat, soweit dieser im Rahmenseiner Zuständigkeit für Frau B. B. (alias C. C.) Leistungen nachdem Asylbewerberleistungsgesetz oder dem Sozialgesetzbuch ZwölftesBuch erbringt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden fürrechtlich zutreffend und verweist auf die erstinstanzlichenSchriftsätze und die Ausführungen des Sozialgerichts. Der Klägerführe in der Berufungsschrift keine neuen Tatsachen an, die zueiner abweichenden Beurteilung führen könnten. Vielmehr wiederholeer im Wesentlichen seine Ausführungen aus der ersten Instanz. Mitdiesen Ausführungen habe sich das Sozialgericht ausführlich und mitzutreffendem Ergebnis auseinandergesetzt. Insbesondere sei dieAuffassung, die auch durch das Niedersächsische OVG in derzitierten Entscheidung vertreten worden sei, nicht zu beanstanden,wonach die ursprüngliche Zuweisungsentscheidung keine Rechtswirkungmehr habe entfalten können. Insoweit sei der der Entscheidung desNiedersächsischen OVG zugrunde liegende Sachverhalt demvorliegenden Sachverhalt ohne weiteres vergleichbar. Die Frage, obdie erste Zuweisungsentscheidung zulasten des Beklagten nochfortwirke, sei daher auch vorliegend durch das Sozialgerichtzutreffend verneint worden. Insbesondere habe das NiedersächsischeOVG und dem folgend auch das Sozialgericht darauf hingewiesen, dasssich eine Fortgeltung der ursprünglichen Zuweisungsentscheidunggerade nicht aus § 71 AsylVfG ergeben könne. Insofern gingen auchdie diesbezüglichen Ausführungen des Klägers fehl. Letztlichübersehe der Kläger nach wie vor, dass spätestens mit derasylverfahrensunabhängigen Duldung des Aufenthaltes dieursprüngliche Zuweisungsentscheidung wirkungslos geworden sei.Entgegen seiner Auffassung gelte dies völlig unabhängig von derFrage, unter welchem Namen die zweite Zuweisungsentscheidung bzw.die späteren Duldungen erfolgt seien. Auch wenn diese unter demrichtigen Namen erfolgt wären, hätte die ursprüngliche Zuweisungdurch eine asylverfahrensunabhängige Duldung ihre Wirkung verloren.Völlig zu Recht weise das Sozialgericht zudem auf die Länge desAufenthaltes nach Abschluss des Asylverfahrens hin. Mit demErlöschen der ursprünglichen Zuweisungsentscheidung sei eineZuständigkeit des Beklagten nicht (mehr) gegeben, so dass diestreitgegenständlichen Kostenerstattungsansprüche nichtbestünden.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidungdes Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhaltder Gerichtsakte und auf den der Verwaltungsvorgänge des Klägersund des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohnemündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. September 2008ist rechtmäßig, so dass der Kläger nicht beschwert ist (§ 54 Abs. 2Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klage ist hinsichtlich beider Klageanträge unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch aufErstattung der bis zum 31. August 2005 aufgewendeten Leistungen fürFrau B. B. bzw. C. C. noch auf Feststellung, dass der Beklagte ab1. September 2005 zur Kostenerstattung verpflichtet ist.

Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch ergibt sich wederaus § 10b Abs. 1 AsylbLG noch aus § 9 Abs. 3 AsylbLG i.V.m. § 102SGB X bzw. § 105 SGB X. Dabei kann offen bleiben, ob §§ 102 bis 105SGB X nur Anwendung finden, sofern nicht bereits § 10b AsylbLG alslex specialis einen Kostenerstattungsanspruch vorsieht (so Herbstin Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, TeilII, Stand Januar 2011, § 9 AsylbLG Rdnr. 37, 39 f., vgl.demgegenüber VG Gießen, Urteil vom 28. März 2000 - 6 E1592/98 - ZfSH/SGB 2000, 556). Denn Voraussetzung desKostenerstattungsanspruchs ist nach allen in Betracht kommendenVorschriften die Leistungsverpflichtung bzw. Zuständigkeit desBeklagten. Daran fehlt es hier.

Die nach § 10a Abs. 2 Satz 1 zuständige Behörde hat der Behörde,die nach § 10a Abs. 2 Satz 3 die Leistung zu erbringen hat, dieaufgewendeten Kosten zu erstatten (§ 10b Abs. 1 AsylbLG). Nach §10a AsylbLG ist für die Leistungen nach diesem Gesetz örtlichzuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich derLeistungsberechtigte auf Grund der Entscheidung der vomBundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelleverteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen wordenist. Im Übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sichder Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Diese Zuständigkeitbleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn dieLeistung von der zuständigen Behörde außerhalb ihres Bereichssichergestellt wird (Abs. 1). Für die Leistungen in Einrichtungen,die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetzdienen, ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich derLeistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunktder Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletztgehabt hat. War bei Einsetzen der Leistung der Leistungsberechtigteaus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andereEinrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetretenoder tritt nach Leistungsbeginn ein solcher Fall ein, ist dergewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebendwar, entscheidend. Steht nicht spätestens innerhalb von vier Wochenfest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach den Sätzen 1 und 2begründet worden ist, oder liegt ein Eilfall vor, hat die nachAbsatz 1 zuständige Behörde über die Leistung unverzüglich zuentscheiden und vorläufig einzutreten. Die Sätze 1 bis 3 geltenauch für Leistungen an Personen, die sich in Einrichtungen zumVollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oderaufgehalten haben (Abs. 2). Als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinnedieses Gesetzes gilt der Ort, an dem sich jemand unter Umständenaufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesemGebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicherAufenthalt ist auch von Beginn an ein zeitlich zusammenhängenderAufenthalt von mindestens sechs Monaten Dauer anzusehen;kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 giltnicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zum Zweck des Besuchs,der Erholung, der Kur oder ähnlichen privaten Zwecken erfolgt undnicht länger als ein Jahr dauert. Ist jemand nach Absatz 1 Satz 1verteilt oder zugewiesen worden, so gilt dieser Bereich als seingewöhnlicher Aufenthalt. Für ein neugeborenes Kind ist dergewöhnliche Aufenthalt der Mutter maßgeblich (Abs. 3).

Der Beklagte ist nicht zur Leistung verpflichtet. Zwar sprechendie Feststellungen des Bundeskriminalamts im Gutachten vom 3.Januar 2005 jedenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit fürdie Auffassung des Klägers, dass nur die ersteZuweisungsentscheidung vom 7. Mai 1991, wonach Frau B. B. ihrenWohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu nehmen hatte,rechtliche Wirkungen entfalten konnte, da die zweiteZuweisungsentscheidung vom 16. Februar 1993 bezüglich Frau C. beiNichtexistenz dieser Person unwirksam wäre. Dies entspricht auchder Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Stellung einesweiteren Asylantrages unter falschem Namen. Danach handelt es sichinsoweit nicht um einen Folgeantrag i.S.d. § 71 AsylVfG, vielmehrist der zweite Antrag gänzlich unbeachtlich und eine in diesemVerfahren ggf. erhobene Klage unzulässig (OVG Rheinland-Pfalz,Urteil vom 12. Februar 1997 - 6 A 10328/95 - AuAS 1997, 179; Bayer.VGH, Urteil vom 12. August 1996 - BayVBl. 1997, 21). Die von demKläger behauptete Personenidentität zwischen Frau B. B. und Frau C.C. ist aber zur Überzeugung des Senats nicht mit der erforderlichenWahrscheinlichkeit bewiesen. Das Bundeskriminalamt hat in seinemGutachten vom 3. Januar 2005 lediglich bei einerBildgegenüberstellung eine Personenidentität mit an Sicherheitgrenzender Wahrscheinlichkeit angenommen, im Übrigen aber nur einengeringeren Wahrscheinlichkeitsgrad bejaht. Hinzu kommt, dassaufgrund des geistigen Zustandes der Person, die in einerEinrichtung der Lebenshilfe untergebracht ist und nach Aktenlagezwischen 1973 und 1986 geboren sein soll, jedenfalls nicht voneiner durch diese Person selbst begangenen Identitätstäuschungausgegangen werden kann. Fehlt es aber an hinreichend eindeutigenBelegen, ob und ggf. durch wen Frau C. tatsächlich bereits im Jahre1991 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten einen Asylantraggestellt hat, kann eine aus § 10a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz1 AsylbLG folgende Zuständigkeit des Beklagten nicht angenommenwerden.

Ungeachtet dieser Frage ergibt sich die Zuständigkeit desKlägers aus § 10a Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 3 Satz 3 AsylbLG. Dennder Kläger hat der genannten Person eine asylverfahrensunabhängige,seine Zuständigkeit begründende Duldung erteilt. Der Kläger hatausweislich des Vermerks in der Ausländerakte vom 6. Juli 2001 inKenntnis der Identitätsproblematik und der ungeklärtenausländerrechtlichen Zuständigkeit Frau C. weiterhin Duldungen nach§ 60a AufenthG erteilt. Es kann daher nicht angenommen werden, dassdie Duldungen wegen Täuschung über die Identität unwirksam gewesensind. Im Übrigen hatte Frau C. alias B. einen Anspruch aufErteilung einer Duldung, da nach Abschluss des Asylverfahrensaufenthaltsbeendende Maßnahmen aus verschiedenen Gründen (Situationim Herkunftsland, Passlosigkeit, erforderliche Unterbringung ineiner Einrichtung aufgrund geistiger Behinderung) nichtdurchgeführt werden konnten. Durch die erteilten Duldungen bzw. demAnspruch auf Erteilung einer Duldung wird dieasylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung gegenstandslos, sodass § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht mehr die örtlicheZuständigkeit bestimmen kann (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen,Beschluss vom 27. Mai 2011 - L 8 AY 31/11 B ER -; LSGNordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Januar 2006 - L 20 B 11/05AY ER - SAR 2006, 57; Beschluss vom 25. September 2008 - L 7 B288/08 AS - und Beschluss vom 30. März 2001 - 16 B 44/01 -; OVGNiedersachsen, Beschluss vom 16. Juni 2000 - 4 M 2124/00 -FEVS 52, 124). Ist die Zuweisungsentscheidung aufgrund einerasylverfahrensunabhängigen Entscheidung der Ausländerbehördegegenstandslos, ergibt sich weder aus der von dem Kläger in Bezuggenommenen Entscheidung des OVG Thüringen (Beschluss vom 22. Januar2004 - 3 EO 1060/03 - InfAuslR 2004, 336 m.w.N.) noch aus der mitWirkung zum 1. Januar 2005 durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.Juli 2004 (BGBl. I 1950) angefügten Regelung in § 56 Abs. 3AsylVfG, wonach räumliche Beschränkungen (nach § 56 Abs. 1 AsylVfG)auch nach Erlöschen der Aufenthaltsgestattung weiter so lange inKraft bleiben, bis diese räumliche Beschränkung aufgehoben wirdoder der abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige, aber nochnicht ausgereiste Asylbewerber einen Aufenthaltstitel (dazu gehörteine Duldung nicht – vgl. § 4 AufenthG) erhalten hat, keineandere Beurteilung. Auch in der Rechtsprechung derVerwaltungsgerichte ist anerkannt, dass die zur Dauer desAsylverfahrens zählende aufenthaltsrechtliche Abwicklung (vgl.BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 9 C 2/88 -) jedenfalls mitder wirksamen Erteilung einer in Kenntnis eines vorausgegangenenerfolglosen Asylverfahrens ergehenden asylverfahrensunabhängigenlängerfristigen oder über einen voraussichtlich längeren Zeitraumjeweils zu verlängernden, d.h. nicht nur der Abwicklung desvorausgegangenen Asylverfahrens und des dadurch bedingtenAufenthalts dienenden Duldung oder Aufenthaltserlaubnis endet(BVerwG, Urteil vom 31. März 1992 - 9 C 155/90 - NVwZ 1993, 276;Hess. VGH, Beschluss vom 24. Februar 2000 - 1 TG 651/00 -; OVGNordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. April 1989 - 19 B585/89 - NVwZ-RR 1990, 330 und Beschluss vom 9. Dezember 2004- 16 A 3606/03 -). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sichdaher hier nach § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG, der vorliegend durchdie Regelung des § 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG ergänzt wird. Istdanach die örtliche Zuständigkeit des Klägers gegeben, scheidet einKostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.